Relativismuspoker

Philosophisches zum Nachdenken
closs
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#131 Re: Relativismuspoker

Beitrag von closs » Sa 7. Mai 2016, 08:48

Josi hat geschrieben:wir waren uns doch einig darüber, wie Gott definiert sein muss, um dieser Bezeichnung überhaupt entsprechen zu können.
Das sind Spielereien. Ein Gläubiger weiss substantiell, wer Gott ist, auch wenn er ihn nicht verbal definieren kann. - Formal hast Du recht, in der Praxis nicht. - Deine Frage ist methodisch gesehen durchaus angebracht, ändert aber nichts daran, ob es Gott gibt oder nicht - in anderen Worten: Wenn es Gott gibt, ist es egal, welche methodischen Probleme man damit hat.

Josi hat geschrieben:Der selben Logik nach könnte ebenso gelten: Ein Verheirateter Junggeselle
Nein - das sind Spielereien.

Josi hat geschrieben:Vor Jahrtausenden war aber niemand im Stande zu Ende zu denken, was mit dem Vollkommenheitsbegriff tatsächlich behauptet wird
Die großen Denker wohl schon - übrigens auch heute ist es nicht viel anders. - Trotzdem hast Du recht: Das allgemeine Rezeptions-Vermögen ist heute sicherlich größer.

Josi hat geschrieben:Derartige Letztbegründungen, lieber closs, bildeten und bilden Diktaturen - sind also extremst totalitär!
Zunächst ist da mal kein Zusammenhang - aber es kann natürlich Menschen geben, die aus einer Letztbegründungs-Wahrnehmung solche SChlüsse ziehen.

Josi hat geschrieben:Des Weiteren dürfte auch jedem Menschen klar sein, dass Leid unvermeidbar ist.
Klar - aber WARUM ist es so? - Was "ist" philosophisch gesehen das Leid?

Josi hat geschrieben:Mit solchen Sätzen, werter closs, haben sich intellektuelle Tiefflieger weitere intellektuelle Tiefflieger herangezüchtet
Das kann passieren. - Aber das ändert doch nichts an der Richtigkeit oder Falschheit der Aussage selbst. - Im Grunde sprichst Du hier über Rezeptions-Risiken, die nichts mit dem (Gott) zu tun haben, was rezipiert wird, sondern nur mit dem Menschen.

Josi hat geschrieben:Verständlich, steckt dahinter nicht weniger die Illusion, dass es gut sei, wenn es Ungläubige gibt, sind diese doch notwendig, um sich selbst einbilden zu können, man sei ihnen gegenüber weit überlegen.
Das sind Phantasien Deinerseits - meine Aussage zielt dahin, dass für jeden die Zeit der Erkenntnis kommt (damit sind übrigens auch diejenigen gemeint, die sich in Glaubens-Sicherheit wähnen).

Josi hat geschrieben:Halten wir daher summa summarum fest
Das sind bestenfalls wahrnehmungs-logische Aussagen, die nichts mit Gott selbst zu tun haben.

Pluto
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#132 Re: Relativismuspoker

Beitrag von Pluto » Sa 7. Mai 2016, 09:03

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es geht nicht um literarische Ausdrucksformen, sondern um handfeste, knallharte Fälschungen
Es gibt beides.
In den viele tausend Bibelabschriften gibt es viele Fälschungen. Und es gibt Fälle wo in guter Absicht gehandelt wurde, um alte Fehler nach eigenem Gutdünken zu korrigieren.

Am meisten gibt es aber schlichte Kopierfehler. Irren ist menschlich, deshalb hat ein Schreiber oft einfach einen Fehler beim Abschreiben gemacht.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#133 Re: Relativismuspoker

Beitrag von closs » Sa 7. Mai 2016, 10:37

Pluto hat geschrieben:In den viele tausend Bibelabschriften gibt es viele Fälschungen. Und es gibt Fälle wo in guter Absicht gehandelt wurde, um alte Fehler nach eigenem Gutdünken zu korrigieren.
Das Problem ist das Wort "Fälschung". - Nach meinem Verständnis wäre "Fälschung" erstmal die absichtliche Veränderung eines Originals (zu eigenen Gunsten). - Diese Fälschungen gibt es zuhauf.

