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sven23 hat geschrieben: Die meisten Verbrechen der Nazis sind mittlerweile ganz gut aufgedeckt.
Mag sein. Du scheinst allerdings auf das Naziregime fixiert zu sein. Das war Orwell nicht, er kritisierte sämtliche Machtstrukturen, die den Menschen entrechten, ihn entwürdigen und letztendlich versklaven. Er hat genau diese totalitären Strukturen selbst miterlebt, da seine Familie - ich wiederhole es gerne - und er selbst die Interessen des britischen Empire in Indien vertraten. Er selbst war Teil einer Kolonialgesellschaft, die das Land ausbeutete und die Einheimischen wie Menschen dritter Klasse behandelte. Die Britsche Krone stieg Anfang des 19 Jahrhunderts (1805) zur Weltmacht auf und initialisierte eine Kultur der angelsächischen Herrenrasse!
Dieser Imperialismus widerte Orwell an, er quitterte den Dienst bei den britischen Besatzern und kehrte nach Enland zurück, wo er sich von der Mittelschicht abwandte, um die einheimische Arbeiterklasse und Armenviertel besser kennenzulernen. Er selbst glaubte an eine klassenlose Gesellschaft, an wahre Brüderlichkeit und sympathisierte darum mit den Ideen des aufkommenden Sozialismus.
Darum meldete er sich auch freiwillig in Spanien, um dem aufkommenden Faschismus zu bekämpfen, was allerdings zu großen Enttäuschungen führte, da er realisierte, daß menschenverachtende Strukturen auch im entarteten Sozialismus zu finden waren. Die unterschiedlichen Strömungen bekämpften sich gegenseitig. Orwell erlebte in Spanien die Exzesse ideologischer Machtkämpfe, Kriegsverbrechen (Massaker), Bespitzelung, Verrat und Folter ...
Darüberhinaus mußte er miterleben, wie die britische Presse die tatsächlichen Vorkommnisse in Spanien (Bündnispartner - Russland/Stalin - wurde verklärt) völlig verzerrt wiedergab. Er meinte später, der span. Bürgerkrieg hätte größere Lügen produziert, als irgendein anderes Ereignis seit dem 1. WK! Er verließ später auch seinen Arbeitgeber, die BBC, weil er nicht mehr Teil dieser Verlogenheit sein wollte. Ende des 2. WK arbeitete er als Berichterstatter (für den Observer) und dokumentierte den Einmarsch der Siegermächte in Deutschland. Ihn schockierte die Zertrümmerung dt. Städte, der Terror des Krieges - er sympathisierte auch hier mit dem einfachen Volk!
All seine Eindrücke hat er literarisch verarbeit. Das fing in Burma an und endete auf der Insel Jura, wo er den Roman 1984 abschloß, ein Abgesang auf die eigene Leitkultur und dessen Imperialismus.
Deine Aussage ist polemisch und falsch - ein Paradebeispiel für "Propaganda" ...
sven23 hat geschrieben:Eigentlich war es besonders der Nazifaschismus, denn der Roman entstand unter dem Eindruck des totalitären Überwachungsregimes in den Jahren 1946-1948.
Nein, zumal das Naziregime bereits 1945 endete, als Deutschland (im Mai) kapitulierte.
Orwell prangerte die Herrschaft des Menschen über den Menschen an, dessen Auswüchse, Facetten und politische Dimensionen!
Der Kampf gegen den Kommunismus brachte den Faschismus hervor. Auch wenn beide politischen Systeme gegensätzlich erscheinen, sind sie Ausdruck einer gemeinsamen Anschauung, die eine Leitidee verfolgt und diesbzgl. Unterwerfung einfordert. Faschismus ist immer Ausdruck einer Ideologie, dessen Leitgedanken bestimmend und zwingend werden. Die Durchsetzung wird durch Meinungshoheit - Diktatur - umgesetzt. Dies hat Orwell bereits in Burma (damalige britische Konlonie) miterlebt.
Orwell sympathiserte (anfangs) mit der Idee des Sozialismus, weil er an eine klassenlose Gesellschaft glaubte, aber selbstverständlich unter Beibehalt demokratischer Grundfeste.
Der Erhalt der Demokratie beruht auf freier Meinungsäußerung, Bildung und Forschung. Darum ...
fin hat geschrieben: Sobald freiheitliches Denken und dessen Publikation per Gesetz unter Strafe gestellt ist, befinden wir uns schon in den Anfängen despotischer Strukturen, die das Grundgefüge wahrer Demokratie zersetzen!
Davor warnte Orwell eindringlich!
Und wie solche Strukturen einmal ausschauen könnten, das hat Orwell in 1984 ausgemalt. Vorlage war allerdings nicht das 3. Reich, sondern das Britische Empire, darum spielt der Handlungsraum auch in England (und dessen Territorium).
Big Brother - die innere Partei - trägt das Logo "INGSOC" (engl. socialism). Die Meinungdiktatur macht vor der Sprache nicht halt, sondern verkürzt und verkehrt sie. Darum heißt es dort auch: "war is peace, freedom is slavery, ignorance is strength".
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/ ... 84.svg.png
Humanisten und Demokraten wissen: Ignoranz ist keine Tugend!
Dafür steht nicht nur das Menschenbild "Leonardo da Vinci", sondern auch der Leitgedanke ...
Orwell hat geschrieben:Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
Die Instrumentalisierung beider Größen für das genaue Gegenteil offenbart allerdings den Typ Neusprech!
fin