Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

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Savonlinna
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#91 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von Savonlinna » Di 24. Mai 2016, 11:44

Rembremerding hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben: Behaupten, dass nur die eine "richtig" ist, und zwar immer die, die man selber bevorzugt, ist für mich Kindergarten.
Also wenn man behauptet, die eigene moderne Lesart hätte auch zur Zeit des Alten Testamentes schon gegolten.
Das lernt man schon im Religionsunterricht, dass das nicht der Fall ist.
Danke
In dem von Halman verlinkten Video sagt der Autor Siegfried Zimmer, dass vieles an mangelnder Bildung liege.
Man behauptet hier mitunter, "eindeutig" zu wissen, wie die Mentalität von Paulus oder Jesus war, und das ist so eklatant anti-historisch, so gegen jegliche Forschungsergebnisse gerichtet, dass kein rationales Diskutieren auch nur noch denkbar ist.

Ich selber nehme allerdings an, dass das eine Mini-Mini-Mini-Minortität ist, die man eigentich dort lassen kann, wo sie steht.

Rembremerding hat geschrieben:Gerade die HKM hat im Laufe der Zeit in ihren Aussagen großen Schaden erlitten
Ich selber kenne keine Aussagen der historisch-kritischen Forschung, die nicht auf die Rekonstruktion der damaligen historischen "Denke" entscheidenden Wert legt.

Das ist doch das A & O. Das ist doch gerade der Fortschritt gegenüber Wörtlich-Lesern, die ihr eigenes Denken als Maßstab für das damalige Denken nehmen und strikt und stur leugnen, dass da in den letzten paar tausend Jahren ein Wandel des historischen Bewusstseins stattgefunden habe. Es scheint ja sogar geleugnet zu werden, dass es ein extrem unterschiedliches kulturell bedingtes Bewusstsein gibt.
Siegfried Zimmer in obigem Video gibt einen Überblick über die entscheidenden Phasen des Bewusstseinswandels bezüglich "Historizität" allein in unserer Kultur.

Manche haben das vielleicht in der Schule nicht gelernt und auch im Konfirmandenunterricht nicht gelernt.
Aber wir haben heute Zugang in gratis-Form zu fast allen wesentlichen Informationen. Es gibt keine Ausrede, dass man das heutige historische Bewusstsein als Maßstab dafür nimmt, wie im Alten Testament die Geschichten erzählt und notiert worden sind.

Man muss kein gläubiger Mensch sein, um zu verstehen, dass die Sintflut-Geschichte nicht dadurch "widerlegt" ist, dass man historisch keine Welt-Flut ausfindig machen konnte.
Und es ist eben gerade die historisch-kritische Methode, die dergleichen erkennt. Ich habe es doch oben zitiert!

Rembremerding hat geschrieben:Diese leicht zu begehende Unwissenschaftlichkeit wurde übrigens Mitte der 1990er zuerst auf einem anderem Gebiet als der Bibelexegese erkannt und behoben: Bei den homerschen Texten.
Könntest Du da vielleicht ein bisschen ausführlicher werden oder eine Quelle nennen?

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Janina
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#92 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von Janina » Di 24. Mai 2016, 12:03

Savonlinna hat geschrieben:Man muss kein gläubiger Mensch sein, um zu verstehen, dass die Sintflut-Geschichte nicht dadurch "widerlegt" ist, dass man historisch keine Welt-Flut ausfindig machen konnte.
Gläubigkeit spielt dazu gar keine Rolle, es reicht, mit den Gesetzen der Logik vertraut zu sein, um aus der Tatsache, dass keine Welt-Flut stattgefunden hat, schließen zu können, dass die Sintflut-Geschichte kein Augenzeugenbericht ist.

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Kingdom
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#93 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von Kingdom » Di 24. Mai 2016, 12:50

Savonlinna hat geschrieben: Ich habe mir das Video komplett angesehen - was ich selten bei hier reingestellten Videos tue.

Der Autor - der nach Selbstaussage an das inspirierte göttliche Wort der Bibel glaubt - geht davon aus, dass man am Text selber erkennen kann, welche "Textsorte" hier vorliegt.