Dann gibt es Interpretationen, die glauben, "es" besser verstanden zu haben. - Fälschungen? - Dann gibt es Kopierfehler - aber dann ist wieder die Frage: "Kopierfehler wovon?".

Wenn es Kopierfehler oder Interpretationen von etwas ist, was als Original verstanden wird, kann man es ebenfalls als "Fälschungen" bezeichnen - auch wenn es eine ganze andere Art von Fälschung ist als das absichtliche Verfremden. - Aber was ist eigentlich das Original? Wir dürfen nie vergessen, dass es immer nur eine Vorlage (= frühe Rezeptions-Stufe), aber nie ein Original gibt.

Das ist in der Literatur-Wissenschaft anders: Da hat einer irgendwann ein Original geschrieben ("Autograph"), das verbindlich ist. - Mit anderen Worten: Komplizierte Gemengelage.

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#134 Re: Relativismuspoker

Beitrag von Pluto » Sa 7. Mai 2016, 10:46

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:In den viele tausend Bibelabschriften gibt es viele Fälschungen. Und es gibt Fälle wo in guter Absicht gehandelt wurde, um alte Fehler nach eigenem Gutdünken zu korrigieren.
Das Problem ist das Wort "Fälschung". - Nach meinem Verständnis wäre "Fälschung" erstmal die absichtliche Veränderung eines Originals (zu eigenen Gunsten). - Diese Fälschungen gibt es zuhauf.
Sicher gibt es auch unbeanbsichtigte "Fälschungen". Das sind dann eher Fehler.
Wie würdest es bezeichnen, wenn jemand eine Text beschönigt, um ihn im Sinne des Kanons anzupassen?

closs hat geschrieben:Dann gibt es Kopierfehler - aber dann ist wieder die Frage: "Kopierfehler wovon?".
Von älteren Abschriften.
Alles was wir heute haben, sind Abschriften von Abschriften von Abschriften... usw.

closs hat geschrieben:Das ist in der Literatur-Wissenschaft anders: Da hat einer irgendwann ein Original geschrieben ("Autograph"), das verbindlich ist. - Mit anderen Worten: Komplizierte Gemengelage.
Das ist ein Strohmann-Argument. Es ist nicht kompliziert, außer man macht es.
Die Bibel besteht aus Abschriften von Abschriften die tausendfach fehlerhaft kopiert wurden. Viele sicher unbeabsichtigt, andere aber, wie die berühmten letzten Strophen des Markus Evangeliums (Verse 9-20), absichtlich eingefügte Fälschungen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#135 Re: Relativismuspoker

Beitrag von closs » Sa 7. Mai 2016, 11:04

Pluto hat geschrieben:Wie würdest es bezeichnen, wenn jemand eine Text beschönigt, um ihn im Sinne des Kanons anzupassen?
Das wäre eher Fälschung. - Aber dann wären die üblichen (sehr seriösen) Bibel-Übersetzungen ebenfalls Fälschungen. - Denn an der AT-Übersetzung von Buber habe ich gemerkt, wie wertend "unsere" Übersetzungen (vermutlich aufgrund unseres europäischen Denkens) sind, statt rein phänomenologisch zu übersetzen.

Pluto hat geschrieben:Von älteren Abschriften.
Wenn man auf die älteste Abschrift kalibriert, ist alles andere dann eine Fälschung oder "Original"-Veränderung. - Aber damit ist nicht geklärt, welche Version die nähere an Jesu Botschaft ist - das kann nämlich durchaus eine neuere Abschrift sein. - Und schon trennen sich wieder formal-wissenschaftliche und substantielle Ebene.

