Theodizee

Rund um Bibel und Glaube
closs
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#831 Re: Theodizee

Beitrag von closs » Fr 14. Okt 2016, 00:30

Münek hat geschrieben:Ich habe hier im Forum vielfach den Eindruck gewonnen, dass im Zweifelsfall der Gläubige dem Glauben ein ungleich höheren Stellenwert einräumt als dem unbedingten Willen zur Ehrlichkeit und Redlichkeit sich selbst gegenüber.
Das ist vollkommen daneben - Du bist derart brutal ideologisch eingestiehlt, dass Du nicht erkennst, dass sich Glaube ausschließlich auf Nicht-Falsifizierbares bezieht.- Du wirst niemanden incl. Ratzinger und Berger finden, der reine SACH-Erkenntnisse durch Glauben ersetzt.

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Münek
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#832 Re: Theodizee

Beitrag von Münek » Fr 14. Okt 2016, 01:12

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Selbstverständlich bewertet und beurteilt sie aus ihrer historischen Sachkompetenz heraus
Das darf sie: "Wir bewerten im Rahmen unseres historisch-kritischen Systems" - da hat keiner was dagegen. - Aber es gibt halt auch Leute die sagen: "Wir bewerten historisch-kritische Sachbeobachtungen im Rahmen unseres theologischen Systems".
Meinst Du damit ein "theologisches System des Unglaubens"? Was sollte ein solches sein?

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Eine sich anschließende, zusätzlich stattfindende "wertende Exegese" findet nicht statt.
Was macht denn die Theologie dann? Verarbeitet sie nicht historisch-kritische Sacherkenntnisse in ihr Bibel-Verständnis/ihre Bibel-Auslegung hinein?
Warum sollte sie das tun? Sie hat doch ihre ewig-gültigen Glaubens-Dogmen. Auf diesem weich gepolsterten Bett lässt sich gut entspannen.

Allerdings hat der eiskalte Gegenwind der Naturwissenschaft immer wieder dafür gesorgt, dass die Kirche nach heftiger Gegenwehr unhaltbar gewordene Positionen schließlich doch räumen musste. Sie führt Rückzugsgefechte.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Niemand ist dazu gezwungen, den Ergebnissen der historisch-kritischen Forschung zuzustimmen.
Da fühlt sich auch keiner gezwungen - man freut sich über die Sachergebnisse und hört bei Bewertungs-Aussagen der HKM im Zweifelsfall höflich weg - das ist die Praxis in der Theologie.
So sollte es eigentlich auch sein. Dogmatiker und Fundamental-Theologen sind schließlich keine Exegeten. Klaus Berger ist hingegen Exeget und beschimpft seine Kollegen als Bibelfälscher und Zerstörer des Glaubens, die mit ihren veröffentlichten oder rezipierten Forschungsergebnissen angeblich dafür sorgen, dass die Kirchenbänke immer leerer werden.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ich sprach von "WISSENSCHAFTLICH" wertender Diziplin
Das tut die Theologie auch - gewöhne Dich daran, dass Dein Wissenschafts-Begriff auf geisteswissenschaftlicher Seite nicht haltbar ist - und nie war.
Was ist am Gottesglauben und seiner Apologie wissenschaftlich? Was an Kritik- und Frageverbot? Was an Esoterik, Spiritismus und an dem Glauben, dass die Gestirne unser Schicksal beeinflussen?

Im Übrigen zählt meines Wissens die Geschichtswissenschaft zu den Geisteswissenschaften.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Doch - und zwar der fromme Theologe Klaus Berger und der alte Dogmatiker Joseph Ratzinger. Schon vergessen?
Gar nicht - hier geht es aber nicht um Wissenschaft, sondern um weltanschauliche Bewertungen daraus.
Das war nicht das Thema. Meine obige Feststellung war eine Replik auf Deine Feststellung, niemand verlange, dass dogmatische Ansichten der Kirche für die historisch-kritisch forschenden Exegeten von Belang sind.

Für Ratzinger und Berger sollen sie aber gerade von Belang sein. Was meinst Du, weshalb sie so laut aufheulen?