Er geht Punkt für Punkt durch und zeigt auf, dass der Text - als historischer Text - eine Lachnummer wäre.
Das dort Beschriebene wäre historisch niemals möglich gewesen, schon allein, alle Tiersorten in einer nach außen mit Pech versiegelten Arche zu vereinen und dort ein Jahr lang lebendig halten zu können.

Daraus schließt der Professor, dass die "Textsorte" niemals als historischer Bericht gemeint gewesen sein kann.
Leider hört das Video - und vermutlich auch der Vortrag - da auf, wo nun erläutert werden müsste, welche Art Textsorte denn stattdessen vorliege.

Ich nehme aber an, dass er darauf hinauswollte, dass dieser Text von vornherein als mythischer Text gemeint sei.
Professor Zimmer hat zu Beginn auch erwähnt, dass diese Erzählung um eine Vereinigung oder um ein Bündnis zwischen Gott und Mensch handele.

Er sagt er glaubt daran aber dann macht er sich lächerlich über die welche es wirklich Glauben und sagt zu Glauben wäre hier falsch um zu verstehen. Dann versucht er zu sagen "Indoktrionation" sei der wahre Grund für grossen Glauben, das zeigt eigentlich nur wie Gottes er unterwegs ist. Wenn er Gott die Grösse eines solchen Wunders nicht zutraut, weil er selbst, es rein Menschlich gesehen nicht fassen kann oder rein Menschlich gesehen eben nicht möglich wäre, warum macht er sich dann lächerlich über die Menschen, welche Gott diese Wunder zutrauen? Weil er Menschlich denkt und die Dimension Gottes wohl gar nicht kennt. Das heisst das Reich Gottes hat er wohl noch nie gesehen und von der Kraft Gottes, weiss er nichts oder sehr wenig.

Er könnte ja einfach sagen, ich glaube nicht (zweifle daran) das Gott dies möglich ist und darum bleibt mir Zweifler nur eines übrig, ich muss die Geschichte rein Menschlich (Wissenschaftlich) interpretieren und schliesse die Allmacht Gottes in dieser Geschichte kategorisch aus und lasse sie nicht zu. Er ist ein Klein Gläubiger Demagoge der wohl Angst hat das die Welt über Ihn lachen würde wenn der daran glauben würde, darum sagt er er glaubt daran aber er müsse relativieren wie man den Text zu verstehen habe. Der Professor Titel ist ihm wohl wichtiger als der Glaube an einen Gott, der grosse Wunder tun kann.

Ja rein Menschlich gesehen ist es unmöglich das Tote auferstehen, das Blinde sehen, das ein ganzes Volk 40 Jahre in der Wüste überlebt, das Mose das Meer trennen konnte damit alle hindurch gingen. Wer aber Gott kennt, der weiss ja zu welchen Wundern er fähig ist. Klar auch ich müsste rein Menschlich sagen, das ist alles unmöglich weil ich es Wisschaftlich nicht verstehen kann aber Gott hat mir ja persönlich bereits seine Kraft in vielen Dingen gezeigt, welche sicher nicht diese Dimensionen haben aber genau auf diese Dimensionen hindeuten.

Rein Menschlich gesehen, sagt der Text nichts aus, wie Noah es bewerkstelligte. Ist ja logisch, wenn alles im Detail beschchrieben wäre, dann wäre das Buch wohl unendlich lang geworden. Bei der Bibel geht es aber um Glauben und nicht um Wissenschaftliche Beschreibung wie Gott Wunder wirkt. Somit bleiben eben nur zwei Möglichkeiten, entweder man glaubt das Gott es bewirken kann oder man zweifelt an Gottes Grösse und versucht eben den Text rein Menschlich gesehen zu relativieren und die lächerlich zu machen, welche Gott glauben.

Das es Texte gibt in der Bibel die nicht Wörtlich zu nehmen sind, da würde ich ihm Recht geben. Wunder sind aber in der Bibel immer als Wunder Gottes zu verstehen und dort geht es ob Wörtlich genommen oder Methaper, immer um einen Punkt: Glaube ich das Gott dazu fähig ist oder finde ich das lächerlich, das ein Allmächtiger Gott solches tun könnte.


