Alles Teufelszeug? II

closs
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#461 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Fr 25. Mär 2016, 09:55

Münek hat geschrieben: die Prämisse, der jüdische Mann aus Galiläa, Jesus von Nazareth, sei ein übernatürliches, präexistentes, himmlisches Wesen, hat mit Wissenschaft soviel zu tun wie die Kuh mit Sonntag.
Unter dem Aspekt "wissenschaftlicher Redlichkeit" sollte man alle realistischen Möglichkeiten berücksichtigen - insofern wäre es ja schon damit getan, dass der eine sagt "Wir untersuchen unter atheistischen Gesichtspunkten" und der andere "Wir untersuchen unter christlichen Gesichtspunkten". - Denn beides könnte wahr sein.

Münek hat geschrieben:Man sollte mit dem "Prämissen-Setzen" vielleicht etwas vorsichtiger sein.
Vor allem sollte man sich bewusst sein, unter welcher Prämisse man gerade untersucht.

Savonlinna hat geschrieben:Zumal die Wissenschaft keineswegs Prämissen "setzt", sondern sie einfach hat
Die kanonische Exegese setzt eine Prämisse, weil sie weiß, dass sie eine hat. - Die HKM wird so dargestellt, als würden deren Vertreter zwar eine Prämisse haben, sie aber nicht kennen. - Was ist besser? :|

Münek hat geschrieben:Und wenn jemand seinen Urlaub plant, setzt er die Existenz der Welt ebenfalls nicht.
Im Alltag ist es auch irrelevant, weil das Ergebnis dasselbe wäre. - Wer jedoch philosophisch oder gar nur wissenschaftlich unterwegs ist, sollte sich der Basis seines Denkens bewusst sein.

Münek hat geschrieben:Weshalb sollte die historische Forschung davon ausgehen, dass Jesus von Nazareth ein "Sohn Gottes" war?
Sie sollte es als EINE Möglichkeit berücksichtigen. - Da weder das eine noch das andere falsifizierbar ist, muss man beide Möglichkeiten redlicherweise durchspielen. - Das würde ich unter "Ergebnisoffenheit der Wissenschaft" verstehen.

Münek hat geschrieben:Die biblische Geschichte ist die Substanz
Nein - die geistige Substanz ist im Vordergrund. - Die Bibel würde nicht geschrieben worden sein, wenn es den Verfassern um ein Geschichtsbuch gegangen wäre - wiewohl natürlich historische Elemente reichlich vorhanden sind.

Münek hat geschrieben:Mit "spirituell-geistigen" (übrigens: spirituell heißt "geistig")
Ist mir schon klar - ich schreibe es zunehmend so, weil "geistig" im modernen Sprachgebrauch zunehmend als Synonym für "intelektuell" verwendet wird - also etwas ganz anderes.

Münek hat geschrieben:Auf gar keinen Fall will sie in das spirituell-geistige "Glaubensboot".
Das muss sie auch nicht - aber dann kann sie nicht erwarten, über die Funktion eines Türstehers hinauszukommen.

sven23 hat geschrieben:Ratzinger meint mit dem Antichristen vielleicht nicht die historisch-kritische Methode, aber doch zumindest die, die sie anwenden und zu den Ergebnissen kommen, die ihm nicht gefallen.
Meines Erachtens meint er damit diejenigen, die unter atheistischer Prämisse die Bibel vorgeben substantiell interpretieren zu können. - Das ist so, als würdest Du in ein Frauenkloster gehen und es unter der Prämisse untersuchen, dass es ein Rotlichtviertel ist. :lol:

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#462 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Fr 25. Mär 2016, 10:39

Thaddäus hat geschrieben:Ganz und gar abenteuerlich ist zudem die Konsequenz deiner Unterstellung, denn sie bedeutet ja nicht weniger, als dass man als historisch-kritisch arbeitender Theologe grundsätzlich nicht gläubig sein kann.
Soweit würde ich nicht gehen. - Man kann als Atheist eine kanonische Exegese genauso wissenschaftlich durchspielen wie man als Christ eine atheistische Exegese durchspielen kann.

Dazu kommt noch etwas ganz anderes:
Ich hatte gerade am Wochenende ein recht langes Gespräch mit einer habilitierten evangelischen Theologin, die gemeint hat, dass inzwischen auch Gläubigen der substantielle Zugang zum Christentum komplett fehlt. Ihr fiele immer mehr auf, dass auch von Theologen die Religion als Öl im Getriebe der Gesellschaft verstanden werden würde statt als eigenständige Größe, die einen Gegenentwurf zur säkularen Gesellschaft darstellt. - Drei Viertel aller Theologen würden die theologische Substanz des Christentums nicht verstehen.