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#136 Re: Relativismuspoker

Beitrag von sven23 » Sa 7. Mai 2016, 11:18

closs hat geschrieben:Das Problem ist das Wort "Fälschung". - Nach meinem Verständnis wäre "Fälschung" erstmal die absichtliche Veränderung eines Originals (zu eigenen Gunsten). - Diese Fälschungen gibt es zuhauf.
Oder zugunsten einer bestimmten Absicht. Das sind dann definitiv Fälschungen, die ja auch von der Forschung zuhauf indentifiziert wurden. Von (unbeabsichtigten) Abschreibfehlern, die es zu Tausenden gibt, wollen wir erst gar nicht reden. Sie sind auch nicht das eigentliche Problem, so lange sie nicht sinnenststellend sind.
Die ungehemmte Veränderung der Texte macht aber noch eins deutlich: sie wurden in der Anfangszeit gar nicht als göttlich inspiriert und heilig angesehen, auch selbst von den Verfassern nicht. Erst die Kirche versah sie dann mit diesen Prädikaten, als sie der Ansicht war, dass sie nun die geeignete Form angenommen hätten, um im Sinne eines christlichen Kanons gelten zu können. (natürlich auch unter ihrer eigenen kräftigen Mitwirkung)
Jetzt kommt der entscheidende Punkt, wo ich sogar die clossschen Setzungen anbringen kann: Wenn man "setzt", wie die kanonische Exegese, dass die Schriften inspiriert und irrtumsfrei sind, negiert man solche nachträglichen Fälschungen und kommt zwangsläufig zu anderen Schlüssen. Kurz gesagt; die Bibel hat Recht, weil es so in der Bibel steht. Das nennt man dann Zirkelschlüsse oder Zirkelbeweise.
(Siehe dazu auch die Ausführungen von Thaddäus oder auch von Kubitza)



closs hat geschrieben: Das ist in der Literatur-Wissenschaft anders: Da hat einer irgendwann ein Original geschrieben ("Autograph"), das verbindlich ist. - Mit anderen Worten: Komplizierte Gemengelage.
Nicht unbedingt. Die meisten Sagen, Legenden und Mythen incl. der Evangelien lassen sich keinem Autographen zuordnen. (Nibelungenlied, Edda, Gilgameschepos etc.)
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#137 Re: Relativismuspoker

Beitrag von closs » Sa 7. Mai 2016, 11:52

sven23 hat geschrieben:Oder zugunsten einer bestimmten Absicht.
Ja - das meinte ich mit "zu eigenen Gunsten".

sven23 hat geschrieben: sie wurden in der Anfangszeit gar nicht als göttlich inspiriert und heilig angesehen, auch selbst von den Verfassern nicht.
Das sehe ich genauso.

sven23 hat geschrieben:Wenn man "setzt", wie die kanonische Exegese, dass die Schriften inspiriert und irrtumsfrei sind, negiert man solche nachträglichen Fälschungen und kommt zwangsläufig zu anderen Schlüssen.
Die Schriften sind insgesamt schon inspiriert - es steht alles an Geistigem drin, was man braucht, WENN man es versteht. - Auf der anderen Seite sind die Schriften selbstverständlich durchsetzt mit Irrtümern - in Bezug auf Jesu Intention. - Ob das an Absicht oder falscher Rezeption oder Tradierung oder Übersetzung liegt, ist im Einzelfall zu prüfen - was am Ergebnis nichts ändert.

Das ist doch genau der Grund, warum ich immer von "Solus Spiritus" spreche - ohne den HG geht es nicht. Nur damit lassen sich inhaltlicher Irrtum und Wahrheit unterscheiden. Die HKM kann nur historisch nachzeichnen, was an Rezeption, Tradierung, Übersetzung, Fälschung geschehen ist, aber nicht inhaltlich bewerten, was davon geistig SChrott ist und nicht. - Insofern ist HKM der Checker von Abläufen, aber nicht von Gehalt.

sven23 hat geschrieben:die Bibel hat Recht, weil es so in der Bibel steht.
WENN es darum geht, hast Du recht. - Aber darum geht es die ganze Zeit doch gar nicht. - Momentan geht es darum, unter welcher Setzung DIESELBEN Texte zu bedeuten haben - das hat mit "Zirkelschluss" nichts zu tun.

