Alles Teufelszeug? IV

closs
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#711 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » Fr 14. Okt 2016, 21:59

sven23 hat geschrieben:. Schönes Beispiel ist die Trinität, für deren Legitimation die Kirche nicht davor zurückschreckte, ihre eigenen Phantasietexte in bestehende hineinzufälschen.
Die Trinität ist eine fundamental-theologisch entstandene Größe, die letztlich aus der Frage resultiert: Hängt "nur" ein Opfer "Mensch" am Kreuz oder Gott selber - die Herleitung der Trinität geschieht nichtsdestoweniger biblisch-exegetisch - allerdings (wie immer) mit einer interpretatorischen Festlegung.

Zudem: Die HKM bezieht NICHT mit ein, wie ein Textverständnis sich mit der Zeit hermeneutisch verfeinern/vertiefen kann (auch das Gegenteil findet statt) - es handelt sich hier also nicht um "Phantasien", sondern um Umsetzung eines geistigen Verständnis des Bibel und Jesu.

sven23 hat geschrieben:Nein, man kann nicht alles auf die Interpretation abwälzen. Die Befundlage ist ernüchternd bis desaströs.
Die Befundlage ist FOLGE präjudizierender Herangehensweise - und immer wieder: Bei geistigen Texten geht es nicht anders - entweder man trifft die Wahrheit oder nicht (und kann es nie nachweisen, ob man zu den Wahrheits-Kandidaten zählt).

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sven23
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#712 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von sven23 » Sa 15. Okt 2016, 07:44

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:. Schönes Beispiel ist die Trinität, für deren Legitimation die Kirche nicht davor zurückschreckte, ihre eigenen Phantasietexte in bestehende hineinzufälschen.
Die Trinität ist eine fundamental-theologisch entstandene Größe, die letztlich aus der Frage resultiert: Hängt "nur" ein Opfer "Mensch" am Kreuz oder Gott selber - die Herleitung der Trinität geschieht nichtsdestoweniger biblisch-exegetisch - allerdings (wie immer) mit einer interpretatorischen Festlegung.
Es ist egal, was es sein soll. Wenn die Kirche ihre eigene Theologie entwickeln will, sollte sie diese auch aus Gründen der Redlichkeit als solche kennzeichnen und nicht unter falscher Flagge segeln, um den fälschlichen Eindruck von historischer Authentizität vorzugaukeln. Sie hat Texte in die Evangelien hineingefälscht und will aber davon heute nichts mehr wissen. Soviel zur intellektuellen Redlichkeit.

"Weil man aus dem Menschen Jesus langsam einen Gott gemacht hat, musste Gott schließlich
dreieinig werden. Die Trinitätslehre stand am Ende einer langen Entwicklung, die mit der Apotheose
des galiläischen Wanderpredigers Jesus von Nazareth ihren Anfang nahm. Er wurde von seinen
Anhängern nach seinem gewaltsamen Tode nicht nur als vom Tode auferstanden verkündigt, sondern
auch als Messias zum kommenden Gericht und zur Aufrichtung der Gottesherrschaft erwartet. Anfangs
als Prediger, als Rabbi, für manche vielleicht auch als ein Prophet angesehen, beförderte ihn die
Gläubigkeit seiner Anhänger allmählich in immer luftigere Höhen. In Höhen, die bisher nur dem
monotheistischen Gott selbst vorbehalten waren, und wo sich wegen Sauerstoffmangels schon mal
Halluzinationen einstellen können. Dennoch galt Jesus noch bis Mitte des vierten Jahrhunderts für
viele Gläubige als Gott klar untergeordnet, als subordiniert. Nicht anders haben ihn Petrus und
Paulus, die synoptischen Evangelien, die Apologeten und die frühkatholischen Väter verstanden. Und
vor allem hat er sich auch selbst so verstanden. Man kann Jesus nicht dafür verantwortlich machen,
dass seine Gläubigen sogar eine Aufweichung des Monotheismus in Kauf nahmen, nur um ihn, der ja
inzwischen die Sündenvergebung und ein ewiges Leben auch für die Gläubigen garantieren sollte, auf
eine solche Stufe zu stellen, dass er dies auch leisten konnte. Bei keinem anderen Religionsstifter (der
Jesus natürlich nie war) können die Historiker die Gottwerdung so nachverfolgen wie bei diesem
Jesus aus Nazareth."

