Alles Teufelszeug? II

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Münek
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#861 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Münek » Sa 2. Apr 2016, 01:08

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Auch für Dich muss die Existenz des biblischen Gottes PLAUSIBEL sein; sonst würdest Du an dessen "Sein" nicht glauben.
Genau so ist es. - Aber Du merkst doch, dass wir unterschiedliche Plausibilitäts-Maßstäbe haben?
DEIN Glaubenskonstrukt mag für Dich plausibel sein. Plausibel bedeutet aber: für jedermann einleuchtend, begreiflich, verständlich. Und genau daran scheint es an Deinen "Begründungen" massiv zu hapern.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:D.h. an dem Plausibilitäts-Kriterium kommst Du nicht vorbei. Das gilt selbstverständlich auch für Dein spezifisches "geistiges Wahrnehmungs-System".
Genau so ist es - aber es ist nicht jedem bewusst.
Hä? Nicht jedem bewusst? :shock: Es sollte gerade DIR bewusst sein, dass Du Dich mit Deinen selbstgestrickten Glaubensvorstellungen unter kritischer Beobachtung am Plausibilitäts-Kriterium nicht vorbeimogeln kannst. :)

Da helfen auch keine verbalen Herumeiereien. Diese sind leicht durchschaubar, mein lieber Kurt. ;)

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Münek
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#862 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Münek » Sa 2. Apr 2016, 02:08

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Dass die Auferstehung Jesu PLAUSIBEL sein soll, konnte hier im Forum bislang auch nicht annähernd plausibel gemacht werden.
Das kann auch am Forum liegen. - Wenn man die diesbezüglichen hiesigen spirituellen Plausibilitäts-Erklärungs-Versuche einem buddhistischen (gebildeten) Mönch oder einem Rabbi oderoder vorstellen würde, würde er sofort verstehen - auch wenn er anderer Meinung ist.

Auch Schachspieler, Bergsteiger, Esoteriker, Mütter, Halbstarke etc. würden sich auf Anhieb "verstehen".

Aber was hat diese Selbstverständlichkeit des "Gleichklangs der
Seelen" mit der Auferstehung Jesu vor 2000 Jahren zu tun?

Nichts.

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Münek
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#863 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Münek » Sa 2. Apr 2016, 02:43

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben: Plausibilität ist kein system-interner Maßstab einer Weltanschauung, sondern ein Zeichen von Rationalität ,und Rationalität ist eine Eigenschaft des Menschen selbst (auch Irrationaltiät ist eine Eigenschaft des Menschen).
Da irrst Du Dich wahrscheinlich. Denn aus christlicher Sicht ist die Auferstehung Jesu plausibel - aus natur-wissenschaftlicher Sicht ist sie unplausibel. - Der Wissenschaftler wird daraus folgern, dass die christliche Sicht irrational sei. - Die christliche Sicht würde sagen, dass ihre Sicht rational im Sinne Gottes sei, als über der menschlichen Rationalität steht.

Woher will die "christliche Sicht" wissen, was rational im "Sinne Gottes" ist? Was Gott im Sinn hätte, wenn es ihn
gäbe, kann niemand wissen! Auch der tiefgläubigste Gottesanhänger würde sich da "geistig" die Zähne ausbeißen.


Dass im Übrigen die "Auferstehung Jesu" aus der Sicht eines Christen plausibel sein soll,
scheitert schon allein an der Unplausibilität dieses frommen Wunsches...

Natürlich steht es jedermann frei, (an) das zu glauben, (an) das er gern glauben möchte.

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#864 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von sven23 » Sa 2. Apr 2016, 06:14

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Welche "System-Prämisse" benötigt denn ein IS-Terrorist, um einer Geisel den Kopf abzureissen?
Du unterstellst, der normale und unnormale Mensch würde sein Handeln philosophisch reflektieren? Mit dieser Erkenntnis bis Du mir voraus. :lol:

Aber wenn man Dein Spiel mitspielen wollte, würde man reflektierend darauf kommen können, dass er es tut, weil er meint, es sei richtig. - Dies kann er dann für richtig halten, wenn er eine Weltanschauung hat, deren Prämissen/Axiome/Dogmen dies schlüssig erscheinen lassen können.

