Eine Entsprechung zwischen Gotteswort und Menschenwort kann schon mal vorkommen.sven23 hat geschrieben:Gerd Lüdemann bringt es auf den Punkt:
"Vielmehr gilt: Wir haben es in der Bibel und in allen heiligen Büchern immer nur mit Gottesbildern von Menschen zu tun. die nicht mit dem Anspruch zu vereinbaren sind, hier und dort habe Gott - wie auch immer - gesprochen. Wer sagt, die Bibel enthalte Gotteswort als Menschenwort, bedient sich daher einer unklaren Ausdrucksweise. Die Wendung "Gotteswort als Menschenwort'' suggeriert nämlich eine Entsprechung, die gar nicht besteht. Gemeint ist Immer, Menschen haben etwas geschrieben und geglaubt, dass es sich um Gottes Botschaft handelt."
Sie existiert aber eher in Ausnahmen, als in der Regel.
Ich sehe die Verbindung zwischen Menschen- und Gotteswort aus einer anderen Perspektive:
Das Menschenwort wird gelesen, aufgenommen und in irgendeiner Weise auch verstanden. Auch Missverstehen ist möglich.
Auf diese Weise gelang das Menschenwort in den Menschen.
Dort trifft das Menschenwort auf das Gemüt des Lesers und löst dort etwas aus.
Es wird verstanden, es wird bewertet. Assoziationen kommen hinzu. Kopf-Kino entsteht.
Und dieses Kopf-Kino hat eine eigene Dynamik. Es kann unterschiedliches auslösen:
Widerspruch, Zustimmung, Aha-Erlebnis, mystische Verzückung, Wut.
Auf dem Grunde des Herzens des Lesers lauert bereits der Heilige Geist
und wartet auf Nahrung.
Durch das Menschenwort ... äh nein.
Durch die vom Menschenwort erzeugten Erlebnisse, Gedanken, Verzückungen, Zustimmungen, Ablehnungen, Entrüstungen ...
findet der Heilige Geist seine Nahrung.
Erst jetzt kann bewusst werden, dass der Heilige Geist schon die ganze Zeit dabei war
beim Lesen, Aufregen, Kopf-Kino-Erstellen, Nachdenken, Zustimmen, Entrüsten.
Der Heilige Geist reagiert nun und spendet seine Klarheit.
Der Leser wird sozusagen zum Zuschauer dieser Prozesse, die in ihm ablaufen.
Es kann durchaus sein, dass der Leser nun spürt,
dass er einem der gelesenen Aussagen über Gott oder über den Glauben
"von ganz innen her" nicht zustimmen kann.
Anderen Vorstellungen, die nicht im Text stehen, stimmt er dafür umso überzeugter zu.
Da ist was Neues entstanden,
was keineswegs mit dem gelesenen Text (Menschenwort)
übereinstimmen muss
oder auch nur damit verbunden ist.
Das Werk des Heiligen Geistes
(natürlich immer in untrennbarer Symbiose und Kooperation mit dem eigenen Geist.)
Auf diese Weise kann der Leser sich über den Menschentext erheben.
Das Menschenwort spricht "Gott bringt alle Menschen um, er vertilgt sie samt der Tiere."
Das löst Widerspruch aus.
Solch eine Vorstellung von Gott ist einfach nur widerwärtig und angsterweckend und dadurch manipulativ.
"Nein!" spricht es tief im Leser. "So ist Gott nicht!"
Und in einem kurzen Augenblick blitzt im Leser eine Ahnung von dem auf,
wie er (der Leser) sich Gott vorstellen könnte.
Und der Heilige Geist lockt zu dieser Vorstellung, die dem Leser ja viel angemessener ist
und zugleich das Geheimnis Gottes nicht einplättet, nicht seiner Geheimniseigenschaft beraubt.
Der Inspirationsvorgang, der den Schreiber geleitet hat,
setzt sich auf diese Weise im Leser fort.
Das inspirierte Menschenwort wirkt auf den Leser inspirierend.
In-spirie-rend, übersetzt: Ein-geisti-gend.
Nicht die Menschenworte sind unfehlbar und irrtumslos,
sondern: Das Werk des Geistes ist dem Leser angemessen und verkündigend.
Der Zusammenhang zwischen Menschen- und Gotteswort ist also kein DIREKTER Zusammenhang.
Sondern das Menschenwort ist Auslöser eines geist-lichen Prozesses,
aus dem dann ein (vom Menschenwort womöglich weitgehend unabhängiges) inspiriertes Ergebnis bzw. ein inspirierter Glaube oder eine inspirierte Gottesbegegnung erwächst.