Descartes und Glaube

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sven23
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#201 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von sven23 » Fr 29. Apr 2016, 14:01

Novalis hat geschrieben: Christen kennen außerdem diese Worte bei Matthaeus 28:19 ff.: Darum gehet hin und lehret alle Völker und taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes! - das wird man kaum raus streichen können, weil es der heutige Zeitgeist wünscht.
Du weißt aber sicher inzwischen auch, dass der Missionsbefehl für die ganze Welt dem unbekannten Autor, dem die Kirche später den Apostelnamen Matthäus gab, zugeschrieben wird und in der Forschung nicht als authentisches Jesuswort gilt.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
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#202 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von closs » Fr 29. Apr 2016, 15:00

Pluto hat geschrieben:Niemand kann einem die Verantwortung für seine Taten nehmen: Man trägt ein Leben lang die Verantwortung für das was man tut.
Da sind wir uns einig. - Mir ginge es um die Differenzierung, dass man auch Lasten (nenne es: Verantwortung) für Dinge trägt, die man nicht selbstverschuldet hat. - Mir geht es also darum, die Frage nach "Was habe ich falsch gemacht?" herauszunehmen, wenn es um Last/Verantwortung(?) geht.

Der Punkt im christlichen Verständnis von "Schuld" ist doch, dass sie primär NICHTS mit der Frage "Was habe ich falsch gemacht?" zu tun hat, sondern mit dem Phänomen der Last an sich (das wird übrigens insbesondere INNERHALB des Christentums nicht kapiert).

Übertragen auf das hiesige Thema "Verbrechen"/"Verbrecher": Ein Verbrechen gegen den Menschen "ist" völlig unabhängig davon gegeben, ob es dazu einen Verbrecher gibt. - Natürlich ist die menschliche Rolle dabei AUCH wichtig - aber man sollte es kategorial abkoppeln.

Pluto hat geschrieben:Wer sagt denn, dass NUR die christliche Sicht universal ist?
Hoffentlich niemand. - Entscheidend ist, ob das Christentum diese Frage universal angeht - nach meiner Ansicht tut es das, was aber - wie eben erwähnt - sehr oft innerhalb des Christentums nicht kapiert wird. - Auch nicht von den "Säkularen", weil diese sich zu stark juristisch orientieren - als sei Justiz der Maßstab dafür, ob jemand Verbrecher gegen den Menschen ist oder nicht.

Um mal ein persönliches Beispiel zu geben:
Als 28Jähriger hatte ich mal eine Beziehung zu einer 18Jährigen, die ich beendet habe. Aus den Folgen daraus (nein, sie hat sich nicht umgebracht) hatte ich das deutliche Empfinden, dass ich ein Verbrecher gegen einen Menschen gewesen war - juristisch nicht fassbar. - Und: Selbst wenn ich mit bestem Willen in diese Beziehung ging/gegangen wäre, wäre es ein Verbrechen gegen einen Menschen gewesen (ohne, dass ich deswegen ein Verbrecher hätte gewesen sein müssen). - Verstehst Du? - Und wie es da im Kleinen war, ist es auch im Großen.

Pluto hat geschrieben:Genau darum bin ich für die Abschaffung von Schuld und die Einführung von Verantwortung.
Das wäre der richtige Schritt. - Nur: Wie wollte ein Gericht so etwas ahnden? "Pech gehabt, dass Dir ein Fußgänger von halb rechts im Halbdunkel am Zebrastreifen ins Auto gelaufen ist - Du bist verantwortlich. - Er ist tot, also Du bald auch". -- ???--

Weil das alles nicht geht, bin ich ja durchaus für die heutige juristische Praxis in Deutschland - diese Mischung aus persönlicher Schuld, Ordnungs-Gedanken, General-Prävention, etc - und vor allem mit einem halbwegs ordentlichen Vollzug und Resozialisierungs-Möglichkeiten. - Deutschland ist hier meines Erachtens ziemlich führend in der Welt.

JackSparrow
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#203 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von JackSparrow » Fr 29. Apr 2016, 15:47

Novalis hat geschrieben:Hier gibt es für uns also gar keinen Unterschied, wir alle benötigen diesen Glaubensakt, weil das die Bedingung all unsres Denkens ist.
Es besteht ein großer Unterschied darin ob ich glaube, die Summe aus 8 und 4 sei 15, oder ob ich glaube, sie sei 12.

