Alles Teufelszeug?

closs
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#551 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » Di 16. Feb 2016, 02:35

Savonlinna hat geschrieben:Nein, Du sagtest, das 20. Jahrhundert sei gottlos. Oder meinethalben das 21. Jahrhundert.
Ich glaube, ich habe mich anders ausgedrückt - denn keine Zeit ist im wörtlichen Sinne "gottlos = ohne Gott". - Es geht (mir) nicht um die Anwesenheit Gottes (das wird er schon selber auf die Reihe kriegen), sondern um die bewusste Wahrnehmung Gottes durch den Menschen.

Savonlinna hat geschrieben:Also gut, Dir ist gegeben, Gott im Überzeitlichen wahrzunehmen.
Nein - ich nehme ausschließlich in der Zeit wahr - zur Zeit im Jahr 2016. ;) - Allerdings erkenne ich auch, dass Gott in seiner Präsenz überzeitlich "ist". Aber dort nehme "ICH als Mensch" ihn nicht wahr - dafür ist zur Zeit das Jahr 2016 zuständig.

Savonlinna hat geschrieben:Wenn Du das Geistige dort nicht siehst, dann siehst Du dort auch Gott nicht.
Auch das ist nicht richtig. - Denn wo Gott ist, entscheidet er und nicht der Mensch. - Ob Gott im Menschen ist, ist bereits entschieden. - Die Frage ist, ob der Mensch es wahrnimmt.

Ich sehe in Münek und Sven genauso Gott wie in Novalis und Savonlinna. - Allerdings glaube ich unterschiedliche Bewusstseins-Präsenz dafür in den genannten Personen zu erkennen.

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Münek
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#552 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Münek » Di 16. Feb 2016, 04:24

Savonlinna hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Gott ist auch in der Comic-Ente. Da der schöpferische Geist sie geschaffen hat, macht sie viele Kinder glücklich, und mehr kann man sich vom Geist Gottes doch nicht wünschen.

Ich denke, hier kam wohl mehr die Fantasie der Comic-Zeichner als Gottes Geist zum Zuge.
Definitionssache.

Der schöpferische Geist jedenfalls ist vorhanden, das ist nachweisbar.
Wie man ihn benennt, hat damit ja nichts zu tun.

Selbstverständlich verfügt der Mensch über schöpferischen Geist. Wer wollte das ernstlich bezweifeln?!

Dieser Geist fiel aber nicht notwendigerweise vom Himmel... :angel: :engel: :angel:

Novas
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#553 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Novas » Di 16. Feb 2016, 05:54

Münek hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:
Ich denke, hier kam wohl mehr die Fantasie der Comic-Zeichner als Gottes Geist zum Zuge.
Definitionssache.

Der schöpferische Geist jedenfalls ist vorhanden, das ist nachweisbar.
Wie man ihn benennt, hat damit ja nichts zu tun.

Selbstverständlich verfügt der Mensch über schöpferischen Geist.:

Genau dieser schöpferische Geist des Menschen – wir können auch sagen seine Seele – reflektiert m. A. n. den Heiligen Geist auf einzigartige Weise, so wie ein Spiegel das Licht der Sonne reflektiert. So wie die Brechung eines Lichtstrahls in einem bestimmten Winkel die Spektralfarben sichtbar macht (im materiellen Bereich), so kann die Seele die „Spektralfarben“ des Heiligen Geistes reflektieren (im spirituellen Bereich).
Betinna von Arnim sagte: „Der Geist ist Auge, je schärfer er sieht, je deutlicher wird die Ahnung, je reiner tritt das Spiegelbild der Wahrheit in Empfindungen auf“ ~ eine solche „Ahnung“ ist wie eine flüchtige Lichtreflexion Gottes in der menschlichen Seele, die uns seine Gegenwart für einen kurzen Moment klar und deutlich erkennen und empfinden lässt. Ich würde nicht wagen vom Glauben zu sprechen, wenn ich soetwas noch nicht erlebt hätte.

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sven23
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#554 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von sven23 » Di 16. Feb 2016, 07:21

closs hat geschrieben: Ich sehe in Münek und Sven genauso Gott wie in Novalis und Savonlinna. -
Zuviel der Ehre. Können wir uns darauf verständigen, dass wir alle Menschen sind mit unterschiedlichem Hang zu Transzendenz, Religionen und Göttern?
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Novas
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#555 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Novas » Di 16. Feb 2016, 07:28

Savonlinna hat geschrieben:Das ändert aber nichts daran, dass der Psalmist die Natur mitsamt ihrer Grandiosität bewundert hat.

