lovetrail hat geschrieben: Mir ist diese Zeremonie im Moment sehr unangenehm (in geistlicher Hinsicht). Ich möchte dem gar nicht mehr beiwohnen. (Bisher hab ich aus familiären Gründen immer so gedacht, dass der gemeinsame Besuch der kath. Messe besser ist, als gar kein Kirchenbesuch, denn zumindest gibt es dann thematische Anstöße für die Diskussion).
Verstehe. Demnach bist du katholisch und besuchst noch die Messe ... ?!
Mir erging es ähnlich, ich bin ebenfalls katholisch, mittlerweile aber aus der RKK ausgetreten. Ich fühlte mich schon als Kind nicht wirklich in dieser Institution beheimatet und war in späteren Jahren auch kein regelmäßiger Kirchengänger. Allerdings empfand ich immer eine Nähe zum Nazarener, für die ich aber keine - wie soll ich es sagen - Entsprechungen fand. Das war/ist schon seltsam gewesen. Ich spürte diese Differenzen, konnte sie mir aber nicht erklären, wobei ich in jungen Jahren immer dachte, daß sich diese Ungereimtheiten von alleine auf/lösen würden, was sich aber nicht bewahrheiten sollte.
Möglicherweise würden sich die Differenzen klären lassen, wenn ich mich ins Zentrum meiner Konfession begäbe, ins Herz der Kirche, um ein praktischer Teil dieser Gemeinschaft zu werden und sie durch meine Anwesenheit zu stärken - dachte ich.
Ich suchte nach einer Gemeinde, nach Bibelkreisen, knüpfte Kontakte und kam nun endlich ins Gespräch. Allerdings verlief dann alles ganz anders als ich dachte. Anstatt eine tiefere Verbindung zu finden, wurden die Abgründe immer größer. Selbst im Bibelstudium fand ich keine Zuflucht, sondern schien gerade hier den letzten Halt zu verlieren. Mich erstaunte die Kurzsichtigkeit der Gläubigen und die Ignoranz der Priester & Schriftgelehrten.
Es gab auch Bestätigungen, allerdings in ganz anderer Hinsicht!
Das war ein langwieriger und schmerzhafter Prozess, der auch darin seinen Ausdruck fand, daß ich die Lithurgie (Messe) immer befremdlicher fand. Das ging Schritt für Schritt vor sich. Es entstand eine Wandlung in mir, die sich langsam von den Inhalten abnabelte. Es war wie ein Erwachen während der Zelebrationen, nicht so einfach in Worte zu fassen. Es ist ähnlich dem Prozess, wenn eine Betäubung nachlässt und man sich und die jeweilige Situation zu identifizieren/verifizieren sucht, in der man sich gerade befindet.
Ich erwachte in Abläufen der Gemeinschaft, denen ich zuvor wie selbstverständlich (träumend) beiwohnte. Ich erlebte sozusagen eine hautnahe Lösung aus einer Art Gleichschaltung. Ich sprach die rituelle Gebete nicht mehr mit, konnte mich nicht mehr bekreuzigen, nahm Abstand von der Kommunion und hielt die Differenzen während der Abläufe aus, was nicht immer einfach war.
Ich könnte dazu sehr viel mehr erzählen, möchte das jetzt aber auch nicht überstrapazieren.
Jede Art Symbolik und Kultus (*) hat eine Wirkung und vereinnahmt den Menschen. Leider ist es so, daß die meisten Katholiken gar nicht wissen, welchen Inhalten sie (zb. in den Messen) 'insgeheim' zustimmen. Allein die Dogmen sind nicht nur äußerst fragwürdig, sondern ...
lovetrail hat geschrieben:Hallo Mimi! Freilich ist geistlicher Mißbrauch nicht auf die katholische Kirche beschränkt.Mimi hat geschrieben: In der Gemeinde, in welcher ich sozusagen aufwuchs, hatte ich mehrere sehr perfide Missbrauchsversuche zu bewältigen.
Ja, das Beispiel von C. Kruesi zeigt, daß der organisierte Mißbrauch nicht nur in der RKK zu finden ist und welcher unfassbaren Gewalt die Opfer teilweise ausgesetzt sind. Nicht jeder findet die Kraft, das eigene Schicksal in die Öffentlichkeit zu tragen. Die biographische Aufarbeitung von Kruesi gewährt hier Einblick und zeigt, wie lange es braucht, um die Erlebnisse zu bewältigen und ins eigene Leben zu integrieren, wobei sie selbst eine Ausnahmeerscheinung zu sein scheint, dessen starke Persönlichkeit ihren damaligen Weggefährten eine Orientierung ist.
LG