ThomasM hat geschrieben:Dieses Problem hat der Materialismus nicht, denn der Ausgangspunkt "Materie" ist wesentlich klarer. Daher haben Pluto und Co eindeutig einen riesigen Vorsprung.
Kritisch-rational ist das richtig - aber leider nicht vermeidbar. - Denn der Vorteil von "Materie" ist, dass sie als Objekt auf derselben Ebene ist, auf der Popper Kritischer Rationalismus anwendbar ist.
Oder als Frage formuliert:
Wie soll man auf Basis einer materialistisch beschränkten Methodik bei geistigen Fragen einen Vorsprung kriegen, wenn es um Geist geht?
Um es pointiert zu sagen: Dieser Vorsprung ergibt sich, wenn man Gott als materialistische Größe versteht - aber genau das ist Gott eben NICHT.
ThomasM hat geschrieben:Du bist wiederholt bei dem Versuch der definitorischen Klarheit gescheitert.
Auf materialistischer Basis, die hier mehrfach gefordert wird, ja. - Ich wüsste auch nicht, wie es PRINZIPIELL möglich sein sollte.
ThomasM hat geschrieben:Was meine ich denn eigentlich mit der Aussage "Gott ist Geist"? Das ist die Voraussetzung, aber was sagt sie aus?
Dazu gibt es sehr wohl Antworten:
(1) Die Theologie versteht unter "Gott = Geist", dass es ein Wesen gibt, das allmächtig, allwissend, allpräsent über allem Materiellen ist. Dieses Wesen ist für menschliche Wahrnehmung nicht fassbar, sondern nur über dessen Offenbarungen (= Herunterbrechen des Geistes auf unsere Wahrnehmungs-Ebene). - Man versteht also "Gott = Geist" über seine geglaubten Eigenschaften und die danach verstandenen Offenbarungen.
(2) Ontologisch versteht man unter "Gott = Geist", dass das Wort "Gott" nur dann einen Sinn hat, wenn es dazu keine Anti-These gibt (also nichts, was auf gleicher Ebene steht). - Insofern ist Gott die Aufhebung der Dialektik selbst, in der es weder Materie noch Zeit, sondern nur noch all-gegenwärtigen Geist gibt - verstanden als "Holon", also Ganzes - christlich formuliert als "Alles in EINEM".
(3) Dieser ontologischen Sichtweise kommt der sogenannte "Omegapunkt" nah, den auf ganz unterschiedliche Weise von Teilhard de Chardin (Theologe und Naturwissenschaftler) und Frank Tipler (physikalischer Mathematiker) thematisieren. - Bei allen Unterschieden verstehen sie unter "Gott" eine Singularität, die in sich alles umfasst, was in der Zeit "ist" (aus unserer Wahrnehmungs-Sicht: "war", "ist" und "sein wird"). - Der große Unterschied bei Tipler zu de Chardin: Tipler versteht Gott als Teil der Physik.
Das Interessante: Sowohl (1), (2) als auch (3) sagen im Kern dasselbe aus!!!
Und jetzt kommt ein Problem (hier etwas giftig formuliert): Es ist einfacher, sich kritisch-rational über 08/15-Methodik Vorsprünge zu erarbeiten, als sich in komplexe Zusammenhänge einzuarbeiten, die wirklich nur mit großen Bögen ersichtlich werden können. - Besser machen kann es da nur die Variante (4):
(4) Mit geistigem Instinkt versteht man unter Gott etwas, was in einem ist, weil man es spürt. - Aber eine solche Variante ist weder intersubjektiv ((1) Kritischer Rationalismus) noch (onto-)logisch (2) vermittelbar.
Was (3) angeht: Da Du versierter Physiker bist, würden Dir die Gedankengänge Deines Kollegen Tipler leicht verständlich sein - Du würdest ihm aber als Christ nicht zustimmen können, da sicherlich auch aus Deiner Sicht Gott nicht Teil der Physik ist. - Trotzdem würde eine Lektüre Sinn machen, weil darin auf (möglicherweise physikalisch überholte) physikalische Weise etwas dargestellt wird, was auch den ontologischen Ansatz (2) gut wiederspiegelt.