Hi ThomasM!
ThomasM hat geschrieben:
Lamarck hat geschrieben:
Die Denkrichtungen von denen Du sprichst, die christlichen sowie diejenigen, die Du bezeichnest als diejenigen, die "etwas gegen den Glauben" haben, gehen davon aus, die Bibel sei Gottes Wort. Ist sie das? Warum ist die 'Oma-im-Lehnstuhl-Exegese' nicht richtig?
Die theologische Formulierung ist "Die Bibel ist Gottes Wort in Menschen Wort". Das ist auch die Begründung, warum die Oma-im-Lehnstuhl Exegese nicht korrekt ist.
Die Schreiber der Bibel waren Menschen. Menschen mit einem eigenen Weltbild und einer eigenen Kultur. Das macht sich in ihren Texten und in der Art und Weise, wie sie etwas schreiben oder betonen bemerkbar. Von diesem menschlichen Teil der Bibel gilt es zu abstrahieren und dies in unsere Zeit zu übersetzen.
Ja, das ist schon was mit den 'theologischen Formulierungen'. Wenn die Bibel
"Gottes Wort in Menschen Wort" ist, dann ist
"Gottes Wort in 'Oma-im-Lehnstuhl-Exegese'" ebenfalls zutreffend. Du hast also eben keine Begründung, warum Du abstrahieren sollst. Außer eben eine Selbstimmunisierung: Abstrahiere so lange, bis das Widersprüchliche nicht mehr als Widerspruch erkennbar ist. Du siehst also die Schrift als eine Sammlung von Orakelsprüchen an - die können bekanntlich nie falsch sein ... .
ThomasM hat geschrieben:
Lamarck hat geschrieben:
Wohl kaum nach Belieben. Aber wonach dann?
Das ist eine Wissenschaft für sich

- sorry.
Methodische Grundsätze der Exegese, Historisch-kritische Methode, Textanalyse
Die Deutungsbreite ist wesentlich größer als bei naturwissenschaftlichen Modellen, ist aber dennoch nicht beliebig.
Dergleichen bildet das, was ich Micky-Maus-Forschung nenne. Aber bringe mal ein Beispiel - ich zeige Dir dann, wie dabei beliebiges herauskommt.
ThomasM hat geschrieben:
Lamarck hat geschrieben:
Ergibt sich hieraus ein Unterschied beispielsweise zur König-Artus-Sage?
Ja. Es ist immer noch
Gottes Wort in Menschen Wort. Auch wenn du das nicht zu erkennen vermagst.
Ich verfüge über großes Selbstvertrauen in meine geistigen Fähigkeiten. Wenn ich etwas nicht erkenne, dann gilt dies erst recht für viele andere Menschen gleichermaßen. Wenn dieses Erkennen also nichts mit Intelligenz zu schaffen hat, mit was dann? Und wie kommst Du überhaupt darauf, dass die Bibel
"Gottes Wort in Menschen Wort" und nicht
"Menschen Wort in Menschen Wort" ist? (Kannst Du übrigens nicht bewerkstelligen, ohne auf die 'Oma-im-Lehnstuhl-Exegese' zu rekurrieren ...).
ThomasM hat geschrieben:
Lamarck hat geschrieben:
Was genau ist denn der eigentliche [sic!] geistliche Inhalt der Bücher Mose?
Über so eine Frage könnte man mehrere theologische Doktorarbeiten schreiben. Meine Meinung ist zwar unmassgeblich, aber ich sehe das so:
- Gesetzesbildung
- Geschichte des Volkes Israel und darin Erschaffung, Bewahrung, Errettung
- allgemeinere Themen, wie Gott ist Gott allein (Sonne, Mond etc sind auch nur erschaffen), Gott ist Herr der Geschichte usw.
Ein 'geistlicher Inhalt' ist immer und nur der Gottesbezug über die Gottesvorstellung. Hier also beispielsweise, dass die 12 Stämme privilegiert sind. Mithin lässt sich verallgemeinern: 'Geistliche Inhalte' sind immer zirkelschlüssig!
ThomasM hat geschrieben:
Lamarck hat geschrieben:
Das Motiv ist hier uninteressant - Du verwendest hier nur ein ad hominem, um einer sozialen Diskreditierung Spielraum zu geben.
