Alles Teufelszeug?

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Münek
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#441 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Münek » So 14. Feb 2016, 09:09

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Die kanonische Exegese ist nicht wissenschaftlich und kann es gar nicht sein
Dies hängt - erneut - von der wissenschafts-theoretischen Definition ab - es gibt unterschiedliche.

Ach was. Ich kenne keine Wissenschaft, deren Forschungsgegenstand unsichtbare, nicht greifbare himmlische Wesen sind.

Solche Wissenschaftler, gäbe es sie, hätten aus naheliegenden Gründen ein Riesenproblem. :lol: :lol: :lol:

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Thaddäus
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#442 Re: Theologie als Wissenschaft I

Beitrag von Thaddäus » So 14. Feb 2016, 09:27

Savonlinna hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Und wenn du behauptest, Thomas Manns literarische Figur des Dr. Faustus sei schwul, weil dir das in einem Traum offenbart wurde, dann hat das mit Wissenschaftlichkeit eben überhaupt nichts mehr zu tun.
Richtig. Aber wo tut Ratzinger das? Wo tut closs das?
closs sagt doch ohne Ende, dass es Glaube sei.

[...]
Also erstens argumentiert Ratzinger ganz anders als closs.
Zweitens hätte ich gerne mal so allmählich Belege für das, was Du zu Ratzinger sagst.
Am liebsten einen Link, wo ich dann den ganzen Aufsatz oder das ganze Buch lesen kann.
[...]
Der Knackpunkt scheint zu sein, ob closs und Ratzinger das als Wissenschaft werten oder nicht.

Das wäre jetzt meines Erachtens zu klären.
Sowohl closs, als auch Ratzinger berufen sich bei der kanonischen Exegese auf Erkenntnisquellen (bei closs heißt das "anderes Wahrnehmungssystem"), die wissenschaftlich nicht zulässig sind, weil sie nur gesetzt, aber nicht begründet werden können. Closs setzt einfach ein angeblich wahrheitsgarantierendes gläubiges "Wahrnehmungssystem", auf das er z.B. seine Ansicht aufbaut, die für Jesus wissenschaftlich nachweisbare Naherwartung könne ignoriert werden. Ratzinger setzt als wahrheitsgarantierend die Tradition der katholischen Kirche und interpretiert vom Jetztstand dieser Tradition, deren theologische Richtigkeit er voraussetzt, die gesamte Bibel, im besonderen das NT und ignoriert alle Ergebnisse wissenschaftlicher Theologie, die zu dieser katholischen Tradition und dem, was sie an Theologie hervorgbracht hat, nicht passen.
Gleichzeitig behaupten beide, sie betrieben mit dieser unwissenschaftlichen Vorgehensweise Wissenschaft, die der wirklichen theologischen Wissenschaft angeblich auch noch gleichberechtigt gegenüberstehen soll.

Das Setzen von angeblich wahrheitsgarantierenden Erkenntnisquellen (anderes Wahrnehmungssystem/katholische Tradition), ist wissenschaftlich exakt so unbrauchbar und so wenig überzeugend, wie die Behauptung von jemand, Gott oder der hl. Geist oder Allah habe zu ihm im Traum gesprochen und er wisse nun, wie sich die Dinge wirklich und wahrheitsgemäß verhielten. Das ist nicht nur keine Wissenschaft, es ist das genaue Gegenteil von Wissenschaft!
Mit exakt einer solchen Berufung auf angeblich wahrheitsgarantierende Erkenntnisquellen, könnte man jederzeit auch Anhänger der angeblichen Prophetin Gabriele Wittek werden, sich ihrem "Heimholungswerks Jesu Christi" anschließen (was manche ja auch tun, weil sie diese Frau tatsächlich für eine Prophetin halten mit direktem Draht zu Gott) und auch noch vertreten, dass diese Frau wissenschaftlich vorgehe.
Letztlich versuchen Ratzinger und closs nichts anderes, als das, was diese Gabriele Wittek tut: sie behaupten und setzen einfach, dass sie einen direkten Draht zu Gott hätten. Bei closs ist das sein "anderes Wahrnehmungssystem", bei Ratzinger ist es die gesetzte Wahrheit der katholischen Tradition und bei der Prophetin Wittek ist es ihre Behauptung, sie spräche direkt mit Gott.

