Descartes und Glaube

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Münek
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#271 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von Münek » Di 3. Mai 2016, 13:36

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:sondern aufklärerisch im besten Sinne des Wortes.
Wenn DAS Aufklärung wäre, wäre es eine katastrophale Nachricht. Ich möchte es nicht glauben, weil ich immer noch versuche, den großen Gedanken der Aufklärung zu schützen.
Es bringt nichts, wenn Du hier über Autoren den Stab brichst, deren Bücher Du nicht gelesen hast.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Zwischen dem "historischen Jesus" und dem "geglaubten Christus" besteht in der Tat - wie könnte es auch anders sein - eine große Kluft. Was ist daran gefährlich?
Die Einbildung, der geglaubte Jesus könne partout nicht der historische Jesus sein. - Nicht, dass ich dessen sicher wäre - aber die fehlende Einsicht, dass der Jesus aus historisch-kritischer Sicht nichts anderes als ein methodischer Entwurf ist, der in Wirklichkeit genauso richtig wie falsch sein kann, beunruhigt schon.
Besorge Dir das Buch von Theissen/Merz "Der historische Jesus", sonst kannst Du nicht kompetent mitreden, sondern schwimmst in Deinen Vorurteilen.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ich gebrauche das Adjektiv "plausibel" im üblichen Sinne, nämlich als: "einleuchtend, auf Anhieb verständlich".
Mir sind ganz andere Dinge "einleuchtend, auf Anhieb verständlich" als Dir - also scheint es doch dafür verschiedene Perspektiven zu geben - oder nicht?
Die Plausibilität bezieht sich nach meiner Vorstellung auf die Einsicht/das Verständnis eines "Durchschnittsmenschen". Die Behauptung, es existiere ein übernatürliches allmächtiges Wesen, das das gesamte Universum geschaffen habe, einen Heilsplan mit den Menschen verfolge, seinen "Sohn" blutig opferte, um die Menschheit von ihren Sünden zu erlösen - zwecks Erlangung der ewigen Seligkeit nach dem Tod, IST NICHT PLAUSIBEL. Das wusste sogar schon der alte Paulus.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ich bin mir sehr sicher, dass die historisch-kritische Methode von den theologischen Experten "richtig eingesetzt" wird.
Das will ich auch noch hoffen. - Wenn man dann noch richtig formuliert, ist alles in Butter.
Woher willst Du wissen, wie die Exegeten formulieren, wenn Du Dich scheust, in einem entsprechenden Fachbuch nachzulesen?

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Nein - die Heilslegende zielt NICHT auf die historische Wahrheit, sondern auf eine angenommene Glaubenswahrheit.
Beides. - Warum trennst Du das?
Weil eine aus Glaubensgründen ausgedachte Geschichte in der Regel unhistorisch ist.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die Kindheitsgeschichten sind Erfindungen der Evangelisten - ihre Erzählungen über göttliche Zeugung und Jungfrauengeburt ebenfalls.
So spricht der Dogmatiker ex cathedra. - Ist Dir wirklich nicht bewusst, dass Du mit solchen Aussagen genau den bestehenden Eindruck unterstreichst, dass methodisches (!) Wissen heute die Rolle einnimmt wie die RKK im Mittelalter?
Nein - die sehr gut begründete Überzeugung der Exegeten, dass es sich bei den beiden (widersprüchlich erzählten) Kindheitsgeschichten mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit um Erfindungen von Matthäus und Lukas (Legenden) handelt, ist keinesfalls eine dogmatische Aussage. Dogmen existieren im theologisch-wissenschaftlichen Lager nicht. Der genannten Überzeugung kann jederzeit mit Gründen widersprochen werden.

closs
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#272 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von closs » Di 3. Mai 2016, 16:42

Münek hat geschrieben:Die Plausibilität bezieht sich nach meiner Vorstellung auf die Einsicht/das Verständnis eines "Durchschnittsmenschen".
Das ist immerhin ein Ansatz. - So - und jetzt vergleiche mal den Durchschnittsmenschen von heute mit dem Durchschnittsmenschen von vor 500 Jahren. - Dann war doch damals anderes plausibel, nicht wahr?

Münek hat geschrieben:Es bringt nichts, wenn Du hier über Autoren den Stab brichst, deren Bücher Du nicht gelesen hast.
Wenn ein Autor ständig zitiert wird und dabei im wesentlichen dasselbe rauskommt, kann man sich schon ein Bild machen. - Bei Theissen/Merz stelle ich es mir seriöser vor - Leute, die ihn gelesen haben, beteuern, dass er erheblich anders tickt, als er hier dargestellt wird.

