Descartes und die menschliche Seele

Philosophisches zum Nachdenken
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sven23
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#291 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von sven23 » So 16. Okt 2016, 15:05

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Welche Gedanken meinst du?
Zunächst hat er einvernehmlich nachgewesen, dass Existenz nicht als reales Prädikat auftauchen muss - Existenz kann also etwas sein, was nicht naturalistisch ist. - DIeses dann als Gott zu bezeichnen, ist ein weiterer SChritt, der mit dieser Aussage erst mal nichts zu tun hat. - Das heisst aber auch: Wenn Gödel an einen Gott glaubt, dann versteht er ihn als (aus Sicht des Naturalismus) transzendente Existenz.
Gerade das hat er nicht nachgewiesen. Wie kommst du auf so was?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn man jemanden trifft, der nicht jedem Aberglauben hinterher läuft, dann spürt man oft eine geistige Verbundenheit auf gleicher Wellenlänge.
Das ist eher eine intelektuelle Verbundenheit - was ich meine, ist universal auf jedem Bildungs-Level und in allen Kulturen.
Ja, eben geistig, unabhängig von Kultur und Bildung.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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Pluto
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#292 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von Pluto » So 16. Okt 2016, 15:40

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Welche Gedanken meinst du?
Zunächst hat er einvernehmlich nachgewesen, dass Existenz nicht als reales Prädikat auftauchen muss - Existenz kann also etwas sein, was nicht naturalistisch ist. - DIeses dann als Gott zu bezeichnen, ist ein weiterer SChritt, der mit dieser Aussage erst mal nichts zu tun hat. - Das heisst aber auch: Wenn Gödel an einen Gott glaubt, dann versteht er ihn als (aus Sicht des Naturalismus) transzendente Existenz.
Wie oft denn noch...?

Gödel hatte neben seinen enormen mathematisch und logischen Fähigkeiten auch einen schelmischen Humor.
Er nahm sich Anselms angeblichen Gottesbeweis und zeigte, dass dieser sich auch logisch formulieren ließ. Allerdings, und das wusste der Schelm Gödel ganz genau, die Prämissen waren falsch, denn eine Vorstellung darf man mit der Wirklichkeit nicht gleichsetzen, sonst kommt nur Unsinn raus. Das hat der Mönch Gaunilo - ein Zeitgenosse Anselms - schon entdeckt und verglich den Beweis mit dem Gedanken an eine perfekte Insel, die es aber nicht wirklich gibt.
Gödel hat dies erkannt. Er hat seinen "Gottesbeweis" auch nie veröffentlicht, sondern machte sich insgeheim lustig über die Gutgläubigkeit der Menschen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Sei´s drum, Göedel geht von schwammigen Prämissen aus und seine Beweisführung enthält tatsächlich Zirkelschlüsse.
Kann ich nicht beurteilen - mein Kenntnisstand ist, dass er Voraussetzungen hat, die nicht einvernehmlich sind.
Es wundert mich, dass du dies nicht wusstest, obwohl wir es in einem extra dafür angelegten Thread ausführlich diskutiert hatten.
Siehe oben für eine Zusammenfassung.
Janinas Aussage im damaligen Thread sagt es klar und deutlich:
Janina hat geschrieben:Eine mathematische Existenzaussage ist gültig für abstrakte Denkmodelle, nicht für empirische Entitäten.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#293 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von closs » So 16. Okt 2016, 16:35

sven23 hat geschrieben:Gerade das hat er nicht nachgewiesen. Wie kommst du auf so was?
Erstens weil ich es so im Gedächtnis habe, zweitens weil es so ähnlich in wik steht:
"Noch heute wird dieser Beweis gelegentlich als tatsächlicher Versuch missverstanden, die Existenz Gottes nachzuweisen. Er zeigt aber nur die Herleitbarkeit der Behauptung der Existenz aus verschiedenen, selbst u. U. plausiblen, aber nicht notwendigerweise gültigen Annahmen. Es gelang Gödel jedoch, die Kritik Kants und Freges an jedem ontologischen Gottesbeweis zu unterlaufen: Existenz tritt nicht als reales Prädikat auf".

sven23 hat geschrieben:Ja, eben geistig, unabhängig von Kultur und Bildung.
Wir sind uns einig, dass man mit Sprache viel steuern kann - und dann ist plötzlich etwas dasselbe, was nicht dasselbe ist.