Dieses Muster ist aber nun wirklich arg normal: Es trifft genauso auf einen Terroristen zu wie auf einen Buchhalter.
Es trifft sogar auf einen Wissenschaftler zu. Dieser kann auch ganz pragmatisch und ohne "System-Prämissen" Atome spalten. Sogar völlig unabhängig von Weltanschauungen. Das heißt ja nicht, dass die Philosophie menschliches Handeln nicht reflektieren darf, und das tut sie doch auch.
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#865 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von sven23 » Sa 2. Apr 2016, 06:40

Thaddäus hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Und natürlich sind Prämissen in der Regel falsifizierbar.
Wie würdest Du dann den naturalistischen Satz qualifizieren: "Realität ist immer falsifizierbar - deshalb ist nichts Realität, was nicht falsifizierbar ist". ----???--- Ein hier schon mehrfach gehörter Satz.
Wie ich diese Aussage qualifiziere? Sie ist Unsinn und kann so nur vorgetragen werden von jemand, der von Erkenntnistheorie keinen Schimmer hat. Denn "Realität" kann nicht falsifiziert werden. Nur Aussagen über etwas können falsifiziert werden. Wir "haben" nicht Realität, sondern wir haben Wissen über Realität in Form von wahren Überzeugungen (falsche Überzeugungen sind kein Wissen, sondern einfach nur falsche Überzeugungen). Dieser Unterschied muss unbedingt beachtet werden. Popper hat hierauf sogar besonders hingewiesen: Falsifizierbarkeit ist keine Eigenschaft der Dinge oder der Realität. Sie ist eine wissenschaftstheoretische Forderung, um empirische Aussagen von nicht-empirischen Aussagen zu unterscheiden.
.
Bei closs muss man vorsichtig sein, weil er oft Dinge behauptet, die er in den seltensten Fällen belegen kann. Ich kann mir nicht vorstellen, dass hier jemand so eine platte Aussage gemacht hat.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#866 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Sa 2. Apr 2016, 08:54

Münek hat geschrieben: Plausibel bedeutet aber: für jedermann einleuchtend, begreiflich, verständlich.
Nein - ganz bestimmt nicht für jedermann. - Was wäre dann plausibel?

"Plausibel" ist aus meiner Sicht, dass eine Darstellung unter argumentativen Gesichtspunkten eingängig und nachvollziehbar ist - deshalb muss man ja nicht zustimmen. - Die AfD ist bspw. für mich insofern plausibel, dass die Hintergründe ihres Entstehens sehr gut nachvollziehbar sind: Das Die Gründe für das Entstehen der AfD sind somit plausibel - damit bin ich noch lange nicht AfD-Fan.

Münek hat geschrieben:Es sollte gerade DIR bewusst sein, dass Du Dich mit Deinen selbstgestrickten Glaubensvorstellungen unter kritischer Beobachtung am Plausibilitäts-Kriterium nicht vorbeimogeln kannst.
Selbst dieser Dein Satz ist plausibel :lol: : Du verstehst unter "kritisch" die Anwendung eines agnostisch-aufgeklärten Weltbildes und meinst in Übernahme dessen Selbstverständisses, dass dieses das Maß sei, was "plausibel" zu sein habe und was nicht.

Inhaltlich erfüllt dieses Verständnis NICHT meinen Anforderungen an Plausibilität, weltanschauungs-übergeordnet argumentativ eingängig und nachvollziehbar zu sein.

Münek hat geschrieben:Aber was hat diese Selbstverständlichkeit des "Gleichklangs der Seelen" mit der Auferstehung Jesu vor 2000 Jahren zu tun?
Nichts - das war Deine Idee. - Inhaltlich plausibel ist die Auferstehung Jesu unter gewissen intelektuell nachvollziehbaren und logisch widerspruchsfreien theologischen Argumenten.

Münek hat geschrieben:Woher will die "christliche Sicht" wissen, was rational im "Sinne Gottes" ist?
Beansprucht keiner. - Es geht nicht ums "Was", sondern ums "dass".

