sven23 hat geschrieben:R.F. hat geschrieben:sven23 hat geschrieben:
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Die Schreiber ließen sich vom Gilgameschepos inspirieren...
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Umgekehrt! Das sehen keineswegs nur an der Schrift Orientierte so...
Wie umgekehrt? Meinst du, die Geschichte läuft rückwärts ab?

Dies sicher nicht. Allerdings zweifel ich - mit dem Bewusstsein, dem Mainstream zu widersprechen - an, dass der/die Bibelschreiber sich wirklich vom Gilgameschepos inspirieren ließen. Dass die babylonischen Tontafeln älter sind als die jüdischen Paryri liegt schlicht und ergeifend am Schreibmaterial.
Flutmythen gibt es in fast allen Kulturen. Warum will man gerade den Juden eine eigentständige Überlieferung absprechen? Für wahrscheinlicher halte ich, dass sie im Gilgameschepos eine ihnen aus ihrer eigenen Überlieferungstradition vertraute Wahrheit erkannten. Wäre die Flut-Narration rein babylonisch, so hätten die frommen Juden meiner Meinung nach dieses heidnische Gedankengut zurückgewiesen. Zumal der Gilgameschepos viel mythologischer komponiert wurde als die vergleichsweise "bodenständige" Sintflut-Erzählung der Bibel.
Im Allgemeinen geht man bei tradierten Geschichten davon aus, dass die Narrationen immer weiter mythologisiert werden. Wäre der biblische Sintflutberricht vom Gilgameschepos abgeleitet, so würde dies dieser Theorie diametral widersprechen, was zwar möglich ist, mir aber doch unwahrscheibnlich erscheint.
Ich halte es für wahrscheinlicher, dass Juden und Babylonier von einer gemeinsamen Quelle inspiriert wurden und gewissermaßen zwei Äste am selben Stamm bilden. Ich sehe die jüdische-biblische Traditon nicht lediglich als Zweig eines babylonischen Stammes an, diese Theorie überzeugt mich einfach nicht.
Der Verweis auf das höhrere Alter der Keilschriftttafeln und die Parallelen sind kein Beweis dafür, dass sich jüdische Priester erst im Exzil vom Gilgameschepos inspieren ließen.
Zwischen den Qumran-Handschriften des Tanach (3. Jhd. v. Chr. - 1. Jhd. n. Chr.) und dem Codex von Aleppo (ca. 920 n. Chr.) und dem Codex Cairensis (= 895 n. Chr.) liegt auch rund ein Jahrtausend, dennoch sind die Handschriften inhaltlich sehr nahestehend und großteils quasi gleich. Die Torah-Texte aus Qumran ähneln in ihrer Sprache dem viel jüngeren samaritanischen Pentateuch.
Bemerkenswert erscheint mir das
archäologische Zeugnis zum aaronitischen Segen in
Numeri 6:24–26:
Die älteste bekannte Form des aaronitischen Segen findet sich in den Silberrollen von Ketef Hinnom, zwei winzigen Schriftrollen aus fast reinem Silber aus dem 7. Jahrhundert v. Chr., die 1979 in einem Familiengrab im Hinnomtal unterhalb der südwestlichen Mauer der Jerusalemer Altstadt entdeckt wurden. Die zerbrechlichen Silberrollen konnten erst nach drei Jahren in einem aufwendigen Verfahren geöffnet und dann die im Inneren eingravierte Schrift entziffert werden. Diese ist 400 Jahre älter als alle sonst bekannten ältesten Bibelhandschriften aus Qumran, bestätigt aber für diese drei Verse nahezu exakt deren Wortlaut.
Daraus folgt natürlich nicht, dass auch die Sintflut-Narration aus der Genesis vorexilisch ist, aber es wäre durchaus möglich. Dass die weitaus mytholgischer komponierten babylonischen Keilschrifttafeln wesendlich älter sind, ist schlicht und ergreifend auf das beständigere Schreibmaterial zurückzuführen. Ton und Silber hält länger als Papyrus.