Pluto hat geschrieben:Also... unter "historisch" verstehe ich den archäologischen Befund, soweit vorhanden, die zeitgenössischen Texte (Bibel?) oder aber eine Symbiose der Beiden.
Das ist das, was die Forschung als historisch methodisch naheliegend findet.
Meine Frage war eine andere:
Ist "historisch" als das zu verstehen, was forschungs-mäßig als wirklich stattgefunden habend positiv ermittelt wird, oder das, was damals stattgefunden hat?
Pluto hat geschrieben: Wird man mit einer schweren Frage konfrontiert, versucht man abzulenken
Das Gegenteil ist der Fall: Die Frage ist dann leicht zu beantworten, wenn der Fragesteller erläutert, was er damit meint - denn er könnte damit zwei unterschiedliche Dinge meinen - s.o. - Insofern sollte der Fragesteller in der Lage sein zu sagen: "DIESES meine ich mit meiner Frage und nicht jenes".
Beispiel A:
Man stelle sich vor, dass Jesus TATSÄCHLICH am Kreuz gestorben ist - das würde ich als "real"/"wirklich" verstehen - da haben wir das Jahr 33 und da steht ein Kreuz und da hängt einer dran namens Jesus. - Man stelle sich nun vor, dass die Forschung methodisch ermittelt, dass aus ihrer Beobachtung zu erschließen ist, dass Jesus am Kreuz gestorben ist.
In diesem Fall stimmen WIRKLICHES Geschehen (WENN es so war) und methodisch ermitteltes Geschehen überein - man darf annehmen, dass dies oft der Fall ist. - Was aber ist nun das Historische daran? - Dass es wirklich geschehen ist oder dass es als wirklich geschehen ermittelt wurde?
Beispiel B:
Man stelle sich vor, dass Maria WIRKLICH als Jungfrau geboren hat - da ist eine Jungfrau, die ein Kind gebiert, ohne jemals mit männlichen Spermien in Kontakt gekommen zu sein. - Man stelle sich nun vor, dass die Forschung methodisch NICHT ermitteln kann, ob dies so ist oder nicht.
In diesem Fall stimmen WIRKLICHES Geschehen (WENN es so war) und methodisches Geschehen NICHT überein. - Wäre es nun "unhistorisch", wenn es methodisch nicht ermittelbar ist, selbst wenn es geschehen wäre?
sven23 hat geschrieben:Sie schätzt sogar die Naherwartung für höchst authentisch ein, weil sie sich schon bei Abfassung praktisch als Irrtum erwiesen hat.
Wie Du sagst: eine Einschätzung, also Interpretation.
Denn das von uns
Beobachtete (wollen wir annehmen, dass es übereinstimmt mit dem, was WIRKLICH war) ist in der Tat von vorne herein ein Irrtum: Es war immer falsch, eine Naherwartung zu verstehen/zu glauben. - Warum? Das
Interpretierende (also wir) sagt dazu:
a)Weil Jesus sich von vorne herein geirrt hat.
b) Weil Jesus es nie so gemeint hat, wie er rezipiert wurde.
Ohne dieses ausgelutschte Thema noch einmal aufzuwärmen: Hier ist zu unterscheiden zwischen objektiv Beobachtetes ("Der Textverfasser sieht eine Naherwartung") und Interpretierendes a) oder b).
sven23 hat geschrieben:er sprach von Glaubenspropagandaschriften.
Im zeitgenössischen Sinne des Wortes - und fügt hinzu, dass die Bibel im Vergleich zu üblichen zeitgenössischen Schriften außerordentlich historisch ist.
sven23 hat geschrieben:im Gegensatz zur kanonischen Exegese, die sich nicht für den ursprünglichen Sinn eines Textes interessiert.
Da hast Du wirklich was falsch verstanden.
sven23 hat geschrieben: Selbstverständlich darf sich die historische Jesusforschung über den Protagonisten äußern
Immer mit dem Vorbehalt: "Unter Zugrundelegung des Verfasserverständnisses und unserer zeitgenössischen Interpretation".
sven23 hat geschrieben: In der historischen Jesusforschung gibt es keine Alternative, wenn man dem glaubensdogmatischen Sandkasten entwachsen will.
Das, was Du als "Forschung" bezeichnest, ist einem glaubensdogmatischen Sandkasten entwachsen und triumpf-blind in den nächsten reingefallen.