Im übrigen machen wir hier keine Dichterlesung, sondern sollen uns inhaltlich auseinandersetzen - egal was dieser oder jener dazu sagt. - Zitate sind Hilfe beim Selbst-Nachdenken, aber nicht Ersatz dafür.

Münek hat geschrieben:Woher willst Du wissen, wie die Exegeten formulieren
Weil ich mir nicht vorstellen kann, dass in den letzten Jahrzehnten ALLEs anders geworden ist.

Münek hat geschrieben:Weil eine aus Glaubensgründen ausgedachte Geschichte in der Regel unhistorisch ist.
Wie kommst Du darauf, dass sie ausgedacht ist?

Münek hat geschrieben: Dogmen existieren im theologisch-wissenschaftlichen Lager nicht.
Doch - methodik-bedingt. - Die Methodik sagt, wie sie definiert ist, und tritt davon nicht zurück. - Keiner erwartet das, weil sie ja Vorteile hat - aber sie besteht auf ihren Weg und das ist gut so.

Münek hat geschrieben:Der genannten Überzeugung kann jederzeit mit Gründen widersprochen werden.
Und wenn man es tut, wird man zum Außenseiter innerhalb der Wissenschaft. - Man wird nicht verbrannt, aber sehr wohl softer eliminiert.

Schau Dir nur mal Dürr an, der mal Leiter des Max-Pnack-Instituts war und danach gewagt hat, im Namen seiner naturwissenschaftlichen Disziplin mal über deren Tellerrand hinauszuschauen. - Es wurde quasi abgekanzelt als Alters-Schwachsinn.

Du verkennst immer wieder, dass der HKM im Innen-Verhältnis NICHT widersprochen wird (das würde ich mir gar nicht zutrauen), sondern dass man die Aussage-Grenzen ihrer Methodik, zumindest wie sie gegenwärtig interpretiert wird, aufzeigt.

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Münek
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#273 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von Münek » Di 3. Mai 2016, 21:00

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die Plausibilität bezieht sich nach meiner Vorstellung auf die Einsicht/das Verständnis eines "Durchschnittsmenschen".
Das ist immerhin ein Ansatz. - So - und jetzt vergleiche mal den Durchschnittsmenschen von heute mit dem Durchschnittsmenschen von vor 500 Jahren. - Dann war doch damals anderes plausibel, nicht wahr?
Nö - auch für einen Menschen vor 2000 Jahren war die Auferstehung eines Toten nicht selbstverständlich. Selbst der Apostel Paulus hielt seine Glaubensbotschaft für töricht (= unplausibel).

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Es bringt nichts, wenn Du hier über Autoren den Stab brichst, deren Bücher Du nicht gelesen hast.
Wenn ein Autor ständig zitiert wird und dabei im wesentlichen dasselbe rauskommt, kann man sich schon ein Bild machen. - Bei Theissen/Merz stelle ich es mir seriöser vor - Leute, die ihn gelesen haben, beteuern, dass er erheblich anders tickt, als er hier dargestellt wird.
Dann besorge Dir endlich das Buch von Theissen/März, um kompetent mitreden zu können.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Woher willst Du wissen, wie die Exegeten formulieren
Weil ich mir nicht vorstellen kann, dass in den letzten Jahrzehnten ALLEs anders geworden ist.
Du kannst nicht im Ernst fordern, die Theologen müssten ihre Forschungsergebnisse auf diese oder jene Art formulieren, wenn Du nicht den geringsten Schimmer davon hast, wie sie überhaupt ihre Thesen formulieren.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Weil eine aus Glaubensgründen ausgedachte Geschichte in der Regel unhistorisch ist.
Wie kommst Du darauf, dass sie ausgedacht ist?
Ich denke, dass habe ich deutlich gemacht.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Dogmen existieren im theologisch-wissenschaftlichen Lager nicht.
Doch - methodik-bedingt. - Die Methodik sagt, wie sie definiert ist, und tritt davon nicht zurück. - Keiner erwartet das, weil sie ja Vorteile hat - aber sie besteht auf ihren Weg und das ist gut so.
Du irrst Dich. Absolute, unhinterfragbare "Wahrheiten" sind der Wissenschaft völlig fremd.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Der genannten Überzeugung kann jederzeit mit Gründen widersprochen werden.
Und wenn man es tut, wird man zum Außenseiter innerhalb der Wissenschaft. - Man wird nicht verbrannt, aber sehr wohl softer eliminiert.
Theologen wie der fromme Klaus Berger bezeichnen sich selbst als Außenseiter im wissenschaftlichen Lager der Exegeten Er weiß sehr wohl warum. Wenn er die Kollegen der eigenen Zunft als "Bibelfälscher" und "Zerstörer des christlichen Glaubens" beschimpft, darf er sich nicht wundern, dass ihn keiner für voll nimmt.

