Alles Teufelszeug?

closs
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#431 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » Sa 13. Feb 2016, 23:50

Münek hat geschrieben:Ich denke z.B. an das Dogma der leiblichen Himmelfahrt Mariens.
Nicht falsifizierbar. - Fundamental-theologisch intersubjektiv verargumentierbar. - Alles andere ist Glaube - so rum wie anders rum.

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Münek
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#432 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Münek » So 14. Feb 2016, 00:05

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Wenn die HKM eine periphere Hilfswissenschaft sein soll, was ist denn dann die HAUPTWISSENSCHAFT ?
Die Aussage ist, dass HKM in Bezug auf die Theologie nur eine Hilfsrolle spielen kann, wenn sich Theologie als geistige Disziplin verstehen möchte.

Wenn Du unter "geistiger Diziplin" den Glauben an übernatürliche Wesenheiten wie Gott, Teufel, Engel, Totengeister und Dämonen meinst, spielt die HKM nicht nur keine Hilfsrolle, sondern überhaupt keine Rolle.

Wissenschaft hat mit diesen Fantasiegestalten nichts zu tun. Dass Gläubige sie als unsichtbar-real
empfinden, ist deren Bier. Jeder soll an das glauben, an was er will. Ohne Beschränkung.

Der "Hilfswissenschaft" (HKM) geht die "Erkenntnis" über Gott, Hölle, Teufel etc. zu Recht schlicht am A.... vorbei.

Novas
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#433 Re: Theologie als Wissenschaft I

Beitrag von Novas » So 14. Feb 2016, 01:24

Thaddäus hat geschrieben: Für mich bleibt es dennoch das Buch, welches den Sinnhorizont meines Lebens bestimmt und das mir deshalb unendlich viel bedeutet. Aber diese Bedeutung hat es nur für mich, es ist mein wunderbares Geheimnis und ich werde leben und sterben mit diesem Buch. Aber das ist keine Wissenschaft, sondern es ist das, was es für mich bedeutet![/b]

Das hast Du sehr gut gesagt. Genau diesen "Sinnhorizont" würde ich die spirituelle Dimension nennen. Im Grunde kennen und brauchen das alle Menschen. Deswegen ist für mich der Mensch tendenziell ein "religiöses" Wesen.
Man kann die ganze Religion beispiels aus der Perspektive Kirillows betrachten (eine Figur aus Dostojewskis Roman die "Dämonen"): "Der Mensch" sagt er, "hat nie etwas anderes getan, als sich immer und immer wieder einen Gott erfunden, um eben leben zu können, ohne sich zu töten; daraus besteht die ganze Weltgeschichte bis auf den heutigen Tag".
Wenn also Nietzsche - oder wer auch immer - den Tod Gottes verkündet, so wird ein anderer seine Auferstehung verkünden; gestorben ist er in den Schützengräben von Verdun, erfroren in Sibirien und gekreuzigt in Auschwitz, das hat Nietzsche vielleicht erahnt. Für mich ist er ein genialer Seismograph mit prophetischer Sensibilität; doch den Tod Gottes möchte ich mit seiner Auferstehung beantworten.

Die Frage nach dem Tod ist eine Frage nach dem Sinn des Lebens; nur im Umkreis der Liebe eines anderen kann sie - konfrontiert mit der Abgründigkeit der Existenz - positiv beantwortet werden. Nur in der Liebe zu einem anderen Wesen erkennen wir uns wirklich, lernen (wieder) den Lichtschimmer einer unzerstörbaren Würde sehen. Die Liebe ist stark wie der Tod; selbst viele Wasser reißen sie nicht fort, so steht es im Alten Testament. Wer also vom Glauben spricht, der soll von der Liebe nicht schweigen.
Die Liebe ist der Atem des Glaubens; weil ich liebe glaube ich. Diese Liebe - gegen die kein Kraut gewachsen ist - ist von Gott, so sagt es die Bibel. Sie verweist auf ein gewissermaßen göttliches Naturgesetz, welches selbst den Tod mit Leben beantwortet.

Das "Jammerbild am Kreuz" (Goethe) ist nur erträglich, wenn man es mit den Augen der Liebe betrachtet; dann ist der Glaube an die Auferstehung geradezu zwingend. Er entspringt dieser Liebe und ihrer inneren Logik und empfundenen Wahrheit, die frei macht.
Lieben heißt zum anderen sagen: Du wirst nicht untergehen. (Gabriel Marcel) ganz einfach deshalb, weil die Liebe nur das Leben sieht, sie will und wünscht nur das, sie spricht mit den Worten des Lebens.

