Descartes und die menschliche Seele

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sven23
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#281 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von sven23 » So 16. Okt 2016, 07:21

closs hat geschrieben: Ich weiß gar nicht, wo ich bei Deiner Frage anfangen soll? - Bei Plato? Bei dem Gilgamesch-Epos? Bei der Bibel sowieso? Bei Heidegger (der NICHT Christ ist)? - Bei Gödel? - Bei JSBach?
.
Warum führst du immer wieder Gödel an?
Zum einen hast du selbst eingestanden, dass es unsinnig ist, Gott beweisen zu wollen, also jeder Versuch dahingehend per se unsinnig ist, zum anderen hatten wir doch herausgearbeitet, dass Gödels Schwachpunkte der Beweisführung schon bei den Prämissen einsetzen. :roll:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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Pluto
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#282 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von Pluto » So 16. Okt 2016, 09:44

closs hat geschrieben:Wenn man - wie Descartes (aber er ist wirklich nur EINER) - grundlegend nachdenkt, woher "die Welt" ist, kann man plausibel machen, dass es mindestens eine realistische Option ist, dass es Gott gibt.

Ich weiß gar nicht, wo ich bei Deiner Frage anfangen soll? - Bei Plato? Bei dem Gilgamesch-Epos? Bei der Bibel sowieso? Bei Heidegger (der NICHT Christ ist)? - Bei Gödel? - Bei JSBach?
Du zitierst große Namen, hast aber bisher noch kein einziges Argument für deine Behauptung geliefert.

Am Besten fängst du dort an, wo die Massen lesen und schreiben lernten... also bei Gutenberg?

closs hat geschrieben:Es gibt soviele tagtägliche Spuren, literarische und musikalische Zeugnisse sowie philosophisch hoch-intelligente Ausführungen zu diesem Thema, dass es ein Lebensthema ist.
Alles was das beweist, ist, dass der Mensch die Symbolik perfektioniert hat, und die Kombination Bewusstsein + Sprache ihn von unseren Vettern in der Tierwelt abheben. Aber es ist noch kein Argument.
Wo sind die Erklärungen?

closs hat geschrieben:Man muss sich allerdings darauf einlassen - und das geht nur dann, wenn man sich vom Materialismus emanzipiert.
Aha?!
Ist das wieder der Versuch sich auf ein höheres moralische Podest zu hieven, von dem aus man dann sagen kann, "Ich sehe was, was DU nicht siehst..."?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Du behauptest es zwar immer wieder, aber "Geistiges" kann man überhaupt nicht erklären.
Doch - "erklären" schon, aber halt nicht kritisch-rational nachweisen. - Mir fällt dazu immer wieder der Satz von Wieland ein, wonach Geist nicht nachweisbar sei, dies aber auch nicht nötig sei, weil Geist sich ohnehin gegenseitig erkennt - vor ziemlich genau 275 Jahren hat er das gesagt!!! - Und es ist heute mindestens genauso aktuell wie damals.
Auch Wieland versucht sich auf eine moralisch höhere Stufe zu stellen. So erreicht man die Menschen NICHT.

closs hat geschrieben:Das wird natürlich gelegentlich als "arrogant" empfunden - verstehe ich. Aber es ist nun mal so (ist mir x-mal in verschiedenen Ländern passiert), dass man über etwas spricht, und BEIDE innerhalb von Minuten erkennen, dass der andere ein geistiger Mensch ist. - Egal, ob es ein Deutscher oder Russe oder Chinese oder Mexikaner ist - egal ob es ein Professor oder ein Gärtner oder eine Hausfrau oder internationaler Künstler ist. - Es ist immer unerwartet und es flutscht - solche Leute sehen sich jahre- oder gar jahrzehntelang nicht und können weiterreden, als hätten sie vor 5 Minuten noch gerredet. - Ich kann es Dir nur so sagen - aus einer gewissen Ratlosigkeit.
Daran ist nichts außergewöhnliches.
Neurologen führen das auf die Empathiefähigkeit des Menschen zurück und die Fähigkeit rekursive Gedanken — Gedanken über Gedanken — zu haben. Das ist eine ganz allgemeine Fähigkeit, so wie wenn ich sage "Ich weiß, dass er weiß, dass ich weiß...".
Vermutlich besitzen nur wir Menschen diese Fähigkeit sich mit unseren eigenen Gedanken zu befassen. Vielleicht macht uns das einzigartig, und hebt uns von den Tieren ab.