Dies zeigt dann in etwa auf wo man steht, in der Gottes Beziehung und im Glauben. Der Professer sagt ja ich Glaube aber diese Dimension ist defintiv zu gross für Gott also muss ich rein Menschlich gesehen mir den Text relativieren, das er in mein Menschliches Klein Glauben Hirn rein passt und jeder der den Glauben hat dies zu glauben, der ist sowieso indoktriniert. Nun vielleicht hat Gott in diese Menschen mit grösseren Glauben ein wenig mehr reingelegt, nämlich das sie einfach schlicht Jesus glauben:

Mt 19:26 Jesus aber sah sie an und sprach zu ihnen: Bei Menschen ist dies unmöglich, bei Gott aber sind alle Dinge möglich.

Er aber sagt wer das glaubt und auf solche Texte anwendet den kann man nur ins lächerliche ziehen, weil es in diesem Text keinen Wissenschaftlichen Beschrieb gibt wie alles geschah. Dabei übersieht er aber das die Bibel auch nicht erklärte wie Mose das Meer teilte, sondern einfach sagt Mose glaubte und tat was Ihm befohlen war.

Selbst wenn man diese Geschichte als Mystik nehmen würde, so deutet sie auf genau das hin worüber er sich lächerlich macht, nämlich das eben bei Gott alles möglich sei. Es gibt aber ein Grund wo der Professor irrt: Wenn die Geschichte rein Mystisch zu verstehen wäre, dann wären die nachflogenden Geschlechtsregister völlig fehl am Platz in dieser Geschichte über Noah und dann würde Jesus nicht auf eine Mystisches Ereigniss Bezug nehmen das nie stattgefunden hat:

Lu 17:27 sie aßen, sie tranken, sie heirateten, sie wurden verheiratet, bis zu dem Tage, da Noah in die Arche ging, und die Flut kam und alle umbrachte.

Lg Kingdom

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Savonlinna
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#94 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von Savonlinna » Di 24. Mai 2016, 13:18

Kingdom hat geschrieben: Er sagt er glaubt daran aber dann macht er sich lächerlich über die welche es wirklich Glauben und sagt zu Glauben wäre hier falsch um zu verstehen.
Woran Siegfried Zimmer glaubt: dass die Bibel von Gott inspiriert sei.
Woran er nicht glaubt: dass die Sintlufterzählung von der Textsorte her ein historischer Bericht sei; sondern sie sei eine Erzählung über die Aussage, dass Gott mit den Menschen eine "innige" Beziehung wünscht: siehe Regenbogen.

Zimmer zeigt Punkt für Punkt auf, warum er diesen Text unmöglich für einen historischen Bericht halten kann, denn alle Tiere und Menschen wären in diesem Kahn verreckt, z.B. in ihrem eigenen Körperabfall erstickt oder vergiftet.

Du, Kingdom, denkst möglicherweise so, dass Dein heutiges Verstehen schon damals vorhanden war.
Das ist dann Dein "Glaube".

Rembremerding
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#95 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von Rembremerding » Di 24. Mai 2016, 13:56

Savonlinna hat geschrieben: Ich selber kenne keine Aussagen der historisch-kritischen Forschung, die nicht auf die Rekonstruktion der damaligen historischen "Denke" entscheidenden Wert legt.
Gerade bei der HKM der Hl. Schrift verweigern sich viele Analysten der Tatsache, dass die Texte im Glauben von Gläubigen für Gläubige geschrieben wurden. Oder vielmehr: Ist man mit diesem Glauben nur verstandesgemäß vertraut, fällt es sehr schwer die "Denke" der Textverfasser zu rekonstruieren. Die HKM wird auch nicht rekonstruieren können, warum sich Menschen durch alle Zeiten hindurch von den Texten angesprochen fühlen. Die HKM muss ebenso die Gleichmäßigkeit des Geschehenszusammenhangs der Geschichte voraussetzen, weshalb sie logischerweise die vorliegenden Worte als Menschenworte behandelt. Manchmal kann sie den "Mehrwert" dieser Worte erahnen, eine höhere Dimension hindurchhören, aber sie muss beim menschlichen Menschenwort bleiben. So erkennt sie zwar den Anknüpfungspunkt einer Selbstranszendierung der Methode, darf diesen Schritt jedoch nicht gehen. Sie schöpft ihren Auftrag zwar nicht aus, weist aber auf ein ergänzendes Fortschreiten hin.