closs hat geschrieben:Du verkennst immer wieder, dass der HKM im Innen-Verhältnis NICHT widersprochen wird (das würde ich mir gar nicht zutrauen), sondern dass man die Aussage-Grenzen ihrer Methodik, zumindest wie sie gegenwärtig interpretiert wird, aufzeigt.
Gerade weil die Exegeten ihre Grenzen genau kennen, äußern sie sich zu reinen Glaubensaussagen und Wunderberichten nicht. Für "übersinnliche" Bereiche fühlen sie sich nicht zuständig. Sie sind Wissenschaftler und keine "Spökenkieker"!
Zuletzt geändert von Münek am Di 3. Mai 2016, 21:46, insgesamt 1-mal geändert.

Samantha

#274 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von Samantha » Di 3. Mai 2016, 21:12

Münek hat geschrieben:Gerade weil die Exegeten ihre Grenzen genau kennen, äußern sie sich zu reinen Glaubensaussagen und Wunderberichten nicht. Für "übersinnliche" Bereiche fühlen sie sich nicht zuständig. Sie sind Wissenschaftler!
Dann ist es ja gut, dass wir Dich haben, denn Du fühlst Dich zuständig, diese Bereiche zu erkennen. :lol:

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Thaddäus
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#275 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von Thaddäus » Di 3. Mai 2016, 21:22

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die Plausibilität bezieht sich nach meiner Vorstellung auf die Einsicht/das Verständnis eines "Durchschnittsmenschen".
Das ist immerhin ein Ansatz. - So - und jetzt vergleiche mal den Durchschnittsmenschen von heute mit dem Durchschnittsmenschen von vor 500 Jahren. - Dann war doch damals anderes plausibel, nicht wahr?
Plausibilität einer Erklärung, eines Gedankengangs oder einer Argumentation bedeutet, dass die Erklärung in sich logisch widerspruchsfrei, also konsistent ist und sie muss auch rational-vernünftig für prinzipiell jedes vernünftige Wesen nachvollziehbar sein. Da der Mensch immer schon ein vernunftbegabtes Wesen ist, gilt und greift das Plausibilitätsprinzip bereits solange, wie Menschen überhaupt argumentieren und erklären.

Was damit noch nicht garantiert ist, ist die Korrektheit der Prämissen, von denen aus argumentiert und erklärt wird. Diese Prämissen sind zumeist keine bewussten Setzungen, sondern vielmehr Annahmen, die sich aus dem Welt-Bild ergeben, welches wiederum keine Welt-Anschauung ist, denn während ein Weltbild kollektiv unbewusst vorhanden ist, wird eine Weltanschauung bewusst gewählt. In einem Welt-Bild, also dem Bild, welches man sich von der Welt macht, wächst man auf bzw. wächst man hinein und es bedeutet einen grundsätzlichen Erklärungshintergrund, der von den allermeisten Menschen eines historischen Kulturkreises geteilt wird. Eine Weltanschauung dagegen, ist bereits ein reflektierter, bewusst theoretischer Zugang zur Welt, den man wählen oder verwerfen kann. Das Weltbild, in das man hineingeboren wird, ist unmittelbar abhängig vom Wissensstand eines Kulturkeises und also auch vom Stand der wissenschaftlichen Forschung und Erkenntnisse. Alle Ideologien z.B. sind Weltanschauungen, aber keine Weltbilder.