Warum solches Erkennen auf "geistige" Menschen beschränkt sein soll, entgeht mir aber. Man empfindet einen anderen Menschen sympathisch. Das hat aber mit dem Geistlich/Spirituellen aber nichts zu tun.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

SilverBullet
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#283 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von SilverBullet » So 16. Okt 2016, 10:34

closs hat geschrieben:Wie kann etwas nach Deiner Ansicht "korrekt" sein, wenn es um etwas Nicht-Falsifizierbares geht, das sich zum gegebenen Zeitpunkt als real erweist?
1. Es muss tatsächlich um „Etwas“ gehen. Nur so zu tun, als läge ein Zusammenhang vor, reicht nicht aus.
-> Exakt hier scheitert bereits die „Geist“-Idee.
2. Der Zusammenhang, um den es geht, muss innerhalb der anderen (bisher bereits als korrekt bewerteten) Zusammenhänge, ohne Widersprüche eingeordnet werden können.
-> auch das ist für „Geist“ eine Sackgasse, denn es sind Körperaktivitäten (Gehirnaktivität) vorhanden, wenn man „Geist“-Aktivitäten propagiert.
-> Warum reagiert der Körper (Gehirn) in einer Detailauflösung, bei der ein „Geist“ (was auch immer das sein soll) quasi gar keine Aufgabe mehr hat?
3. Der Zusammenhang muss umfassend vorliegen, d.h. es muss entweder eine Verbindung zu den anderen Zusammenhängen geben oder er muss vielfach reproduzierbar sein.

Wenn diese Punkte (es gibt bestimmt noch mehr) nicht gegeben sind, kann ein Zusammenhang bzw. ein Verhalten rund um einen Zusammenhang quasi nur unter Zweifel verwaltet werden
-> was exakt bei den „Gläubigen“ der Fall ist.
-> der Zweifel verdeutlicht den Status des Zusammenhangs (falls ein solcher überhaupt vorliegt)

closs hat geschrieben:Der Anthropozentrismus besteht in der Annahme, dass ein menschliches Wahrnehmungs-Korrektheits-System maßstäblich für jede Form von WIrklichkeit/Realität ist.
Du machst hierbei einen entscheidenden Fehler:
Es geht nicht darum, dass das menschliche Wahrnehmungs-Korrektheits-System „Existenz“ erzeugt, sondern es geht um Zusammenhänge, also „das Halten für Wirklichkeit/Realität“.

Wenn ein Wahrnehmungssystem hierbei einen Fehler macht, beeinflusst dies eine „Existenz“ in keiner Weise.
Gleiches gilt jedoch auch für den Korrektheits-Fall. Auch dies wirkt sich nicht auf „Existenz“ aus.
-> und schon wieder scheitert der religiöse Ansatz, denn hier wird exakt eine solche Auswirkung behauptet.

closs hat geschrieben:Das ist aber nicht das Problem dessen, was Wirklichkeit/Realität sein könnte - das ist allein Dein Problem
Wenn ich es richtig verstanden habe, sollte es doch mal bei der religiösen Behauptung exakt um mich gehen.
Es ist suboptimal, dass ich mich auf eine Behauptung einlassen soll, die ich mir nicht zusammenreimen kann.