Kubitza, Der Dogmenwahn


closs hat geschrieben: Zudem: Die HKM bezieht NICHT mit ein, wie ein Textverständnis sich mit der Zeit hermeneutisch verfeinern/vertiefen kann (auch das Gegenteil findet statt) - es handelt sich hier also nicht um "Phantasien", sondern um Umsetzung eines geistigen Verständnis des Bibel und Jesu.
Doch, das tut sie. Fraglich ist dabei, ob man Verfälschung mit dem euphemistischen "hermeneutisch verfeinern" bemänteln soll. Ich meine nein. Man sollte die Dinge beim Namen nennen. Eine Fälschung bleibt eine Fälschung.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, man kann nicht alles auf die Interpretation abwälzen. Die Befundlage ist ernüchternd bis desaströs.
Die Befundlage ist FOLGE präjudizierender Herangehensweise - .
Im Falle der kanonischen Exegese trifft das sicher zu.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#713 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » Sa 15. Okt 2016, 09:24

sven23 hat geschrieben:Soviel zur intellektuellen Redlichkeit.
Vollkommen daneben. - Du verwechselst immer wieder Quellen-Authentizität mit Inhalts-Authentizität. - Der Theologie geht es nicht um HKM-Fragestellungen, sondern um die Historizität einer Sache an sich - egal wie sie tradiert ist.

sven23 hat geschrieben:Fraglich ist dabei, ob man Verfälschung mit dem euphemistischen "hermeneutisch verfeinern" bemänteln soll. Ich meine nein.
Ich meine auch "Nein". :lol: - Aber darum geht es nicht. - Du hast wirklich noch nicht verstanden, dass es der Theologie nicht um das Nachzeichnen von Überlieferungs-Korrektheit geht, sondern um historische Fakten an sich, an die man aus gesamt-kontextualen Gründen glaubt.

"Hermeneutik" (alias "Heilsgeschichte") ist der Prozess, diesen historischen Fakten (geistige Fakten in der Welt sind immer auch historische Fakten) immer näher zu kommen (wenn es schief läuft, kann man sich auch davon entfernen). - Du verkennst immer noch die Unteschiede des Historizitäts-Verständnisses beider Seiten:

Die Theologie sagt: "Aus gesamt-textlichen Gründen des GEISTIGEN Werks Bibel verstehen wir es als historisch geschehen, dass Jesus leiblich auferstanden ist, also in der Zeit und somit historisch leiblich auferstanden ist" - dies lässt sich extrem überzeugend begründen - geistig begründen (logisch, ontologisch, philosophisch, theologisch).

Die HKM sagt: "Wenn wir das Motiv der leiblichen Auferstehung quellen-historisch untersuchen, stellen wir fest, dass dieses Motiv erst nach und nach so formuliert wird - also ist es eine 'Fälschung', was darauf hinweist, dass es eine Erfindung ist".

Das sind zwei komplett unterschiedliche Wege, um Historizität zu begründen. - Beide Wege sind anspruchsvoll, aber nur peripher kompatibel. - Für das Historische selbst (also verstanden als "das, was WIRKLICH passiert ist") spielt es keine Rolle, da es unabhängig davon passiert ist, ob die eine oder die andere Seite recht hat.

sven23 hat geschrieben:Im Falle der kanonischen Exegese trifft das sicher zu.
Auch die HKM ist präjudizierend, weil sie "historisch-kritisch" (Wahrnehmung) mit "historisch" (Realität) verwechselt und deshalb (in manchen Vertretern) meint, das eine sei dasselbe wie das andere.

Dem Erfinder der "Unredlichkeit", Metzinger, ist vorzuwerfen, dass er trotz seiner Intelligenz diesem Irrweg nicht nur aufsitzt, sondern ihn auch noch triumphierend als einzig redlichen Weg benennt. - Ich vermute, dass dies dem Umstand zuzuordnen ist, dass die heutige "Bright"-Mentalität derart anthropozentristische ideologisiert ist, dass die daraus folgenden SCheuklappen gar nicht mehr bemerkt werden.