Wohlgemerkt: Das war keine katholische oder evangelistische Theologin, sondern eine evangelische. - Wobei sie sehr wohl eingeräumt hat, dass die evangelische Theologie ungeheuer zerrissen sei, eigentlich als einheitliche Theologie nicht mehr wahrnehmbar sei. - Dies nur als Streiflicht.

Thaddäus hat geschrieben:Nein, dies ist keine Prämisse der historisch-kritischen Methodik, und kein mir bekannter historisch-kritisch arbeitender Exeget behauptet solches!
Weil es offenbar meistens nicht als solche nicht erkannt wird. - Ich vermute, es liegt daran, dass man die methodischen Voraussetzungen nicht ausreichend reflektiert - aber Du solltest das schon schaffen.

Thaddäus hat geschrieben:Es ist nicht einmal eine Prämisse der HKM, dass Jesus tatsächlich gelebt hat
Richtig - das meine ich doch: Die HKM (in Deiner Lesart) geht in der Tat vollkommen "ergebnisoffen" vor - allerdings mit folgendem Ergebnis (und hier bitte ich Dich, dies logisch zu reflektieren):

Man KANN ja gar nicht falsifizieren, ob Jesus nur Mensch oder "Gott und Mensch" war - also MUSS die HKM aus methodischen Gründen auf die Untersuchung verzichten, was wäre, wenn Jesus doch "Sohn Gottes" wäre. - Sie MUSS also diesen Fall ausschließen, dass es so ist - was ja sein könnte. - Was ist das anderes als eine methodisch erzwungene Prämisse?

Thaddäus hat geschrieben: das kann sie auch dann, falls Jesus nur eine fiktive Figur sein sollte.
Natürlich - absolut korrekt. - Aber die SChlussfolgerungen sind andere, ob DIESELBEN Quellen Bezug nehmen auf einen Jesus, der "Gottes Sohn" ist oder lediglich eine fiktive Person oder eine x-beliebiger Wanderprediger.

Thaddäus hat geschrieben:Es hieße dann: Die Autoren der Evangelien haben der (fiktiven) Figur Jesus aus Nazareth eine Naherwartung zugeschrieben usw.
Das ist ohnehin ok - mit der kleinen Einschränkung "manche" statt "die" Autoren. - Aber eben nicht die Aussage "Jesus hatte eine Naherwartung", als sei es eine Tatsachen-Aussage.

Differenziert-wissenschaftlich müsste es aus meiner Sicht heißen:
1) Nach Ansicht einiger Textverfassere hatte Jesus eine Naherwartung.
2) Unter der nicht falsifizierbaren Annahme, dass Jesus eine fiktive oder x-beliebige Person war, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass diese Textverfasser Jesu diesbezügliche Meinung bzw. dem Inhalt einer fiktiven Urquelle authentisch widerspiegeln.
3) War Jesus jedoch tatsächlich "Gottes Sohn", ist diese Auffassung einiger Textverfasser im gesamt-kanonischen Kontext in Bezug auf Jesu Meinung mit großer Wahrscheinlichkeit irrig.

Was spricht dagegen, verschiedene unfalsifizierbare Voraussetzungen wissenschaftlich durchzudeklinieren? - Ich fände dies redlich.

Thaddäus hat geschrieben: Sie kann zur Klärung der Frage, ob er es - tatsächlich - war, mit ihren Methoden nur nichts Sinnvolles beitragen.
Eben - genau deshalb darf man erwarten, dass sie nichts Unsinniges beiträgt.

Thaddäus hat geschrieben: Die Ergebnisse der Untersuchungen der Texte bleiben diesselben, egal ob Jesus aus Nazareth nur ein Mensch war oder ober auch wesensgleich mit Gott ist.
Da sind wir uns absolut einig. - Aber dann darf man keine Interpretationen loslassen, die nur dann stimmig sind, wenn Jesus nur ein Mensch war. - Dann hält man einfach die Klappe.

Thaddäus hat geschrieben:Genau das ist falsch.
Hast Du vergessen, dass eine Interpretation der Bibel unter der Prämisse "Jesus ist wesensgleich mit Gott" bei identischer Quellenlage eine andere ist, als wenn man offen lässt, wer oder was Jesus war?

Wir sprechen doch nicht über die rein sachliche Beschreibung von Fakten ("Diese Quelle ist im Jahr x, jene im Jahr y entstanden"/"Folgende gesellschaftliche Entwicklungen gab es im Jahr 30 n.Chr. in Palästina"/"Das Wort 'logos' wurde damals in der Literatur mit folgenden Bedeutungen verstanden"/etc.), sondern über INTERPRETATIONEN des Inhalts der Bibel ("Jesus hatte eine Naherwartung").

