Roland hat geschrieben:Halman hat geschrieben: Alles erschuf Gott doch durch seinen Sohn, ausgenommen dem Sohn, der einzig und allein von Gott gezeugt wurde. Wenn der Sohn gezeugt wurde, dann ist diese Zeugung doch sein Anfang.
Wenn ein Mann einen Sohn zeugt, dann gibt er etwas ab, was schon vor der Zeugung in ihm war, richtig? Seine Gene, ganz materiell, den Samen. Wenn Gott, der ewig ist, einen Sohn zeugt, dann bedeutet das, dass von Ewigkeit her in ihm war, was er durch die Zeugung hervorgebracht hat. Ich hoffe, ich konnte deutlich machen, was ich meine.
Ja, ich denke schon. Der Sohn beginnt aber erst zu exitieren, wenn aus der Oocyte eine Zygote wird. Natürlich hinkt die Analogie, wir wissen, dass GOTT keine Göttin braucht, um einen Sohn hervorzubringen, dies kann ER aus sich selbst heraus. Die Zeit vor dem "Hervorbringen" entspricht in der gewagten Analogie der Zeit, in der Gamete und Oocyte noch getrennt sind. Das Hervorbringen entspricht ihrer Vereinigung zur Zygote.
Wenn ein Künstler ein Kunstwerk hervorbringt, dann beginnt dieses als Entität auch erst zu existieren, wenn es geschaffen wird. Dagegen mag der Künstler einwenden, dass er nur ausgedrückt hat, was schon in ihm vorhanden war. Aber solange war es noch wie die Gamete und Oocyte, das Potenzial, die Zygote zu bilden.
Ich glaube, dass Salomo in Sprüche 8:22 den Anfang der personalen Weisheit, des Logos, beschreibt. Vor dem "Hervorzubringen" des Werkmeisters existierte Gott ewig.
In
Sprüche 8, in den Versen 1-21, personifiert Salomo die Weisheit. Diese Personifizierung ist ein rethorisches Stilmittel.
So könnte ich z.B. fragen: "Ist die Bibel nicht unsere Ermahnerin und Trösterin?" So, als wäre die Bibel eine Person, dabei ist sie ein Buch.
Doch in Sprüche 8:22 geschiet etwas Neues. Obgleich der ewige Gott schon immer weise war, wird die Weisheit nun
hervorgebracht. Von da an war sie
neben ihm als Pflegling gen Gott. Dies könnte man als Zuspitzung der rhetorischen Personifizierung deuten, so vermutlich die jüdische Interpretation.
Doch wir als Christen sehen darin eine Parallele zum Logos und dieser ist eine buchstäbliche Person. Gem. John 1:14 wurde diese Geistperson
Mensch, ein biographischer Mensch der Geschichte (s.
Außerbiblische Belege für die Existenz Jesu). Daher glaube ich, dass auch der Logos buchstäblich personal war, so wie der Mensch Jeschua von Nazareth. Und ich glaube, dass Sprüche 8:22 die Zeugung dieser Person beschreibt.
Roland hat geschrieben:Halman hat geschrieben: Roland hat geschrieben: Gott schuf die Welt nach Joh.1 durch das Wort, den Logos. Und Jesus wird an dieser Stelle als das fleischgewordene Wort bezeichnet.
Im AT heißt es parallel dazu: "Der Herr hat die Erde durch Weisheit gegründet und die Himmel durch Einsicht befestigt." (Sprüche3, 19)
Das
kann man so sehen. Für micht tritt die Parallele zwischen Sprüche 8:22 u. 30 zu Joh 1:1-3 deutlicher zutage.
Ganz richtig, diese Parallele trifft es sehr genau:
"Der HERR
hat mich schon gehabt im Anfang seiner Wege, ehe er etwas schuf, von Anbeginn her.
Ich bin eingesetzt
von Ewigkeit her, im Anfang, ehe die Erde war."