Münek hat geschrieben: Dass im Übrigen die "Auferstehung Jesu" aus der Sicht eines Christen plausibel sein soll, scheitert schon allein an der Unplausibilität dieses frommen Wunsches...
Siehe oben: Du leitest "plausibel" aus Deinem EINEN Weltbild ab. - Das ist plausibel, aber nicht gutzuheißen.

sven23 hat geschrieben:Dieser kann auch ganz pragmatisch und ohne "System-Prämissen" Atome spalten.
Wie Du sagst: Im Pragmatischen geht das, eben weil "pragmatisch" bedeutet, dass man gerade NICHT philosophisch reflektiert. - Wenn ich eine Wurst esse, reflektiere ich auch nicht auf Meta-Ebene.

sven23 hat geschrieben:Ich kann mir nicht vorstellen, dass hier jemand so eine platte Aussage gemacht hat.
Das wurde oft gesagt: Wenn etwas nicht prinzipiell falsifizierbar sei, also nicht methodisch mit dem Kritischen Rationalismus untersucht werden könne, könne es nicht real sein.

sven23 hat geschrieben:Bei closs muss man vorsichtig sein, weil er oft Dinge behauptet, die er in den seltensten Fällen belegen kann.
Zumindest immer seltener, weil es auch nichts nutzt, wenn man es belegt. - Denn im Ernstfall wird man sich bei weltanschaulich un-genehmen Äußerungen eines Zitierten eben diesen vornehmen, um dann wahlweise zum Ergebnis zu kommen, dass er wohl einen schlechten Tag gehabt habe oder die Zuordnung dieses Zitat nicht sicher sei oderoder.

Also Nebenkriegsschauplätze. - Hauptkriegsschauplatz aber sollte der Inhalt sein - selber nachdenken, statt sich hinter Testimonials zu verstecken. Denn Testimonials sind Leuchttürme einer spezifischen Weltanschauung, die nur für ihre Weltanschauung Testimonials sein können. - Wenn also bspw. Thomas Metzinger meint, dass die Auferstehung Jesu eine Illusion sein muss, weil sie naturwissenschaftlich nicht abgedeckt sei, ist das keine absolute Aussage, sonder Aussage im Rahmen eines Weltbildes.

Ich zitiere auch - und zwar dann, wenn jemand, bei dem ich meine Erkenntnisse wiederfinde, etwas besonders gut gesagt hat - natürlich auch mit dem Hintergedanken, dass es eine Tradition dessen ist, was ich meine - insofern ist es schon pro domo. - Aber letztlich geht es trotzdem um Inhalte an sich.

Es ist zu beklagen, dass gelegentlich der Eindruck entsteht, als seien Zitate von Testimonials Ersatz für ein eigenes organischen Bild, das durch eigenes Nachdenken entstanden ist. Diesem Eindruck möchte ich begegnen. - Und ´noch was: Man muss auch zwischen methodischen und inhaltlichen Zitaten unterscheiden - nur nebenbei.

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#867 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von SilverBullet » Sa 2. Apr 2016, 10:15

Ich verstehe „Plausibilität“ als eine Art „oberflächliche Zusammenhangsanalyse“, sozusagen als die Frage „kann man auf die Schnelle, Unstimmigkeiten erkennen, ohne sich aufwendig mit den Details zu befassen“.

Wenn ich es richtig sehe, gibt es bei der Steuererklärung einen Plausibilitätstest, also eine Untersuchung, ob die Daten jeweils innerhalb eines Angabebogens stimmen und vollständig sind. Die Daten werden dabei aber nicht auf eine Komplett-Stimmigkeit (vielleicht sogar über mehrere Jahre hinweg) überprüft.

„Plausibilität“ sehe ich als eine beliebig detailliert abstimmbare Einschätzung, bei der es (wenn es um Menschen geht) auf Erfahrungswerte ankommt. Man kann also unterschiedliche Bedeutungszusammenhänge unterschiedlich gewichten.

Wenn jemand etwas behauptet und keine Motivation zur Erfüllung einer suggestiven Fragestellung vorliegt, dann kann man davon ausgehen, dass dieser Mensch seine Behauptung für plausibel hält.
Natürlich sind die Grenzen sehr fliessend, denn ein Verbrecher wird auch bei einem nicht suggestiv geführten Verhör so antworten, wie er denkt, dass seine Angaben für die Anderen (vor allem das Gericht) möglichst plausibel klingen.

