Theodizee

Rund um Bibel und Glaube
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Halman
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#561 Re: Theodizee

Beitrag von Halman » Mo 26. Sep 2016, 15:34

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Wo ist das Problem?
Kein Problem. Die kanonische Exegese geht von der These aus "Jesus = Gott".
Schaust du bitte hier: https://www.kath.de/zentrum/texte/archi ... 3_2011.pdf
Vielen Dank für die Quelle, lieber Pluto. Geht doch. :thumbup:

Wenn folgender Satz aus obiger Quelle (Seite 7) zutreffend ist, dann muss ich Euch Kritikern und Kurt recht geben und meinen Irrtum eingestehen:
Ziel der kanonischen Exegese ist es, die Bibel als Wort Gottes in seiner Ganzheit, also als ein einziges Buch zu sehen, und zwar als jene Schrift, die mehr ist als ein historisches Dokument, weil es der Heilssorge Gottes entspringt, von der bei Augustinus die Rede ist.
Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob Zenger es genauso sah. Immerhin war sein Anliegen, die jüdisch-kanonische Exegese gleichberechtigt neben der christlich-kanonischen anzuerkennen. Die jüdische Exegese kann natürlich den Tanach (AT) nicht von Christus her lesen, sondern im Lichte der talmudischen Traditition. Als Katholik war Zenger doch eher ein äußerer Beobachter des Judentums. Zumal sich die Glaubensansichten zwischen Juden und Christen in einigen Punkten so gravierend unterscheiden, dass ein Exeget, welcher die kanonische Exegese befürwortet, um eben auch die jüdische Sichtweise ihren Berechtigung zuzuerkennen, unmöglich zugleich in allen Dingen jüdisch und christlich glauben kann. Zenger ging es um den jüdisch-christlichen Dialog, s. hierzu bitte Gottes Name(n): Zum Gedenken an Erich Zenger. Dem vermag ich nichts zu entehmen, was einen bestimmten Glaubensentscheid des Exegeten voraussetzen würde. Vielmehr Achtung vor dem Glauben der "Gemeinden" (Judentum und Christentum).

Allerdings handelt es sich um Texte, die schwer bis sehr schwer zu verstehen sind. Wenn Du, Münek, Sven usw., wenn ihr sie alle versteht, WOW!!! Na, dann bin ich hier falsch! :oops:
Kurt gab mir gegenüber bereits zu, dass er Schwierigkeiten hat, die Texte von Zenger zu verstehen. Vielleicht sind Kurt ich ja hier die einzigen, die Verständisschwierigkeiten haben (oder zugeben).
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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Halman
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#562 Re: Theodizee

Beitrag von Halman » Mo 26. Sep 2016, 15:50

closs hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Ich bezweifle, dass Eure Bewertung der kanonischen Exegese korrekt ist. Möglicherweise irre ich mich. Das will ich wissen.
Nach meinem Verständnis ist die wiki-Definition nicht schlecht:
"Die Kanonische Exegese (Kanonische Bibelexegese oder Kanonische Schriftauslegung) ist ein hermeneutischer Zugang zur Bibel, der die einzelnen Bibeltexte primär im Kontext des gesamten Bibelkanons interpretiert. Sie ist eine christlich-theologische Bibelexegese, die in Jesus Christus den Schlüssel der ganzen Bibel sieht"
Ja, inzwischen sehe ich ein, dass dem wohl so ist.

closs hat geschrieben:Wenn hier "Jesus" steht, ist natürlich "Jesus im christlichen Verständnis" gemeint, da sie sich als " christlich-theologische Bibelexegese" versteht. - Das ist das eine.
Ja, Dein Gedankengang erscheint mir zwingend logisch.

closs hat geschrieben:Nun kann natürlich die kanonische Exegese formal von einem Agnostiker betrieben werden, wenn man bspw. die kanonische Endform der Bibeltexte untersucht (Brevard Childs)- wobei dies aus meiner Sicht schon wieder eher eine historisch-kritische Aufgabe ist. - Aber geistig-inhaltlich meine ich, dass kanonische Exegese nur transzendierend betrieben werden kann - also unter der Voraussetzung von Gott.
Ja, ich denke, dass Du den emeritierten Papst da besser verstanden hast als ich.