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Seit wann hat die Bibel als das "inspirierte Wort Gottes" nichts mehr mit der Theologie zu tun?
Die Bibel ist der Kern der Theologie - aber erwartest Du ernsthaft, dass die Theologie eine Disziplin wie die HKM auf Augenhöhe akzeptiert, die nur dann funktioniert, wenn es Gott NICHT gibt?
Was Kirchenleute und Dogmatiker akzeptieren, ist für bibelwissenschaftliche Exgeten völlig ohne Belang. Beide spielen in getrennten Sandkästen. Hier Gottesglaube - dort historische Wissenschaft. Hier Kritik und Frageverbot - dort: Kritik ausdrücklich erwünscht.

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Münek
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#833 Re: Theodizee

Beitrag von Münek » Fr 14. Okt 2016, 01:49

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ich habe hier im Forum vielfach den Eindruck gewonnen, dass im Zweifelsfall der Gläubige dem Glauben ein ungleich höheren Stellenwert einräumt als dem unbedingten Willen zur Ehrlichkeit und Redlichkeit sich selbst gegenüber.
Das ist vollkommen daneben - Du bist derart brutal ideologisch eingestiehlt, dass Du nicht erkennst, dass sich Glaube ausschließlich auf Nicht-Falsifizierbares bezieht.
Nein - der Glaube der Christen schöpfte und schöpft vor allem aus biblisch überlieferten Erzählungen und Berichten, die gläubigen Herzens als wirkliche Geschehnisse angesehen wurden, sich dann aber oftmals dank der hervorragenden Arbeit der historisch-kriti-
schen Exegese als historisch unhaltbar erwiesen haben.


Nicht immer sind diese Forschungsergebnisse auf Zustimmung, sondern im Gegenteil oft - als glaubenszersetzend gebrandmarkt - auf heftigste Ablehnung gestoßen. Und hier setzt/e dann das unredliche Abwehrverhalten ein, selbst offensichtliche historische Fakten auszublenden, zu ignorieren, zu verdrängen, nicht zur Kenntnis zu nehmen - kurz: sich um des Glaubens willen selbst in die Tasche zu lügen.


Deshalb meine obige Feststellung, dass Gläubige im Zweifelsfall ihrem Glauben einen höheren Stellenwert einräumen als dem unbeding-
ten Willen zur Ehrlichkeit und Redlichkeit sich selbst gegenüber. Denn würden sie der Ehrlichkeit den Vorrang einräumen, bestünde die Gefahr, dass ihr Glaubensschiffchen untergeht wie damals Petrus auf dem See Genezareth, als er dem Herrn entgegeneilte.

Da werden natürlich Ängste wach.

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#834 Re: Theodizee

Beitrag von Ska'ara » Fr 14. Okt 2016, 08:16

Münek hat geschrieben:... die Wissenschaftskarawane zieht weiter, die kirchliche Dogmatik dagegen ist erstarrt und bewegunglos. Da bewegt sich schon lange nichts mehr. Unter einem Berg unhinterfragbarer angeblicher Glaubenswahrheiten ist jegliche lebendige Offenheit erstickt.

Es herrscht Friedhofsruhe und Grabesstille, die nicht gestört werden darf.[/b]
Die Religion DARF sich nicht zu sehr bewegen von einer möglichen Wahrheit, die Kirche selbst ist aber anpassungsfähig, wenn es darum geht, gewisse politische Veränderungen zu überstehen. Die Menschen um Jesus herum waren dazu in der Lage, Dinge zu hinterfragen, und auch heute ist dies machbar.

Ich habe hier im Forum vielfach den Eindruck gewonnen, dass im Zweifelsfall der Gläubige dem Glauben ein ungleich höheren Stellenwert einräumt als dem unbedingten Willen zur Ehrlichkeit und Redlichkeit sich selbst gegenüber. Das nenne ich dann, "sich in die Tasche lügen".
Da liegt der Verdacht sehr nahe, es mit der Wahrheit nicht so genau nehmen, d.h. sich was vormachen zu wollen.

Diese Schutzmaßnahme ist für einen Nichtgläubigen wie mich außerordentlich leicht zu durchschauen.
Du stellst etwas gegenüber, dass unmöglich auf alle Gläubige passen kann. Dem Gläubigen geht es auch um die Wahrheit, die er aber nicht immer unbedingt kennen muss. Ich bin mir sicher, dass sich auch Menschen ohne Glauben ordentlich in die Tasche lügen können, und das geht mit Wissenschaft natürlich recht einfach - so kann man sich redlich verfangen... die Sturheit lässt grüßen ;)
Gott nicht wahrhaben wollen, könnte auch ein Weg sein, Boden unter den Füssen zu gewinnen, wenn der Glaube schwach wird oder enttäuscht, weil man Dinge von Gott erwartet hat, die er nicht leisten will oder sollte.


