Da könnten wir uns sogar einig sein - aber genau das wird hier hartnäckig negiert.Queequeg hat geschrieben:Denn lebt (im doppelten Wortsinn) die Wissenschaft nicht, irgendwie, von Schismen?
Alles Teufelszeug? II
#641 Re: Alles Teufelszeug? II
#642 Re: Alles Teufelszeug? II
Die Naherwartung ist den Glaubensdogmatikern doch nur deshalb ein Dorn im Auge, weil sie sich als falsch herausgestellt hat. Die historisch-kritische Methode bringt aber dieses Ergebnis ans Licht.closs hat geschrieben:Im Segment "Wie ist die fleischliche Vita Jesu zu sehen?" hat die KE in der Tat nichts zu suchen. - Aber sehr wohl dann, wenn mit Berufung auf dieses kleine Segment Aussagen theologisch-spiritueller Natur abgeleitet werden - es geht hier um die Überdehnung von Biografistischem ins Theologische (etwa "Jesus hatte selbst eine 'äußere' Naherwartung")..sven23 hat geschrieben: Denn du begreifst immer noch nicht, warum die kanonische Exegese in der Leben-Jesu-Forschung nichts zu suchen hat.
„Als Jesus den gegenwärtigen Beginn der Gottesherrschaft verkündigte, rechnete er mit deren Kommen während seines Lebens.“
Gerd Theißen
Wo sind jetzt die belastbaren, mit historisch-kritischer Methode, ermittelten Ergebnisse, die das Gegenteil bezeugen sollen?
Dass dies mit kanonischer Exegese ein Kinderspiel ist, ist auch klar, darüber brauchen wir nicht zu reden.
Vor allem mit unterschiedlichen Aufgaben.closs hat geschrieben:Beide arbeiten nach wissenschaftlichen Kriterien - aber mit einem unterschiedlichen Ansatz.sven23 hat geschrieben:eine, die nach wissenschafltlichen Kriterien arbeitet und eine, die nach glaubensdogmatischen Maximen vorgeht.
Nein, wird es nicht geben. Ganz einfach deshalb, weil derjenige, der nicht nach wissenschaftlichen Kriterien arbeitet, sich automatisch selber raus kegelt.closs hat geschrieben:Dann wird es ein Wissenschafts-Schisma geben.sven23 hat geschrieben:Nein, beides zusammen geht nicht.
Natürlich ist es dasselbe Lager. Beide firmieren unter dem Dach der Theologie, auch wenn die Forschung mehr als Alibi benötigt wird, um den Fuß in den Türen der Universitäten zu behalten.closs hat geschrieben:Das ist kein eigenes Lager - es ist oft eher ein trojanisches Pferd.sven23 hat geschrieben:Die stärksten Argumente kommen aus dem eigenen Lager.
Ich bezweifle nicht, dass es viele Gläubige unter den Theologen gibt. - Aber der Glaube hat sich verändert - irgendein Softie-Ding unter dem Primat der menschlichen Vernunft - insofern NICHT dasselbe Lager.
Ja, wo sind nur die guten alten, voraufklärerischen Zeiten hin, als die Kirche noch ihren alleinigen Wahrheitsanspruch durchsetzen konnte?closs hat geschrieben:Massenhaft hat er entgegenzusetzen - aber seine Art von Substanz wird oft nicht mehr verstanden..sven23 hat geschrieben:Substantiell hat er nichts entgegenzusetzen

Sie macht dann weiter und setzt ggf. die Ergbnisse der Forschung außer Kraft und definiert Übergriffigkeit als alles, was der Glaubensdogmatik nicht paßt. Das ist zum Glück nur die closssche Vorstellung von Wissenschaft.closs hat geschrieben:Gar nicht. - Die HKM soll soweit gehen, wie es ihre Voraussetzungen erlauben - die kanonische Exegese macht dann weiter. - Es geht immer wieder um das Problem der Übergriffigkeit..sven23 hat geschrieben:Man möchte also, dass die historisch-kritische Methode die Ergebnisse der kanonischen Exegese hervorbringt.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell
George Orwell
#643 Re: Alles Teufelszeug? II
Jesu Naherwartung kann sich allein schon deshalb nicht als falsch herausstellen, wenn es sie nicht gab. - Die Rezeptions-Erwartung hat sich als falsch heruasgestellt. - Das dieser Unterschied wissenschaftlich nicht kapiert wird, überrascht mich immer wieder.sven23 hat geschrieben:Die Naherwartung ist den Glaubensdogmatikern doch nur deshalb ein Dorn im Auge, weil sie sich als falsch herausgestellt hat.