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sven23
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#714 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von sven23 » Sa 15. Okt 2016, 11:34

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Soviel zur intellektuellen Redlichkeit.
Vollkommen daneben. - Du verwechselst immer wieder Quellen-Authentizität mit Inhalts-Authentizität. - Der Theologie geht es nicht um HKM-Fragestellungen, sondern um die Historizität einer Sache an sich - egal wie sie tradiert ist.
Ich würde eher sagen: voll ins Schwarze. Richtig ist, dass die dogmatische Theologie kein Interesse an der historischen Jesusforschung hat, demzufolge auch kein Interesse am historischen Jesus hat. Das ist auch verständlich, denn nach allem, was man inzwischen weiß, würde der historische Jesus der kirchlichen Theologie eher im Wege stehen. Da steht sie ganz in der Tradition des Paulus.
Und schließlich hat die Kirche selbst mit Eifer an der Verfälschung der Lehre Jesu mitgewirkt, wie das Comma Johanneum und vieles andere bezeugen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Fraglich ist dabei, ob man Verfälschung mit dem euphemistischen "hermeneutisch verfeinern" bemänteln soll. Ich meine nein.
Ich meine auch "Nein". :lol: - Aber darum geht es nicht. - Du hast wirklich noch nicht verstanden, dass es der Theologie nicht um das Nachzeichnen von Überlieferungs-Korrektheit geht, sondern um historische Fakten an sich, an die man aus gesamt-kontextualen Gründen glaubt.
Ich glaube eher, dass du es bist, der noch nicht verstanden hat, oder nicht verstehen will, dass die theologische Forschung eine große Diskrepanz zwischen dem historischen Jesus und dem verkündeten Jesus herausgearbeitet hat. Der verkündete Jesus steht für den posthum mythologisierten, legendenhaften und verfälschten Jesus. Das ist die Quintessenz der historischen Jesusforschung, ob das einem schmeckt oder nicht.

closs hat geschrieben: "Hermeneutik" (alias "Heilsgeschichte") ist der Prozess, diesen historischen Fakten (geistige Fakten in der Welt sind immer auch historische Fakten) immer näher zu kommen (wenn es schief läuft, kann man sich auch davon entfernen). - Du verkennst immer noch die Unteschiede des Historizitäts-Verständnisses beider Seiten:
Hermeneutik ist wohl eher der Versuch, mit Sprachakrobatik und rhetorischen Nebelkerzen das herauszulesen, was man rauslesen will. :lol:


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Im Falle der kanonischen Exegese trifft das sicher zu.
Auch die HKM ist präjudizierend, weil sie "historisch-kritisch" (Wahrnehmung) mit "historisch" (Realität) verwechselt und deshalb (in manchen Vertretern) meint, das eine sei dasselbe wie das andere.
Das erste ist eine Methode, um sich Historizität anzunähern. Schlimmer ist es, wenn man Legenden, Mythen und Fälschungen zu historisch Geschehenem macht und daraus auch noch nicht hinterfragbare Dogmen bastelt. :roll:

closs hat geschrieben: Dem Erfinder der "Unredlichkeit", Metzinger, ist vorzuwerfen, dass er trotz seiner Intelligenz diesem Irrweg nicht nur aufsitzt, sondern ihn auch noch triumphierend als einzig redlichen Weg benennt. - Ich vermute, dass dies dem Umstand zuzuordnen ist, dass die heutige "Bright"-Mentalität derart anthropozentristische ideologisiert ist, dass die daraus folgenden SCheuklappen gar nicht mehr bemerkt werden.
Metzinger hat doch Recht. Oder willst du uns allen ernstes die Fälschungen der Kirche als intellektuelle Redlichkeit verkaufen? :shock:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#715 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » Sa 15. Okt 2016, 13:02

sven23 hat geschrieben:Ich würde eher sagen: voll ins Schwarze.
Dann verwechselst Du wieder mal Methodik mit "Realität".

sven23 hat geschrieben:Ich glaube eher, dass du es bist, der noch nicht verstanden hat, oder nicht verstehen will, dass die theologische Forschung eine große Diskrepanz zwischen dem historischen Jesus und dem verkündeten Jesus herausgearbeitet hat.
Wenn man Methodik und Realität verwechselt, verwechselt man auch "historischer Jesus" mit "historisch-kritischem Jesus" - da hängt's.