closs hat geschrieben:Insofern kann auch ein richtig guter Rabbi oder Imam eine kanonische Exegese durchführen - weil er von Gott ausgeht. - Aber wie das ein Agnostiker können soll, ist mir ein Rätsel.
Warum befürwortete Zenger die kanonische Exegese und warum sah er darin eine Exegese die hilfereich im jüdisch-christlichen Dialog ist? Und offenbar mit Erfolg, denn ihm wurde u.a. die Buber-Rosenzweig-Medaille verliehen.
Sollte eine allzu "katholische Exegese" nicht eher die Klufft zu den Juden vergrößern? Zenger war kein Jude. Wie gelang es ihm mit der kanonischen Exegese sich dem Judentum anzunähern? Könnte es sein, dass die zenger'sche Form kanonischer Exegese (s. ab Drei hermeneutische Optionen verschieden von der Ratzinger-Exegese ist?

closs hat geschrieben:Eine Sache verstehe ich NICHT - nämlich die Bedeutung des Wortes "synchron". - Denn der rezeptionelle Teil der Kanonischen Exegese setzt doch eigentlich voraus, dass man Sprache in verschiedenen Zeiten untersucht - da blicke ich nicht durch.
Das halbwegst Verständlichste, was ich gefunden habe, ist folgende Quelle von der Universität Duisburg-Essen, Fachgebiet Evangelische Theologie:
Synchrone Analyse

Die synchrone Analyse beginnt unmittelbar an dem vorliegenden Text und seinen Strukturen.

Der Text wird als eine strukturierte, kohärente Größe analysiert, die in einem größeren Kommunikationsvorgang eingebettet ist.

Dieses kurz skizzierte Textmodell bringt zugleich ein Verstehensmodell hervor:

Der Sinn eines Textes steckt in den Beziehungen der Textelemente und zwar in den inner- und außertextlichen Beziehungen.

Die Aufgabe der synchronen Analyse ist es, Anweisungen zu geben, wie die Beziehungen zwischen Elementen innerhalb des Textes und die Beziehungen zwischen Text und außertextlichen Faktoren gefunden werden können. Bezieht man dies auf das oben genannte Verstehensmodell, so heißt das, dass die synchrone Analyse hilft, den Sinn eines Textes zu finden und zu verstehen.
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#563 Re: Theodizee

Beitrag von closs » Mo 26. Sep 2016, 16:05

Halman hat geschrieben:Warum befürwortete Zenger die kanonische Exegese und warum sah er darin eine Exegese die hilfereich im jüdisch-christlichen Dialog ist?
Rein spekulativ:
* Weil "kanonisch" auch die Torah betrifft und somit auch relevant für die jüdische Theologie ist.
* Weil es theologisch ist (und nicht historisch-kritisch) - damit macht man sicherlich Freunde in einer Kultur, die eine so große theistische Tradition hat wie Israel.

Halman hat geschrieben:as halbwegst Verständlichste, was ich gefunden habe, ist folgende Quelle von der Universität Duisburg-Essen, Fachgebiet Evangelische Theologie
Das klingt weit besser als die wiki-Erklärung - besonders folgendes:

Halman hat geschrieben:Der Text wird als eine strukturierte, kohärente Größe analysiert, die in einem größeren Kommunikationsvorgang eingebettet ist.
Halman hat geschrieben:Der Sinn eines Textes steckt in den Beziehungen der Textelemente und zwar in den inner- und außertextlichen Beziehungen.
Eigentlich müsste man den Rest auch zitieren - genau so verstehe ich Kanonik auch: Als Textarbeit mit Öffnung zum Geistigen ("außertextliche Faktoren"). - Danke für das Zitat.

Das entspricht übrigens auch dem Ziel Ratzingers mit seiner Exegese, wenn er die Öffnung der HKM ins Geistige hinein fordert (zumindest wenn es HKM innerhalb der Theologie ist) - im Sinne von:
"Macht Eure saubere historisch-kritische Arbeit, aber baut Eure ERgebnisse auch in einen größeren Kötext ein, um den Sinn eines Textes zu finden und zu verstehen".