Thaddäus hat geschrieben: Irgendwann hört die Diskussion auf, und es gibt eben eine "ungenügend" als Note.
Dasselbe ist doch genau umgekehrt auch der Fall. - Was glaubst Du, warum die kanonische Exegese aufgekommen ist? - Doch nicht, weil man der HKM unterstellen würde, sie würde handwerklich unprofessionell arbeiten - das tut man nicht. - Es ist die methodisch erzwungene atheistische Interpretation in geistigen Fragen, die in kirchlichen Kreisen auf ein "ungenügend" stößt. - Das ist spiegelbildlich genau dasselbe.

Thaddäus hat geschrieben:Gerade so, als ob die eigene Theorie oder Hypothese schon deshalb wissenschaftlich gleichberechtigt mit einer anderen sei, weil die andere ja nicht "zwingend beweisbar" ist.
Entweder man bezieht gesamt-kanonische/spirituelle Aspekte mit ein, dann ist die hermeneutische Wissenschaft gleichberechtigt mit der HK-Wissenschaft. - Oder man lässt nur den kritisch-rationalen Ansatz als Wissenschaft zu, dann kann die HKM nicht mehr als Türsteher sein in Bezug auf die wirklich substantielle Deutung der Bibel als geistiges Werk.

Mir ist das eine so recht wie das andere. - Was bevorzugst Du?

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sven23
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#463 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von sven23 » Fr 25. Mär 2016, 10:41

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ratzinger meint mit dem Antichristen vielleicht nicht die historisch-kritische Methode, aber doch zumindest die, die sie anwenden und zu den Ergebnissen kommen, die ihm nicht gefallen.
Meines Erachtens meint er damit diejenigen, die unter atheistischer Prämisse die Bibel vorgeben substantiell interpretieren zu können. - Das ist so, als würdest Du in ein Frauenkloster gehen und es unter der Prämisse untersuchen, dass es ein Rotlichtviertel ist. :lol:
Vielleicht verwechselst du das mit dem methodischen Atheismus.
Aber wie Thaddäus schon weiter oben schrieb, ist der persönliche Glaube nicht maßgebend, um die historisch-kritische Methode anzuwenden. Der Glaube kann dann aber bei der Interpretation der Ergebnisse eine Rolle spielen, besonders dann, wenn sie nicht eindeutig sind.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#464 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von sven23 » Fr 25. Mär 2016, 10:54

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben: Irgendwann hört die Diskussion auf, und es gibt eben eine "ungenügend" als Note.
Dasselbe ist doch genau umgekehrt auch der Fall. - Was glaubst Du, warum die kanonische Exegese aufgekommen ist? - Doch nicht, weil man der HKM unterstellen würde, sie würde handwerklich unprofessionell arbeiten - das tut man nicht. - Es ist die methodisch erzwungene atheistische Interpretation in geistigen Fragen, die in kirchlichen Kreisen auf ein "ungenügend" stößt. - Das ist spiegelbildlich genau dasselbe.
Die kanonische Exegese kam als Gegenentwurf zur historisch-kritischen Methode allein deshalb auf, weil sich die ursprüngliche Hoffung, die Wissenschaft könne zur Stützung des Glaubenskonstrukt beitragen, zerschlagen hatte, ja sogar ins Gegenteil drehte.
Zenger beschreibt ja ganz offen, wie er darunter gelitten habe, wie das biblische Jesusbild zerbröselte.

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Gerade so, als ob die eigene Theorie oder Hypothese schon deshalb wissenschaftlich gleichberechtigt mit einer anderen sei, weil die andere ja nicht "zwingend beweisbar" ist.
Entweder man bezieht gesamt-kanonische/spirituelle Aspekte mit ein, dann ist die hermeneutische Wissenschaft gleichberechtigt mit der HK-Wissenschaft. - Oder man lässt nur den kritisch-rationalen Ansatz als Wissenschaft zu, dann kann die HKM nicht mehr als Türsteher sein in Bezug auf die wirklich substantielle Deutung der Bibel als geistiges Werk.