Das Gestern ist aber nicht schlecht und falsch,
Bei statistischer Gleichverteilung (aufgrund ähnlicher Gehirne) müsste man davon ausgehen, dass sich die Leute vor 2000 Jahren im Mittel genauso oft geirrt haben wie die Leute heutzutage. Was für sich betrachtet schon ein guter Grund wäre, so Typen wie Aristoteles, Jesus oder Kant lieber nicht alles zu glauben.

Aber heute haben wir technische Hilfmittel (Computer, Internet, Teilchenbeschleuniger) zur Verfügung. Die machen es mit zunehmender Zeit immer schwerer, sich zu irren.

In negativer Korrelation zur technischen Entwicklung verläuft die Irrtumswahrscheinlichkeit somit exponentiell monoton fallend. Mit einer horizontalen Asymptote in Höhe des Punktes, an dem überhaupt nichts mehr erfunden werden kann.

Das heißt je weniger Zeit seit einem Philosophen vergangen ist, desto geringer (mit p > 0) ist die Wahrscheinlichkeit, dass er falsch lag.

“I think that what we’re seeking is an experience of being alive,
Denken allein eben reicht nicht. Man muss es auch gelegentlich mit der Realität abstimmen.

Das ist eigentlich der Sinn von Religion, die Rückbindung an das Lebendige und die Berührung mit dem Geheimnis der Existenz
Der eigentliche Sinn von Religion ist die Kontrolle des [d]Mobs[/d] Volkes. Sowie das Bereitstellen einer lukrativen Einnahmequelle.

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#204 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von Pluto » Fr 29. Apr 2016, 17:57

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Niemand kann einem die Verantwortung für seine Taten nehmen: Man trägt ein Leben lang die Verantwortung für das was man tut.
Da sind wir uns einig. - Mir ginge es um die Differenzierung, dass man auch Lasten (nenne es: Verantwortung) für Dinge trägt, die man nicht selbstverschuldet hat. - Mir geht es also darum, die Frage nach "Was habe ich falsch gemacht?" herauszunehmen, wenn es um Last/Verantwortung(?) geht.
Warum sollte man das tun?
Beispiel:
Ein alkoholisierter Mann überfährt einen kleinen Jungen zum lebenslangen Krüppel. Dafür wird er verurteilt und muss seine Strafe absitzen. Im Gefängnis wird er Christ und wird geläutert. Er bitte um Erlösung seiner Schuld. Nach christlichem Verständnis, wird ihm die Schuld vergeben.
Nachdem er entlassen wurde, geht er zu dem Kind und bittet um Verzeihung. Auch hier glauben ihm der Junge und seine Angehörigen und verzeihen ihm.

Schuld getilgt? — Ja, denn er hat im Gefängnis gesessen und hat zu Gott/Jesus gebetet und selbst das Opfer hat ihm verziehen.
Trägt er nicht in diesem Fall weiterhin die VERANTWORTUNG für seine Tat?

closs hat geschrieben:Der Punkt im christlichen Verständnis von "Schuld" ist doch, dass sie primär NICHTS mit der Frage "Was habe ich falsch gemacht?" zu tun hat, sondern mit dem Phänomen der Last an sich (das wird übrigens insbesondere INNERHALB des Christentums nicht kapiert).
Du nennst es "Last"; ich nenne es Verantwortung. Diese kann nicht wie bei der Schuld, durch Verzeihung oder göttlicher Erlösung getilgt werden.

closs hat geschrieben:Übertragen auf das hiesige Thema "Verbrechen"/"Verbrecher": Ein Verbrechen gegen den Menschen "ist" völlig unabhängig davon gegeben, ob es dazu einen Verbrecher gibt. - Natürlich ist die menschliche Rolle dabei AUCH wichtig - aber man sollte es kategorial abkoppeln.
Wie willst du das in meinem o.a. Beispiel bewerkstelligen?
Die Verantwortung bleibt!

closs hat geschrieben:als sei Justiz der Maßstab dafür, ob jemand Verbrecher gegen den Menschen ist oder nicht.
Du bestehst weiterhin auf die juristische Frage der Schuldfähigkeit.