closs hat geschrieben:Die Frage lautet eigentlich: Bist Du interessiert an dem, was wirklich/real sein kann, auch wenn es mit Deinem Wahrnehmungs-System nicht fassbar ist? Oder geht es Dir nicht um Wirklichkeit/Realität, sondern um die Erfüllung Deines Wahrnehmungs-Systems
Ich bin sehr interessiert an dem, was wirklich/real sein kann, deshalb achte ich tierisch auf Zusammenhänge.
Dass ich allerdings etwas für wirklich/real halten soll, was für mich nicht fassbar ist, ist nicht möglich, denn wenn etwas nicht fassbar ist, gibt es keine Zusammenhänge, die für wirklich/real gehalten werden können – da fehlt ein Stück.
-> Genauso ist es bei „Geist“ „Gott“ und anderen philosophisch/religiösen Ideen.
closs hat geschrieben:Du sollst dessen Existenz für möglich halten und auf dieser Basis meine Frage beantworten.
Ich soll mich in eine Rolle versetzen, die mit Voraussetzungen konstruiert ist, die aus meiner Sicht nicht vorliegen können. Genau das habe ich aufgezeigt.

Du möchtest eine Weltsituation entwerfen, die nicht auf diese Weise entwerfbar ist und damit die „Es-Sich-Schön-Rede“-Aktion begründen.

closs hat geschrieben:Du bist nicht mit meiner Frage beschäftigt, sondern ausschließlich mit Deinem Wahrnehmungs-System.
Sorry, ich kann Fragen nur über „mein Wahrnehmungssystem“ beantworten.
Vielleicht liegt der Fehler von Philosophie und Religion ja genau darin, dass das Wahrnehmungssystem (Körper/Gehirn) zu wenig beachtet wird.
Man kümmert sich viel zu sehr um Stimmung als um Funktionalität.
Motto:
„wie kann ich ‚meine Wahrheit’ präsentieren, dass der Andere es akzeptieren muss (auch wenn ich eigentlich keine Ahnung habe)“

closs hat geschrieben:…Heidegger (der NICHT Christ ist)…
Oha :-)

Ein Blick in Wiki versetzt mich in Staunen:
Der Vater war Küfermeister und versah an der örtlichen katholischen Kirche das Amt des Mesners. Die Familie lebte in einfachen, aber wohlgeordneten Verhältnissen. Die tiefgläubigen Eltern bemühten sich trotz knapper Geldmittel um eine möglichst gute Ausbildung ihrer Kinder und ließen darüber hinaus die Söhne schon früh in den Ministranten-Dienst berufen. Höhere Bildung jenseits der Gemeindeschule schien unerreichbar, bis der Ortspfarrer Camillo Brandhuber 1903 auf die Begabung Martins aufmerksam wurde und ihm ein Stipendium für das Konradihaus in Konstanz, ein erzbischöfliches Studienheim zur Heranbildung zukünftiger Geistlicher, ermöglichte.
Ab 1906 lebte Heidegger am bischöflichen Seminar in Freiburg und absolvierte das Gymnasium. Nach seinem Abitur trat er im September 1909 in Feldkirch (Vorarlberg) als Novize in den Jesuitenorden ein, verließ das Kloster aber wegen Herzbeschwerden schon nach einem Monat wieder.[2] Stattdessen wurde er Priesterseminarist und begann das Studium der Theologie und Philosophie an der Universität Freiburg. Heidegger veröffentlichte erste Artikel und Kommentare. Die geistliche Laufbahn schien ihm vorbestimmt zu sein, bis er 1911 das Theologiestudium aufgab und die Philosophie mit Mathematik, Geschichte und Naturwissenschaften ergänzte. Da in dieser Zeit an philosophischen Seminaren vor allem der Neukantianismus und eine durch ihn geprägte Ablehnung der vor-kantischen Ontologie vorherrschten, war Heideggers früher Bildungsweg durch seine Bindung an den Katholizismus eher atypisch.


Ich kann mir nicht vorstellen, wie stark man die Augen zusammenpressen muss, um die religiöse Elementarprägung dieses Philosophen zu übersehen.

closs
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#284 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von closs » So 16. Okt 2016, 10:46

sven23 hat geschrieben:Warum führst du immer wieder Gödel an?
Weil seine Gedanken in Bezug auf Gott sehr anspruchsvoll sind - er weiß also, wovon er spricht.

sven23 hat geschrieben:dass Gödels Schwachpunkte der Beweisführung schon bei den Prämissen einsetzen.
Das ist IMMER so - genau aus diesem Grund habe ich an anderer Stelle "Beweise" als grundsätzlich zirkelreferent in Bezug auf deren Voraussetzungen genannt.