Mir ist das eine so recht wie das andere. - Was bevorzugst Du?
Nein, entweder bedient man sich wissenschaftlicher Methoden oder läßt es bleiben. Genauso wie es "ein bißchen schwanger" nicht gibt, gibt es auch kein "ein bißchen Wissenschaft", die man dann mit glaubensdogmatischem Zuckerguß überkleistert.
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#465 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Fr 25. Mär 2016, 10:57

sven23 hat geschrieben:Vielleicht verwechselst du das mit dem methodischen Atheismus.
Methodischer Atheismus ist in Naturwissenschaft unverzichtbar - aber doch nicht, wenn es um Gott geht. :lol: :lol:

sven23 hat geschrieben:Aber wie Thaddäus schon weiter oben schrieb, ist der persönliche Glaube nicht maßgebend, um die historisch-kritische Methode anzuwenden.
Natürlich nicht. - Es gibt zwei Möglichkeiten, in dem es nicht maßgeblich ist:

1) "Diese Quelle stammt aus dem Jahr x"/"Archäologisch ist folgendes zu konstatieren"/"Zur Zeit Jesu gab es die Essener, die an eine Naherwartung glaubten"/etc. ----- also rein sachliche Beobachtungen.

2) "Ich bin zwar Atheist, aber ich bin in der Lage, den möglichen Fall, dass die Christen recht haben, wissenschaftlich durchzudeklinieren - dann würde dies folgendes heißen".
So wie umgekehrt ein Christ sagen könnte: "Ich bin zwar Christ, aber ich bin in der Lage, den möglichen Fall, dass die Atheisten recht haben, wissenschaftlich durchzudeklinieren - dann würde dies folgendes heißen".

Alles kein Problem.

Aber eines geht eben nicht: "Weil wir folgendes in gewissen Quellen lesen und unsere Methodik uns Analogie-Erfahrungen bereitstellt, können wir es als wahrscheinlich halten, dass Jesus selbst eine Naherwartung hatte". - Dies ist eine rein geistige Frage, die man mit säkular-methodischen Automatismen nicht runterspulend beantworten kann. - Da müsste eine Selbst-Disziplin da sein, die einem sagt:

"Hoppla, interpretiere ich säkular, ist dies ahrscheinlich - interpretiere ich spirituell, ist dies unwahrscheinlich". - Da beide Möglichkeiten nicht falsifizierbar sind, muss ich entweder die Klappe halten oder beide Möglichkeiten berücksichtigen. - So einfach wäre das.

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#466 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Fr 25. Mär 2016, 11:01

sven23 hat geschrieben:Nein, entweder bedient man sich wissenschaftlicher Methoden oder läßt es bleiben.
Würde man Deinem wissenschafts-theoretischen Ansatz folgen, wäre dies gleichzusetzen mit "Die Wissenschaft kann nur Türsteher bei der Bibel-Interpretation sein".

Genau das will - ehrlich! Ratzi vermeiden, indem er darau hinweist, dass die HKM sich selber nicht widerspricht, wenn sie sich geistig öffnet.

Mir ist beides wirklich recht - aber komme jetzt nicht bitte wieder auf die Idee, zu duschen und nicht nass werden zu wollen. - Beides geht einfach nicht gleichzeitig. - Man kann nicht Statthalter der Bibel sein und gleichzeitig vor der Tür als Türsteher bleiben.

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#467 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von sven23 » Fr 25. Mär 2016, 11:09

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Vielleicht verwechselst du das mit dem methodischen Atheismus.
Methodischer Atheismus ist in Naturwissenschaft unverzichtbar - aber doch nicht, wenn es um Gott geht. :lol: :lol:
Der methodische Atheismus spielt auch in der Exegese (bei einigen) eine Rolle.
"Unter historisch-kritisch auslegenden Theologen gibt es die Tendenz, die biblischen Texte unter der Annahme eines „methodischen Atheismus’“ zu betrachten. Es wird also nicht mit der Möglichkeit gerechnet, dass an den in der Bibel berichteten Ereignissen eine übernatürliche Macht mitgewirkt hat; jeder Anhaltspunkt für ein göttliches Eingreifen wird so erklärt, als läge allein menschliches Handeln vor."
Quelle: Wikipedia
Verstehen kann ich diese Einstellung schon. Denn wie wir gesehen haben, gibt es keine Phänomene, die einer supranaturalistischen Erklärung bedürfen. Dass dies vor 100, 1000 oder 2000 Jahren anders gewesen sein soll, halte ich für höchst unwahrscheinlich.
Aber wie auch immer, man kann die historisch-kritische Methode auch anwenden ohne diese Prämisse.