Wissenschaftlichkeit ist überhaupt nur möglich, wenn solche willkürlichen Setzungen angeblich wahrheitsgarantierender Erkenntnisquellen konsequent ausgeschlossen werden!
Zuletzt geändert von Thaddäus am So 14. Feb 2016, 10:33, insgesamt 1-mal geändert.

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Münek
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#443 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Münek » So 14. Feb 2016, 09:28

sven23 hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Er will es immer wieder und wieder hören, um es am Ende doch nicht zu verstehen.
In Eure Systematik kann ich mich schon eindenken und verstehe auch, wenn ich dieses Denk-System besuche. - Mir gelingt es jedoch regelmäßig nicht, eine Infragestellung der eigenen Systematik zu erwirken - die System-Zwänge scheinen übermächtig zu sein. - Es läuft auf "vor Hiob" und "nach Hiob" hinaus.
Verstehe ich nicht, was hat das mit Hiob zu tun?

Kurt hegt eine Vorliebe für die Hiobsgeschichte, weil er sie mit eisegetischer Brille liest.

Das heißt, er liest in diese Legende etwas hinein, was da überhaupt nicht drinsteht und vom
Verfasser nicht gemeint war.

Wenn man mit dieser "Sehhilfe" biblische Texte liest, "entdeckt" man wahrlich fantastische
Dinge
, mit denen man sein Glaubensnest auspolstern kann. Auf die Idee, die Texte unvorein-
genommen und nüchtern zu lesen, verfallen Tiefgläubige nicht.

Man will ja schließlich glauben. ;)
Zuletzt geändert von Münek am So 14. Feb 2016, 09:39, insgesamt 1-mal geändert.

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#444 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » So 14. Feb 2016, 09:39

sven23 hat geschrieben:Viele Fantasiekonstrukte zeichnen sich durch nicht Falsifizierbarkeit aus. Erhöht das ihre Wahrscheinlichkeit?
Bei spirituellen Dingen ist es halt grundsätzlich so, weil der Gegenstand, um den es geht, nicht im falsifizierbaren Raum (= naturalistische Welt) ist. - Gibt es KEINE geistige Welt, sieht es für mich duster aus - gibt es sie, dann sieht es für die Naturalismus-Leute duster aus.

sven23 hat geschrieben:Verstehe ich nicht, was hat das mit Hiob zu tun?
Der Hauptsinn von Hiob ist, dass er am Ende erkennt, dass sein Menschenmaß für den Arsch ist. - Wer also meint, "die Welt" ließe sich an menschlichen Verständnis-Dimensionen messen, ist "vor Hiob".

sven23 hat geschrieben:Diesen Vorwurf an Jesus habe ich noch nirgends gehört.
Ist ja wurscht - es geht darum:
WÜSSTE man, dass Jesus ein Hochstapler war (Extrem 1), würde man auch als HKM-ler die Bibel anders lesen, als wie man sie lesen würde, wenn man WÜSSTE, dass Jesus Gott ist (anderes Extrem).

sven23 hat geschrieben:Nee, nee, entweder arbeitet man nach wissenschaftlichen Kriterien oder eben nicht.
Auch nee - man kann in beiden Fällen nach wissenschaftlichen Kriterien arbeiten, wenn man Wissenschaft so definiert, wie dies innerhalb der Wissenschafts-Theorie gemacht wird.

sven23 hat geschrieben:, sondern auch den Prozeß des Wissenserwerbs
Genau - so meint man das heute. - Man meint, dass die Schritte des Wissenserwerb falsifizierbar sein müssen.

sven23 hat geschrieben:„So könnte es aufgrund der Quellen gewesen sein."
Eben - Du sprichst voll in meinem Sinne.

sven23 hat geschrieben:Du siehst also, dein Vorwurf, die historisch-kritische Forschung gebe vor, im Besitz der absoluten Wahrheit zu sein, stimmt so nicht.
Das würde Savi (zu Recht) auch sagen - abe ich verhake mich halt immer mit den HKM-Hardlinern.