Die HK-mäßig ermittelten Ergebnisse sind kurzsichtig und nicht hinreichend - siehe oben. - Argumente dagegen, die sich alle auf die Bibel berufen ("Das Reich Gottes ist in Euch"/"Sie verstanden ihn nicht"/"Ich aber sage Euch"), gibt es zuhauf.sven23 hat geschrieben:Wo sind jetzt die belastbaren, mit historisch-kritischer Methode, ermittelten Ergebnisse, die das Gegenteil bezeugen sollen?
OK - dann muss man aber die zu beantwortenden Fragen dementsprechend anpassen und darf nicht im Terrain des anderen Aufgaben-bereichs wildern.sven23 hat geschrieben:Vor allem mit unterschiedlichen Aufgaben.
Aber da werden nicht die systematischen Theologen sein, weil sie ebenfalls nach wissenschaftlichen Kriterien arbeiten. - Also doch Schisma - oder eine Lösung. - Wart ab.sven23 hat geschrieben:Ganz einfach deshalb, weil derjenige, der nicht nach wissenschaftlichen Kriterien arbeitet, sich automatisch selber raus kegelt.
Das ist überhaupt kein Argument, höchstens eine Bestätigung meiner Auffassung.sven23 hat geschrieben:Beide firmieren unter dem Dach der Theologie
Wenn "Aufklärung" entgegen der ursprünglichen Absicht zum selbst-maßstäblichen Anthropozentrismus wird, kann es in der Tat so weit kommen, dass man sich nach den Zeiten der erstens Aufklärungs-Jahrhunderte sehnt. - Möglicherweise war man damals bewusstseins-mäßig weiter als heute.sven23 hat geschrieben:wo sind nur die guten alten, voraufklärerischen Zeiten hin,
Nein - wenn sich die HKM-Forschung auf Beobachten, Beschreiben und weltanschaulich neutral Interpretieren beschränkt, wird dies nicht geschehen.sven23 hat geschrieben:Sie macht dann weiter und setzt ggf. die Ergbnisse der Forschung außer Kraft
#644 Re: Alles Teufelszeug? II
du meinst doch sicher: weil es sie nicht gab.closs hat geschrieben:Jesu Naherwartung kann sich allein schon deshalb nicht als falsch herausstellen, wenn es sie nicht gab. - Die Rezeptions-Erwartung hat sich als falsch heruasgestellt. - Das dieser Unterschied wissenschaftlich nicht kapiert wird, überrascht mich immer wieder.sven23 hat geschrieben:Die Naherwartung ist den Glaubensdogmatikern doch nur deshalb ein Dorn im Auge, weil sie sich als falsch herausgestellt hat.
Es war eben nicht nur Rezeptionserwartung, das hat die Forschung ganz klar herausgearbeitet. Das gilt sogar dann, wenn Jesus eine erfundene, mythologische Gestalt gewesen wäre, weil die Quellenlage nun mal so ist, wie sie ist.
Das ist zu allgemein und reicht nicht für eine Begründung in einem konkreten Thema.closs hat geschrieben:Die HK-mäßig ermittelten Ergebnisse sind kurzsichtig und nicht hinreichend - siehe oben. - Argumente dagegen, die sich alle auf die Bibel berufen ("Das Reich Gottes ist in Euch"/"Sie verstanden ihn nicht"/"Ich aber sage Euch"), gibt es zuhauf.sven23 hat geschrieben:Wo sind jetzt die belastbaren, mit historisch-kritischer Methode, ermittelten Ergebnisse, die das Gegenteil bezeugen sollen?