Im Bereich „Religion“ gibt es meiner Meinung nach den Effekt, dass Anhänger Zusammenhänge auf Grund ihres persönlichen Zuganges (Wünsche, Bedürfnisse, Abhängigkeiten usw.) für plausibel halten, weil sie es für plausibel halten wollen.
Diese Leute haben keine Erfahrungswerte, rund um die Bedeutungszusammenhänge und können somit eigentlich keine Plausibilität untersuchen. Das Ergebnis ist ihnen aber innerhalb ihres „Weltbildes“ vorgegeben und so folgen sie, „anständig“ wie sie nun mal sind, den Vorgaben.
=> Das Weltbild legt die Plausibilitätsreaktion (und auch das „für Wirklichkeit halten“) fest.

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#868 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Münek » Sa 2. Apr 2016, 11:34

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Plausibel bedeutet aber: für jedermann einleuchtend, begreiflich, verständlich.
Nein - ganz bestimmt nicht für jedermann. - Was wäre dann plausibel? "Plausibel" ist aus meiner Sicht, dass eine Darstellung unter argumentativen Gesichtspunkten eingängig und nachvollziehbar ist -

Nichts anderes habe ich gesagt.

Aber was soll daran eingängig und nachvollziehbar sein, dass ein Gott seinen Sohn blutig opfern musste, um sich mit den Menschen als seinen sündigen Geschöpfen versöhnen zu können? Mittlerweile dürfte sich herumgesprochen haben, dass der Mensch nicht von einem omnipotenten Geistwesen aus einem Erdenkloß geformt wurde, sondern ein Produkt der Evolution
ist - eines sich über zig Millionen Jahren hinziehenden Entwicklungsprozesses. Der Mensch war ja nicht immer Mensch.

Von Plausibilität kann deshalb keine Rede sein.

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#869 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von NIS » Sa 2. Apr 2016, 12:13

Münek hat geschrieben:Mittlerweile dürfte sich herumgesprochen haben, dass der Mensch nicht von einem omnipotenten Geistwesen aus einem Erdenkloß geformt wurde, sondern ein Produkt der Evolution
ist - eines sich über zig Millionen Jahren hinziehenden Entwicklungsprozesses. Der Mensch war ja nicht immer Mensch.

Von Plausibilität kann deshalb keine Rede sein.
Ist Gott nur Kausal? :lol:
Wir kommen langsam aus einer Traumwelt in die Realität!
Vor 6000 Jahren haben wir noch im Paradies geträumt, heute wissen wir vom Alter des Universums.
Dir Wirklichkeit passt sich dem Wissen an und nicht umgekehrt!
Erst glaubten wir, dann erkannten wir, heute wissen wir.
Was war zuerst da, das Naturgesetz oder die Erkenntnis von einem Naturgesetz?
Der Heilige Geist (Hauke)

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#870 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Thaddäus » Sa 2. Apr 2016, 12:33

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Das Plausibilitätskriterium gilt für alle Weltanschauungen.
Merkst Du wirklich nicht, dass die Bewertung, was plausibel ist und was nicht, eines Wahrnehmungs-Maßstabs bedarf, der in einem Wahrnehmungs-System/einer Methodik definiert ist?
Ich selbst habe oben Plausibilität mit Rationalität in Verbindung gebracht, was einerseits richtig ist, denn Rationalität spielt für die Einsicht in die Plausibilität eines Zusammenhangs eine Rolle, andererseits aber in die Irre führt, weil Rationalität und Plausibilität nicht bedeutungsgleich sind.
So ist es innerhalb der Glaubens- und Weltanschauungslogik von IS-Terroristen durchaus zweck-rational, sich auf öffentlichen Plätzen in die Luft zu sprengen, um so möglichst viele Menschen zu töten, denn das ist der Zweck; und es ist innerhalb der Glaubens-Logik eines mittelalterlichen Katholizismus zweckrational, Inquisition zu betreiben und Hexen zu verbrennen, denn der Zweck ist es, unheilvolle, dämonische Kräfte zu bekämpfen.
Beides ist aber nicht plausibel und hat mit Plausibilität eigentlich gar nichts zu tun.