Pluto hat geschrieben:Allerdings, und das wusste der Schelm Gödel ganz genau, die Prämissen waren falsch, denn eine Vorstellung darf man mit der Wirklichkeit nicht gleichsetzen, sonst kommt nur Unsinn raus.
Das klingt sehr stark nach einer Interpretation aus materialistischer Sicht - ich denke, Gödel hat es tiefer gemeint.

Pluto hat geschrieben:Janina hat geschrieben:
Eine mathematische Existenzaussage ist gültig für abstrakte Denkmodelle, nicht für empirische Entitäten.
Da hat sie doch recht. - Mißt man "Wirklichkeit" anthropozentrisch, also für UNS nachweisbare empirische Entitäten, dann ist es so. - Nur: Was ist "Wirklichkeit"/"Realität"/"was der Fall ist"?

Ist es eine anthropozentrische Größe ("Was für UNS prinzipiell nachweisbar ist") - oder ist es eine universale Größe ("Wasist, egal, ob es für uns empirisch nachweisbar ist?". - Ich verstehe Gödel so, dass eine universale Wirklichkeit kein "reales Prädikat" sein MUSS (was ja nicht heißt, dass es diese Wirklichkeit gibt - aber es ist mathematisch möglich).

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sven23
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#294 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von sven23 » So 16. Okt 2016, 17:07

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ja, eben geistig, unabhängig von Kultur und Bildung.
Wir sind uns einig, dass man mit Sprache viel steuern kann - und dann ist plötzlich etwas dasselbe, was nicht dasselbe ist.
Wenn Gläubige meinen, sie hätte ein Monopol auf Geistiges, dann irren sie sich. Was Gläubige von nicht Gläubigen unterscheidet ist der Aberglaube.

"Die ganze Welt steckt in dem Vorurteil, dass der Glauben etwas Hohes und der Unglauben etwas Niederes sei. Mit diesem furchtbaren Unsinn muss gebrochen werden."
(Theodor Fontane, dt. Schriftsteller, 1819-1898)


"Geht man allen Religionen auf den Grund, so beruhen sie auf einem mehr oder minder widersinnigen System von Fabeln. Es ist unmöglich, dass ein Mensch von gesundem Verstand, der diese Dinge kritisch untersucht, nicht ihre Verkehrtheit erkennt."
(Friedrich der Große, König von Preußen, 1712-1786)

Der alte Fritz nimmt hier schon die aufkommende historisch-kritische Forschung vorweg. So wie viele große Geister ihre berechtigten Zweifel äußerten:

"Die Geschichte des guten Jesus hab ich nun so satt, dass ich sie von keinem, außer von ihm selbst, hören möchte".
(Johann Wolfgang von Goethe, dt. Dichter, 1749-1832)
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#295 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von closs » So 16. Okt 2016, 17:19

sven23 hat geschrieben:Wenn Gläubige meinen, sie hätte ein Monopol auf Geistiges, dann irren sie sich.
Das hat nichts mit "Glaube" zu tun - es geht mit chinesischen Atheisten, die geistig mit der Musik verbunden sind, genauso. - Übrigens: Fontane hat recht. Denn JEDER Mensch kann geistig tief sein - ob aus eigenem Vermögen, weiß ich nicht.

Deine Zitate aus dem 18.Jh. kannst Du Dir schenken - sie finden in einem Kontext statt, der durch die Übermacht der Kirchen (es war VOR der Säkularistion!) dominiert war. - Die großen Philosophen, nach meiner Erinnerung auch Kant, haben das Christentum NORMATIV sehr geschätzt - nur halt nicht deskriptiv.