Das sagte ich doch schon. Die einen arbeiten in der Forschung, die anderen für die Glaubensogmatik.closs hat geschrieben:OK - dann muss man aber die zu beantwortenden Fragen dementsprechend anpassen und darf nicht im Terrain des anderen Aufgaben-bereichs wildern.sven23 hat geschrieben:Vor allem mit unterschiedlichen Aufgaben.
Tut sie doch, sie beschreibt die Glaubenswelt des galiläischen Wanderpredigers anhand der Textquellen. Und danach hatte er eine Naherwartung. Daran können auch Ratzingers, Bergers und clossens nichts ändern. Nehmt es einfach hin.closs hat geschrieben:Nein - wenn sich die HKM-Forschung auf Beobachten, Beschreiben und weltanschaulich neutral Interpretieren beschränkt, wird dies nicht geschehen.sven23 hat geschrieben:Sie macht dann weiter und setzt ggf. die Ergbnisse der Forschung außer Kraft

Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell
George Orwell
#645 Re: Alles Teufelszeug? II
Das kann ich nicht wissen, deshalb "wenn" - aus meiner Sicht ist das "weil" jedoch wahrscheinlich nahe 1.sven23 hat geschrieben:du meinst doch sicher: weil es sie nicht gab.
Das gilt nur in der Methodik der Analogie-Bildung, aber nicht unbedingt in der Wirklichkeit. - Du machst wieder einmal den Fehler, dass Du die Folgerichtigkeit einer Methodik mit Wirklichkeit gleichsetzt.sven23 hat geschrieben: Das gilt sogar dann, wenn Jesus eine erfundene, mythologische Gestalt gewesen wäre, weil die Quellenlage nun mal so ist, wie sie ist.
Mir ist bewusst, dass dies für einen Methodiker genauso Häresie ist wie die Anzweiflung eines Dogmas für einen Katholiken. - Beide sind sich sehr ähnlich.
Dafür ist die Wissenschaft da - und da gibt es ganz bestimmt wissenschaftliche Ausarbeitungen dazu - habe auch schon welche gelesen, habe sie aber nicht präsent.sven23 hat geschrieben:Das ist zu allgemein und reicht nicht für eine Begründung in einem konkreten Thema.
Deine Aufteilung ist ein innermethodisches Hobby - mehr nicht. - Selbstverständlich versteht sich ein systematischer Theologe genauso als wissenschaftlicher Forscher.sven23 hat geschrieben:Die einen arbeiten in der Forschung, die anderen für die Glaubensogmatik.
Natürlich wird dies hingenommen - deshalb mein Hinweis auf die Gefahr eines wissenschaftlichen Schismas. - Denn ein Dauerzustand kann das nicht sein.sven23 hat geschrieben: Nehmt es einfach hin.
#646 Re: Alles Teufelszeug? II
Doch, gerade in der "Wirklichkeit" gilt die Analogie-Bildung, da hat Bultmann schon recht.closs hat geschrieben:Das gilt nur in der Methodik der Analogie-Bildung, aber nicht unbedingt in der Wirklichkeit.sven23 hat geschrieben: Das gilt sogar dann, wenn Jesus eine erfundene, mythologische Gestalt gewesen wäre, weil die Quellenlage nun mal so ist, wie sie ist.
Schon klar.closs hat geschrieben:Dafür ist die Wissenschaft da - und da gibt es ganz bestimmt wissenschaftliche Ausarbeitungen dazu - habe auch schon welche gelesen, habe sie aber nicht präsent.sven23 hat geschrieben:Das ist zu allgemein und reicht nicht für eine Begründung in einem konkreten Thema.

