closs hat geschrieben:Pluto hat geschrieben:Bloß dass etwas vorstellbar ist, ist eben kein hinreichender Hinweis, dass es das auch gibt oder gar geben könnte.
"Gibt" ist ok "geben könnte" sollt man vorsichtig sein - ich kann es mir sehr gut vorstellen.
Eben. Du kannst es dir vorstellen aber das ist wahrlich kein hinlänglicher Hinweis.
closs hat geschrieben:"Traum" war ja nur ein Statthalter, um etwas verständlich zu machen. - Deshalb verallgemeinere ich und konkretisiere Deinen Satz nach meinem Verständnis:
"Es gibt keinen Grund, innerhalb der Naturwissenschaft von einer solchen materiefreien Welt zu sprechen".
In dem du versuchst einzugrenzen, verdrehst du denn Sinn meiner Aussage.
Deshalb:
Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass wir in einer Traumwelt oder einer simulierten Welt leben.
closs hat geschrieben:Ich könnte es Dir erklären - ein anderer hat es schon getan:
"Die ... Formulierungen des Cogito, gemeint sind die Sätze Cogito, ergo sum und Ego sum, ego existo, verlangen nach einer Wesenbestimmung des ego. Descartes vollzieht diesen Schritt, indem er das denkende Ich als ausschließlich denkende Substanz kennzeichnet, die er res cogitans nennt." (S.Hollendung)
Das ist eine Verdrehung der geschichtlichen Fakten, UND ein klarer Hinweis, dass du Descartes falsch verstehst.
Erstens hat Descartes selbst keinen Zusammenhang zwischen beiden Hypothesen gemacht (steht nirgendwo in seinen Aufzeichnungen), und...
Zweitens liegen Jahrzehnte zwischen beide Aussagen.
Dabei bezieht sich das "cogito ergo sum" auf den Menschen als Ganzes — es gibt bei Descartes keinen Grund etwas anderes anzunehmen. Der Versuch hier bereits einen Geist einzubringen ist der Versuch einer rein ideologischen Deutungung.
Zugegeben, die dualistische Trennung in res cogitans/extensa wirkt auf Viele äußerst verführerisch, weshalb es sich 300 Jahre lang quasi als Dogma halten konnte, bevor es Mitte des 20. Jahrhunderts widerlegt wurde. Danach fand, wie gesagt, ein Paradigmenwechsel statt und der Weg war frei, um mit Untersuchung des menschlichen Geistes zu beginnen.
closs hat geschrieben:nämlich, dass Geträumtes keine Entität im naturalistischen Sinne ist - der Mond, den ich träume, ist virtuell - der Mond, den ich sehe, ist real.
Nein. Das ist NICHT der Unterschied; Beides ist nichts anderes als persönliche Wahrnehmung. Denn...
Auch der reale Mond ist nur Wahrnehmung, also ein in feuernden Neuronen codiertes Bild des Mondes im visuellen Cortex. Der Mond in deinem Traum ist das abgerufene Bild deiner Erinnerung dieses Bilds. Es sind also beides rein mentale Bilder.
Der wahre unterschied liegt lediglich in der Schärfe der wahrgenommenen Bilder — das eine kommt direkt vom visuellen Apparat; der andere wird aus der Erinnerung rekonstruiert. Diese Rekonstruktion ist das, was den Traum von der ersten Instanz der Wahrnehmung unterscheidet. Sie ist vpn einem gesunden Mensch sehr leicht zu unterscheiden.
closs hat geschrieben:Diese Definition bringt nichts im Rahmen unserer Fragestellung.
Sie ist aber die heute gültige. Wenn du zweifelst, schau in anderen Lexika nach.
closs hat geschrieben:Aber es gibt halt Leute mit anderen Weltanschauungen, die das ganz anders sehen, weil sie Hinweise en masse sehen, die aber halt nicht naturalistischen Wesens sind.