Plausibilität ist wiederum ausschließlich auf Aussagen bzw. Hypothesen (Theorien) bezogen. Nur Aussagen können plausibel sein. Die Plausibilität einer Aussage hängt dabei unmittelbar von ihrerInference to Best Explanation ab, also dem Schluss auf die beste Erklärung. Eine Aussage oder mehrere zusammenhängende Aussagen sind dann plausibel, wenn sie die beste (= einleuchtendste, wahrscheinlichste, überzeugendste, nachvollziehbarste, begreiflichste) Erklärung für etwas anbieten.

Die Aussage: "Jesus Christus ist leiblich von den Toten auferstanden" (weil Gott ihn hat von den Toten auferstehen lassen) ist NICHT plausibel, und vor allem will sie als Glaubensaussage auch gar nicht plausibel sein!
Nach allem, was wir über das Sterben von Menschen und ihr Totsein wissen, auferstehen Tote körperlich nicht wieder und leben dann weiter, sondern sie bleiben tot und der Körper des Verstorbenen zerfällt. Das muss man auch nicht erst groß beweisen, denn es ist ein fact in the world. Deshalb ist diese Glaubens-Aussage nicht plausibel. Jeder Gläubige weiß auch, dass diese Glaubens-Aussage nicht plausibel ist, - und genau darum wird sie zum Bekenntnis zu einem Wunder. Das Bekenntnis zum Wunder der Auferstehung Christi wird gerade dadurch zum Bekenntnis zu eben einem Wunder, weil dieses Glaubensbekenntnis NICHT plausibel ist. Wäre dieses Glaubensbekenntnis plausibel, müsste man sich nicht zu dieser kontrafaktischen Glaubens-Aussage bekennen. Man glaubt also daran, OBWOHL die Aussage nicht plausibel ist.
Sie wird auch nicht plausibiler durch die weitere Erklärung, dass Gott dieses Wunder bewirkt hat, denn Menschen sterben nach wie vor und sie bleiben auch tot, wenn sie gestorben sind, ob man annimmt, es gibt einen Gott oder ob man es nicht annimmt. Wir beobachten keine leiblichen Auferstehungen, womit diese Glaubens-Behauptung unbestätigt und damit unwahrscheinlich bleibt.
In der liberalen ev. Theologie hat man versucht, die leibliche Auferstehung Christi besser zu erklären, indem man annahm, dass Jesus vermutlich nur scheintot war. Diese Erklärung ist plausibler als eine Wundererklärung, aber gerade eine solche Erklärung ist für den christlichen Glauben völlig unbefriedigend, denn es soll ja gerade ein Wunder sein!

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Wie ich diese Aussage qualifiziere? Sie ist Unsinn und kann so nur vorgetragen werden von jemand, der von Erkenntnistheorie keinen Schimmer hat.
Dann gibt das mal weiter an Deine Forums-Kollegen.
Es ist nicht schlimm, wenn jemand keine Ahnung von Erkenntnistheorie hat. Außer ein paar Philosophiespezialisten und Nerds haben die Wenigsten davon Ahnung und es fehlt ihnen nichts. Wenn man sich allerdings auf dieses philosophische Feld begibt, muss man sich an fachphilosophischen Kriterien messen lassen und Rede und Antwort stehen und unter Umständen zugestehen, dass man sich philosophisch zu undifferenziert ausgedrückt hat.

closs hat geschrieben:Hier würde ich sagen: "gilt dann innerhalb eines mehodischen Systems als wahr, wenn ...". - Also keine ontologische alias absolut gültige Aussage ("wahr" wird so verstanden), sondern eine wahre Aussage im Sinne der Methodik, der sie entspringt.
Nein, denn dann hinge die Wahrheit einer Aussage allein von der Weltanschauung oder Methode ab und dann gibt es keine Wahrheit. Deshalb schrieb ich an anderer Stelle, du verträtest einen postmodernen oder radikalkonstruktivistischen Beliebigkeitsansatz, nach dem praktisch jede Ansicht gleich-wertig und gleich-wahr ist. Die Wahrheit einer Aussage wird zwar (auch) durch den theoretischen Rahmen bestimmt, innerhalb dem die Aussage getroffen wird, aber dieser theoretische Rahmen ist selbst wiederum nicht beliebig wählbar, wenn er plausibel sein soll.