Aber nicht in der Leben-Jesu-Forschung, das muß man schon auseinander halten.closs hat geschrieben:Deine Aufteilung ist ein innermethodisches Hobby - mehr nicht. - Selbstverständlich versteht sich ein systematischer Theologe genauso als wissenschaftlicher Forscher.sven23 hat geschrieben:Die einen arbeiten in der Forschung, die anderen für die Glaubensogmatik.
Für Schismen gibt es die Religionen, die dafür von ihrer unklaren Grundkonstruktion prädestiniert sind. In der Wissenschaft besteht die Gefahr nicht.closs hat geschrieben:Natürlich wird dies hingenommen - deshalb mein Hinweis auf die Gefahr eines wissenschaftlichen Schismas. - Denn ein Dauerzustand kann das nicht sein.sven23 hat geschrieben: Nehmt es einfach hin.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell
George Orwell
#647 Re: Alles Teufelszeug? II
Was soll eine Bultmann-HKM sein? So etwas gibt es nicht.closs hat geschrieben: ... aber sie (Thaddäus) irrt hier in einigen entscheidenen Punkten. - Sie analysiert, wie die kanonische Exegese aus dem Selbstverständnis einer Bultmann-HKM zu verstehen ist. - Aber das ist nicht verbindlich, sondern eine Pro-Domo-Analyse.
Es gibt nur eine historisch-kritische Methode und die wird von allen Theologen, evangelischen wie katholischen, in exakt derselben Weise angewendet. Lediglich bei der Interpretationen mancher Ergebnisse gehen die Meinungen auseinander, die Methode ist jedoch immer dieselbe.
Bultmann hat die HKM auch nicht etwa erfunden, sondern sie methodisch weiter verfeinert und konsequent auf das NT angewendet. Aus dieser historisch-kritischen Arbeit entstehen im Ergebnis die ausführlichen Kommentare zu den biblischen Schriften (wobei man sich auf AT oder NT spezialisiert), die wiederum Grundlagentexte an den Universitäten sind und auch für die Predigten der Pfarrer in den Gemeinden grundlegend sein sollten. Nur wenige Theologen sind in der Lage und fähig solche exegetisch umfassenden, fundierten Kommentare überhaupt zu verfassen, denn sie erfordern einerseits eine absolut sichere Beherrschung des Hebräischen, Aramäischen, Alt-Griechischen und Lateinischen sowie ein hoch-spezialisiertes Wissen um alle historisch-kritischen Methoden und andererseits umfassende historische Kenntnisse der gesamten mythologischen, philosophischen, sozialen, politischen usw. Umwelten des alten und neuen Testamentes.
Die wissenschaftliche Erforschung der biblischen Schriften entstand lange vor Bultmann z.B. durch Hermann Samuel Reimarus und vor allem David Friedrich Strauß. Die Leben-Jesu-Forschung schließt an grundlegende Einsichten und Kritiken dieser beiden (und anderer) Autoren an und findet in Albert Schweitzers Werk Geschichte der Leben-Jesu Forschung, in der er die liberale Theologie heftig kritisiert, einen gewissen Abschluss. Die heute allegemein in der akademischen Theologie geteilte Einsicht, dass Jesus eine Naherwartung nicht nur predigte, sondern auch diesem seinen Glauben gemäß handelte, hast du, closs, vor allem dem großen Albert Schweitzer zu verdanken.

Da kann ich dich beruhigen. Zwei unterschiedliche Theologie-Wissenschaften wird es ganz sicher auch in Zukunft nicht geben, weil so etwas wie die kanonische Exegese schon vom Grundansatz her schlicht und einfach nicht wissenschaftlichen Ansprüchen genügt, also nicht wissenschaftlich ernst genommen werden kann. Sie für irgendwie wissenschaftlich rerlevant zu halten wird immer die Privatansicht des ein oder anderen bleiben, so wie es eine private und akademisch belächelte Privatansicht ist, an eine Verbalinspiration der biblischen Schriften zu glauben.closs hat geschrieben: Entweder es gelingt, die verschiedenen Exegesen unter einen Hut zu bringen (Ratzi und Berger haben es versucht), oder es wird mittelfristig zwei völlig unterschiedliche Theologie-Wissenschaften geben.