Münek hat geschrieben:Das ändert ja nichts an dem Faktum, dass Ratzinger die Wissenschaft seinem Glauben unterordnen will.
Aber nicht die Methodik, etwas wissenschaftlich zu erarbeiten, wo man wissenschaftlich weiterkommen kann. - Ratzinger schließt etwas an den wissenschaftlichen Bereich an - das ist etwas ganz anderes. - Die HKM-Hardliner meinen, das sei nicht nötig.

Münek hat geschrieben:Und weiter mit der Kritik ...
Da kann Küng recht haben - aber es ändert nichts an der grundsätzlichen Stellung von HKM zur kanonischen Exegese.

Münek hat geschrieben:"Verargumentierbar" (tolles Wort!) ist nahezu jeder behauptete Blödsinn.
Closs hat geschrieben: Fundamental-theologisch intersubjektiv verargumentierbar.

Münek hat geschrieben:Ich kenne keine Wissenschaft, deren Forschungsgegenstand unsichtbare, nicht greifbare himmlische Wesen sind.
Dann sollte man ab morgen alle Geisteswissenschaften abschaffen - auch Goethes "Faust" ist unsichtbar.

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#445 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Thaddäus » So 14. Feb 2016, 09:39

Münek hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Die kanonische Exegese ist nicht wissenschaftlich und kann es gar nicht sein
Dies hängt - erneut - von der wissenschafts-theoretischen Definition ab - es gibt unterschiedliche.
Ach was. Ich kenne keine Wissenschaft, deren Forschungsgegenstand unsichtbare, nicht greifbare himmlische Wesen sind.
Das ist gar nicht der Punkt.
Der Punkt ist, dass es keine Defintion von Wissenschaft und Wissenschaftlichkeit gibt, von der closs behauptet, es gäbe sie. Zur Wesensdefintion von Wissenschaft gehört, dass keine übersinnlich wahrheitsgarantierenden Erkenntnisquellen gesetzt werden dürfen, auf die man dann die Wahrheit und Überzeugungskraft der eigenen Einsichten stützt.

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#446 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Münek » So 14. Feb 2016, 09:47

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ich kenne keine Wissenschaft, deren Forschungsgegenstand unsichtbare, nicht greifbare himmlische Wesen sind.
Dann sollte man ab morgen alle Geisteswissenschaften abschaffen -

Du verwechselst Geisteswissenschaften mit GEISTER-Wissenschaften. Letztere gibt es meines Wissens nicht...

Bringe Dich mal auf den neuesten Stand. Wir leben nicht mehr im Mittelalter.

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#447 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » So 14. Feb 2016, 09:54

Thaddäus hat geschrieben:Sowohl closs, als auch Ratzinger berufen sich bei der kanonischen Exegese auf Erkenntnisquellen (bei closs heißt das "anderes Wahrnehmungssystem"), die wissenschaftlich nicht zulässig sind, weil sie nur gesetzt, aber nicht begründet werden können.
Erneut: Die Wissenschafts-Theorie sieht dies heute differenzierter.

Thaddäus hat geschrieben:Gleichzeitig behaupten beide, sie betrieben mit dieser unwissenschaftlichen Vorgehensweise Wissenschaft, die der wirklichen theologischen Wissenschaft angeblich auch noch gleichberechtigt gegenüberstehen soll.
Erneut: Die Wissenschafts-Theorie sieht dies heute differenzierter. - Außerdem muss man AUCH wissenschaftlich nachvollziehen können, wie die Bibel zu verstehen wäre, wäre Jesus wirklich der, für den ihn die Christen halten.

Thaddäus hat geschrieben:Mit exakt einer solchen Berufung auf angeblich wahrheitsgarantierende Erkenntnisquellen, könnte man jederzeit auch Anhänger der angeblichen Prophetin Gabriele Wittek werden
Du kommst auf diese absurden Ideen, weil für Dich die Bibel nur wissenschaftlich analysiert werden kann, wenn man davon ausgeht, dass es Gott NICHT gibt. - Das KANN man machen, sollte aber auch den Fall exegestisch durchspielen, dass Jesus tatsächlich Gott ist.