Er war nicht der letzte, der ob der Grandiosität der Natur tief erschüttert war. Und viele haben Hymnen auf das Meer gesungen, und nicht wegen des Salzes, das man daraus gewinnen kann.

Die prophetische Sprache war schon immer eine poetische Sprache. Religion kann man nur verstehen, wenn man einen Sinn für das Poetische entwickelt hat. The poet speaks to all men of that other life of theirs that they have smothered and forgotten. – Edith Sitwell, Rhyme and Reason

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Thaddäus
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#556 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Thaddäus » Di 16. Feb 2016, 07:41

Savonlinna hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben: Dies führte letztlich zum methodischen Atheismus der Wissenschaften.
Wer hat den Begriff "methodischer Atheismus" geprägt? 'Wann genau war das?
Wo kann ich die Quelle für die Prägung dieses Begriffes nachlesen?
Der deutsche, protestantische Theologe Paul Jäger hat den Begriff in einem Aufsatz von 1905 als erster in der von mir skizzierten Weise verwendet.
Wenn du Genaueres darüber lesen willst, musst du dir das Buch "Säkularisierung in den Wissenschaften seit der Frühen Neuzeit (2 Bde./Bd. 1) zulegen.
Immerhin habe ich im Netz das hier gefunden, wo ich gerade selbst noch einmal nachgelesen habe, in welchem Jahr Jäger seinen Aufsatz veröffentlichte (S.120f.).

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Thaddäus
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#557 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Thaddäus » Di 16. Feb 2016, 08:12

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben: Der methodische Atheismus der Wissenschaften ist also keine infame Erfindung gehässiger Atheisten, die die Weltherrschaft an sich reißen möchten
Methodisch gesehen hast Du vollkommen recht - de facto ist es nicht so einfach, weil heute der methodische Atheismus der Wissenschaften auch zum Maßstab für Werte dient. - Methodik wird somit zur Grundlage für Weltanschauung - und damit entsteht ein Kollisionsfeld auf Werte-Ebene.
Nein, gerade nicht, denn der methodische Atheismus der Wissenschaften behauptet nicht die Nicht-Existenz Gottes oder sonstiger transnaturaler Wesen, sondern lediglich, sondern lediglich ihre Bedeutungslosigkeit für die wissenschaftliche Arbeit und für die wissenschaftliche Theoriebildung. Das hatte ich aber gerade schon geschrieben ...

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:das Ergebnis einer geistesgeschtlichen Entwicklung der Wissenschaften, die mühsam lernen mussten, dass subjektive und wahrheitsgarantierende religiöse oder metaphysische Überzeugungen die Wissenschaften in ihrem Fortgang aktiv behindern und die als intersubjektiv auch nicht als allgemeingültig vermittelbar, schlicht und ergreifend irrelevant und überflüssig sind.
Für Naturwissenschaft stimmt dies uneingeschränkt - sobald es um Werte/den Menschen geht, wird es schwierig.
Kants Moralphilosophie ist intersubjektiv nachvollziehbar, da sie allein auf vernünftigen Überlegungen beruht. Alle philosophischen Ethiken und Moralen bauen auf die vernünftige Nachvollziehbarkeit. Deshalb muss man sie nicht schon überzeugend finden. Aber sie sind ihrem Anspruch nach allgemeingültig, eben weil jeder Mensch Vernunft besitzt. Die christliche Morallehre basiert dagegen auf subjektivem Glauben, der keine Allgemeingültigkeit für sich beanspruchen kann. Man kann an sie glauben oder es lassen. Sie bezieht ihre Legitimation nicht aus der Vernunft. Deshalb sind philosophische Ethiken und Morallehren wissenschaftlich relevant, die christliche Morallehre aber nicht.

closs hat geschrieben: Denn geht man bei Ermittung oder gar Erstellung von Werten auf Basis des methodischen Atheismus vor, kann man nicht werte-kompetent vorgehen.
Selbstverständlich kann man das.