Ich möchte aber hier grundsätzlich nicht über die HKM diskutieren. Daran, dass dies schon in gefühlt 1000 Threads geschieht, wird sich nichts geändert haben, und es dient den meisten Protagonisten hier doch nur dazu "Glauben, Gläubige, Gott und überhaupt" zu diskreditieren. Das hat die HKM nicht verdient.

Und natürlich darf ich daran glauben, dass Gott es vermag Tiere, Menschen in irgendeiner Form zu retten, auch in einer hölzernen Nussschale. Aber deshalb ist der Sintflutbericht nicht notwendigerweise eine Augenzeugen-Reportage von Katharsis TV aus Mesopotanien.

Savonlinna hat geschrieben:
Rembremerding hat geschrieben:Diese leicht zu begehende Unwissenschaftlichkeit wurde übrigens Mitte der 1990er zuerst auf einem anderem Gebiet als der Bibelexegese erkannt und behoben: Bei den homerschen Texten.
Könntest Du da vielleicht ein bisschen ausführlicher werden oder eine Quelle nennen?
Na, Quellen sind schwierig. Ich habe hier beispielsweise die Antrittsvorlesung von Joachim Latacz, die er in Basel hielt (als Buch: "Perspektiven der Gräzistik"). Ob es die irgendwo im Netz gibt, weiß ich nicht. Man nahm, je nach Analyse 2 - 20 verschiedene Autoren der Illias an. Latacz prangert das Fehlen objektiver Differenzierungskriterien an, so dass der Text je nach Scharfblick dessen, der analysiert, ausgelegt wird. Der Leser bleibt dabei hilflos zurück und wird der Schönheit und des Wertes des Textes beraubt.


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Savonlinna
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#96 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von Savonlinna » Di 24. Mai 2016, 14:47

Rembremerding hat geschrieben: Oder vielmehr: Ist man mit diesem Glauben nur verstandesgemäß vertraut, fällt es sehr schwer die "Denke" der Textverfasser zu rekonstruieren. Die HKM wird auch nicht rekonstruieren können, warum sich Menschen durch alle Zeiten hindurch von den Texten angesprochen fühlen.
Ich sehe die Dinge ein wenig anders, weiß aber nicht, wie ich es vermitteln soll.
Zunächst: Die HKM schließt die Literaturwissenschaft ein.

Und ich als Literaturwissenschaftler vermag - literarische - Texte, die unmittelbar Menschen quer durch die Jahrtausende und durch die Kulturen ergreifen und erschüttern, von anderen - literarischen - Texten , die mehr auf engere Bereiche bezogen sind, nicht nur zu unterscheiden, sondern das Unterscheidende auch literaturmethodisch zu benennen.
Das muss ein Literaturwissenschaftler können, sonst soll er was anderes machen.

Mit anderen Worten: die Sensibilität Texten gegenüber, die "archetypisch" - eine hier etwas hilflose Bezeichnung, aber ich nehme sie zwischenzeitlich trotzdem - sind und ganz andere Tiefenschichten im Menschen ansprechen als ein realistischer dichterisch-literarischer Text:
die setze ich bei den Erforschern biblischer Texte unbedingt voraus.

Rembremerding hat geschrieben: Die HKM muss ebenso die Gleichmäßigkeit des Geschehenszusammenhangs der Geschichte voraussetzen, weshalb sie logischerweise die vorliegenden Worte als Menschenworte behandelt.
Das eben glaube ich nicht!
Allerdings muss ich hier sehr differenzieren, und ich vermute, dass Du mir da nicht folgen wirst.

Nichstdestotrotz:
"Menschenwort" ist kein sich selbsterklärender Begriff. Er muss, wenn er benutzt wird und sich von "Gotteswort" abgrenzt, in dieser Abgrenzung klar und deutlich definiert werden. Ansonsten ist er tatsächlich draußen aus dem wissenschaftlichen Denken.