Pluto hat geschrieben:Du zitierst große Namen, hast aber bisher noch kein einziges Argument für deine Behauptung geliefert.
Wirklich nur ganz kurz:
Die großen Denker der Welt haben IMMER über den Naturalismus hinausgeblickt und gefragt, "was die Welt zusammenhält" - und das war primär NICHT physikalisch gemeint.

Plato entwickelt die sog. "Ideen" und begründet sie - es gibt einen Universalienstreit im Mittelalter, der damals schon das abbildet, was heute der Streit zwischen Materialismus und geistig-transzendenten Weltanschauungen ist. - Die Aufklärung zeigt mit Kant, dass etwas jenseits der menschlich-organisierenden Vernunft ist, was durch diese nicht methodisch fassbar ist. - Hegel zeigt mit seiner "Phänomenologie des Geistes" (etc.), die als Fortsetzung der "haptischen" Wissenschaften zu verstehen ist und - lt. wiki - eine Philosophie der Natur und des Geistes ist. - Auch Heidegger zeigt, dass es einen kategorialen Unterschied zwischen dem "Sein" ("das, was ist") und unseren Wahrnehmungs-Systemen gibt. - Und von den christlichen Herleitungen von Gott haben wir noch gar nicht gesprochen.

All diese und noch viel mehr Ausarbeitungen kommen zustanden, weil man fühlend und denkerisch zum Ergebnis kommt, dass es nur EIN Ansatz ist, die Natur aus sich selbst heraus zu erklären (in den Abläufen natürlich schon, aber nicht in ihrem Herkommen). All diese Ausarbeitungen sind brillant begründet und verargumentiert.

Aber diese Argumente nutzen nichts, wenn man sich nicht vorab von einem heute dominanten Materialismus-Glauben löst, der natürlich ebenfalls brillant begründbar ist. - Insofern steht die heutige Philosophie vor einer ähnlichen Emanzipation wie die Naturwissenschaft vor einigen 100 Jahren, die sich damals von einer kirchlichen Dominanz emanzipieren musste.

Pluto hat geschrieben:Ist das wieder der Versuch sich auf ein höheres moralische Podest zu hieven
Nein - das Wort "Moral" ist hier absolut deplatziert.

Pluto hat geschrieben:Auch Wieland versucht sich auf eine moralisch höhere Stufe zu stellen.
Nein, tut er nicht - er hätte Schiller gut verstanden, als er in einer seiner Schriften diejenigen beneidete, die "sich im kleinen Kreis erfüllen" können. - Oder in einer anderen SChrift, in der SChiller sagt, dass der Mensch, der noch nicht zu philosophieren begonnen habe, weiter sei, als der, der die Philosophie noch nicht zu Ende geführt habe.

Pluto hat geschrieben:So erreicht man die Menschen NICHT.
Philosophisch tut man das eh nie - da gelten keine demokratischen Regeln. - Erreichen kann man die Menschen nur, wenn man aus seinem eigenen Denken SChlussfolgerungen im Umgang mit Menschen zieht und es tut. - Aber teilen kann man geistige Erkenntnisse auf philosophischer Ebene nur mit wenigen.

Insofern ist es ein Kollateralschaden unserer Meinungs-Gesellschaft, dass zu viele "philosophieren" und meinen, dass das, was dabei rauskommt, aus demokratischen Gründen als gleichwertig respektiert werden müsse.

Pluto hat geschrieben:Warum solches Erkennen auf "geistige" Menschen beschränkt sein soll, entgeht mir aber. Man empfindet einen anderen Menschen sympathisch. Das hat aber mit dem Geistlich/Spirituellen aber nichts zu tun.
So habe ich es auch nicht gemeint. - Der Grundmechanismus, den Du beschreibst, funktioniert für alle Bereiche: Ein Schalke-Fan wird sich auf Anhieb mit einem Manchester-United-Fan verstehen (wenn man nicht gerade gegeneinander spielt).