sven23 hat geschrieben: Die meisten Sagen, Legenden und Mythen incl. der Evangelien lassen sich keinem Autographen zuordnen.
Weil es eigene literarische Schöpfungen sind und sich dazu bekennen - sie beziehen sich auf einen überlieferten Kern, der entweder mit der literarischen Bearbeitung substantiell getroffen wird oder nicht. - Oder sogar genial ausgearbeitet wird - oder vollkommen missverstanden wird. - Insofern kann man das teilweise tatsächlich mit dem MÜNDLICHEN NT-Kern vergleichen - denn auch da gibt es nicht DIE Quelle außer einer nie findbaren - nämlich das, was Jesus tatsächlich gesagt hat.

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#138 Re: Relativismuspoker

Beitrag von sven23 » Sa 7. Mai 2016, 12:13

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Oder zugunsten einer bestimmten Absicht.
Ja - das meinte ich mit "zu eigenen Gunsten".
Da muss man sich aber auch mal klar machen, was das bedeutet. Alles wurde auf einen Zielpunkt hin erfunden, nämlich um um die Person des Wanderpredigers herum einen Mythos aufzubauen. Ein Mythos, der immer weiter ausgesponnen wurde, bis man ihn zum leiblichen Sohn Gottes stilisiert hatte.
Und spätestens da muss man sich fragen, was soll das für ein Gott sein, der in seiner Selbstoffenbarung auf Lügengeschichten angewiesen sein soll.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: sie wurden in der Anfangszeit gar nicht als göttlich inspiriert und heilig angesehen, auch selbst von den Verfassern nicht.
Das sehe ich genauso.
Es ist also eine kirchliche Erfindung.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn man "setzt", wie die kanonische Exegese, dass die Schriften inspiriert und irrtumsfrei sind, negiert man solche nachträglichen Fälschungen und kommt zwangsläufig zu anderen Schlüssen.
Die Schriften sind insgesamt schon inspiriert - es steht alles an Geistigem drin, was man braucht, WENN man es versteht. - Auf der anderen Seite sind die Schriften selbstverständlich durchsetzt mit Irrtümern - in Bezug auf Jesu Intention. - Ob das an Absicht oder falscher Rezeption oder Tradierung oder Übersetzung liegt, ist im Einzelfall zu prüfen - was am Ergebnis nichts ändert.
Entweder ist die Schrift inspiriert und irrtumsfrei, wie die kanonische Exegese es fordert, oder nicht. Alles andere ist Wischi-Waschi.

closs hat geschrieben: Das ist doch genau der Grund, warum ich immer von "Solus Spiritus" spreche - ohne den HG geht es nicht. Nur damit lassen sich inhaltlicher Irrtum und Wahrheit unterscheiden. Die HKM kann nur historisch nachzeichnen, was an Rezeption, Tradierung, Übersetzung, Fälschung geschehen ist, aber nicht inhaltlich bewerten, was davon geistig SChrott ist und nicht. -
Du baust immer Strohmänner auf. Wo will die Forschung inhaltliche Bewertungen abgeben?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:die Bibel hat Recht, weil es so in der Bibel steht.
WENN es darum geht, hast Du recht. - Aber darum geht es die ganze Zeit doch gar nicht. - Momentan geht es darum, unter welcher Setzung DIESELBEN Texte zu bedeuten haben - das hat mit "Zirkelschluss" nichts zu tun.
Doch, genau darum geht es. Die Setzung der Inspiriertheit und Irrtumsfreiheit der kanonischen Exegese negiert alle Fälschungen und nachträglichen Veränderungen, so, als wenn es sie nicht gäbe. Siehe Ratzinger. Das ist der entscheidende Knackpunkt.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#139 Re: Relativismuspoker

Beitrag von closs » Sa 7. Mai 2016, 12:42

sven23 hat geschrieben:Ein Mythos, der immer weiter ausgesponnen wurde, bis man ihn zum leiblichen Sohn Gottes stilisiert hatte.
Das ist wiederum DEINE Interpretation. - Es ist genauso möglich, dass die Singularität "Jesus = Gottes Sohn" ausgearbeitet wurde. - So würden andere interpretieren.