Das heisst nicht, dass die Kirche deshalb recht hätte - aber es ist die Voraussetzung zu verstehen, was in der Theologie überhaupt abläuft.

sven23 hat geschrieben:Hermeneutik ist wohl eher der Versuch, mit Sprachakrobatik und rhetorischen Nebelkerzen das herauszulesen, was man rauslesen will.
Deshalb haben sich ja auch so viele brillante Köpfe mit diesem Thema beschäftigt. :angel:

sven23 hat geschrieben:Das erste ist eine Methode, um sich Historizität anzunähern. Schlimmer ist es, wenn man Legenden, Mythen und Fälschungen zu historisch Geschehenem macht und daraus auch noch nicht hinterfragbare Dogmen bastelt.
Aber darum geht es doch nicht. - Es geht darum, wie man sich dem, was Jesus WIRKLICH gedacht/gemeint hat, am besten annähert - und da gibt es halt verschiedene Möglichkeiten.

sven23 hat geschrieben:Metzinger hat doch Recht. Oder willst du uns allen ernstes die Fälschungen der Kirche als intellektuelle Redlichkeit verkaufen?
Das eine hat nichts mit dem anderen zu tun.

Metzinger hat NICHT recht, weil auch er Methodik über Realität stellt - das kommt zwar oft hin (beide sollen ja koinzidieren und tun es auch oft), kann aber nicht dogmatisch festgelegt werden.

Was bei den Kirchen jesus-authentische Fortentwicklung dessen ist, was Jesus meint, oder selbstsüchtig entstanden ist, ist historisch-kritisch nicht unterscheidbar - aus geistiger Sicht gibt es beides.

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#716 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Anton B. » Sa 15. Okt 2016, 14:22

closs hat geschrieben:Es geht darum, wie man sich dem, was Jesus WIRKLICH gedacht/gemeint hat, m besten annähert - und da gibt es halt verschiedene Möglichkeiten.
Solange Du Deine eigene -- vernünftig nicht zu rechtfertigende -- Position einer Vorstellung über die Wirklichkeit der Welt mit und vor Dir trägst, machen solche Diskussionen keinen Sinn.
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

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sven23
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#717 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von sven23 » Sa 15. Okt 2016, 15:40

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Hermeneutik ist wohl eher der Versuch, mit Sprachakrobatik und rhetorischen Nebelkerzen das herauszulesen, was man rauslesen will.
Deshalb haben sich ja auch so viele brillante Köpfe mit diesem Thema beschäftigt. :angel: .
Zur Trinität ein "brillianter" Kopf wie Hand-Martin Barth.

„Gottes Trinität ist nicht etwas, was man verstehen muss, sondern etwas, das man verstehen muss als etwas, das man nicht verstehen kann.“

oder der Theologe Eberhard Jüngel, ein Schwurbler vor dem Herrn.

„Gott kommt von Gott,Gott kommt zu Gott, Gott kommt als Gott.
Als Gott der Vater ist Gott der Ursprung seinerselbst.“ Gott „tritt“ aber „aus diesem Ursprung sich selbst so gegenüber, dass er sich selbst
Partner ist“ – im Sohn. „Gott ist sich auch Ziel. Gott kommt zwar von Gott. Gerade so
kommt er aber auch zu sich selbst, kommt Gott zu Gott.“ „Er ist sich selbst Ziel, weil er sich
selber Ursprung ist. Doch als Ziel ist er von sich selber als Ursprung unterschieden. Er
kommt wirklich zu sich selbst.“ „Er zeugt nicht nur. Er ist auch der ewig gezeugte Sohn."




closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das erste ist eine Methode, um sich Historizität anzunähern. Schlimmer ist es, wenn man Legenden, Mythen und Fälschungen zu historisch Geschehenem macht und daraus auch noch nicht hinterfragbare Dogmen bastelt.
Aber darum geht es doch nicht. - Es geht darum, wie man sich dem, was Jesus WIRKLICH gedacht/gemeint hat, am besten annähert - und da gibt es halt verschiedene Möglichkeiten.
Es gibt nur eine Möglichkeit, und zwar die Untersuchung der Quellen. Was anderes steht nicht zur Verfügung. Und da muss man eben sagen, dass Jesus einiges anders "gemeint" hat, als die Nachwelt ihm angedichtet hat. Das sollte aber inzwischen Allgemeinwissen sein.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Metzinger hat doch Recht. Oder willst du uns allen ernstes die Fälschungen der Kirche als intellektuelle Redlichkeit verkaufen?
Das eine hat nichts mit dem anderen zu tun.
Aber selbstverständlich hat es damit zu tun. Es ging um intellektuelle Redlichkeit. Wenn die Kirche selbst heute noch ihre eigenen Fälschungen als apostolisch verkaufen will, dann ist das extrem unredlich.

closs hat geschrieben: Metzinger hat NICHT recht, weil auch er Methodik über Realität stellt - das kommt zwar oft hin (beide sollen ja koinzidieren und tun es auch oft), kann aber nicht dogmatisch festgelegt werden.
Nun vergiß mal deine "Realität", die ja eh nur aus Wunschdenken besteht. :roll:

Hier mal eine kurze, lesenwerte Jesusbeschreibung ohne Kitsch.

