Descartes und die menschliche Seele

Philosophisches zum Nachdenken
Novas
Beiträge: 7986
Registriert: Mi 20. Jun 2018, 21:23

#551 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von Novas » Di 25. Okt 2016, 20:27

Pluto hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Mit solchen Aussagen nimmst Du einfach die menschliche Seele und ihre Erfahrungen nicht wirklich ernst und wichtig.
Doch. Die Seele ist für mich gewiss nicht etwas was man leichtfertig und oberflächlich zu verstehen versucht, in dem man alten orientalischen Mythen glaubt. Die Seele ist für mich etwas sehr ernsthaftes, weshhalb ich mich bemühe redlich ihre Herkunft zu eruieren.

Wenn Du die Seele ernsthaft verstehen willst, dann könntest Du auch zugeben, dass Du nicht wirklich weißt, was sie ist. Weshalb reduzierst Du sie auf Gehirnprozesse, wenn Du es gar nicht weißt?

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#552 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von Pluto » Di 25. Okt 2016, 20:40

Novalis hat geschrieben:Wenn Du die Seele ernsthaft verstehen willst, dann könntest Du auch zugeben, dass Du nicht wirklich weißt, was sie ist. Weshalb reduzierst Du sie auf Gehirnprozesse, wenn Du es gar nicht weißt?
Du hast recht. Ich weiß es nicht.
Aber die moderne Hirnforschung hat die Schale des Rätsels aufgebrochen. Und sie macht Fortschritte.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Novas
Beiträge: 7986
Registriert: Mi 20. Jun 2018, 21:23

#553 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von Novas » Di 25. Okt 2016, 20:44

Pluto hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Zweifellos war Richard Feynman ein gescheiter Mensch, aber das bin ich auch
Wie viele Nobelpreise hast du denn?

Ich habe meine eigene autonome Vernunft, wie gesagt. Meinen gottgegebenen Verstand, dessen ich mich zu bedienen weiß. Außerdem habe ich ein Herz, innere Erfahrungen, Gespür. Und jeder Mensch, ausnahmslos jeder, ist an an der Suche nach Wahrheit, Sinn und Bedeutung beteiligt. Nicht nur ein paar Wenige. Nicht nur ein paar Hirnforscher. :wave:

Pluto hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Wenn Du die Seele ernsthaft verstehen willst, dann könntest Du auch zugeben, dass Du nicht wirklich weißt, was sie ist. Weshalb reduzierst Du sie auf Gehirnprozesse, wenn Du es gar nicht weißt?
Du hast recht. Ich weiß es nicht.
Aber die moderne Hirnforschung hat die Schale des Rätsels aufgebrochen. Und sie macht Fortschritte.

Die moderne Hirnforschung klammert die spirituelle Realität von vornherein aus und verhält sich so, als existiere sie nicht. Rein methodisch kann ich das verstehen, aber warum macht man daraus gleich eine Weltanschauung?

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#554 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von Pluto » Di 25. Okt 2016, 21:02

Novalis hat geschrieben:Die moderne Hirnforschung klammert die spirituelle Realität von vornherein aus und verhält sich so, als existiere sie nicht.
Das hatten wir auch schon.
Deine Aussage könnte nicht falscher sein. Würde es tatsächliche Spuren des Spirituellen geben, würde die Naturwissenschaft diese Untersuchen.
Aber ohne Spuren wird das nix.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

SilverBullet
Beiträge: 2414
Registriert: Mo 17. Aug 2015, 19:04

#555 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von SilverBullet » Di 25. Okt 2016, 21:07

closs hat geschrieben:Für mich ist jedoch der entscheidende Punkt, dass es ein Agens geben muss, das Zusammenhänge erstellt - und das ist das Ich.
Oje:
„das Ich“ ist eine Existenzbehauptung, die in keiner Weise besser dasteht, als die „Wirklichkeit der Welt“, zumal „das Ich“ keine Zusammenhänge umfasst, wenn man bereits den Körper anzweifelt.

Es ist wichtig, zuerst einmal sämtliche Existenzbehauptungen abzulehnen, bevor man sich überlegt und begründet, wieso man eine davon wieder aufnimmt.
Genau das wird jedoch absichtlich nicht gemacht, wenn Descartes von der Sicherheit des „handelnden Ich“ spricht.
Es gibt hierzu keinen sicheren Zusammenhang, der auf einer Korrektheitsbestimmung aufbaut.

Wenn man den Körper als Kandidat für das Ausführen des Reaktionssystems heranzieht und als Ziel des „Ich“-Zusammenhanges verwendet, ergibt sich eine vielseitige Korrektheit.
In dieser Korrektheits-Qualität kann anscheinend keine Alternative vorgelegt werden.

closs hat geschrieben:Relevant ist, dass das Ich logisch auch bei äußerstem Skeptizismus Wahrnehmung nachweisbar ist und die Res extensae nicht.
Diese „Logik“ ist nichts weiter, als die willkürliche Verwendung eines der anzuzweifelnden Existenzzusammenhänge ohne Möglichkeit eine Korrektheit herzustellen – weg damit.

closs hat geschrieben:Es könnte also Wahrnehmung ohne Ich geben?
Es gibt Wahrnehmung ohne „Ich“.
Laufende Software (von einem Computer ausgeführt) ist Wahrnehmung, die keinen „Ich“-Zusammenhang aufstellt.