Leider vergisst Prof. Jung zu erklären, warum Bultmann die Vorstellung einer leiblichen Auferstehung Jesu - in unserer heutigen Zeit mit einem nicht mehr mythologischen Weltbild - für nicht mehr akzeptabel hält.closs hat geschrieben: (Prof. F. Jung. Texas/Bonn):
"Seit Beginn der Neuzeit und vor allem im 19. und 20. Jahrhundert hat es eine ganze Reihe von Zweiflern, besonders im Raum der evangelischen Kirche, gegeben. Der Professor für Neues Testament an der Universität Marburg, Rudolf Bultmann (1884-1976), sagte sehr freimütig: Eine Auferstehung von den Toten als historische Tatsache ist völlig unvorstellbar.1 Die Bultmann-Schule, Theologen also, die von Bultmann stark beeinflusst worden sind, lehnt bis heute die Auferstehung als geschichtliche Tatsache ab.
Die Vorstellung, Jesus sei leiblich wieder auferstanden entspringt einem antik-mythischen Weltbild, in dem man, wenn man krank wird, ganz selbstverständlich erst einmal einem Gott ein Opfer bringt, weil man davon überzeugt ist, dass für diese Krankheit letztlich ein Gott oder ein böser Zauber oder ein dämonisches Wesen verantwortlich ist. Zwar gab es auch damals schon Heiler und Ärzte, aber das eine schloss das andere keinesfalls aus. Das göttliche Wunder einer leiblichen Auferstehung ist überhaupt nur in einem mythischen Weltbild relevant, in dem das Wirken von Wundern durch jemand als Beweis dafür gilt, dass dieser Mensch das Wohlgefallen von den Göttern oder einem Gott hat oder gar selbst göttlich ist.
In unserem heutigen - nicht mehr mythischen - Weltbild geht man zum Arzt, wenn man krank ist und erhofft sich im Vertrauen auf ihn, den Arzt, und im Vertrauen auf die moderne ihm zur Verfügung stehende medizinische Wissenschaft, Heilung. Von einem mythologisch-gläubigen Weltbild aus betrachtet, ist es geradezu ein Zeichen von Kleingläubigkeit, sich nicht ausschließlich auf Gott, sondern auf einen Arzt zu verlassen und dessen modernes MRT. Selbst sehr gläubige Menschen verlassen sich heute keineswegs mehr nur auf ihren Gott. Sie beten vielleicht um Gesundung, vor allem aber deshalb, weil es nicht schaden kann. Letztlich ist dieses Verhalten aber der schizophrene Versuch einer Verbindung zweier sich ausschließender Weltbilder.
So wird die gläubige Vorstellung einer leiblichen Auferstehung zu nichts anderem als einem bloßen Mirakelglauben, welches in Gott eine Art übermächtigen Zauberer sieht und das in der modernen Welt letztlich keine Relevanz mehr hat. Selbst wenn wir es gläubig wollen, können wir in unserem Weltbild nicht mehr ohne Weiteres auf mythische Vorstellungen zurückgreifen, schlicht deshalb, weil wir nicht mehr in einem solchen Weltbild leben.
Nach Bultmann gilt es heute, die Auferstehungserzählung existenzial zu deuten, also so, dass sie auch der im heutigen Weltbild lebende Mensch als für sein Leben noch relevant erkennen kann. Dafür ist aber nicht das Mirakel einer die Naturgsetze brechenden leiblichen Auferstehung Jesus relevant, sondern was seine Auferstehung für den Glauben bedeutet. Im Kern bedeutet sie in der bultmannschen existenzialen Interpretation, dass in dieser Erzählung Gott ein Heilsversprechen für jeden Menschen über den Tod hinaus macht und einen neuen Bund mit ihm eingeht: den Bund einer Gemeinschaft aller christlichen Gläubigen mit dem zentralen Glauben an die Liebesbotschaft Jesu: ". denn was ihr einen meiner Geringsten getan habt, dies habt ihr mir getan."