Ich setze mal eine Position dagegen, die auf einem bestimmten Menschen- und Gottesbild beruht, aber nur meine "Vermutung" oder "Ahnung" streift ; ich sage es jetzt extrem, nur um den Punkt zu beschreiben, um den es mir geht:
kein Wort ist nur Menschenwort.
Es schwingt immer etwas mit, das den, der es sagt, übersteigt.

Das geschieht natürlich in unterschiedlichen Graden, aber ich möchte darauf hinaus, dass jeder Mensch als Mensch ständig Dinge sagt, die ein numinosum mit einschließen, dessen er sich oft gar nicht bewusst ist, falls sein rationales Denken sehr ausgeprägt ist.
Dennoch ist dieses numinosum in ihm und schwingt oft mit, wenn er spricht.
Letztlich schwingt es immer mit, zumindest, bevor er es sagt.
Salopp ausgedrückt: Aus seinem Mund purzelt eine Menge, das er gar nicht sagen wollte und das er nicht wirklich kontrollieren kann.

Menschen, die sich der Dichtung zugeneigt fühlen, interessieren sich mehr für dieses numinosum, könenn es deutlicher wahrnehmen und innerhalb der dichterischen Äußerung auch beschreiben, zumindest identifizieren.

Dem Christen, dem "göttliches Wort" identisch mit "christengöttlichem Wort" ist, wird das möglicherweise nicht genügen.
Ihm will ich ja auch nichts nehmen.
Ich möchte nur darauf hinaus, dass auch die wissenschaftliche Methode bei Bibeltexten dieses "Gotteswort" - falls es nicht ein subjektives nebulosum ist - als solches herauspräparieren kann.

Rembremerding hat geschrieben: Manchmal kann sie den "Mehrwert" dieser Worte erahnen, eine höhere Dimension hindurchhören, aber sie muss beim menschlichen Menschenwort bleiben.
Das eben denke ich nicht, und sie bleibt dabei auch nicht.

Es muss allerdings, wie ich schon sagte, "Menschenwort" und "Gotteswort" begrifflich voneinander abgegrenzt worden sein in nachvollziehbarer Weise.
Sie muss sozusagen ermöglichen, dass dieser "Mehrwert" zwar nicht vorschreibend, präskriptiv erzählt, was da konkret geglaubt werden muss, dennoch aber aufgezeigt wird, dass hier im Text ein Mehrwert mitschwingt, mitgemeint ist. Und er kann auch eingekreist werden, in seiner Vieldimensionalität.

Meine Überlegungen entwickeln sich immer mehr in die Richtung, dass dIe Methodik der Geisteswissenschaften erst in den Anfängen steckt.
Ich vermute - ich kann mich natürlich auch täuschen -, dass sie in der Lage ist, die Vielschichtigkeit von Gesprochenem wissenschaftlich zu beschreiben, gerade um den Leser nicht festzunageln auf eine einzige Lesart.

Das heißt, wir könnten auch exakter werden in der Beschreibung dessen, was außer dem realistischen Lesen an Verstehensformen möglich ist.
Es muss kein nebulosum bleiben, sondern kann als "numinosum" schärfer ins Auge gefasst und damit auch bewertet werden.

Dadurch könnte z.B. Faschistoides von wirklich Spirituellem unterschieden werden.
Denn gerade diese beiden Dinge werden nicht selten verwechselt.

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Andreas
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#97 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von Andreas » Di 24. Mai 2016, 16:04

Bleiben wir doch bei der Sintflutgeschichte als Beispiel. In der Geschichte der Forschung verschiebt sich die vermutete Zeit der Abfassung bzw. letzter Redaktion immer weiter in Richtung Spätdatierung bis in die nachexilische Zeit. Die "Zeit des zweiten Tempels" gerät aktuell immer mehr in ihren Fokus.
Falls ich mit meiner "politischen" Interpretation richtig liegen sollte, kann die Sintflutgeschichte von den Autoren/Redaktoren also durchaus historisch gemeint gewesen sein, nicht als Bericht einer historischen Naturkatastrophe - sondern als "Bericht" der gerade durchlebten Geschichte des jüdischen Volkes in anderer Textart. "Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?", war die Frage. Was könnte in dieser Frage mit "gemeint" gemeint sein?