sven23 hat geschrieben:Und spätestens da muss man sich fragen, was soll das für ein Gott sein, der in seiner Selbstoffenbarung auf Lügengeschichten angewiesen sein soll.
Die Frage ist verquer. - WENN Du die Differenz zwischen "Sein"/"Wirklichkeit"/"das, was war" und die Rezeption davon "Wahrnehmung"/"Fälschung"/"Ausarbeitung" thematisieren willst, musst Du in den Komplex der sog. "Heilsgeschichte" eintreten - im Sinne von: "Wie wird Wahrheit im Spannungsfeld von gut und Böse ('Fürstentum der Welt') vermittelt oder vereitelt?". - Das hat mit der Wahrheit selbst überhaupt nichts zu tun.

sven23 hat geschrieben:Es ist also eine kirchliche Erfindung.
Die These, dass jedes Wort des Bibel irrumsfrei sei, wäre eine Erfindung der Kirche, wenn sie dies propagierte. - Was Ratzi genau meint, weiss ich NICHT - ich weiss nur aus meinen kirchlichen Kontakten, dass es dort umfassend und NICHT detailliert gesehen wird. - Deine Fragen dazu müsstest Du an kirchliche Theologen richten, weil bei denen die Wahrscheinlichkeit noch am größten ist, dass sie wissen, was sie glauben oder setzen. - Über die Bande würde ich da nicht fragen, weil da zu viele Interessen dazwischen stehen.

sven23 hat geschrieben:Entweder ist die Schrift inspiriert und irrtumsfrei, wie die kanonische Exegese es fordert, oder nicht.
Es ist für mich NICHT ausgemacht, dass die Kanonische Exegese davon ausgeht, dass jedes Wort der Bibel irrtumsfrei ist - würde sie davon ausgehen, würde sie sich ein Ei legen.

sven23 hat geschrieben:Alles andere ist Wischi-Waschi.
In diesem Forum fällt das Wort "Wischi-Waschi" verlässlich dann, wenn differenziertes Denken gefragt wäre. Das ist Euer Problem.

sven23 hat geschrieben:Wo will die Forschung inhaltliche Bewertungen abgeben?
Bspw. in Sätzen wie "Jesus HATTE eine Naherwartung" statt zu sagen: "Nach unserer methodischen Logik hatte Jesus eine Naherwartung".

sven23 hat geschrieben:Doch, genau darum geht es.
Nein - tut es nicht. - Du klammerst Dich nur dran fest, weil es eine dankbare Stütze für Deine Weltanschauung ist.

sven23 hat geschrieben: Die Setzung der Inspiriertheit und Irrtumsfreiheit der kanonischen Exegese negiert alle Fälschungen und nachträglichen Veränderungen, so, als wenn es sie nicht gäbe.
Das wäre zu prüfen - vielleicht finde ich ja mal einen kirchlichen Theologen, der sich dazu äußert (vielleicht kommst Du mir ja mal zuvor).

Im übrigen ist dies hier eben NICHT das Thema. - Das Thema lautet, wie identische Texte unter unterschiedlichen Annahmen zu interpretieren sind. - Und dass wir unterschiedliche Annahmen bei HKM und Kanonik haben, sollte eigentlich unbestritten sein.