Wenn man z.B. glaubt, man lebe in einer Welt, die bevölkert ist von Göttern, Dämonen, Engeln und sonstigen Geistwesen, dann ist man in dieses Weltbild hineingeboren und darin aufgewachsen innerhalb eines Kulturkreises, der auch ein Mikro-Kulturkreis sein kann, wie z.B. eine moderne Sekte, die solches lehrt und dieses Weltbild an die in dieser Sekte lebenden Kinder weitervermittelt. Innerhalb dieses Weltbildes ist es durchaus plausibel, z.B. epileptische Anfälle so zu erklären, dass ein Gott oder ein Dämon von einem Menschen Besitz ergreift. Innerhalb eines solchen Weltbildes ist das also eine logische Erklärung. Logisch ist es auch, dass nicht jeder beliebige Gott oder Dämon von einem Menschen Besitz ergreifen kann, sondern nur solche, die in Menschen fahren können, während das andere Götter und Dämonen nicht können, weil sie für ganz andere Dinge zuständig sind usw.

Wächst man in einer Kultur auf, in der die Wissenschaften bereits erfunden sind und ein bestimmtes wissenschaftlich fundiertes Wissen über die Funktionsweise des Gehirns und neurologische Zusammenhänge existieren, dann wird dieses Wissen in diesem Kulturkreis auch vermittelt und man weiß, dass epileptische Anfälle eben nicht durch Götter oder Dämonen ausgelöst werden, die in Menschen fahren, sondern durch ein unkontrolliertes, kaskadisches Feuern von Neuronen im Gehirn, welches zu Krampfanfällen führt. Dieses Wissen ist durch wissenschaftliche Verfahrensweisen auch beleg- und beweisbar. Es ist also nicht etwa so, dass beide Erklärungen irgendwie gleichberechtigt wären, weil sie beide ja Welt-Bildern entspringen, in die man hineingewachsen ist. Vielmehr ist die eine Erklärung schlicht und einfach falsch und die andere Erklärung ist richtig. Deshalb spielt es eine ganz erhebliche Rolle, auf welchem Stand wissenschaftlicher Entwicklung ein Kulturkreis tatsächlich steht und welcher wissenschaftlich aktuelle Erkenntnisstand in einem Kulturkreis real vorliegt. Wissenschaftlicher Fortschritt ist also maßgeblich für die Korrektheit eines Welt-Bildes.

Zu glauben, der Gott Vulcan löse Vulkanausbrüche aus, ist eine plausible Erklärung, innerhalb eines antiken Weltbildes, welches von übernatürlichen Kräften ausgeht, die in der Natur wirken und in der dieser Gott Vulcan genau hierfür zuständig ist. Aber diese Erklärung ist falsch. Richtig ist eine ganz andere Erklärung, die aber erst dann vorliegt, wenn die geologische Wissenschaft erfunden ist, die eine wesentlich plausiblere, natürliche Erklärung bereitstellt, die auch beweisbar ist. Genau das bedeutet wissenschaftlicher Fortschritt.

closs
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#276 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von closs » Di 3. Mai 2016, 21:54

Münek hat geschrieben:Nö - auch für einen Menschen vor 2000 Jahren war die Auferstehung eines Toten nicht selbstverständlich.
Nee - aber die Auferstehung Jesu. - Nicht, dass ich behaupten würde, dass sie recht hatten - aber ihre Plausibilitäts-Kriterien waren halt so.

Münek hat geschrieben:Du kannst nicht im Ernst fordern, die Theologen müssten ihre Forschungsergebnisse auf diese oder jene Art formulieren
Es wäre erstaunlich, wenn die HKM heute ganz anders arbeiten würde als vor 30 Jahren. - Ich glaube es ehrlich gesagt auch nicht.

Münek hat geschrieben:Ich denke, dass habe ich deutlich gemacht.
Schon - aber das sind doch weltanschauliche Behauptungen, die man natürlich mit Fakten unterstützen kann. - Aber es bleiben Behauptungen.

Münek hat geschrieben:Absolute, unhinterfragbare "Wahrheiten" sind der Wissenschaft völlig fremd.
De facto schon - bspw. die Eigen-Definition der menschlichen Ratio, die der Maßstab für die Welterklärung zu sein habe.

Münek hat geschrieben:Theologen wie der fromme Klaus Berger bezeichnen sich selbst als Außenseiter im wissenschaftlichen Lager der Exegeten Er weiß sehr wohl warum.
NAtürlich - der Mainstream ist zur Zeit woanders.

Münek hat geschrieben:Gerade weil die Exegeten ihre Grenzen genau kennen, äußern sie sich zu reinen Glaubensaussagen und Wunderberichten nicht.
Sie erlauben sich aber, sie an ihrem Verständnis von Ratio zu messen.