  • Haben die Autoren/Redaktoren diese stark komprimierte "Zusammenfassung" der letzten Jahrhunderte ihrer Geschichte absichtlich in einen "aktualisierten" Mythos gegossen, um ihre nachfolgend und rückdeutende Geschichtsdarstellung (Samuelbücher, Königsbücher, Chronik und vieles aus den Propheten) suggestiv vorzubereiten?


  • Oder war es ihnen nicht bewusst, und mogelte sich diese frappierend deckungsgleiche Analogie aus dem kollektiven (Unter-)Bewusstsein der Zeit des zweiten Tempels, von den Autoren/Redaktoren selbst unbemerkt in die Sintflutgeschichte? Das entspräche vermutlich dem, was Savonlinna als das "numinosum" bezeichnet.


  • Oder kann man hier die Art und Weise erahnen, wie in christlicher Terminologie "der Heilige Geist auf die Autoren/Redaktoren wirkt?"

Wie, und nach welchen Kriterien ist es zu beurteilen, dass die Sintflutgeschichte zur historischen Geschichte so gut passen würde? Wie kann ich als Laie herausfinden, ob an meiner Sichtweise etwas dran ist oder nicht?
Zuletzt geändert von Andreas am Di 24. Mai 2016, 16:27, insgesamt 1-mal geändert.

Pluto
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#98 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von Pluto » Di 24. Mai 2016, 16:23

Savonlinna hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Lévi-Straus kommt um Schluss, dass der Grund für die weite Verbreitung von Sintflut Legenden ganz woanders liegt:
Der Mensch liebt das Wasser und hat seit prähistorischen Zeiten immer die ufernahen Ebenen der großen Seen, Flüsse und Meere besiedelt. Dies führte natürlich zu regelmäßigen Überschwemmungen oder Stürmen, in denen viele tausend Menschen ertranken. So hat quasi jede Ethnie ihre Legenden von mindestens einer großen Flut.
Du glaubst an die Unfehlbarkeit von Claude Lévi-Strauss?
Natürlich nicht — Lévi-Strauss war ein Mensch.
Aber gerade seine Unvollkommenheit macht ihn äußerst glaubwürdig. Als weltweit anerkannter Ethnologe und Wissenschaftler sind seine Erkenntnisse auf jeden Fall weitaus höher einzuschätzen als die möglicherweise vom weltanschaulichen Glaubensbild getrübten Ansichten der Schreiber von bibelwissenschaft.de
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Kingdom
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#99 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von Kingdom » Di 24. Mai 2016, 17:16

Savonlinna hat geschrieben: Woran Siegfried Zimmer glaubt: dass die Bibel von Gott inspiriert sei.
Woran er nicht glaubt: dass die Sintlufterzählung von der Textsorte her ein historischer Bericht sei; sondern sie sei eine Erzählung über die Aussage, dass Gott mit den Menschen eine "innige" Beziehung wünscht: siehe Regenbogen.

Warum kommt er zu diesem Textverständnis? Weil er es Menschlich für unmöglich hält, das Gott ein Wunder in dieser Grösse tun kann und weil die Wissenschaft (der Mensch) ihm das Gegenteil belegt. Darum sagt er, im Text geht es nur um das Beziehungsverhältnis und dabei vergisst er kläglich, das nur in einer funktionierenden Beziehung mit Gott, der Glauben ein Merkmal des Gläubigen ist. Darum vergisst er auch das es für die Beziehung keinen Sinnn erbringen würde, wenn man den Texten von Noah noch ein Geschlechtsregister anfügt. Es wäre dies ein nutzloser Akt, ein hypothetisches Geschlechtsregister von Söhnen auf zu führen, welche nie existiert haben.

Zimmer zeigt Punkt für Punkt auf, warum er diesen Text unmöglich für einen historischen Bericht halten kann, denn alle Tiere und Menschen wären in diesem Kahn verreckt, z.B. in ihrem eigenen Körperabfall erstickt oder vergiftet.