closs hat geschrieben:Um mal ein persönliches Beispiel zu geben:
Als 28Jähriger hatte ich mal eine Beziehung zu einer 18Jährigen, die ich beendet habe. Aus den Folgen daraus (nein, sie hat sich nicht umgebracht) hatte ich das deutliche Empfinden, dass ich ein Verbrecher gegen einen Menschen gewesen war - juristisch nicht fassbar. - Und: Selbst wenn ich mit bestem Willen in diese Beziehung ging/gegangen wäre, wäre es ein Verbrechen gegen einen Menschen gewesen (ohne, dass ich deswegen ein Verbrecher hätte gewesen sein müssen). - Verstehst Du? - Und wie es da im Kleinen war, ist es auch im Großen.
Ich verstehe das so, dass du hier keine Schuld trägst. Du hast dich lediglich nach deinen körperlichen Trieben gerichtet. Das ist doch Okay.
Und... welche Verantwortung sollst/willst du tragen?
Vielleicht hast du ein Mädchen für kurze Zeit unglücklich gemacht; aber vielleicht war sie heilfroh, dass du von ihr abgelassen hast.
Ihr hattet Spaß zusammen — Nix passiert.
Wer ist dabei zu Schaden gekommen? Wo ist also die Verantwortung, und wofür?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Genau darum bin ich für die Abschaffung von Schuld und die Einführung von Verantwortung.
Das wäre der richtige Schritt. - Nur: Wie wollte ein Gericht so etwas ahnden? "Pech gehabt, dass Dir ein Fußgänger von halb rechts im Halbdunkel am Zebrastreifen ins Auto gelaufen ist - Du bist verantwortlich. - Er ist tot, also Du bald auch". -- ???--
Ja. Es wäre vor Gericht ein Verkehrsunfall.

Dann gibt es weitere Beispiele die auf die Gedanken von Kant zurückgehen. Daraus machten Psychologen folgendes Gedankenexperiment:
Du stehst am Stellpult einer Weiche. Auf der einen Schiene hinter der Weiche arbeiten fünf Mann. Auf der anderen, nur einer. Da fährt ein leerer Waggon auf die Weiche zu. Du bemerkst: so wie die Weiche gestellt ist, rast der Waggon auf die fünf Mann zu und tötet sie aller Wahrscheinlichkeit nach alle. Stellst du aber die Weiche um, tötet der Waggon nur einen Arbeiter, anstatt fünf.

Was tust du?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#205 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von closs » Fr 29. Apr 2016, 19:20

Pluto hat geschrieben:Trägt er nicht in diesem Fall weiterhin die VERANTWORTUNG für seine Tat?
Diese Last trägt er natürlich IMMER mit sich rum. - Das gilt aber auch, wenn er unschuldig war. - Ein kleines Beispiel:

Ein Bekannter von uns hat mit 50 erfahren, dass er eine seltene hegenetische Muskel-Kankheit hat, die ihn jetzt innerhalb weniger Jahre zu einem Invalide gemacht hat - Frührentner. -Vorher hat er nichts gemerkt. - Nun wurde kurze Zeit später bei seinem Sohn ebenfalls diese Krankheit entdeckt, die bei diesem zu ähnlichen Symptomen geführt hat - ist halt eher ausgebrochen. - Folge: Er musste total umschulen und weiss selbst da nicht, wie lange er damit zurecht kommt.

Diese Krankheit hat er nur wegen dem Vater - und dieser hat darunter eine lebenslange Last zu tragen. - Es ist ja wegen ihm. - Würdest Du diese Last "Verantwortung" nennen? - Deshalb mein vorheriger Satz:
Closs hat geschrieben:Mir geht es also darum, die Frage nach "Was habe ich falsch gemacht?" herauszunehmen, wenn es um Last/Verantwortung(?) geht.

Pluto hat geschrieben:Diese kann nicht wie bei der Schuld, durch Verzeihung oder göttlicher Erlösung getilgt werden.
Doch - durch Erlösung schon.

Pluto hat geschrieben:Du bestehst weiterhin auf die juristische Frage der Schuldfähigkeit.
ICH nicht - ich zitiere die Realität.

Pluto hat geschrieben:Wer ist dabei zu Schaden gekommen?
Nehmen wir Goethe: Er hat in seinen jungen Jahren im Elsass eine junge Frau entjungfert und sie verlassen - sie hat dies ein Leben lang nicht verwunden und hat nie geheiratet.

Pluto hat geschrieben:Stellst du aber die Weiche um, tötet der Waggon nur einen Arbeiter, anstatt fünf.
Genau das ist "Schuld" im christlichen Sinne: Tust Du das eine, bist Du verantwortlich für einen Toten - lässt Du es, bist Du verantwortlich für 5 Tote. - Juristisch wäre der zweite Fall richtig (einfach nichts tun). - Menschlich wäre der erste Fall verständlich. - Christlich gesehen kannst Du machen oder was Du willst: Du bist "schuldig" (was wirklich etwas anderes bedeutet als heute).