Münek hat geschrieben: Nicht immer sind diese Forschungsergebnisse auf Zustimmung, sondern im Gegenteil oft - als glaubenszersetzend gebrandmarkt - auf heftigste Ablehnung gestoßen. Und hier setzt/e dann das unredliche Abwehrverhalten ein, selbst offensichtliche historische Fakten auszublenden, zu ignorieren, zu verdrängen, nicht zur Kenntnis zu nehmen - kurz: sich um des Glaubens willen selbst in die Tasche zu lügen.
Es ist nicht wahr, dass Forschungsergebnisse von allen Gläubigen ignoriert werden, dies wird vermutlich nur ein Teil tun. Man kann sich auch mit der Wissenschaft etwas in die Tasche lügen, auch ohne es zu merken. Gerade Menschen, die selbst keine Wissenschaftler sind, müssen deren Annahmen und Behauptungen glauben. Klar könnte man sagen, Wissenschaft sei über alles erhaben, aber dies erinnert auch an die Verhaltensweise der Kirche. Auch Wissenschaft muss hinterfragt werden, und dies ist recht schwierig. Wer will da Irrtümer so ohne weiteres erkennen?


Deshalb meine obige Feststellung, dass Gläubige im Zweifelsfall ihrem Glauben einen höheren Stellenwert einräumen als dem unbeding-
ten Willen zur Ehrlichkeit und Redlichkeit sich selbst gegenüber. Denn würden sie der Ehrlichkeit den Vorrang einräumen, bestünde die Gefahr, dass ihr Glaubensschiffchen untergeht wie damals Petrus auf dem See Genezareth, als er dem Herrn entgegeneilte.
Gott muss einen höheren Stellenwert haben - geht doch gar nicht anders, wenn er existiert.
Wenn wir die Geschichte um die Sintflut als wahr akzeptieren würden, stellt sich die Frage: wer hatte sich etwas vorgemacht? Die meisten Menschen waren derzeit anderer Meinung, und dennoch hatten sie Unrecht. Hatte Gott also die ehrlichen Menschen bestraft?


Da werden natürlich Ängste wach.
Warum sollten denn Ängste wach werden, wenn man nichts verdrängt und einen Glauben an Gott ad acta legt? Hast du Angst?

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#835 Re: Theodizee

Beitrag von closs » Fr 14. Okt 2016, 09:59

Münek hat geschrieben:Im Übrigen zählt meines Wissens die Geschichtswissenschaft zu den Geisteswissenschaften.
Münek hat geschrieben:Meinst Du damit ein "theologisches System des Unglaubens"? Was sollte ein solches sein?
Ein HKM-ler verstößt gegen die eigene Methodik, wenn sie Glauben setzt (das ist ja auch Deine Aussage) - insofern kollidieren beide Setzungsgrößen von HKM und Theologie, sobald die Sachebene wertend-interpretativ verlassen wird.

Münek hat geschrieben:Warum sollte sie das tun? Sie hat doch ihre ewig-gültigen Glaubens-Dogmen.
Diese Lehrsätze sind FOLGE der Exegese.

Münek hat geschrieben:Allerdings hat der eiskalte Gegenwind der Naturwissenschaft immer wieder dafür gesorgt, dass die Kirche nach heftiger Gegenwehr unhaltbar gewordene Positionen schließlich doch räumen musste.
Das gilt für Details in Bezug auf naturwissenschafts-relevante Aussagen, für welche die Theologie eh nicht zuständig ist. - Insofern ist hier durch die HKM eine Säuberung ermöglicht worden - aber doch nicht in Bereichen, die die Dogmen betreffen.

Münek hat geschrieben:Klaus Berger ist hingegen Exeget und beschimpft seine Kollegen als Bibelfälscher und Zerstörer des Glaubens
Ich verstehe ihn - die Eingriffe der HKM durch weltanschaulich-wertende Auslegung haben ziemlich die Oberhand gewonnen.

Münek hat geschrieben:Im Übrigen zählt meines Wissens die Geschichtswissenschaft zu den Geisteswissenschaften.
Das ist korrekt - aber ist das noch so, wenn man Geschichte kritisch-rational BEWERTET?