Mir ging es hier darum, dass philosophisch/geistig absolut tiefgehende Gedanken nach meiner Erfahrung genauso mit "Studierten" wie mit "Unstudierten" geteilt werden können, es also nicht angelernt ist, sondern aus den Menschen rauskommt - aus einer tief sitzenden Erkenntnis, die sich je nach Bildungsstand unterschiedlich formuliert.

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#285 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von Pluto » So 16. Okt 2016, 11:03

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Warum führst du immer wieder Gödel an?
Weil seine Gedanken in Bezug auf Gott sehr anspruchsvoll sind - er weiß also, wovon er spricht.
Gödel war schließlich Mathematiker. Er war aber KEIN Theologe. Der Schelm in Gödel brachte ihn auf seinen "Gottesbeweis" den er auf den Prämissen von Anselm aufbaute. Vermutlich wusste er, dass diese bekanntlich logisch unhaltbar waren.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:dass Gödels Schwachpunkte der Beweisführung schon bei den Prämissen einsetzen.
Das ist IMMER so - genau aus diesem Grund habe ich an anderer Stelle "Beweise" als grundsätzlich zirkelreferent in Bezug auf deren Voraussetzungen genannt.
Deshalb die Frage, warum an der Vorstellung "Gott" festhalten?

closs hat geschrieben:Plato entwickelt die sog. "Ideen" und begründet sie - es gibt einen Universalienstreit im Mittelalter, der damals schon das abbildet, was heute der Streit zwischen Materialismus und geistig-transzendenten Weltanschauungen ist.
Ein Schönheitsfehler dabei ist, dass Platon vermutlich an Zeus glaubte.

closs hat geschrieben:Die Aufklärung zeigt mit Kant, dass etwas jenseits der menschlich-organisierenden Vernunft ist, was durch diese nicht methodisch fassbar ist.
Kant ist vor allem wegen seinem Einfluss auf die Verfassungen vieler Europäischer Staaten bekannt.

Pluto hat geschrieben:Hegel zeigt mit seiner "Phänomenologie des Geistes" (etc.), die als Fortsetzung der "haptischen" Wissenschaften zu verstehen ist und - lt. wiki - eine Philosophie der Natur und des Geistes ist.
Hegel hat gar nichts gezeigt, sondern nur geschwurbelt — im Schwurbeln war er allerdings großartig.

closs hat geschrieben:Auch Heidegger zeigt, dass es einen kategorialen Unterschied zwischen dem "Sein" ("das, was ist") und unseren Wahrnehmungs-Systemen gibt.
Das hat Heidegger NICHT gezeigt, sondern lediglich postuliert (vermutet).

closs hat geschrieben:Aber diese Argumente nutzen nichts, wenn man sich nicht vorab von einem heute dominanten Materialismus-Glauben löst, der natürlich ebenfalls brillant begründbar ist. - Insofern steht die heutige Philosophie vor einer ähnlichen Emanzipation wie die Naturwissenschaft vor einigen 100 Jahren, die sich damals von einer kirchlichen Dominanz emanzipieren musste.
Die Philosophie hat im Laufe des 20. Jahrhunderts das kirchliche Joch abegstreift, und steht nun,zu Beginn des 21. Jahrhunderts auf eigenen Füßen. Doch wie lange noch, bis es durch die Hirnforschung einverleibt wird?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Ist das wieder der Versuch sich auf ein höheres moralische Podest zu hieven
Nein - das Wort "Moral" ist hier absolut deplatziert.
Jedes mal wenn sich eine Gruppe versucht von den anderen Menschen zu erheben, und zu sagen, "Ich sehe was, was du nicht siehst" ist das ein Zeichen von Arroganz und Selbstgefälligkeit. Beide haben einen moralischen "Beigeschmack".