Genau weil er vom Menschlichen Denken ausgeht und nicht von einem Allmächtigen Gott, kommt er zu solchen Erkenntnissen. Wenn ich von Menschlichen Denken ausgehe, dann komme ich auch zu diesem Schluss, wenn ich nicht klar einen Beleg habe, wie das ganze eins zu eins funktionieren könnte. Josua und Kaleb waren die einzigen die sagten, rein Menschlich gesehen ist es unmöglich aber wenn es der Wille des Allmächtigen ist, dann ist es möglich. Israel hat in der Wüste auch immer gedacht unmöglich, bis sie sahen es ist möglich. Das ist doch genau der Punkt, nur das es sich hier eben noch um etwas grösseres handelt.

Gott hat das Universum erschaffen sagt man aber am Problem der Arche scheitert er? Nur weil wir Menschen die Möglichkeiten nicht erkennen oder erahnen können oder nur weil bei der Geschichte Noah nicht detailliert beschrieben wird, das auch der Professor es verstehen kann, wie er das Fäkal und Nahrungsproblem gelöst hat.

Er glaubt also nur was er sieht und was im logisch erscheint, was er nicht sehen kann, daran zweifelt er. Dies ist aber nicht der Glaube der aus der Beziehung mit Gott erwächst. Sehr wahrscheinlich würde er auch die Auferstehung Christi relativieren auf dieselbe Art und Weise oder eben die Teilung des Roten Meeres. Darum kommt aus den Studiengängen von solchen Professoren meist nicht viel heraus mit Substanz für den wahren Glauben.

Ja er findet es lachhaft, das man an grosse Wunder glaubt, das findet auch die Welt lachhaft aber nicht die welche wissen, mit wem sie eine Beziehung haben.

Da kommt mir dann so der Jefferson in den Sinn, der alle Wunder aus der Bibel rausschneidet aber sagt die Ethik ist o.k glaube ich. Zu mehr ist man dann nicht fähig, weil eben die Beziehung fehlt und man die Kraft nicht kennt.

Lg Kingdom
Zuletzt geändert von Kingdom am Di 24. Mai 2016, 18:06, insgesamt 2-mal geändert.

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#100 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von Kingdom » Di 24. Mai 2016, 17:48

Andreas hat geschrieben: Wie, und nach welchen Kriterien ist es zu beurteilen, dass die Sintflutgeschichte zur historischen Geschichte so gut passen würde? Wie kann ich als Laie herausfinden, ob an meiner Sichtweise etwas dran ist oder nicht?

Historisch wissen wir es gibt viele Überlieferungen über eine Flut. Ist aber für den Glauben eigentlich auch nicht so relevant, weil wenn ich nur glaube, weil es solche Berichte gibt, kenne ich ja Gott und seine Kraft nicht.

Wissenschaftlich gibt es Erklärungsmodelle, wo man gewisse Phänomene, mit einem raschen ansteigen von Wasser vermutet und zu belegen vermag. Jedoch beschränkt man sich hierbei auf lokale begrenzte Gebiete, denn was nicht sein darf, das darf nicht sein.

Text Wissenschaftlich ergibt ein Geschlechtsregister mit Landangaben auf jeden Fall wenig Sinn, wenn es sich um nichts hisorisches handelt.

Jesus Christus selbst nimmt bezug auf die Zeiten Noahs und sagt, genau so wie damals, wird es am Ende der Tage sein. Er sagt nicht so wie es dort beschrieben wurde als Gleichnis, sondern genau so wie damals, wird es wieder sein, dort nimmt er Bezug auf den Mann mit Namen Noah. Dies sollte für einen Gläubigen Menschen relevant sein, denn Rest kann man sich schnenken.

Das ganze spielt aber in der Frage des Glauben auch nicht wirklich eine grosse Rolle, denn ob Historisch oder Mystisch, wenn ich den Glauben nicht habe, das Gott dazu in der Lage ist das zu tun, dann fehlt es mir so oder so am rechten Glauben.

Wenn es der Wissenschaftler schon nicht weiss, wie soll es dann ein Laie wissen können. Indem er die Beziehung bereinigt mit dem der das Universum erschaffen hat.

Lg Kingdom

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