"Es ist ein sehr nüchternes Bild, das uns die historische Kritik von jenem Jesus von Nazareth liefert,
den die Christen als Gott bzw. Teil der göttlichen Trinität ansehen. Jesus kam als vermutlich ältester
Sohn einer Kleinbauern- oder Handwerkerfamilie im unbedeutenden Nazareth in Galiläa auf die
Welt. Über seine Kindheit und Jugend wissen wir nichts. Die Geburtsgeschichten, die die
Evangelisten Matthäus und Lukas überliefern, sind historisch völlig wertlos, weil sie sehr spät erst
bezeugt und aus klar erkennbaren theologischen Intentionen heraus entstanden sind. Über seine
Persönlichkeitsentwicklung, seine Prägungen, seine Freunde, seine sexuelle Ausrichtung, sein
Elternhaus und sein Aussehen wissen wir nichts. Möglicherweise konnte er weder lesen noch
schreiben. Vielleicht waren er und seine Brüder beim Wiederaufbau der in der Nähe von Nazareth
gelegenen Stadt Sephoris beteiligt, einer modernen hellenistischen Stadt mit Theater und gepflasterten
Straßen. Doch einen Beweis gibt es dafür nicht. Man wird davon ausgehen müssen, dass er bis zum
Alter von etwa dreißig Jahren eher unauffällig und unspektakulär gelebt hat. Als sicher kann seine
Taufe durch Johannes den Täufer gelten, denn dieses biographische Faktum versuchten seine ersten
Anhänger später zu relativieren. Jesus dürfte einer der vielen gewesen sein, die sich von der
Endzeitpredigt des Täufers haben beeindrucken lassen. Möglicherweise war Jesus nach seiner Taufe
noch eine Zeitlang ein Jünger des Johannes. Als Jesus seine eigene Predigttätigkeit beginnt, sind
jedenfalls die Parallelen zur Verkündigung des Täufers unübersehbar. Auch genoss Johannes im
Denken Jesu ein unvermindert hohes Ansehen.
Jesus war (oder wurde durch Johannes) ein Vertreter eines apokalyptisch geprägten Judentums. Der
Kern seiner Botschaft war das unmittelbar bevorstehende Reich Gottes, das direkte Eingreifen Gottes
in den Lauf der Geschichte durch Aufrichtung einer nicht jenseitig gedachten, sondern einer irdischen
Königsherrschaft. Jesus rief wie der Täufer als Vorbereitung hierzu die Menschen zur Buße auf, er hat
aber offenbar nicht selbst getauft. Vielmehr sammelte er eine Schar von 12 Schülern um sich, deren
symbolische Zahl so etwas wie das Abbild des neuen Israel war. Mit ihnen zog er predigend in
Galiläa umher und verbreitete in Reden und Gleichnissen seine Zentralbotschaft der anbrechenden
Gottesherrschaft. Im Zentrum seiner Verkündigung hat sich Jesus geirrt, denn das Reich Gottes ist
nicht gekommen. Der Irrtum Jesu setzte sich fort im Glauben der Urgemeinde und auch der
paulinischen Verkündigung und führte später zu einer ersten frühen Krise der sich aus dem Judentum
herausemanzipierenden christlichen Gemeinde.
Man kann ihn wohl am ehesten als Rabbi ansehen, wobei sein Wanderpredigertum diese Kategorie
jedoch eher sprengt. Vielleicht wurde er dazu getrieben durch die noch in den Evangelien erkennbare
Ablehnung in seiner Vaterstadt Nazareth und auch durch seine Familie, die ihn offenbar für verrückt
hielt und an seiner Tätigkeit hindern wollte.
Jesus diskutierte mit Pharisäern und Schriftgelehrten über die rechte Auslegung und das rechte
Verständnis der alten Schriften, und es gelang ihm offenbar, auch über den engen Jüngerkreis hinaus
Sympathisanten zu finden. Dies wird nicht ohne ein ausgeprägtes rhetorisches Talent möglich
gewesen sein. Neue Lehren hat Jesus dabei offenbar nicht vertreten. Spätere christliche Überlieferung
stellt ihn als in Opposition zu den religiösen Repräsentanten seiner Religion vor, doch war es wohl
eher so, dass er sich mit seiner Verkündigung durchaus noch in den akzeptierten Grenzen des
Judentums bewegte. Bei allen durchaus vorhandenen Humanisierungstendenzen dürfte er dem
jüdischen Gesetz insgesamt positiv gegenübergestanden haben. Jesus sprach sich auch an keiner
Stelle gegen die Beschneidung aus, und auch den Tempelkult in Jerusalem hat er im Prinzip
akzeptiert. Dies zeigt sich auch darin, dass die Urgemeinde in Jerusalem (im Unterschied zu Paulus)
die Gültigkeit der Thora und des Tempelkults nicht infrage stellte.
Jesus war gläubiger Jude und ist es bis zu seinem Tode auch geblieben. Dazu gehörte auch seine
Reserviertheit gegenüber Andersgläubigen. Er meidet sichtlich die hellenistischen Städte seiner
Umgebung und sieht sich nur gesandt „zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel“. Er war kein
religiöser Universalist, sondern vertrat einen jüdisch-nationalistischen Partikularismus. Seine
Predigttätigkeit verschaffte ihm eine gewisse Popularität zumindest in Galiläa und seinem näheren
Umfeld. Er stand im Ruf, Wunder zu wirken und Dämonen austreiben zu können. Spätere christliche
Überlieferung hat dieses Motiv stark ausgebaut. Dass sich Jesus als Bußrufer und Verkündiger der
nahen Gottesherrschaft verstand, scheint klar. Dass er sich selbst darüber hinaus auch eine Rolle bei
der Aufrichtung der Gottesherrschaft zumaß, ist unsicher. Vermutlich hat er sich selbst nie explizit als
Messias oder Endzeitmittler bezeichnet.
Seine öffentliche Wirksamkeit dauerte vielleicht nicht länger als ein Jahr. Zum Passahfest verließ
er seine galiläische Heimat und zog mit seinen Jüngern nach Jerusalem. Dort ist er aus nicht genau
erkennbaren Gründen mit den herrschenden Autoritäten in Konflikt geraten und von der römischen
Besatzungsmacht als Aufrührer gekreuzigt worden."

