Pluto hat geschrieben:Agent Scullie hat geschrieben:Nein, weil die Schrödinger-Gleichung zur QM gehört und nicht zur QFT. Da werden Teilchen durch Wellenfunktionen beschrieben, nicht durch Felder.
Erinnerungen an meine Studentenzeit: mein Aufsatz über die Schrödinger-Gleichung hat mir seinerzeit (an der ETH, Zürich) die zweitbeste Note in der Physik Prüfung eingebracht.
Fein. Dann solltest du dich ja mit der Schrödinger-Gleichung auskennen, und als Chemiker dann auch gleich mit deren Lösungen für das Wasserstoff-Atom. Also die 1s-Wellenfunktion, 2s-Wellenfunktion, 3s-Wellenfunktion usw. Halten wir das mal fest...
Pluto hat geschrieben:Agent Scullie hat geschrieben:Pluto hat geschrieben:Was ist dann an der Teilch-Erklärung falsch?
An der populärwissenschaftlichen Darstellung mit virtuellen Teilchenpaaren im Vakuumzustand ist falsch, dass im Vakuumzustand keine Teilchen vorhanden sind, weil die Quantenfelder alle im Grundzustand sind. Im Grundzustand ist ein Quantenfeld nicht angeregt, und deswegen sind keine Anregungen (=Teilchen) des Feldes vorhanden.
Verstehe ich nicht.
Wenn die Felder im Vakuum im Grundzustand sind, was verbietet eine Fluktaution dieser Felder um den Nullpunkt? Und wenn es Fluktationen um diesen Grundzustand geben kann, warum können dann keine Teilchen entstehen?
Stell dir die 1s-Wellenfunktion im Wasserstoff-Atom vor. Die beschreibt ein 1s-Orbital um den Atomkern herum. Innerhalb dieses Orbitals fluktuiert die Position des Elektrons um die Position des Atomkern herum. Diese Fluktuationen der Position des Elektrons führen nun aber nicht dazu, dass das Elektron auf ein höheres Niveau wechselt, wie z.B. das 2s- oder 3s-Niveau. Das Elektron bleibt, solange es nicht durch eine Energiezufuhr von außen auf ein höheres Niveau gehoben wird, immer im 1s-Niveau, egal wie sehr seine Position im 1s-Orbital fluktuiert.
Ganz ähnlich ist es bei einem Quantenfeld. An die Stelle einer Wellenfunktion im Ortsraum, die ein Elektron im Wasserstoff-Atom beschreibt, tritt allerdings eine Wellenfunktion auf dem abstrakten Raum der Feldveränderlichen q_r, ansonsten ist aber alles ganz ähnlich. Ähnlich wie es im Wasserstoff-Atom den 1s-Zustand gibt, gibt es bei einer Mode des elektromagnetischen Feldes den Vakuumzustand. Und so wie im 1s-Zustand die Position des Elektrons fluktuiert, fluktuiert im Vakuumzustand die elektrische Feldstärke. Und genauso wie es für das Elektron im Wasserstoff-Atom nicht nur den 1s-Zustand gibt, sondern auch den 2s- oder 3s-Zustand und noch allerlei weitere Zustände, gibt es für die Mode des elektromagnetischen Feldes neben dem Vakuumzustand noch weitere Zustände. Diese sind durch eine Quantenzahl n_r nummeriert, ähnlich der Hauptquantenzahl n=1,2,3,... im Wasserstoff-Atom. n_r = 0 ist der Vakuumzustand, so wie der 1s-Zustand im Wasserstoff-Atom die Hauptquantenzahl 1 hat.
Und so wie der 2s-Zustand die Hauptquantenzahl 2 hat und der 3s-Zustand die Hauptquantenzahl 3 usw., gibt es für die Feldmode die Zustände n_r = 2, n_r = 3 usw. Während die Zustände im Wasserstoff-Atom jedoch alles Einteilchenzustände sind, also Zustände mit genau einem einzigen Elektron, und sich hauptsächlich nur durch die Energie und die Größe des zugehörigen Orbitals unterscheiden (das 2s-Orbital ist etwas größer als das 1s-Orbital, die Elektronenposition fluktuiert da somit etwas stärker), ist bei den Zuständen der Feldmode die Teilchenzahl (= die Zahl der Feldquanten) von der Quantenzahl n_r abhängig. Für n_r = 0 sind keine Teilche vorhanden, für n_r = 1 ein Teilchen, für n_r = 2 zwei Teilchen, usw.