Wie auch immer: Es wird nicht auf Dauer ein Triumpf sein, Geist aus der Kultur einer Gesellschaft zu prügeln.

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#296 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von Pluto » So 16. Okt 2016, 17:26

closs hat geschrieben:Mißt man "Wirklichkeit" anthropozentrisch, also für UNS nachweisbare empirische Entitäten, dann ist es so. -
Hat mit Anthropozentrik nichts zu tun. Es ist universell so.
closs hat geschrieben:Nur: Was ist "Wirklichkeit"/"Realität"/"was der Fall ist"?
Empirie ist das was ist. Was wir nicht kennen, können wir nur vermuten aber nicht behaupten.

closs hat geschrieben:Ist es eine anthropozentrische Größe ("Was für UNS prinzipiell nachweisbar ist") - oder ist es eine universale Größe ("Wasist, egal, ob es für uns empirisch nachweisbar ist?". - Ich verstehe Gödel so, dass eine universale Wirklichkeit kein "reales Prädikat" sein MUSS (was ja nicht heißt, dass es diese Wirklichkeit gibt - aber es ist mathematisch möglich).
Dann verstehst du ihn falsch. Gödel war Logiker. Als Solcher kannte er sehr genau den Unterschied zwischen abstrakten Vorstellungen ("Das was man sich nicht größer vorstellen kann", wie Anselm es ausdrückte) und der "universalen Wirklichkeit" wie du es beschreibst.

Könnte Gott vielleicht ein abstraktes Denkmodell sein, so wie es Anselm postulierte?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#297 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von Hemul » So 16. Okt 2016, 17:30

Pluto hat geschrieben:Könnte Gott vielleicht ein abstraktes Denkmodell sein, so wie es Anselm postulierte?
Könnte-hätte Fahrradkette. :wave:
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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#298 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von Pluto » So 16. Okt 2016, 17:32

Hemul hat geschrieben:Könnte-hätte Fahrradkette. :wave:
Hast du sonst noch was beizutragen, außer Sprüche kloppen?

Der heilige Anselm...
1.) Das, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann [d. i. Gott]

Existiert nicht in Wirklichkeit, sondern nur im Verstand. ;)
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#299 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von Hemul » So 16. Okt 2016, 17:38

Pluto hat geschrieben:
Hemul hat geschrieben:Könnte-hätte Fahrradkette. :wave:
Hast du sonst noch was beizutragen, außer Sprüche kloppen?
Dahinter steckt ein tieferer Sinn. Sogar ein ehemaliger deutscher Finanzminister hat davon Gebrauch gemacht. Auf den Punkt gebracht. Nein- deine stupide suggestive Fangfrage könnte nicht sein. :smiley15:
Pluto hat geschrieben: Könnte Gott vielleicht ein abstraktes Denkmodell sein, so wie es Anselm postulierte?
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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sven23
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#300 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von sven23 » So 16. Okt 2016, 17:45

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn Gläubige meinen, sie hätte ein Monopol auf Geistiges, dann irren sie sich.
Das hat nichts mit "Glaube" zu tun - es geht mit chinesischen Atheisten, die geistig mit der Musik verbunden sind, genauso. - Übrigens: Fontane hat recht. Denn JEDER Mensch kann geistig tief sein - ob aus eigenem Vermögen, weiß ich nicht.
Sag ich doch. Unabhängig von Religonen, Götter/Aberglauben.

closs hat geschrieben: Deine Zitate aus dem 18.Jh. kannst Du Dir schenken - sie finden in einem Kontext statt, der durch die Übermacht der Kirchen (es war VOR der Säkularistion!) dominiert war. -
Warum? Diese Zitate besitzen universelle Gültigkeit, heute wie damals.


closs hat geschrieben: Wie auch immer: Es wird nicht auf Dauer ein Triumpf sein, Geist aus der Kultur einer Gesellschaft zu prügeln.
Warum das jetzt wieder? Du hast doch eben Fontane noch recht gegeben.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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