Wow, du bist aber heute mutig. Ich muss meine Geschichtsbücher also nicht entsorgen?closs hat geschrieben:War es aus Sicht der HKM in der Tat - eben weil die HKM nichts anderes kann. - Und selbstverständlich darf man in diesem Fall (zeitnah, von unabhängigen Quellen und sogar Zeitzeugen verbürgt) davon ausgehen, dass hier System-Ergebnis und "Was-der-Fall-war"-Ergebnis weitgehend koinzident sind.sven23 hat geschrieben:Ja, der 2. Weltkrieg war nur eine Systemwahrnehmung.

Es kommt drauf an, wen man befragt. Befragt man die Opfer, wird man andere Antworten bekommen als von Nazis. Nicht überraschend.closs hat geschrieben: Aber wenn Du schon dabei bist: Auch hier wird die HEUTIGE Beurteilung in die Vergangenheit hineingetragen. - Wenn man manchmal aus HEUTIGER Sicht die Empörungs-Kaskaden zum "einfachen Mann auf der Straße" in den Zeiten des Nationalsozialismus hört UND es damit vergleicht, was Zeitzeugen sagen, gibt es auch hier diesen Gap. - Es ist ein Irrtum, dass die HKM immer aus der Zeit heraus argumentiert, die sie untersucht.
Deshalb ist doch auch in der historischen Forschung kritische Distanz so wichtig.
Warum sollten die Schreiber nicht zu neuen Ideen fähig sein? Ob sie wirklich so neu waren und und ob es den Paradigmenwechsel überhaupt gab, dazu weiter unten mehr.closs hat geschrieben:Das lässt sich letztlich nicht ausschließen - dann hätten die Juden recht, die immer noch auf den Messias warten. - Allerdings müsste man dann fragen, wie es sein kann, dass der NT-Paradigmen-Wechsel sowie die Reihe an geistig genialen Aussagen stattfinden konnte - denn da ist WIRKLICH etwas Neues geplatzt.sven23 hat geschrieben:Möglicherweise war er ganz anders, als die Evangelien uns glauben machen wollen.
Was aber nichts daran ändert, dass sie ein Irrtum war.closs hat geschrieben:Sie WAR die zentrale Botschaft und ist es heute noch.sven23 hat geschrieben: auf Grund der Quellenlage müssen wir davon ausgehen, dass die Naherwartung seine zentrale, wenn auch irrige, Botschaft war.
closs hat geschrieben:Sie bezieht sich auf genau das, was ich sagte: Den Zeitgeist, das Umfeld, das (zwischenzeitliche) Verständnis der Textverfasser, etc. - Insofern sind die Ergebnisse der HKM nachvollziehbar - aber aus ganz anderen Gründen, die die HKM nicht beurteilen kann, wahrscheinlich irrig.sven23 hat geschrieben:Die Forschung bezieht sich auf die Quellen, und nicht auf nachträglich ausgebrütete Wunschvorstellungen.
Auch das ist wissenschaftlich nicht begründbar. Die historische Jesusforschung versucht doch gerade, zum Ursprung durchzudringen. Während Glaubensdogmatiker und Kanoniker sich nur für die spätere Verfälschung der Lehre interessieren, weil darauf ihre Theologie aufbaut. Der historische Jesus stört dabei nur.closs hat geschrieben:ODer die HKM. - Beide "schreiben vor".sven23 hat geschrieben:Jesus hat gefälligst das zu glauben, was Theologen ihm nachträglich vorgeschrieben haben.
Es sind ja nur Mängel, wenn man an die Inspiration des Heiligen Geistes glaubt.closs hat geschrieben:Nee - nachgefragt. - Die Genesis ist genial, wenn man sie richtig durchdringt. - Warum sollte man deren Verfassern Mängel anhängen, die überhaupt nicht von Belang sind?sven23 hat geschrieben:Also wieder mal nichts gelesen.

Das wäre das naheliegendste und auf Grund der Quellenlage sogar sehr wahrscheinlich.closs hat geschrieben:Was Jesus "vermutlich gewollt hat", ist nur dann historisch-kritisch sinnvoll beantwortbar, wenn man vorher setzt, dass Jesus nichts anderes war als ein Wanderprediger.sven23 hat geschrieben:aber stellen sich zu keiner Zeit die Frage, wer denn Jesus historisch verantwortbar vermutlich gewesen ist und was er vermutlich gewollt hat?
Im Grunde hat Bultmann das schon lange gelöst.closs hat geschrieben: Im Grunde haben wir das Problem bereits vor einem Jahr gelöst:
Der eine untersucht Jesus, als wäre er "Gott und Mensch" - der andere untersucht Jesus, als wäre er nur ein Wanderprediger. - Du stellst die HKM so dar (und wird von einigen aus der HKM so dargestellt), als könne man beides gleichzeitig untersuchen. - Das geht nicht. - DIESELBEN Texte/QUellen stellen sich interpretativ ganz unterschiedlich dar, ob man das eine (per "Glaubensentscheid") oder das andere (per methodischer Vorgabe) setzt.
„Voraussetzungslose Exegese kann es nicht geben. … Unabdingliche Voraussetzung aber ist die historische Methode in der Befragung der Texte. Exegese ist ja als Interpretation historischer Texte ein Stück Geschichtswissenschaft.“ (Ist voraussetzungslose Exegese möglich?, 1957, S. 410)
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„Die historische Methode schließt die Voraussetzung ein, daß die Geschichte eine Einheit ist im Sinne eines geschlossenen Wirkungs-Zusammenhangs, in dem die einzelnen Ereignisse durch die Folge von Ursache und Wirkung verknüpft sind. … Diese Geschlossenheit bedeutet, daß der Zusammenhang des geschichtlichen Geschehens nicht durch das Eingreifen übernatürlicher, jenseitiger Mächte zerrissen werden kann, dass es also kein 'Wunder' in diesem Sinne gibt. … Während z.B. die alttestamentliche Geschichtserzählung vom handelnden Eingreifen Gottes in die Geschichte redet, kann die historische Wissenschaft nicht ein Handeln Gottes konstatieren, sondern nimmt nur den Glauben an Gott und sein Handeln wahr. "
Quelle: Wikipedia
Um Texte zu untersuchen, muss man nicht unbedingt den Inhalt der Texte als wahr vorraussetzen. Das stünde sogar der erforderlichen Ergebnisoffenheit entgegen.
„Man kann nicht elektrisches Licht und Radioapparat benutzen, in Krankheitsfällen moderne medizinische und klinische Mittel in Anspruch nehmen und gleichzeitig an die Geister- und Wunderwelt des Neuen Testaments glauben. Und wer meint, es für seine Person tun zu können, muß sich klar machen, daß er, wenn er das für die Haltung des christlichen Glaubens erklärt, damit die christliche Verkündigung in der Gegenwart unverständlich und unmöglich macht.“
– Rudolf Bultmann: Neues Testament und Mythologie. 1941, 18