Kubitza, Der Dogmenwahn
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#718 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Hemul » Sa 15. Okt 2016, 16:01

Sven hat geschrieben:Zur Trinität ein "brillianter" Kopf wie Hand-Martin Barth.
„Gottes Trinität ist nicht etwas, was man verstehen muss, sondern etwas, das man verstehen muss als etwas, das man nicht verstehen kann.“
Meine Güte sveni das klingt ja furchtbar stimmt aber nicht. Schau bitte in den Trini Thread. Dort erklären Experten(wie z.B. Seewolf) dieses Dogma wie man es verstehen muss. Würde mich sehr freuen dich dort anzutreffen. :wave:
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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#719 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » Sa 15. Okt 2016, 16:11

Anton B. hat geschrieben:Solange Du Deine eigene -- vernünftig nicht zu rechtfertigende -- Position einer Vorstellung über die Wirklichkeit der Welt mit und vor Dir trägst, machen solche Diskussionen keinen Sinn.
Ich halte es nach wie vor für vernünftig, Wahrnehmung (Subjekt) und "Realität" (Objekt) kategorial zu trennen. - Kann es sein, dass inzwischen beides im Denken so verschmolzen ist, dass man es nicht mehr unterscheidet?

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#720 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » Sa 15. Okt 2016, 16:16

sven23 hat geschrieben:Es gibt nur eine Möglichkeit, und zwar die Untersuchung der Quellen. Was anderes steht nicht zur Verfügung.
Nein - es ist die Bewertung der Quellen - und je nach Weltbild bewertet man säkular oder geistig.

sven23 hat geschrieben:Das sollte aber inzwischen Allgemeinwissen sein.
Hier bricht wieder mal das Dogmatische durch.

sven23 hat geschrieben:Hier mal eine kurze, lesenwerte Jesusbeschreibung ohne Kitsch.
Bis auf einige reingerutschten Interpretationen beschreibt Kubitza hier das, was man den "historischen Jesus" nennen würde: Umfeld, Vita, Orte, etc. - Wenn es nicht darüber hinausgeht, ist es ok.

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