Das euklidische Parallenaxiom stellt fest, dass sich zwei parallel laufende Geraden auch im Unendlichen nicht berühren. In der riemannschen Differenzialgeometrie (die Einstein für seine Feldgleichungen benutzte), gilt dieses Axiom nicht mehr. Sowohl der Rahmen der euklidischen Geometrie, als auch der Rahmen der riemannschen Geometrie sind aber in sich konsistent und schlüssig.

closs hat geschrieben:Poppers Aussage ist super. - Daraus folgt die Frage: Wie stehen methodische Wahrheit und Realität zueinander? - Ist man sich im allgemeinen bewusst, dass wahre Aussagen im Sinne einer wissenschaftlichen Untersuchung nicht notwendigerweise mit Realität übereinstimmen MÜSSEN?
Das kommt auf den Inhalt der aussage bzw. der Behauptung an. Wenn sich eine Aussage auf "die Realität" bezieht und sie ist wahr, dann macht sie logischerweise eine wahre Aussage über die Realität (sonst wäre sie ja falsch).

closs hat geschrieben:Versteht man "Empirie" im ursprünglichen Sinne des Wortes als "Erfahrungswissen" (ohne weiteren methodischen Ballast), ist das Verhältnis zwischen Mensch und Gott selbstverständlich empirisch.
Ja, das mag schon sein. Wenn ein gläubiger Mensch betet und Gott antwortet ihm, dann gibt es zwei Möglichkeiten: entweder bildet sich der Betende nur ein, dass Gott ihm antwortet, oder es ist tatsächlich ein Gott, der ihm antwortet. Da es aber keinerlei Möglichkeit gibt, diese Frage empirisch zu klären und also auch nicht zu verifizieren oder falsifizieren, ob dies oder jenes der Fall ist, ist es keine empirisch zu beantwortende Frage, welche der Möglichkeiten zutrifft.

closs hat geschrieben: Welche Wortempfehlung würdest Du einem Christen geben, der diese Erfahrungswerte mit Gott hat?
Das kommt darauf an, wie er "Gott" definiert. Definiert er Gott als die menschliche Idee, dass es "etwas Höheres" als den Menschen gibt, dann spricht er vermutlich nicht mit Gott, sondern transzendiert sich selbst in einen übergeordneten Sinnzusammenhang. Definiert er Gott hypostasierend als eine transzendente, von ihm unabhängige und quasi-verdinglichte Wesenheit, dann kann er immer nur davon sprechen zu glauben, dass er tatsächlich Erfahrungen mit dieser hypostasierten Wesenheit macht.

closs hat geschrieben: Würdest Du Jesu Auferstehung deshalb ausschließen, weil bisher nicht falsifiziert ist, dass alle Menschen sterblich sind?
Nein, ich schließe Jesu leibliche Auferstehung aus, weil die Vorstellung einer leiblichen Auferstehung mythisch ist und dem entsprechend den Fokus auf das Mirakel legt, wie es wohl möglich sein kann, dass ein toter Körper wieder leben kann. Dahinter steckt die Vostellung, dass Gott nur Gott ist, wenn er Naturgesetze brechen kann. Ich halte das für eine lächerliche Gottesvorstellung, wenn man nicht mehr in einem mythischen Weltbild lebt.

closs hat geschrieben: In eigener Sache:
Danke für Deine Korrekturen, wenn ich Begriffe schlampig verwende (habe seit 30 Jahren nicht mehr wissenschaftlich gearbeitet). - Trotzdem meine Bitte: Lass Dir dadurch nicht Deinen Blick für die Inhalte dahinter wegnehmen - da bin ich eher NICHT schlampig. ;)
Philosophie besteht zu vermutlich über 50% darin, Begrifflichkeiten zu differenzieren und sauber auseinander zu halten. Tut man das nicht, weiß keiner so recht, worüber eigentlich genau gesprochen wird. Den Blick auf die Inhalte hinter dem, was du formulierst, kann ich nur bekommen, wenn ich weiß, was du eigentlich genau meinst. Das ist aber nicht möglich, wenn du manchmal Privatdefinitionen einführst ("geistig", statt "geistlich") oder du unklar formulierst. So verwendest du den Begriff "Falsifikation" inflationär für alles Mögliche, aber dadurch wird manches falsch oder eben unklar, was möglicherweise ein berechtigter Gedanke oder Einwand von dir ist.
Zuletzt geändert von Thaddäus am Sa 2. Apr 2016, 15:30, insgesamt 4-mal geändert.

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