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Münek
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#564 Re: Theodizee

Beitrag von Münek » Mo 26. Sep 2016, 16:56

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Es interessiert die exegetische Bibelforschung nicht, ob und wie andere ihre Forschungsergebnisse aufnehmen.
Wenn die historisch-kritische Bibelforschung dies so sieht: Warum beschwert sie sich dann, dass sie keinen höheren Stellenwert innerhalb der Theologie hat?
Absoluter Blödsinn. Wieder mal eine unbelegte closs`sche Behauptung der Extra-Klasse. :lol: Kein Exeget käme auf die absurde Idee, sich zu beschweren, dass die von ihm angewandte historisch-kritische Auslegungsmethode "keinen höheren Stellenwert innerhalb der Theologie besitzt."

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Erst sagst Du, das Reich Gottes sei bereits vor 2000 Jahren gekommen und jetzt heißt es, das Reich Gottes sei heute spürbar nahe.
Meine Herrn, kapierst Du wirklich nicht?
.
Nö - so einen Unsinn kapiere ich nicht.

closs hat geschrieben:Das "Dein Reich komme" bezieht sich auf das "Himmelreich" -- jedoch ist dieses mit der Erlösung (was auch immer das ist) dauerhaft nah - was es vorher NICHT wahr. - Das wäre so in etwa die Auffassung der kirchlichen Theologie.
Der Evangelist Matthäus, der für Judenchristen schrieb, nannte das "Reich Gottes" stets "Himmelreich". Beide Begriffe sind synonym. Gemeint ist die von Jesus als nah verkündigte Gottesherrschaft auf Erden.

Du hast geschrieben: "Nach christlicher Auffassung IST das Reich Gottes seit 2000 Jahren DA." Auf meinen Einwand hin, dass es doch dann überflüssig sei, dass Christen im allsonntäglichen Gottesdienst Gott um das "Kommen seines Reiches" bitten, schriebst Du, das Reich Got-
tes sei spürbar NAH. Also ist es doch noch nicht DA, sondern nur nah..

Merkst Du eigentlich wirklich nicht, in welchem Ausmaß Du hier herumschwurbelst.

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sven23
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#565 Re: Theodizee

Beitrag von sven23 » Mo 26. Sep 2016, 17:01

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Warum genügt dir das nicht?
Mir genügt der Horizont nicht, innerhalb dessen Du glaubst urteilen zu können..
Es ist Ratzingers Glaubensentscheid, nicht meiner. Warum willst du dich ihm nicht anschließen? Wo liegt dein Problem?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Blöd ist halt nur, wenn aus dem Assistenten ein Kronzeuge gegen das Glaubenskonstrukt geworden ist.
Aber doch nur, weil er als Zauberlehrling meint, selber Meister sein zu können.
Nein, es war eine zwangsläufige Entwicklung, die mit dem Aufkommen der historisch-kritischen Methode ihren Anfang nahm.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#566 Re: Theodizee

Beitrag von closs » Mo 26. Sep 2016, 19:15

Münek hat geschrieben:Kein Exeget käme auf die absurde Idee, sich zu beschweren, dass die von ihm angewandte historisch-kritische Auslegungsmethode "keinen höheren Stellenwert innerhalb der Theologie besitzt."
Das gilt nicht für Exegese an sich - aber meinst Du, dass der säkuläre Interpretations-Strang der Exegese in der Theologie mehr als eine Nebenrolle spielt?