Dass allerdings auch nur ein Säugetiergehirn ohne „Ich“-Zusammenhang auskommt, wage ich zu bezweifeln.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:„sich selbst“ ist genauso ein Zusammenhang, wie „der Körper ist wirklich“. Wenn das Zweite angezweifelt wird, dann muss auch das Erste angezweifelt werden, denn es geht um das Anzweifeln von Reaktionen, die von Existenz ausgehen.
Aber das erste setzt sich gegen jeden Zweifel durch. - Denn es ist das Ich, das zweifelt - ob dieses Ich ein körperliches Ich ist oder nicht, ist offen.
Du verwechselst die Zusammenhänge mit der ausführenden Instanz. Trenn dich davon und du wirst feststellen, dass es sehr wohl anders geht.

Die Zusammenhänge müssen nichts mit der ausführenden Instanz zu tun haben – es sind ja nur Zusammenhänge. Eine 1:1 Entsprechung mit Existenz kann nicht aufgebaut werden.

Deshalb sage ich:
um einen Kandidaten als „korrekt“ einzustufen, muss es zu einer Korrektheit innerhalb möglichst vieler Zusammenhänge kommen.
Die „Geist“-Suggestion liefert keine weiteren Zusammenhänge und ist somit maximal ungeeignet.
Die Analyse des Körpers und seines Wahrnehmungssystems liefert beliebig viele Zusammenhänge und sie ergeben ein korrektes Gesamtbild – das passt.

=> der „Ich“-Zusammenhang zielt auf den aktiven Körper ab und das Gehirn ist das Reaktionssystem, das die Zusammenhänge aufbaut - und zwar „für den Körper“. Das Gehirn ist also ein Reaktionssystem, dass selbst nicht das Ziel des „Ich“-Zusammenhanges ist – das ist der handelnde Körper.

closs hat geschrieben:deshalb kommt Descartes doch auf seinen Skeptizismus - aber er kommt nicht drum rum, dass etwas, nämlich das Ich, zweifeln muss, damit überhaupt gezweifelt wird.
Das ist immer der gleiche Fehler:
Es wird gegen die eigenen Spielregeln verstossen und „einfach eine Wunschdeutung zu einem Existenzzusammenhang“ als „die Lösung“ verkauft.
Wo ist die Zusammenhangskorrektheit -> Fehlanzeige – weg damit.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#556 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von closs » Di 25. Okt 2016, 21:19

SilverBullet hat geschrieben:„das Ich“ ist eine Existenzbehauptung, die in keiner Weise besser dasteht, als die „Wirklichkeit der Welt“, zumal „das Ich“ keine Zusammenhänge umfasst, wenn man bereits den Körper anzweifelt.
Doch - weil das Ich das ist, das zweifelt. - Und das, wovon der Zweifel herkommt, muss eine Entität sein, sonst wäre keiner da, der zweifelt.

SilverBullet hat geschrieben:Es ist wichtig, zuerst einmal sämtliche Existenzbehauptungen abzulehnen, bevor man sich überlegt und begründet, wieso man eine davon wieder aufnimmt.
So ist es - deshalb kommen Augustinus und Descartes am Ende darauf, dass als einziges das Ich übrigbleibt.

SilverBullet hat geschrieben:Wenn man den Körper als Kandidat für das Ausführen des Reaktionssystems heranzieht und als Ziel des „Ich“-Zusammenhanges verwendet, ergibt sich eine vielseitige Korrektheit.
In dieser Korrektheits-Qualität kann anscheinend keine Alternative vorgelegt werden.
Das ist unrichtig, weil der Körper im Gegensatz zum Ich einer Setzung bedarf, die nicht falsifizierbar ist.

SilverBullet hat geschrieben:Diese „Logik“ ist nichts weiter, als die willkürliche Verwendung eines der anzuzweifelnden Existenzzusammenhänge ohne Möglichkeit eine Korrektheit herzustellen – weg damit.
WER verwendet denn? Die Logik sich selber?

SilverBullet hat geschrieben:Die Zusammenhänge müssen nichts mit der ausführenden Instanz zu tun haben – es sind ja nur Zusammenhänge.
So ist es - deshalb halte ich mich an ontologische Instanzen: "WER führt aus?" Egal, was.

SilverBullet hat geschrieben: der „Ich“-Zusammenhang zielt auf den aktiven Körper ab
Nicht notwendigerweise - mit einer Setzung garniert, ja.