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:So erreicht man die Menschen NICHT.
Philosophisch tut man das eh nie
Das ist ja das Traurige an der Phislosophie des 18. u. 19. Jahrhunderts. Mit Ausnahme von Descartes u. Kant konnte keiner der Philosophen die Menschen wirklich erreichen.
Schade.

closs hat geschrieben:Mir ging es hier darum, dass philosophisch/geistig absolut tiefgehende Gedanken nach meiner Erfahrung genauso mit "Studierten" wie mit "Unstudierten" geteilt werden können, es also nicht angelernt ist, sondern aus den Menschen rauskommt - aus einer tief sitzenden Erkenntnis, die sich je nach Bildungsstand unterschiedlich formuliert.
So allgemein dargestellt, ist das wohl richtig, aber eben nicht spezifisch auf geistliche Fragen ausgerichtet.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#286 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von closs » So 16. Okt 2016, 11:13

SilverBullet hat geschrieben:1. Es muss tatsächlich um „Etwas“ gehen.
Das wirst Du ja dann merken, wenn es soweit ist.

SilverBullet hat geschrieben:-> Exakt hier scheitert bereits die „Geist“-Idee.
:?: :?: Geist wäre also nicht Etwas, sondern Nichts? :lol:

SilverBullet hat geschrieben:Der Zusammenhang muss umfassend vorliegen
Darauf kannst Du Dich verlassen, wenn es "das" gibt. - Aber meinst Du wirklich, es müsse sich dann an DEINE Korrektheit und DEINE Zusammenhangs-Philosophie halten?

SilverBullet hat geschrieben:Wenn diese Punkte (es gibt bestimmt noch mehr) nicht gegeben sind, kann ein Zusammenhang bzw. ein Verhalten rund um einen Zusammenhang quasi nur unter Zweifel verwaltet werden
Genau richtig - es kann dann (methodisch) nicht "verwaltet werden". - Und da sage ich: Schön für uns, wenn man es korrekt verwalten kann - aber irrelevant für das "Etwas".

SilverBullet hat geschrieben:Du machst hierbei einen entscheidenden Fehler: Es geht nicht darum, dass das menschliche Wahrnehmungs-Korrektheits-System „Existenz“ erzeugt, sondern es geht um Zusammenhänge, also „das Halten für Wirklichkeit/Realität“.
Genau darum geht es - und genau deshalb mache ich hier KEINEN Fehler. - Denn ich mache eben das, was der Fall sein kann, NICHT davon abhängig, ob ICH Zusammenhänge ordnen kann oder nicht.

SilverBullet hat geschrieben:Es ist suboptimal, dass ich mich auf eine Behauptung einlassen soll, die ich mir nicht zusammenreimen kann.
Genau richtig formuliert - es ist suboptimal. - Und einlassen muss man sich auch nicht - es reicht wirklich schon, wenn man weiß, dass hier etwas Korrektheits-Suboptimales ist, das sich sicher irgendwann selber meldet, wenn es es gibt. - Oder wie ein alter Chef von mir mal sagte: "Schmeißen Sie alles von Ihrem Schreibtisch weg - das Wichtige kommt eh wieder von alleine". :lol:

SilverBullet hat geschrieben:Dass ich allerdings etwas für wirklich/real halten soll, was für mich nicht fassbar ist, ist nicht möglich, denn wenn etwas nicht fassbar ist, gibt es keine Zusammenhänge, die für wirklich/real gehalten werden können – da fehlt ein Stück.
-> Genauso ist es bei „Geist“ „Gott“ und anderen philosophisch/religiösen Ideen.
Absolut richtig - das ist das Leid des Materialisten. - Übrigens chiffriert im Apostel Thomas.

SilverBullet hat geschrieben:Ich soll mich in eine Rolle versetzen, die mit Voraussetzungen konstruiert ist, die aus meiner Sicht nicht vorliegen können.
Halte ich intelellektuell nicht für überfordernd - Du musst Dich dem ja nicht persönlich anschließen. - Das macht übrigens jeder Schauspieler: Rollen übernehmen und aus deren Perspektive denken und fühlen.