Sprüche 8, 22+23 (Luther)
Kann auch m.E. gar nicht anders sein: Hier spricht ja die personifizierte Weisheit Gottes. Die logischerweise keinen Anfang hat, sonst wäre Gott irgendwann ohne Weisheit gewesen. Das ist undenkbar. Gott ist ewig unveränderlich derselbe.
Ja, Gott verändert sich nicht und bleibt immer derselbe, das ist wahr (
Ps 90:2;
Jes 43:10;
Jes 46:4;
Mal 3:6 u.
Jak 1:17).
Dennoch kann er doch die personale "Weisheit" (den Werkmeister, den Logos) vor allen anderen Dingen
hervorgebracht (
monogenes, gezeugt) haben.
Dem widerspricht freilich die Luther-Übersetzung. Die strukturtreuere Buber-Übersetzung gibt Sprüche 8:22-23 in folgenden Worten wieder:
22 ER hat mich als Anfang seines Weges gestiftet, als vorderstes seiner Werke von je. 23 Von urher bin ich belehnt, von der Frühe, von den Vorzeiten der Erde.
Dies lies sich für mich nach einen Beginn.
Roland hat geschrieben:Halman hat geschrieben:Wie kann das sein, wenn Gott doch immer weise war? Nun, neu ist, dass hier die Weisheit als Werkmeister[in], ja als "geliebtes Kind" (Hebr.: ʼamṓn) in initio hervorgebracht wurde.
Hervorgebracht ist der richtige Ausdruck, lieber Halman. Zum Zwecke der Schöpfung (die ja wirklich einen Anfang hatte) bringt Gott sein Wort, seine Weisheit, den Logos hervor. Er bringt gleichsam
zum Einsatz, was immer bei ihm und in ihm war.
Gottes Weisheit, der Werkmeister, der die Welt erschuf, hatte keinen Anfang, sie ist ewig, wie er selbst!
Okay.

Dann glauben wir halt unterschiedlich.
Roland hat geschrieben:Halman hat geschrieben:Außerdem liebt Gott sich sicher auch selbst. Wer sich nicht selbst liebt, gehört auf die Couch
Wer aber völlig allein ist und
nur sich selbst liebt, erlebt einen schweren Mangel!
Der Philosoph Robert Spaemann dazu:
Die christliche Trinitätslehre vollendet den Begriff Gottes, indem sie Gott als allmächtige Liebe denkt. Und zwar wesenhaft in sich selbst Liebe, sodass er nicht einer Welt und des Menschen bedarf, um sein Wesen als Liebe zu verwirklichen. In diesem Fall nämlich wäre Gott nicht Gott, nicht in sich bereits das Ganze (…)
Die Welt wäre dann auch nicht freie Schöpfung Gottes, sondern sie wäre notwendig, um einen Mangel Gottes zu beheben. Gott ist in sich selbst Liebe, das heißt: Er ist in sich reflektiert, er hat ein adäquates Bild von sich in sich selbst, ein lebendiges Gegenüber, den Logos. Und die Selbstübereignung in Liebe an den Logos, den Sohn, geschieht in einer Gabe, die wiederum Gott selbst ist (…) den Heiligen Geist.
Die Mysterien des Christentums, einmal offenbart, erweisen sich als Vollendung dessen, was die Vernunft nur dunkel erahnen kann.
Ich wünsche dir, dass dir diese innergöttliche Beziehung, dieser "Backofen voller Liebe" wie Martin Luther es mal ausgedrückt hat, ganz neu aufgeht.
Ich räume ein, dass die Argumentation des Philosophen Robert Spaemann ein hohes Niveau hat. Ich glaube aber nicht, dass wir GOTT philosophisch und tiefenpsychologisch durchforschen können.
Laut jüdischer Vorstellung ist Elohim ewig, einpersonal und vollkommen - ohne Mangel, und diese Vorstellung teile ich aufgrund meines Bibelverständnisses, so sehr ich die Argumentation von Robert Spaemann und Dir auch respektiere.