closs hat geschrieben: Aber eines geht eben nicht: "Weil wir folgendes in gewissen Quellen lesen und unsere Methodik uns Analogie-Erfahrungen bereitstellt, können wir es als wahrscheinlich halten, dass Jesus selbst eine Naherwartung hatte".
Wir haben nun mal nichts anderes als diese Quellen und anhand dieser Quellen hatte Jesus eine Naherwartung.
Die kanonische Exegese bezieht sich ja ebenfalls auf diese Quellen, hinterfragt sie aber nicht kritisch, weil sie von deren Inspiriertheit und Irrtumslosigkeit ausgeht.
Das ist der große, nicht überbrückbare Unterschied.
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#468 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von sven23 » Fr 25. Mär 2016, 11:13

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, entweder bedient man sich wissenschaftlicher Methoden oder läßt es bleiben.
Würde man Deinem wissenschafts-theoretischen Ansatz folgen, wäre dies gleichzusetzen mit "Die Wissenschaft kann nur Türsteher bei der Bibel-Interpretation sein".

Genau das will - ehrlich! Ratzi vermeiden, indem er darau hinweist, dass die HKM sich selber nicht widerspricht, wenn sie sich geistig öffnet.

Mir ist beides wirklich recht - aber komme jetzt nicht bitte wieder auf die Idee, zu duschen und nicht nass werden zu wollen. - Beides geht einfach nicht gleichzeitig. - Man kann nicht Statthalter der Bibel sein und gleichzeitig vor der Tür als Türsteher bleiben.
Ratzinger hat wohl, im Gegensatz zu dir, längst erkannt, dass es ohne den Glaubensentscheid nicht geht.
Auf wissenschaftlicher Ebene hat er nichts zu bieten und bringt deshalb den Antichristen ins Spiel.
Was bleibt, ist der Glaubensentscheid.
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#469 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Savonlinna » Fr 25. Mär 2016, 11:22

Münek hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Du lasst ja schon wieder den Kontext aus!
Das ist raffiniert, damit kann man jedem das Wort im Mund herundrehen.
Du bist auch darin closs sehr ähnlich: Ihr beide liebt es, den Kontext zu verfälschen.

Ihr zersägt von beiden Seiten die Ehrlichkeit in Stücke.

Nun halte mal den Ball flach, Schatz, - und werde nicht unsachlich.
Gut, dann sage ich es so, dass es in Deinen Augen sachlich ist: Die intellektuelle Redlichkeit bleibt auf der Strecke.

Dieser Satz ist garantiert sachlich, denn Du benutzt ihn ja andauernd.
Ansonsten: no comment. Deine Antwort spricht für sich.

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#470 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Fr 25. Mär 2016, 11:28

sven23 hat geschrieben:. Denn wie wir gesehen haben, gibt es keine Phänomene, die einer supranaturalistischen Erklärung bedürfen.
Wer hat das gesehen? - Du sprichst aus einer naturalistischen Perspektive, bei der es so etwas nicht geben KANN - prämisse-bedingt. - Das ist keine allgemeinverbindliche Aussage.

WENN Maria leiblich auferstanden ist, dann ist das eine supranaturalistische Sache, gegen die wir nichts ausrichten können - man kann es lediglich methodisch ignorieren.

sven23 hat geschrieben:Verstehen kann ich diese Einstellung schon.
Hier stimme ich Dir durchaus zu - "verstehen" kann man bei intellektueller Beweglichkeit so ziemlich alles. - Aber das gilt halt auch umgekehrt. - Und genau das wäre aus meiner Sicht ein Merkmal von Wissenschaft - Ergebnisoffenheit durch Berücksichtigung aller Prämissen und nicht nur der eigenen.

sven23 hat geschrieben:Wir haben nun mal nichts anderes als diese Quellen und anhand dieser Quellen hatte Jesus eine Naherwartung.
Nein. :lol: - Gesamt-textlich (AT und NT) und bei spiritueller Inerpretation DERSELBEN Text-Vorlagen ist es möglich, aber nicht unbedingt wahrscheinlich - um es defensiv zu sagen. - Deine Aussage ist einfach unzutreffend und nur möglich, wenn man perspektivisch prädisponiert ist. - Das hat aus meiner Sicht nichts mit Wissenschaft zu tun.

sven23 hat geschrieben:Die kanonische Exegese bezieht sich ja ebenfalls auf diese Quellen, hinterfragt sie aber nicht kritisch
In Deiner Version tut es doch die HKM auch nicht.

sven23 hat geschrieben:Ratzinger hat wohl, im Gegensatz zu dir, längst erkannt, dass es ohne den Glaubensentscheid nicht geht.
WENN er es so gemeint hat, bin ich tatsächlich anderer Meinung als er. - Aus meiner Sicht kann man bei geistiger Beweglichkeit beide Fälle gedanklich durchziehen - "Was eäre, wenn der eine/der andere recht hätte".

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