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#140 Re: Relativismuspoker

Beitrag von sven23 » Sa 7. Mai 2016, 13:12

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ein Mythos, der immer weiter ausgesponnen wurde, bis man ihn zum leiblichen Sohn Gottes stilisiert hatte.
Das ist wiederum DEINE Interpretation. - Es ist genauso möglich, dass die Singularität "Jesus = Gottes Sohn" ausgearbeitet wurde. - So würden andere interpretieren.
Und diese Interpretation deckt sich mit den Forschungsergebnissen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Und spätestens da muss man sich fragen, was soll das für ein Gott sein, der in seiner Selbstoffenbarung auf Lügengeschichten angewiesen sein soll.
Die Frage ist verquer. - WENN Du die Differenz zwischen "Sein"/"Wirklichkeit"/"das, was war" und die Rezeption davon "Wahrnehmung"/"Fälschung"/"Ausarbeitung" thematisieren willst, musst Du in den Komplex der sog. "Heilsgeschichte" eintreten - im Sinne von: "Wie wird Wahrheit im Spannungsfeld von gut und Böse ('Fürstentum der Welt') vermittelt oder vereitelt?". - Das hat mit der Wahrheit selbst überhaupt nichts zu tun.
Gut, da gebe ich dir sogar Recht. Die Evangelien haben nicht viel mit der Wahrheit zu tun. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es ist also eine kirchliche Erfindung.
Die These, dass jedes Wort des Bibel irrumsfrei sei, wäre eine Erfindung der Kirche, wenn sie dies propagierte. - Was Ratzi genau meint, weiss ich NICHT - ich weiss nur aus meinen kirchlichen Kontakten, dass es dort umfassend und NICHT detailliert gesehen wird. - Deine Fragen dazu müsstest Du an kirchliche Theologen richten, weil bei denen die Wahrscheinlichkeit noch am größten ist, dass sie wissen, was sie glauben oder setzen. - Über die Bande würde ich da nicht fragen, weil da zu viele Interessen dazwischen stehen.
Nö, über Bande muss man ja gar nicht gehen, sondern sich an die Definitionen der RKK halten, die Ratzi ja auch selbst vertritt.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Alles andere ist Wischi-Waschi.
In diesem Forum fällt das Wort "Wischi-Waschi" verlässlich dann, wenn differenziertes Denken gefragt wäre. Das ist Euer Problem.
Eben weil differenziertes Denken gefragt ist, bringt es nichts, sich in Wischi-Waschi Definitionen zu flüchten.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wo will die Forschung inhaltliche Bewertungen abgeben?
Bspw. in Sätzen wie "Jesus HATTE eine Naherwartung" statt zu sagen: "Nach unserer methodischen Logik hatte Jesus eine Naherwartung".
Das ist doch keine inhaltliche Bewertung, sondern ledigliche eine Beschreibung der jesuanischen Glaubenswelt. Eine inhaltliche Bewertung wäre, wenn die Forschung sagen würde, das Gottereich, das Jesus ankündigte, gibt es gar nicht. Das tut sie aber prinzipiell nicht.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Die Setzung der Inspiriertheit und Irrtumsfreiheit der kanonischen Exegese negiert alle Fälschungen und nachträglichen Veränderungen, so, als wenn es sie nicht gäbe.
Das wäre zu prüfen - vielleicht finde ich ja mal einen kirchlichen Theologen, der sich dazu äußert (vielleicht kommst Du mir ja mal zuvor).
Hatten wir doch schon:
"Exegese oder Bibelauslegung nennt man die Hermeneutik der Heiligen Schrift. Die Bibel wird seitens der Kirche als vom Heiligen Geist inspiriert und darum in Glaubensfragen und auch allen wesentlichen historischen Aussagen als irrtumslos vorausgesetzt."
Quelle: Kathpedia

Im Gegensatz dazu:

" Historisch-kritische Exegese
Diese Art von Exegese setzt nicht die Irrtumslosigkeit der Bibel voraus, sondern erklärt die Auslegung z. B. anhand der Textkritik."

Quelle: Kathpedia


closs hat geschrieben: Im übrigen ist dies hier eben NICHT das Thema. - Das Thema lautet, wie identische Texte unter unterschiedlichen Annahmen zu interpretieren sind. - Und dass wir unterschiedliche Annahmen bei HKM und Kanonik haben, sollte eigentlich unbestritten sein.
Doch, das ist ein ganz entscheidender Punkt. Die kanonische Exegese tut ja gerade das, was du verlangst, nämlich anzunehmen, das Jesus schriftgemäß Gottes Sohn ist. Jetzt verlangst du das gleiche auch noch von der HKM. Warum?
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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