Die kritisch-rationale Methodik ist glänzend für reine Sacharbeit: Wann hat Bismarck das gesagt? In welchem Gesundheitszustand hat er es nach den kürzlich gefundenen Unterlagen seiner damaligen Ärzte gesagt? Wie oft hat er seinen Sohn zwischen 1848 und 1868 besucht? Etc. - Aber diese Methodik ist nicht geeignet, geistige Zusammenhänge zu erkennen, weil dies methodisch in ihr gar nicht vorgesehen ist. - Man muss also aus einer kritisch-rationalen Haltung in eine geistige Haltung wechseln, um seine sorgsam ermittelten Puzzle-Teile in einem geistigen Kontext zu bewerten. - Deshalb zählen Geschichts-Wissenschaften zu den Geistes-Wissenschaften.

Münek hat geschrieben:Für Ratzinger und Berger sollen sie aber gerade von Belang sein. Was meinst Du, weshalb sie so laut aufheulen?
Weil sie nicht weiter dulden wollen, dass eine reine Sacharbeits-Diziplin namens HKM sich in geistige Kontexte einmischt - diesbezüglich versucht ja die Ratzinger-Exegese die HKM ins Geistige zu öffnen. - Wenn dies nicht gelingt, müssen säkulare HKM-Exegese und Theologie komplett getrennte Wege gehen.

Münek hat geschrieben: Denn würden sie der Ehrlichkeit den Vorrang einräumen, bestünde die Gefahr, dass ihr Glaubensschiffchen untergeht wie damals Petrus auf dem See Genezareth, als er dem Herrn entgegeneilte.
Deiner Hypothese kann man wohlwollend eines abgewinnen: Irrig eingestielter Glaube geht wirklich unter, wenn man ihn an der HKM orientiert.

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#836 Re: Theodizee

Beitrag von Münek » Fr 14. Okt 2016, 22:13

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Warum sollte sie das tun? Sie hat doch ihre ewig-gültigen Glaubens-Dogmen.
Diese Lehrsätze sind FOLGE der Exegese.
Richtig - die frühkirchliche Auslegung der biblischen Schriften führte zur Formulierung bestimmter Glaubens- und Lehrsätze, die von der Kirche dogmatisch für absolut, ewig-gültig und unhinterfragbar erklärt worden sind. Kritik an diesen angeblichen Glaubenswahrheiten ist nicht nur unerwünscht, sondern strengstens untersagt.

Nun kritisiert die historische Bibelwissenschaft kirchliche Dogmen insofern nicht, als sie bei ihrer exegetischen Arbeit biblische Glaubensaussagen ganz bewusst ausgeklammert. Aus wissenschaftlicher Sicht kann nämlich zu einem (gläubig unterstellten) Ein-
greifen einer göttlichen Macht ins irdische Geschehen nichts Substanzielles beigetragen werden.

Allerdings es nicht ausbleiben, dass manche ihrer Ergebnisse es zumindest nahelegen, dass das eine oder andere Dogma nicht auf festem biblischen Fundament, sondern auf sandigem Untergrund zu ruhen scheint.

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#837 Re: Theodizee

Beitrag von closs » Fr 14. Okt 2016, 22:22

Münek hat geschrieben:Aus wissenschaftlicher Sicht kann nämlich zu einem (gläubig unterstellten) Eingreifen einer göttlichen Macht ins irdische Geschehen nichts Substanzielles beigetragen werden.
So ist es - deshalb spielt DIESE Art von Wissenschaft innerhalb der Theologie lediglich eine Zuträger-Rolle.

Münek hat geschrieben:Allerdings es nicht ausbleiben, dass manche ihrer Ergebnisse es zumindest nahelegen, dass das eine oder andere Dogma nicht auf festem biblischen Fundament, sondern auf sandigem Untergrund zu ruhen scheint.
Das ist denkbar - allerdings auch: Dogmen sind weiterentwickelbar. - Die Verwendung des Wortes "Dogma" im populären Medienbereich ist eine andere als innerhalb der Theologie.