Man könnte es so ausdrücken: damit Teilchen entstehen, reicht es nicht, dass die Feldstärke fluktuiert, die Amplitude der Fluktuation muss vielmehr einen gewissen Schwellenwert überschreiten, damit ein Teilchen entstehen, und einen weiteren Schwellenwert, damit ein zweites Teilchen entsteht, usw., ähnlich wie im Wasserstoff-Atom die Fluktuation der Elektronenposition einen Schwellenwert überschreiten muss, damit das Elektron aus dem 1s-Niveau ins 2s-Niveau wechselt.
Pluto hat geschrieben:Agent Scullie hat geschrieben:Also das allererste Mal wäre das sicherlich nicht, da gibt es schon noch andere Beispiele für. Nimm z.B. den kleinen Bruder der QFT, die QM. In "Eine kurze Geschichte der Zeit" geht Hawking zwar auf die QM ein, schreibt aber nichts von der Wellenfunktion.
Hawking hat die Wellenfunktion einfach nicht erwähnt, vielleicht weil er sie nicht brauchte.
Es beschreibt in seinem Buch die QM und die Unschärferelation, er widmet der Unschärferelation sogar eine Kapitelüberschrift. Ohne auf die Wellenfunktion einzugehen, kann man aber weder die QM noch die Unschärferelation einigermaßen korrekt beschreiben. Hawking begründet in seinem Buch die Unschärferelation mit dem Compton-Effekt: um die Position eines Elektrons möglichst genau zu messen, braucht man möglichst kurzwellige Strahlung, und desto höher ist folglich die Energie eines Strahlungsquants, und desto stärker wird die Position durch die Interaktion mit dem Strahungsquant folglich verändert. Dass die Unschärferelation eine Eigenschaft des Elektrons selbst ist, weil eine hohe Ortsunschärfe bedeutet, dass seine Wellenfunktion über einen entsprechend großen Raumbereich delokalisiert ist (z.B. über ein 1s-Orbital im Wasserstoff-Atom), wird durch so eine Darstellung überhaupt nicht deutlich. Man gewinnt vielmehr leicht den Eindruck, das Elektron an sich habe durchaus immer eine scharfe Position, die man nur halt nicht messen könne.
Für einen Positivisten wie Hawking mag das keinen nennenswerten Unterschied machen, für einen Nicht-Positivisten schon.
Pluto hat geschrieben:Das ist nicht dasselbe, wie dem Publikum bewusst eine Unwahrheit aufzutischen
Hawking lässt in seinem Buch ja
bewusst die Wellenfunktion weg und erklärt die Unschärferelation
bewusst über den Compton-Effekt.
Pluto hat geschrieben:Agent Scullie hat geschrieben:Pluto hat geschrieben: Überall dort wo es elektromagnetische Felder gibt.
Nein, nur da, wo diese an Wechselwirkungsprozessen beteiligt sind. Und man diese mit der Störungsrechnung behandelt.
Schon klar. Es braucht natürlich ein bewegtes EM-Feld.
Und im Vakuumzustand ist es eben nicht "bewegt".
Pluto hat geschrieben:Agent Scullie hat geschrieben:Die Stringtheorien bauen ebenso wie die LQG auf der QFT auf, dass also Teilchen von Feldern abgeleitet sind. Nur sind die Teilchen in den Stringtheorien fadenförmig, nicht punktförmig, wie in vorherigen QFT-Varianten.
Das es sich bei den Stringtheorien um Fäden handelt ist mir klar, aber sind das nicht trotzdem Teilchen?
Na sicher sind das Teilchen. Zu denen es ganz im Geiste der QFT Stringfelder gibt. Und von denen im Vakuumzustand keine da sind.
Pluto hat geschrieben:PS: Hier ein Zitat eines Wissenschaftlers (Joseph Silk) der die QFT besser versteht als ich. Er ist der Meinung, das Quantenvakuum sei zu jedem beliebigen Zeitpunkt (at any given instant) voller virtueller Teilchenpaare:
Das ist nur eine weitere populärwissenschaftliche Darstellung.