closs hat geschrieben: Gibt es außer-wissenschaftlich intersubjektive Werte-Kompetenz?
Natürlich.

closs hat geschrieben: Weil die Wissenschaft in ihrem methodisch notwendigen Atheismus vor Werten steht wie ein (männlicher :engel: ) Computer vor einer schönen Frau. - Die Wissenschaft darf nicht anders, als wie der Ochs vorm Berg zu stehen. - Sollte die Wissenschaft es trotzdem dürfen? Nein, da sie ansonsten ihren USP (Unique Selling Proposition) als weltanschauungsfreie und somit wertefreie Instanz verlieren würde. - Und somit beißt sich hier die Katze in den Schwanz.
Da beißt sich gar nichts in den Schwanz. Selbstverständlich kann die Wissenschaft - in diesem Falle die philosophische Ethik - etwas zu Werten sagen und auch Werte hervorbringen, die dann aber eine vernünftige und keine Glaubensgrundlage haben.

closs hat geschrieben: Und genau aus diesem Grund verstehen viele jenseits des Zeitgeistes Wissenschaft als Hilfsgröße innerhalb der Theologie - nicht um die Wissenschaft zu demütigen, sondern ihr ihren Status zu sichern - sicherlich auch, um materialistischen Philosophien das Wasser abzugraben, Wissenschaft für ihre Zwecke zu schänden. - Verstehst Du?
Nein, das funktioniert so natürlich nicht. Für eine Wertevermittlung bedarf es keines Glaubens an einen christlichen oder sonstigen Gott oder an eine Bibel oder einen Koran.

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#558 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Novas » Di 16. Feb 2016, 08:29

Thaddäus hat geschrieben:Nein, gerade nicht, denn der methodische Atheismus der Wissenschaften behauptet nicht die Nicht-Existenz Gottes oder sonstiger transnaturaler Wesen, sondern lediglich, sondern lediglich ihre Bedeutungslosigkeit für die wissenschaftliche Arbeit und für die wissenschaftliche Theoriebildung

Da stimmen wir doch überein!!! ;)
Zuletzt geändert von Novas am Di 16. Feb 2016, 11:32, insgesamt 1-mal geändert.

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#559 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Savonlinna » Di 16. Feb 2016, 10:08

Münek hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:
Ich denke, hier kam wohl mehr die Fantasie der Comic-Zeichner als Gottes Geist zum Zuge.
Definitionssache.

Der schöpferische Geist jedenfalls ist vorhanden, das ist nachweisbar.
Wie man ihn benennt, hat damit ja nichts zu tun.

Selbstverständlich verfügt der Mensch über schöpferischen Geist. Wer wollte das ernstlich bezweifeln?!

Ja, wunderbar. Dann sind wir uns in einem entscheidenden Punkt einig.


Münek hat geschrieben:Dieser Geist fiel aber nicht notwendigerweise vom Himmel... :angel: :engel: :angel:
Richtig.
Diesen schöpferischen Geist hat der Mensch in sich vorgefunden.

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#560 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Savonlinna » Di 16. Feb 2016, 10:17

Thaddäus hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben: Dies führte letztlich zum methodischen Atheismus der Wissenschaften.
Wer hat den Begriff "methodischer Atheismus" geprägt? 'Wann genau war das?
Wo kann ich die Quelle für die Prägung dieses Begriffes nachlesen?
Der deutsche, protestantische Theologe Paul Jäger hat den Begriff in einem Aufsatz von 1905 als erster in der von mir skizzierten Weise verwendet.
Wenn du Genaueres darüber lesen willst, musst du dir das Buch "Säkularisierung in den Wissenschaften seit der Frühen Neuzeit (2 Bde./Bd. 1) zulegen.
Immerhin habe ich im Netz das hier gefunden, wo ich gerade selbst noch einmal nachgelesen habe, in welchem Jahr Jäger seinen Aufsatz veröffentlichte (S.120f.).

Vielen Dank, Thaddäus. Diese meine Frage war mir wichtig, da ich wissen möchte, wogegen genau sich diese Begriffsbildung abhob.
Wovon sie sich zum Beispiel in der Literatuwissenschaft abhob oder in der Psychologie - Du sprachst ja davon, dass der methodische Atheismus für sämliche Wissenschaft gilt.
Das werde ich jetzt vielleicht herausfinden.

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