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#277 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von Münek » Di 3. Mai 2016, 21:54

Samantha hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Gerade weil die Exegeten ihre Grenzen genau kennen, äußern sie sich zu reinen Glaubensaussagen und Wunderberichten nicht. Für "übersinnliche" Bereiche fühlen sie sich nicht zuständig. Sie sind Wissenschaftler!
Dann ist es ja gut, dass wir Dich haben, denn Du fühlst Dich zuständig, diese Bereiche zu erkennen. :lol:
Wunderberichte und Glaubensaussagen stehen zuhauf in der Bibel. Kann jeder Zuständige oder Unzuständige nachlesen. ;)

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#278 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von closs » Di 3. Mai 2016, 22:11

Thaddäus hat geschrieben:Plausibilität einer Erklärung, eines Gedankengangs oder einer Argumentation bedeutet, dass die Erklärung in sich logisch widerspruchsfrei, also konsistent ist
Das trifft auch auf bspw. Ratzingers Theologie zu - hier wird man keinen Teiler finden können.

Thaddäus hat geschrieben:und sie muss auch rational-vernünftig für prinzipiell jedes vernünftige Wesen nachvollziehbar sein.
"Prinzipiell" ja - aber was ist der Maßstab?

Thaddäus hat geschrieben: Das Weltbild, in das man hineingeboren wird, ist unmittelbar abhängig vom Wissensstand eines Kulturkeises und also auch vom Stand der wissenschaftlichen Forschung und Erkenntnisse.
Ja - so ist es.

Thaddäus hat geschrieben:Alle Ideologien z.B. sind Weltanschauungen, aber keine Weltbilder.
Diese semantische Unterscheidung ist im Deutschen nicht geläufig - aber ich weiss, was Du meinst.

Thaddäus hat geschrieben:Wächst man in einer Kultur auf, in der die Wissenschaften bereits erfunden sind und ein bestimmtes wissenschaftlich fundiertes Wissen über die Funktionsweise des Gehirns und neurologische Zusammenhänge existieren, dann wird dieses Wissen in diesem Kulturkreis auch vermittelt und man weiß, dass epileptische Anfälle eben nicht durch Götter oder Dämonen ausgelöst werden, die in Menschen fahren, sondern durch ein unkontrolliertes, kaskadisches Feuern von Neuronen im Gehirn, welches zu Krampfanfällen führt.
Bisher war ich mit Deinen Ausführungen einverstanden - hier liegt aber ein Denkfehler vor:

Denn Du scheinst zu meinen, die Version mit den Göttern und Dämonen sei falsifiziert, wenn man neurologische Erklärungs-Muster erkennt. - Dass es hier eine Korrelation gibt, ist ganz sicher richtigl. - Aber wie willst Du wissen, wie der kaustale Zusammenhang ist?

Du meinst natürlich, dass Epilepsien ihren Ursprung in der Biologie haben (würde ich privat auch so sehen) - aber nichtsdestoweniger können wir nichts daran ändern, wenn die diesbezügliche neuronale Aktivität Folge eines geistigen Anlasses wäre. - Nun bin selbst post-traumatische Epileptiker und weiss deshalb, dass ein Unfall kein dämonischer Eingriff ist - wenn ich also meine Tabletten nicht nehme und einen Grand Mal bekomme, liegt es naheliegenderweise an einer neuronalen Ursache aufgrund meiner damaligen Kopf-OP. - Aber es muss nicht so sein - es gibt auch endogene Epilepsien.

Mich stört, dass mit kausalen Zuordnungen aus meiner Sicht leichtfertig umgegangen wird.

Thaddäus hat geschrieben:Vielmehr ist die eine Erklärung schlicht und einfach falsch und die andere Erklärung ist richtig.
Muss nicht sein - siehe oben. - Wir setzen UNSER Weltbild als maßstäblich und kommen DESHALB zu UNSEREM Ergebnis - ob es WIRKLICH so ist, wissen wir nicht. - Mir wäre es sympathischer, wenn man es belassen würde bei einem "Wir sehen es aus unserem Weltbild (?) so".

Thaddäus hat geschrieben:Wissenschaftlicher Fortschritt ist also maßgeblich für die Korrektheit eines Welt-Bildes.
Hilfreich, aber nicht maßgeblich. - Da liegt wahrscheinlich unser Problem.