SilverBullet hat geschrieben:Vielleicht liegt der Fehler von Philosophie und Religion ja genau darin, dass das Wahrnehmungssystem (Körper/Gehirn) zu wenig beachtet wird.
Hier liegt ein Missverständnis vor:
Auch nicht-materialistische Philosophie nimmt natürlich zur Kenntnis, was die Neuro-Wissenschaften so alles rauskriegen - aber sie verstehen das Gehirn nicht als "Ich", sondern als Instrument FÜRS Ich.

SilverBullet hat geschrieben:Ich kann mir nicht vorstellen, wie stark man die Augen zusammenpressen muss, um die religiöse Elementarprägung dieses Philosophen zu übersehen.
Viele Atheisten haben christliche Kindheitswurzeln - das sagt erst mal nichts. - Zudem: Heidegger ist EXISTENTIALIST!!!

Persönlich meine ich zwar, dass man die ontologische Differenz, die Heidegger überhaupt nicht spirituell-transzendent, sondern existentialistisch, also materialistisch, herausarbeitet, problemlos in Bezug auf "Mensch - Gott" anwenden kann, wenn man sein materialistisches System vertikal dreht - aber das ist nicht Heideggers Meinung, weil er sich darum gar nicht kümmert (allenfalls in seinen späten Jahren). - Jedenfalls ist das kein Grund, ihn nicht zu verstehen.

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#287 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von closs » So 16. Okt 2016, 11:24

Pluto hat geschrieben:Gödel war schließlich Mathematiker. Er war aber KEIN Theologe.
Aber er scheint geistig-spirituell angelegt gewesen zu sein.

Pluto hat geschrieben:Deshalb die Frage, warum an der Vorstellung "Gott" festhalten?
Nachdem dies auch auf den Naturalismus zutrifft: Warum an der Vorstellung "Es gibt nur Natur" festhalten?

Pluto hat geschrieben:Ein Schönheitsfehler dabei ist, dass Platon vermutlich an Zeus glaubte.
Weiß ich nicht - wenn ja, dann war er halt Kind seiner Zeit. - Würdest Du die Bibel-Übersetzung von Luther verwerfen, weil er Antisemit war?

Wir müssen uns abgewöhnen, EIN Werk durch etwas ANDERES in Frage zu stellen - ein Werk steht für sich und nur für sich.

Pluto hat geschrieben:Kant ist vor allem wegen seinem Einfluss auf die Verfassungen vieler Europäischer Staaten bekannt.
Zu Recht - aber er hat eben auch weitergedacht.

Pluto hat geschrieben:Hegel hat gar nichts gezeigt, sondern nur geschwurbelt — im Schwurbeln war er allerdings großartig.
:lol: Mit Verlaub: Das Wort "SChwurbeln" kommt hier auffällig dann oft vor, wenn einer was nicht versteht. - Richtig ist, dass sich Hegel viele Feinde bei denen gemacht hat, die mit dem Idealismus nichts am Hut hatten. - Und außerdem: Hegel ist zum Teil arg schwer zu lesen (ich kenne auch nur Bruchteile - aber die hatten es in sich).

Pluto hat geschrieben:Das hat Heidegger NICHT gezeigt, sondern lediglich postuliert (vermutet).
Das war keine naturwissenschaftliche, sondern (onto-)logische Arbeit - er hat es LOGISCH gezeigt.

Pluto hat geschrieben:Doch wie lange noch, bis es durch die Hirnforschung einverleibt wird?
Gut möglich und auch hier mit Verlaub: Soweit ich es erkennen kann, ist die Philosophie seit einigen Generationen bereits vom kritisch-rationalen Materialismus einverleibt.

Pluto hat geschrieben:Jedes mal wenn sich eine Gruppe versucht von den anderen Menschen zu erheben, und zu sagen, "Ich sehe was, was du nicht siehst" ist das ein Zeichen von Arroganz und Selbstgefälligkeit.
Wenn Du mir als Chemiker etwas über Chemie sagst, was ich nicht verstehe, werte ich es NICHT als ein Zeichen von Arroganz und Selbstgefälligkeit.