Münek hat geschrieben:Auf meinen Einwand hin, dass es doch dann überflüssig sei, dass Christen im allsonntäglichen Gottesdienst Gott um das "Kommen seines Reiches" bitten, schriebst Du, das Reich Gottes sei spürbar NAH. Also ist es doch noch nicht DA, sondern nur nah.
Das ist korrekt - mir ging es darum, dass es keine Verzögerung gibt für etwas, was schon eingetreten - siehe auch "Das Reich Gottes ist mitten unter uns".

sven23 hat geschrieben:Es ist Ratzingers Glaubensentscheid, nicht meiner. Warum willst du dich ihm nicht anschließen?
Jeder muss sich entscheiden, nach welcher Perspektive er die Bibel auslegt. Aus meiner Sicht ist es in der Tat sinnvoller, die Bibel unter geistig-spirituellen Gesichtspunkten auszulegen - wenn Du einen anderen Ansatz wählst, ist das ja AUCH interessant ("WIe ist die Bibel ohne Gott zu verstehen?"). - Aber um diese Perspektiven-/Glaubens-Entscheidung kommt keiner rum.

sven23 hat geschrieben:Nein, es war eine zwangsläufige Entwicklung, die mit dem Aufkommen der historisch-kritischen Methode ihren Anfang nahm.
Das deute ich als Zustimmung - ja, genau so ist es.

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Münek
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#567 Re: Theodizee

Beitrag von Münek » Mo 26. Sep 2016, 23:04

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Kein Exeget käme auf die absurde Idee, sich zu beschweren, dass die von ihm angewandte historisch-kritische Auslegungsmethode "keinen höheren Stellenwert innerhalb der Theologie besitzt."
Das gilt nicht für Exegese an sich - aber meinst Du, dass der säkuläre Interpretations-Strang der Exegese in der Theologie mehr als eine Nebenrolle spielt?
Es gibt keine diesbezüglichen BESCHWERDEN von Seiten der HKM. Punkt. Aber genau DAS hast Du behauptet. Was soll das? :shock:

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Auf meinen Einwand hin, dass es doch dann überflüssig sei, dass Christen im allsonntäglichen Gottesdienst Gott um das "Kommen seines Reiches" bitten, schriebst Du, das Reich Gottes sei spürbar NAH. Also ist es doch noch nicht DA, sondern nur nah.
Das ist korrekt.
WAS IST KORREKT? :shock:

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#568 Re: Theodizee

Beitrag von closs » Mo 26. Sep 2016, 23:35

Münek hat geschrieben:Es gibt keine diesbezüglichen BESCHWERDEN von Seiten der HKM. Punkt.
Die HKM strebt also KEINE Maßstäblichkeit INNERHALB der Theologie an?

Münek hat geschrieben:WAS IST KORREKT?
Dass das Reich Gottes seit 2000 Jahren nicht DA, sondern NAH ist. - Es könnte zwar nicht "nah" sein, wenn es nicht "da" wäre - aber "nah" trifft es aus Sicht des Menschen faktisch besser. - Und trotzdem sind es Sprach-Akrobatien - denn:

Was bedeutet für Dich der Satz "Das Reich Gottes ist mitten unter uns" - dass es "da" und "nah" ist?

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Münek
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#569 Re: Theodizee

Beitrag von Münek » Di 27. Sep 2016, 00:20

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Es gibt keine diesbezüglichen BESCHWERDEN von Seiten der HKM. Punkt.
Die HKM strebt also KEINE Maßstäblichkeit INNERHALB der Theologie an?
Wir sprechen hier über "angebliche Beschwerden", die es nach Deiner Behauptung von Seiten der HKM geben soll. Wer hat sich wann über was bei wem beschwert? Könntest Du bitte mal diese Frage beantworten, ohne ausweichend herumzueiern?

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#570 Re: Theodizee

Beitrag von closs » Di 27. Sep 2016, 00:26

Münek hat geschrieben:Wir sprechen hier über "angebliche Beschwerden", die es nach Deiner Behauptung von Seiten der HKM geben soll.
Ja - man hört immer wieder, dass die säkulare HKM einen zentralen Platz innerhalb der Theologie haben will, der ihr verweigert wird. - Dies wird seitens der säkularen HKM-ler als "unredlich" :angel: bezeichnet. - Ob es darüber eine Dissertation gibt, weiß ich nicht - insofern ist diese Beobachtung nicht belegt. :devil: :lol:

Aber zirück zu meiner Frage:
Closs hat geschrieben: Die HKM strebt also KEINE Maßstäblichkeit INNERHALB der Theologie an?

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