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#206 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von Pluto » Fr 29. Apr 2016, 20:14

closs hat geschrieben:Diese Krankheit hat er nur wegen dem Vater - und dieser hat darunter eine lebenslange Last zu tragen. - Es ist ja wegen ihm. - Würdest Du diese Last "Verantwortung" nennen?
Sicher denkt der Vater an seinen Sohn; hat vermutlich auch Sculdgefühle. Aber auf gar keinen Fall trägt der Vater die Verantowrtung! Es war reiner Zufall der Gene. Dafür kann er doch nichts, oder?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Diese kann nicht wie bei der Schuld, durch Verzeihung oder göttlicher Erlösung getilgt werden.
Doch - durch Erlösung schon.
Nienals! Die Schuld mag er ja los werden, ABER die Verantwortung für die Tat bleibt trotz Erlösung bestehen.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wer ist dabei zu Schaden gekommen?
Nehmen wir Goethe: Er hat in seinen jungen Jahren im Elsass eine junge Frau entjungfert und sie verlassen - sie hat dies ein Leben lang nicht verwunden und hat nie geheiratet.
Weil die Frau Schuldgefühle und falschen Scham verspürte. Genau darum sollte man den begriff der Schuld abschaffen!

closs hat geschrieben:Genau das ist "Schuld" im christlichen Sinne: Tust Du das eine, bist Du verantwortlich für einen Toten - lässt Du es, bist Du verantwortlich für 5 Tote. - Juristisch wäre der zweite Fall richtig (einfach nichts tun). - Menschlich wäre der erste Fall verständlich. - Christlich gesehen kannst Du machen oder was Du willst: Du bist "schuldig" (was wirklich etwas anderes bedeutet als heute).
Nein. Das hat mit Schuld nichts zu tun, weil du zufällig neben dem Schaltpult stehst. In echten Tests des Gedankenexperiments, sagen 90% der Menschen, sie würden die Weiche umstellen, einen opfern, um die Fünf zu retten.
Hier geht es nicht um Verantwortung, sondern um Ethik.

Eine Erweiterung des Tests besteht darin, dass an auf einer Brücke steht. Auf dem Geländer sitzt ein Mann. Um die fünf Arbeiter zu retten, muss man den Mann vor dem heranrasenden Waggon herunterstoßen. Hier reagieren die meisten Probanden genau umgekehrt. Nur 10% würden den Mann herunterstoßen.
Schlussfolgerung: Es geht um mittelbare Handlungen (den Mann stoßen) ode um unmittelbare Handlungen (Weiche umstellen).

Noch eine Erweiterung. Du bist Christ, und du kennst die Glaubensrichtung des Mannes auf dem. Würdet du ihn eher herunter stoßen wenn du wüsstest er ist Atheist, oder wenn du wüsstest er ist Christ?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#207 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von closs » Fr 29. Apr 2016, 20:53

Pluto hat geschrieben: Dafür kann er doch nichts, oder?
Natürlich nicht. - Aber genau so ist die sog. "Erbschuld" definiert (es ist halt bescheuert, dass "Schuld" im allgemeinen etwas anderes bedeutet - allerdings sind dafür maßgeblich die Kirchen verantwortlich, die aus der "Schuld" Adams jedem eine Art "Auch Du bist ein Arsch" reindrücken wollten).

Eigentlich ist mit "Erbschuld" gemeint, dass jedem Menschen etwas passieren kann, wo er versagen muss, und die Last tragen muss. - Denn auch beim Gleisbeispiel von DIr wird jeder Betroffene sagen "Weil ich nichts gemacht habe, sind 5 statt 1 umgekommen" oder "Weil ich etwas gemacht habe, habe ich drei Kindern einen Vater genommen". - Das ist eine Last, auch wenn man 100 x rational weiss, dass man "unschuldig" ist.

Pluto hat geschrieben:Aber auf gar keinen Fall trägt der Vater die Verantowrtung!
Also hat Verantwortung bei Dir DOCH etwas mit "etwas bewusst dazu können" zu tun - oder wie jetzt?

Pluto hat geschrieben: ABER die Verantwortung für die Tat bleibt trotz Erlösung bestehen.
Aber nicht für die Zeit NACH der Erlösung. - Dann hast Du vielleicht nicht verstanden, was "Erlösung" ist.

Pluto hat geschrieben:Weil die Frau Schuldgefühle und falschen Scham verspürte.
Nein - weil sie verletzt wurde und diese Wunde nicht mehr heilen konnte. - Das ist etwas ganz anderes.

Pluto hat geschrieben:Würdet du ihn eher herunter stoßen wenn du wüsstest er ist Atheist, oder wenn du wüsstest er ist Christ?
Im Zweifelsfall würde ich einen Christen runterstoßen, weil ich wüsste, dass er weicher fällt. - Aber tatsächlich würde ich vermutlich NICHTS machen. - Am ehesten würde ich mich selber vor den Zug werfen, weil ich dann nicht auf andere abwälze - aber das steht hier nicht zur Disposition.