#648 Re: Alles Teufelszeug? II
Das soll hoffentlich kein Argument sein. So argumentierend ärgern sich nämlich auch Snow White und die sieben Zwerge, dass es ihre Realität des Märchenlandes angeblich nicht mehr geben kann.closs hat geschrieben:Stimmt - aber woher willst Du das wissen? - Stelle Dir vor, dass es ein Gottesreich gäbe und Gott sich jetzt anhören muss, dass es seine Realität nicht geben KANN.Münek hat geschrieben:WENN es zu unserer als real erlebten Welt DEFINITIV KEINE ALTERNATIVE geben KANN, (die Betonung liegt auf "kann") stößt Dein Nicht-Falsifizierbarkeits-Argument ins Leere.
Die Frage, was "die Realität" oder "die Wirklichkeit" ist und was wir mit Sicherheit wissen können, beschäftigt eine ganze philosophische Disziplin seit 2500 Jahren, nämlich die Erkenntnistheorie. Die zentrale erkenntnistheoretische Frage ist dabei natürlich, was "zu existieren" überhaupt genau bedeuten soll. Es besteht heute eine einseitig physikalistisch-materialistische Tendenz, auschließlich der materiell-gegenständlichen (also physischen) Welt "Existenz" zuerkennen zu wollen. So einfältig vorgetragen muss diese materialistisch-erkenntnistheoretische Hypothese natürlich falsch sein, denn wäre sie wahr, "existierten" nicht nur die gesamte Mathematik nicht, sondern überhaupt nichts Geistiges. Andererseits ist es mindestens ebenso einfältig, zu glauben, Gott oder andere transzendent gedachte Wesen würden genau so "real existieren", wie Atome, Betten und Rauhaardackel. Ein Unsinn, dem durch eine angeblich leibliche Himmelfahrt Mariens oder Jesu von Seiten der katholischen Kirche auch noch Vorschub geleistet wird. Nicht materialistisch, sondern naturalistisch ist dagegen ein Weltbild, welches die Phänomene ausschließlich auf natürliche Ursachen zurückführt, ein Weltbild, welches heutzutage von den allermeisten Menschen zumeist intuitiv geteilt wird.
#649 Re: Alles Teufelszeug? II
Ja, das kann ich unterschreiben.Thaddäus hat geschrieben: Nicht materialistisch, sondern naturalistisch ist dagegen ein Weltbild, welches die Phänomene ausschließlich auf natürliche Ursachen zurückführt, ein Weltbild, welches heutzutage von den allermeisten Menschen zumeist intuitiv geteilt wird.
Allerdings kann ich auch unterschreiben, was wiki über Materialismus schreibt:
"Der Materialismus geht davon aus, dass selbst Gedanken, Gefühle oder das Bewusstsein auf Materie zurückgeführt werden können."
Es bedarf also zunächst erst mal der Materie, damit sich Gedanken, Gefühle und Bewusstein entwickeln können. Ohne Materie gibt es solche Phänomene nicht. Dass es diese Phänomene gibt, wird ja wohl niemand bestreiten.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell
George Orwell
#650 Re: Alles Teufelszeug? II
Sie trifft in der Wirklichkeit oft zu - das bestreitet niemand. - Aber sie ist kein Gesetz.sven23 hat geschrieben:Doch, gerade in der "Wirklichkeit" gilt die Analogie-Bildung
Wenn man Leben-Jesu-Forschung als rein biografistischen Neben-Schauplatz versteht, hast Du recht.sven23 hat geschrieben:Aber nicht in der Leben-Jesu-Forschung, das muß man schon auseinander halten.
Die Gefahr ist bereits da - es ist nur noch offen, wie die Sache ausgeht. - Zur Zeit bin ich pessimistisch.sven23 hat geschrieben:Für Schismen gibt es die Religionen, die dafür von ihrer unklaren Grundkonstruktion prädestiniert sind. In der Wissenschaft besteht die Gefahr nicht.