Dessen bin ich mir sehr wohl bewusst, aber der Unterschied ist, der spirituelle Mensch kann seine Sicht nicht von Träumen (Illusionen) unterscheiden. Beide sind vom Gehirn konstruierte Wahrnehmungen.
closs hat geschrieben:Pluto hat geschrieben:Die Setzung hat mit der Existenz von Descartes als Mensch a priori nichts zu tun.
Mit der Existenz des Ego hat es in der Tat nichts zu tun - aber mit der Existenz der Res extensae.
Auch das nicht. Warum ignorierst du ständig die geschichtliche Reihenfolge?
closs hat geschrieben:Eigentlich gibt ansonsten nur noch eine grundlegende Setzung, die den Gegenpol dazu ausmacht: "Die Materie kommt aus Geist".
Okay. Und wohin führt das?
closs hat geschrieben:Pluto hat geschrieben:Es ging nicht um den Ursprung von Geist, sondern um Descartes' Trennung in res cogitans/externa, die offensichtlich ein großer Irrtum war.
Diese Unterscheidung ist nach wie vor KEIN Irrtum und vor allem nicht widerlegt.
Dann hast du Gilbert Ryle nicht verstanden.
closs hat geschrieben:Widerlegt scheint zu sein, dass Geist die Materie steuert wie ein Puppenspieler die Puppe.
Stimmt. Das auch.
closs hat geschrieben:Weil nach naturalistischer/materialistischer Anschauung Geist eine Ableitung von Materie/des Gehirns ist - also genau dasselbe, nur umgekehrt wie das, was (nicht mal unbedingt Descartes, sondern) Religionen sagen.
Dass die Idee einer Trennung des Geistes nach dem Tod ein sehr verfüherischer Gedanke ist, gebe ich zu.
Aber welche Hinweise oder Beobachtungen kannst du vorlegen, dass es auch so ist?
closs hat geschrieben:was aber seine fundamentalen Aussagen nicht neutralisiert, weil es erkenntnis-theoretische Aussagen sind ("Was kann ich sicher wahrnehmen?").
Das EINZIGE was Descartes sicher annehmen kann, ist, dass er als Person (Körper + Geist) existiert. Es gestattet ihm nicht dazwischen zu unterscheiden.
closs hat geschrieben:a) Materie ist Ableitung von Geist --> unterschiedliche Entität?
b) Geist ist Abhandlung von Materie --> unterschiedliche Entität?
Aus meiner Sicht eine reine Definitionssache.
Dass das keine Frage der Definition ist, sonder reine Behauptungen sind, sollte auch dir klar sein.
closs hat geschrieben:Stelle Dir vor, Materie wäre tatsächlich Ableitung von Geist. - Und stelle Dir vor, dass eine voranschreitende Naturwissenschaft aufgrund ihrer Ergebnisse meinen würde, dass Geist Ableitung von Materie sei. - Dann wäre letztere Hypothese falsch (Rückschritt), aber nur zustande gekommen, weil fortschreitende Naturwissenschaft (Fortschritt) diesen Fehler ermöglicht hätte.
Und nun stell dir vor, Geist wäre ein vom Gehirn erzeugter Prozess der in erster Linie dem Körper bei seinem Streben nach Lebenserhaltung dient. Dann wäre die ontologische Sicht widerlegt, nicht wahr?
closs hat geschrieben:Pluto hat geschrieben:Es ist genau umgekehrt. Seinen Körper kann er ertasten und fühlen; seinen Geist hingegen kann er nur vermuten.
Das kommt raus, wenn man mit dem zweiten Schritt anfängt.
Wenn das der zweite Schritt ist, was ist dann der Erste?
closs hat geschrieben:Und in diesem Beispiel ist exakt der ewige Kampf zwischen naturalistischer und geistiger Weltabschauung dargestellt - wie in einer Nussschale.
Es geht nicht um einen geistigen Kampf.
Die Frage ist, welches Modell beschreibt die Wirklichkeit besser?