Thaddäus hat geschrieben:Genau das bedeutet wissenschaftlicher Fortschritt.
In vielen Dingen gebe ich Dir recht - vor allem in Dingen, die keinen Bezug zu geistig-spirituellen Fragen haben. - Trotzdem bleibt ein Rest, der vermutlich wieder in die x-mal diskutierte Thematik führt, ob Geist aus Materie oder Materie aus Geist ist. - Wenn man Materie als "geronnenen Geist" versteht und Geist als Darüber-Stehendes, kann die naturalistische Wissenschaft nicht das letzte Wort haben. - Mir fehlt hier etwas das Bewusstsein, dass man nur innerhalb des eigenen Daseins-Tellerands forscht und erkennt.

Samantha

#279 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von Samantha » Di 3. Mai 2016, 22:16

Münek hat geschrieben:Wunderberichte und Glaubensaussagen stehen zuhauf in der Bibel. Kann jeder Zuständige oder Unzuständige nachlesen. ;)
Ja, aber Du erkennst nicht die Wahrheit mancher Aussagen, da Du sonst plötzlich Puzzle spielen könntest. :lol:

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#280 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von Münek » Di 3. Mai 2016, 23:07

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Nö - auch für einen Menschen vor 2000 Jahren war die Auferstehung eines Toten nicht selbstverständlich.
Nee - aber die Auferstehung Jesu. - Nicht, dass ich behaupten würde, dass sie recht hatten - aber ihre Plausibilitäts-Kriterien waren halt so.
Auch hier irrst Du Dich. Als die Frauen vom Grab zu den Jüngern in die Stadt zurückkehrten und von dem leeren Grab und der Engelsbotschaft berichteten, glaubten die Jünger ihnen nicht und und hielten alles für Geschwätz (Lk. 24, 9 ff.). Die Auferstehung eines Toten war auch damals alles andere als plausibel. Auf die realistische Einschätzung seiner Auferstehungsbotschaft durch Paulus selbst (töricht, unplausibel) habe ich bereits hingewiesen.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Du kannst nicht im Ernst fordern, die Theologen müssten ihre Forschungsergebnisse auf diese oder jene Art formulieren
Es wäre erstaunlich, wenn die HKM heute ganz anders arbeiten würde als vor 30 Jahren. - Ich glaube es ehrlich gesagt auch nicht.
Es geht nicht darum, ob die HKM heute anders arbeitet als vor 30 Jahren. Du willst den Wissenschaftlern vorschreiben, wie sie ihre Forschungsergebnisse zu kommunizieren haben, obwohl Du keinen blassen Schimmer davon hast, WIE sie kommunizieren. Das ist doch albern.

Münek hat geschrieben:Ich denke, dass habe ich deutlich gemacht.
Schon - aber das sind doch weltanschauliche Behauptungen, die man natürlich mit Fakten unterstützen kann. - Aber es bleiben Behauptungen.
Richtig - es sind Behauptungen, die allerdings sehr gut begründet sind. Und das ist entscheidend. Selbstverständlich kann und darf man den Auffassungen der Wissenschaftler widersprechen. Das ginge aber nur mit gewichtigen Begründungen.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Absolute, unhinterfragbare "Wahrheiten" sind der Wissenschaft völlig fremd.
De facto schon - bspw. die Eigen-Definition der menschlichen Ratio, die der Maßstab für die Welterklärung zu sein habe.
Nein - der Wissenschaft sind ewig gültige Wahrheiten und Dogmen jeglicher Art wesensfremd.

="closs"
Münek hat geschrieben:Theologen wie der fromme Klaus Berger bezeichnen sich selbst als Außenseiter im wissenschaftlichen Lager der Exegeten Er weiß sehr wohl warum.
NAtürlich - der Mainstream ist zur Zeit woanders.
Die alten Zeiten, als die Kirche das große Sagen hatte und ihre Dogmen mit Gewalt durchsetzte, sind endgültig vorbei. Der ewiggestrige Klaus Berger wünscht sich natürlich diese Zeiten zurück. Das hat nichts mit Mainstream zu tun.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Gerade weil die Exegeten ihre Grenzen genau kennen, äußern sie sich zu reinen Glaubensaussagen und Wunderberichten nicht.
Sie erlauben sich aber, sie an ihrem Verständnis von Ratio zu messen.
Nein - sie beschränken sich, weil sie sich nicht für zuständig fühlen. Sie halten sich beispielsweise nicht für kompetent, die Frage sachgerecht zu prüfen, ob Jesus im Auftrag Gottes für die Sünden der Menschheit am Kreuz sein Leben aushauchte. Wie sollten sie
das anstellen?

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