Pluto hat geschrieben:Das ist ja das Traurige an der Phislosophie des 18. u. 19. Jahrhunderts. Mit Ausnahme von Descartes u. Kant konnte keiner der Philosophen die Menschen wirklich erreichen. Schade.
Naja - die christliche Philosophie hat schon die Menschen erreicht - aber das hat nicht allein mit der Philosophie zu tun, sondern mit deren Vermarktung. - Das gilt auch für Kant: Hätte man ihn nicht vermarktet, hätte er "das Volk" auch nicht erreicht.

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#288 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von sven23 » So 16. Okt 2016, 13:11

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Warum führst du immer wieder Gödel an?
Weil seine Gedanken in Bezug auf Gott sehr anspruchsvoll sind - er weiß also, wovon er spricht.
Welche Gedanken meinst du?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:dass Gödels Schwachpunkte der Beweisführung schon bei den Prämissen einsetzen.
Das ist IMMER so - genau aus diesem Grund habe ich an anderer Stelle "Beweise" als grundsätzlich zirkelreferent in Bezug auf deren Voraussetzungen genannt.
Du hast behauptet, alle mathematischen Beweise würden auf Beweisfehlern beruhen. Sei´s drum, Göedel geht von schwammigen Prämissen aus und seine Beweisführung enthält tatsächlich Zirkelschlüsse.

"Es lässt sich zeigen, dass Axiom 4, P(G), ♦(∃Ex)G(x) und ♦(∃x)G(x) äquivalent sind.
In dem Sinne, dass die mögliche Existenz Gottes sozusagen „versteckt” angenommen
wurde, liegt ein Zirkelschluss vor. Die Kritik die an der modallogischen Variante Anselms
Beweis vorgenommen wurde trifft hier genauso zu."

Quelle
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George Orwell

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#289 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von sven23 » So 16. Okt 2016, 13:17

closs hat geschrieben:Doch - "erklären" schon, aber halt nicht kritisch-rational nachweisen. - Mir fällt dazu immer wieder der Satz von Wieland ein, wonach Geist nicht nachweisbar sei, dies aber auch nicht nötig sei, weil Geist sich ohnehin gegenseitig erkennt - vor ziemlich genau 275 Jahren hat er das gesagt!!! - Und es ist heute mindestens genauso aktuell wie damals.
.
Ja, das kenne ich. Wenn man jemanden trifft, der nicht jedem Aberglauben hinterher läuft, dann spürt man oft eine geistige Verbundenheit auf gleicher Wellenlänge.
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#290 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von closs » So 16. Okt 2016, 14:23

sven23 hat geschrieben:Welche Gedanken meinst du?
Zunächst hat er einvernehmlich nachgewesen, dass Existenz nicht als reales Prädikat auftauchen muss - Existenz kann also etwas sein, was nicht naturalistisch ist. - DIeses dann als Gott zu bezeichnen, ist ein weiterer SChritt, der mit dieser Aussage erst mal nichts zu tun hat. - Das heisst aber auch: Wenn Gödel an einen Gott glaubt, dann versteht er ihn als (aus Sicht des Naturalismus) transzendente Existenz.

sven23 hat geschrieben:Sei´s drum, Göedel geht von schwammigen Prämissen aus und seine Beweisführung enthält tatsächlich Zirkelschlüsse.
Kann ich nicht beurteilen - mein Kenntnisstand ist, dass er Voraussetzungen hat, die nicht einvernehmlich sind.

sven23 hat geschrieben:Wenn man jemanden trifft, der nicht jedem Aberglauben hinterher läuft, dann spürt man oft eine geistige Verbundenheit auf gleicher Wellenlänge.
Das ist eher eine intelektuelle Verbundenheit - was ich meine, ist universal auf jedem Bildungs-Level und in allen Kulturen.

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