Glaubst Du wirklich, das Motiv sei uninteressant? Wo lebst du denn? Ich habe lange genug wissenschaftlich gearbeitet, um zu wissen, dass das Motiv immer eine wesentliche Rolle spielt, insbesondere wenn die Fakten interpretationswürdig sind.
Wer meint, Motive spielt in Bezug zu Aussagen der deskriptiven Wissenschaften eine Rolle, unterliegt dem SEINS-SOLLEN-Fehlschluss. Naturwissenschaftliche Aussagen bewähren sich eben nicht dadurch, dass die Motive der Aussagenersteller geprüft werden.
Wissenschaftsbetrug,
pecunia non olet, die Frage des Statistikers, was gewünscht ist, was aus den Daten herauskommen soll, der Publikationsbias (wenn etwa nur die medizinischen Studien veröffentlicht werden, die einen positiven (d. h. den gewünschten) Erfolg aufweisen) oder KTs Plagiate werden nicht dadurch aufgedeckt, dass das Motiv* untersucht wird ... .
* Eigentlich bildet dies nur eine vorab vorgenommene Unterstellung der Unredlichkeit)
ThomasM hat geschrieben:
Würdest DU denn Fakten anders interpretieren, als sowieso schon deine Meinung ist, wenn es auch nur die geringste Chance gäbe, dass deine Meinung bestätigt würde? So menschenliebend bist du mit Sicherheit nicht.
'Fakten' gibt es nur im umgangssprachlichen Bereich, Wissenschaft baut auf Argumentationsketten auf. So etwas wie die Kopenhagener
Interpretation der QM ist ein hypothetischer Aufsatz, der darauf hinweist, dass noch einiges zu tun ist. Aber Hypothesen darfst Du aufstellen, wie Du lustig bist - und seist Du noch so menschenfeindlich ... .
ThomasM hat geschrieben:
Ich habe Finkelstein nichts unterstellt (daher ist dein Vorwurf falsch) und ich will ihm auch nichts unterstellen. Aber eine Prüfung der Integrität ist wichtig und MUSS gerade bei solchen Themen durchgeführt werden. Der von Pluto zitierte Beitrag ist für mich nicht maßgeblich. So wichtig die Prüfung der Integrität ist, so wichtig ist die Prüfung der Prüfer.
Da ist wohl eine Wiederholung angebracht: Selbstverständlich will ich Dir nichts unterstellen, aber eine Prüfung der Integrität ist wichtig und MUSS gerade bei solchen Themen durchgeführt werden: Schlägst Du also noch Deine Frau?
ThomasM hat geschrieben:
Ein Beispiel, das ich vor gar nicht so langer Zeit gelesen habe:
Eine Untersuchung einer Grabungsstätte, datiert auf die Königszeit Israels, ergab, dass viele Haushalte mit Statuetten und Altären fremder Gottheiten versehen waren. Das waren die Fakten.
Kommentar dazu: Das beweist, dass die Bibel unrecht hat, denn die Israelis waren gar nicht so besessen von Gott.
Mein Kommentar dazu: Das beweist eher, dass die Bibel Recht hat, denn dass die Israelis alle Nase lang fremden Göttern nachgelaufen sind, ist ständiges Thema dort.
Nur so ein Beispiel, wie Meinung die Interpretation von Fakten beeinflusst.
Dann soltest Du es mit Wissenschaft versuchen ... .
Wenn der archäologische Befund ergibt, dass hier eine reichliche Anzahl von Göttern verehrt wurden, dann ist das ein Indiz dafür, dass die
Darstellung der Verfasser der entsprechenden Bibel-Anteile ein wenig einseitig gewesen ist.
Und nicht zuletzt auch hier siehst Du: Das Motiv (Interessengeleitetheit der Verfasser) ergibt sich aus dem Indiz (Anzahl der verehrten Gottheiten), aber nicht das Indiz (Anzahl der verehrten Gottheiten) aus dem Motiv (Interessengeleitetheit der Verfasser) ... .
Cheers,
Lamarck
„Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.†(Theodosius Dobzhansky)
„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.†(John Maynard Smith)
„Computers are to biology what mathematics is to physics.†(Harold Morowitz)