Thaddäus hat geschrieben:Wissenschaftlichkeit ist überhaupt nur möglich, wenn solche willkürlichen Setzungen angeblich wahrheitsgarantierender Erkenntnisquellen konsequent ausgeschlossen wird!
Dieses Mantra ist selbst eine Setzung, weil dann die Bibel nicht wissenschaftlich unter dem Aspekt analysiert werden kann, dass Jesus Gott ist.

Das scheint mir der Grund zu sein, warum die christliche Theologie die HKM (in ihrer Eigenschaft als rein historische und nicht theologische Wissenschaft) als Hilfswissenschaft versteht.

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#448 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » So 14. Feb 2016, 09:55

Thaddäus hat geschrieben:Zur Wesensdefintion von Wissenschaft gehört, dass keine übersinnlich wahrheitsgarantierenden Erkenntnisquellen gesetzt werden dürfen, auf die man dann die Wahrheit und Überzeugungskraft der eigenen Einsichten stützt.
WÄRE es so, dürfte die HKM nicht Teil der Theologie sein, sondern müsste den Geschichts-Wissenschaften untergeordnet werden.

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#449 Re: Theologie als Wissenschaft I

Beitrag von Thaddäus » So 14. Feb 2016, 09:58

Halman hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben: Klaus Berger ist für mich schon deshalb ein unglaubwürdiger, unerträglich überheblicher Fatzke, weil er sich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen als überzeugter Katholik als protestantischen Professor in Heidelberg hat anstellen lassen, wo er jahrelang als vorgetäuscht evangelisch an der evangelischen Fakultät lehrte. Dieser Mann hat keine Ehre und keinen Stolz - ich spucke auf ihn. Und mehr habe ich über ihn nicht zu sagen, außer meine äußerste Verachtung über diesen Menschen Ausdruck zu verleihen. Kein Wort von ihm ist intellektuell redlich und aufrichtig ...
Da dieses Urteil auf ein argumentum ad personam beruht, ist es irrelevant.
Stimmt es denn nicht, dass Berger jahrelang in Heidelberg an der ev. Fakultät ev. Theologie des NT lehrte, um irgendwann plötzlich zu offenbaren, dass er niemals evangelisch gewesen sei, sondern immer katholisch?

Was für eine Geisteshaltung und was für einen Menschen offenbart dies?

Welche affektierte Geisteshaltung Berger an den Tag legt, belegt auch diese Diskussionsrunde über den Zölibat mit ihm. Man muss nicht lange in das Video hineinschauen, um mitzubekommen, dass der Mann unter unerträglicher Selbstüberschätzung leidet. Gleich der erste Satz von ihm lautet in diesem Ausschnitt: "Ich bin hier der Exeget und nicht sie ..." (... und deshalb habe ich recht). Dieses unverblümte Zeugnis katholischer Lehramtsarroganz löst bei Drewermann (und allen anderen) deutliche Verstörung aus. So kann nur jemand sprechen, der selbstherrlich davon ausgeht, die katholische Tradition garantiere bereits die Wahrheit.


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#450 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Thaddäus » So 14. Feb 2016, 10:05

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Zur Wesensdefintion von Wissenschaft gehört, dass keine übersinnlich wahrheitsgarantierenden Erkenntnisquellen gesetzt werden dürfen, auf die man dann die Wahrheit und Überzeugungskraft der eigenen Einsichten stützt.
WÄRE es so, dürfte die HKM nicht Teil der Theologie sein, sondern müsste den Geschichts-Wissenschaften untergeordnet werden.
Nein, wieso denn? Die HKM macht genau deshalb aus der alt- und neutestamentlichen Exegese Wissenschaft, weil sie diesem Prinzip folgt. Die HKM ist kein Teil des Glaubens, sie ist Teil der wissenschaftlichen Theologie!

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