Aber wahrscheinlich würde ich nichts machen. - Denn es steht mir als Mensch nicht zu, Unausweichliches mit dem Opfer ANDERER zu verhindern. - Dann sind es halt 5.

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#208 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von Pluto » Fr 29. Apr 2016, 22:31

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Dafür kann er doch nichts, oder?
Natürlich nicht. - Aber genau so ist die sog. "Erbschuld" definiert (es ist halt bescheuert, dass "Schuld" im allgemeinen etwas anderes bedeutet - allerdings sind dafür maßgeblich die Kirchen verantwortlich, die aus der "Schuld" Adams jedem eine Art "Auch Du bist ein Arsch" reindrücken wollten).
Ja. Es ist ein inakzeptabler Fall von Machtmissbrauch. Das ist auch der Grund, warum ich den Begriff "Erbschuld" ablehne, den die Kirche den Menschen auferlegen will.

closs hat geschrieben:Eigentlich ist mit "Erbschuld" gemeint, dass jedem Menschen etwas passieren kann, wo er versagen muss, und die Last tragen muss.
Im Fall einer Erbkrankheit sollte man gar nicht von Verantwortung reden denn es war ein Zufall.
Ein rational denkender Mensch vergisst das zwar nicht, aber er plagt sich nicht mit Schuldgefühlen.

closs hat geschrieben:Denn auch beim Gleisbeispiel von DIr wird jeder Betroffene sagen "Weil ich nichts gemacht habe, sind 5 statt 1 umgekommen" oder "Weil ich etwas gemacht habe, habe ich drei Kindern einen Vater genommen". - Das ist eine Last, auch wenn man 100 x rational weiss, dass man "unschuldig" ist.
Das sind glücklicherweise NUR Gedankenexperimente. Es ging darin, die Ethik-Maßstäbe der Probanden zu erfassen.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Aber auf gar keinen Fall trägt der Vater die Verantwortung!
Also hat Verantwortung bei Dir DOCH etwas mit "etwas bewusst dazu können" zu tun - oder wie jetzt?
In diesem Fall war es purer Zufall der Vererbung. Rational gesehen muss der Vater nicht die Verantwortung übernehmen.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: ABER die Verantwortung für die Tat bleibt trotz Erlösung bestehen.
Aber nicht für die Zeit NACH der Erlösung.
Wie soll das gehen? Man vergisst doch nicht was man getan hat, oder?
closs hat geschrieben:Dann hast Du vielleicht nicht verstanden, was "Erlösung" ist.
Stimmt. Erlösung ist für mich lediglich eine christliche Chiffre.
Doch ich vermute eher, du hast vielleicht den Unterschied zwischen Schuld udnd Verantwortung nicht verstanden.

closs hat geschrieben:Aber wahrscheinlich würde ich nichts machen. - Denn es steht mir als Mensch nicht zu, Unausweichliches mit dem Opfer ANDERER zu verhindern. - Dann sind es halt 5.
JA. :thumbup:
Das war in dem Experiment auch die Mehrheitsmeinung.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Samantha

#209 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von Samantha » Fr 29. Apr 2016, 23:02

Pluto hat geschrieben:Es ist ein inakzeptabler Fall von Machtmissbrauch. Das ist auch der Grund, warum ich den Begriff "Erbschuld" ablehne, den die Kirche den Menschen auferlegen will.
Wir erbten den Tod als Schuldausgleich, also passt es doch. Dies wird doch in der Bibel klar, dass wir alle an einer Erbsünde teilhaben. Welchen Sinn macht sonst die Erlösung durch Jesus?

Es sind jedoch deutliche Aussagen über die Verderbtheit der Welt enthalten, die mit der späteren Erbsündenlehre inhaltlich in Einklang gebracht werden können (vgl. Joh 1,9-11 EU; Joh 8,44 EU).
[...]
Die Erbsünde stellt somit ein spezifisch christliches, aus dem Erlösungsbegriff hergeleitetes Dogma dar...
Quelle: Wikipedia

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#210 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von Pluto » Fr 29. Apr 2016, 23:05

Samantha hat geschrieben:Wir erbten den Tod als Schuldausgleich, also passt es doch.
Ich habe das ganz sicher nicht geerbt.

Samantha hat geschrieben:Welchen Sinn macht sonst die Erlösung durch Jesus?
Das ist eine sehr gute Frage.
Ich habe darauf keine Antwort.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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