SilverBullet hat geschrieben:Es wird gegen die eigenen Spielregeln verstossen und „einfach eine Wunschdeutung zu einem Existenzzusammenhang“ als „die Lösung“ verkauft.
Nein - es geht nicht darum, etwas zu wünschen, sondern klar zu denken. - Immer wieder: Können Zusammenhänge erkannt oder postuliert werden ohne jemanden, der es tut? - Wenn Deine Antwort NEIN ist, bist Du genau da, wo Dich Descartes haben will.

SilverBullet
Beiträge: 2414
Registriert: Mo 17. Aug 2015, 19:04

#557 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von SilverBullet » Di 25. Okt 2016, 21:37

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Die Zusammenhänge müssen nichts mit der ausführenden Instanz zu tun haben – es sind ja nur Zusammenhänge.
So ist es - deshalb halte ich mich an ontologische Instanzen: "WER führt aus?" Egal, was.
Das ist das Ziel der Suche nach einem Kandidaten.
Dieser Vorgang ist allerdings ein wenig komplizierter, als dass auf unlogischer Basis einer der anzuzweifelnden Existenzzusammenhänge „wunschhaft“ gedeutet wird.
Hier geht es um Korrektheit.

Der Körper als Kandidat, erfüllt diese Korrektheit – das passt.

Die religiös/philosophische „Geist“-Phantasie erfüllt gar nichts, sondern verstösst gegen die Spielregeln – du kannst dem auch nicht widersprechen und bringst lediglich immer wieder den Verstoss als Behauptung an – das ist leicht durchschaubar.

closs hat geschrieben:Können Zusammenhänge erkannt oder postuliert werden ohne jemanden, der es tut?
Zusammenhänge werden aufgebaut, aber nicht notwendigerweise muss einer der Zusammenhänge auf das Reaktionssystem abzielen.
Genauso verhält es sich ja bei Gehirn und Körper.

Das Reaktionssystem Gehirn baut Zusammenhänge auf, in denen der Körper eine Rolle spielt, aber nicht das Gehirn.

Das würdest du verstehen, wenn du sauber mit den Existenzzusammenhängen umgehen würdest.
Durch die religiös/philosophische Prägung scheint dies aber nicht möglich zu sein.

Novas
Beiträge: 7986
Registriert: Mi 20. Jun 2018, 21:23

#558 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von Novas » Di 25. Okt 2016, 21:43

Pluto hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Die moderne Hirnforschung klammert die spirituelle Realität von vornherein aus und verhält sich so, als existiere sie nicht.
Das hatten wir auch schon.
Deine Aussage könnte nicht falscher sein. Würde es tatsächliche Spuren des Spirituellen geben, würde die Naturwissenschaft diese Untersuchen.
Aber ohne Spuren wird das nix.

Die Naturwissenschaft betrachtet von vornherein nur die materielle Welt. Du hast das eigentlich ganz gut gezeigt: sobald ich von mystischen Erfahrungen spreche (das gehört eben zur Welt der inneren Erfahrung, des Bewusstseins und der Seele, Rilke prägte den schönen Begriff „Weltinnenraum“) weichst Du aus. Im Grunde begrenzt Du dich nur selbst, wenn Du dich nicht damit beschäftigst.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#559 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von closs » Di 25. Okt 2016, 21:53

SilverBullet hat geschrieben:Hier geht es um Korrektheit.
Gegen diese verstößt Du aber, weil Du ein Nicht-Falsifizierbares gegen ein logisch Zwingendes austauschst.

"Es gibt 'Ich'" ist kein Postulat, sondern Folge der Feststellung, dass sogar das, was das Ich in Frage stellt, selbst Ich ist. - Das ist ein Schritt VOR Deinem Ansatz, wonach man sich einen Kandidaten sucht, auf den die eigenen methodischen Kriterien passen.

SilverBullet hat geschrieben:Die religiös/philosophische „Geist“-Phantasie erfüllt gar nichts, sondern verstösst gegen die Spielregeln
Wie auch immer man das sieht: Es hat nichts mit unserem ontologischen Thema hier zu tun: Atheisten haben gleichermaßen ein reflektierendes Ich wie Christen.

SilverBullet hat geschrieben:Zusammenhänge werden aufgebaut
Von WEM???

SilverBullet hat geschrieben:Das würdest du verstehen, wenn du sauber mit den Existenzzusammenhängen umgehen würdest.
Sorry - da ist Dir Descartes voraus.

Novas
Beiträge: 7986
Registriert: Mi 20. Jun 2018, 21:23

#560 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von Novas » Di 25. Okt 2016, 22:05

SilverBullet hat geschrieben:Das würdest du verstehen, wenn du sauber mit den Existenzzusammenhängen umgehen würdest.Durch die religiös/philosophische Prägung scheint dies aber nicht möglich zu sein.

Wie sieht es mit deiner Prägung aus? :D

Gesperrt