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#838 Re: Theodizee

Beitrag von Münek » Fr 14. Okt 2016, 22:51

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Allerdings hat der eiskalte Gegenwind der Naturwissenschaft immer wieder dafür gesorgt, dass die Kirche nach heftiger Gegenwehr unhaltbar gewordene Positionen schließlich doch räumen musste.
Das gilt für Details in Bezug auf naturwissenschafts-relevante Aussagen, für welche die Theologie eh nicht zuständig ist.
Das hat die Kirche aber über viele Jahrhunderte gaaanz anders gesehen. Sie musste sich durch die Erkenntnisse der Naturwissenschaften beispielsweise auf den Gebieten der Astronomie und der Biologie notgedrungen eines Besseren belehren lassen.

closs hat geschrieben:Insofern ist hier durch die HKM eine Säuberung ermöglicht worden - aber doch nicht in Bereichen, die die Dogmen betreffen.
Doch doch. Das Dogma der Jungfrauengeburt beispielsweise beruht zweifelsfrei auf entsprechenden Berichten in den Geburtsgeschichten der Evangelisten Lukas und Matthäus. Nach den Erkenntnissen der neutestamentlichen Exegese handelt es sich bei diesen Erzählungen aber um unhistorische erbauliche Legenden. Damit fällt das Fundament für dieses Dogma weg. Es gibt noch andere Beispiele.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Klaus Berger ist hingegen Exeget und beschimpft seine Kollegen als Bibelfälscher und Zerstörer des Glaubens
Ich verstehe ihn - die Eingriffe der HKM durch weltanschaulich-wertende Auslegung haben ziemlich die Oberhand gewonnen.
Erstens ist das Unsinn - und zweitens hat Berger nicht über "ungebührliche Ein- und Übergriffe" der Exegeten gewettert, sondern sich im Gegenteil darüber beklagt, dass sich Exegeten viel zu sehr zurückhalten - was die Göttlichkeit Jesu betrifft.

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#839 Re: Theodizee

Beitrag von Münek » Fr 14. Okt 2016, 23:31

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Für Ratzinger und Berger sollen sie aber gerade von Belang sein. Was meinst Du, weshalb sie so laut aufheulen?
Weil sie nicht weiter dulden wollen, dass eine reine Sacharbeits-Diziplin namens HKM sich in geistige Kontexte einmischt.
Einmischung in geistige Kontexte wird der Exegese weder von Ratzinger noch von Berger - sondern nur von unserem Groß-Theologen Kurt vorgeworfen. Du solltest langsam mal unseren Theologieprofessoren, jedenfalls denen, die exegetisch tätig sind, aufklärerisch einen geharnischten Protest mittels E-Mails zukommen lassen.

Die E-Mail-Adressen besorgt Dir sicher unser lieber Sven, wenn Du ihn darum bittest...

closs hat geschrieben:diesbezüglich versucht ja die Ratzinger-Exegese die HKM ins Geistige zu öffnen.
Du meinst sicher: Öffnung in die "Glaubensdogmatik à la Katholizismus". Durch vorherigen Glaubensentscheid. Seien wir ehrlich: Eine solche naiv-ideologische Forderung kann nur einem fanatischen Dogmatiker vom Kaliber eines Ratzinger in den Sinn kommen.

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#840 Re: Theodizee

Beitrag von Münek » Fr 14. Okt 2016, 23:49

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Aus wissenschaftlicher Sicht kann nämlich zu einem (gläubig unterstellten) Eingreifen einer göttlichen Macht ins irdische Geschehen nichts Substanzielles beigetragen werden.
So ist es - deshalb spielt DIESE Art von Wissenschaft innerhalb der Theologie lediglich eine Zuträger-Rolle.
Das ist Deine laienhafte Einschätzung. Tatsächlich spielt sie nach Ratzinger eine dermaßen herausragende Rolle, dass er in seinem Jesusbuch nicht umhin kommt zu erklären, der christliche Glauben MÜSSE sich der historisch-kritischen Methode AUSSETZEN.
Warum? " Weil der Glaube selbst es verlangt".


Noch Fragen? :)

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Allerdings es nicht ausbleiben, dass manche ihrer Ergebnisse es zumindest nahelegen, dass das eine oder andere Dogma nicht auf festem biblischen Fundament, sondern auf sandigem Untergrund zu ruhen scheint.
Das ist denkbar - allerdings auch: Dogmen sind weiterentwickelbar.
Allenfalls kosmetisch. Welches Dogma ist denn bisher substanziell weiterentwickelt worden?

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