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#434 Re: Theologie als Wissenschaft I

Beitrag von sven23 » So 14. Feb 2016, 06:45

Halman hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Ratzinger und closs wollen Wissenschaft letztlich ihrem Glauben unterordnen. Und das geht nicht, auch wenn sie sich auf "höhere" Einsichten oder "alternative Wahrnehmungssysteme" berufen (die es nicht gibt).
Da war der Exeget Prof. Erich Zenger offenkundig anderer Ansicht. Er urteilte, dass Ratzingers Jesus-Buch die Bibel auf hohem bibelwissenschaftlichen Niveau erklärt.
Bei einem Mann, der das AT wieder stärker in den Vordergrund rücken wollte, wundert das nicht. ;)
Andererseits rügte er auch die Karfreitagsfürbitte für die Juden, die er als Rückschritt im christlich-jüdischen Verhältnis ansah.
Verantwortlich für diese Liturgieänderung war Ratzinger im Jahr 2008.
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#435 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von sven23 » So 14. Feb 2016, 07:01

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ich denke z.B. an das Dogma der leiblichen Himmelfahrt Mariens.
Nicht falsifizierbar. - Fundamental-theologisch intersubjektiv verargumentierbar. - Alles andere ist Glaube - so rum wie anders rum.
Viele Fantasiekonstrukte zeichnen sich durch nicht Falsifizierbarkeit aus. Erhöht das ihre Wahrscheinlichkeit?
Doch wohl eher nicht.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#436 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Münek » So 14. Feb 2016, 07:19

Savonlinna hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Woher weißt Du das? Wenn alle Menschen miteinander vernetzt sind, könnte man sehr viel mitkriegen, was weder der Auslösende noch der Empfangende bewusst weiß.
OK - das wäre jetzt Stufe zwei. - Darüber könnten wir uns möglicherweise einvernehmlich unterhalten.

Stufe eins ist aber noch nicht geklärt. -
Für mich ist sie geklärt, beziehungsweise überhaupt kein Thema.
Ich kann ja in acht Jahren noch mal in das Forum reinschauen, ob Du sie inzwischen alle überzeugt hast - von Deiner Variante. ;)

Das steht nicht zu befürchten.

Sein selbstgebasteltes Glaubenskonstrukt besticht ja nicht gerade durch Plausibilität.
Und seine beharrliche Weigerung, bestimmte Fakten einfach zur Kenntnis zu nehmen,
spricht eine mehr als deutliche Sprache - nämlich die Sprache der Selbsttäuschung.

Kurt möchte halt "sein Ding" auf Teufel komm raus durchziehen.
Zuletzt geändert von Münek am So 14. Feb 2016, 09:33, insgesamt 1-mal geändert.

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#437 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von sven23 » So 14. Feb 2016, 07:28

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Er will es immer wieder und wieder hören, um es am Ende doch nicht zu verstehen.
In Eure Systematik kann ich mich schon eindenken und verstehe auch, wenn ich dieses Denk-System besuche. - Mir gelingt es jedoch regelmäßig nicht, eine Infragestellung der eigenen Systematik zu erwirken - die System-Zwänge scheinen übermächtig zu sein. - Es läuft auf "vor Hiob" und "nach Hiob" hinaus.
Verstehe ich nicht, was hat das mit Hiob zu tun?
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#438 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von sven23 » So 14. Feb 2016, 07:50

closs hat geschrieben: Wenn die historische Person Jesus ein Hochstapler war, hast Du allerdings recht.
Diesen Vorwurf an Jesus habe ich noch nirgends gehört. Verwechselst du das mit der Betrugshypothese nach Reimarus? Die wird heute von der Forschung nicht mehr vertreten.

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Die kanonische Exegese ist nicht wissenschaftlich und kann es gar nicht sein
Dies hängt - erneut - von der wissenschafts-theoretischen Definition ab - es gibt unterschiedliche. - Weiterhin versteht sich kanonische Exegese nicht als Konkurrenz zur HKM, sondern als Anschluss-Disziplin zur geistigen Deutung.

Nee, nee, entweder arbeitet man nach wissenschaftlichen Kriterien oder eben nicht. Ein bißchen schwanger gibt es hier nicht.
Das läßt sich auch sehr schön an der Jesusforschung ablesen.

Gerd Theißen schreibt in seinem Vorwort zum "Historischen Jesus":

"Dies Lehrbuch will wissenschaftliche Jesusforschung vermitteln - nicht nur ihre
Ergebnisse, sondern auch den Prozeß des Wissenserwerbs.
Es ist in der Überzeugung
geschrieben, daß 200 Jahre historisch-kritischer Jesusforschung und die in dieser
Zeit enorm vermehrten Quellen zu Jesus und seiner Umwelt wichtige Erkenntnisse
gebracht haben. Zum Wissenschaftsprozeß gehört freilich viel, was Lesern und Leserinnen
Geduld abverlangt, die primär an unmittelbar einleuchtenden Ergebnissen
interessiert sind.
Wissenschaft sagt nicht: „So war es", sondern: „So könnte es aufgrund der Quellen
gewesen sein."
Deshalb besprechen wir alle relevanten Quellen - nicht nur die kanonischen,
sondern auch die apokryphen Evangelien, nicht nur christliche, sondern
auch nicht-christliche Texte, die Jesus erwähnen. Auch sonst wird immer
die Textbasis vorgestellt, die den Schlußfolgerungen und Überlegungen zugrunde
liegt.
...
Weil Wissenschaft nicht einfach von der Wirklichkeit „erzählen" kann, sondern
über Quellen, Forschungslagen, Methoden und Probleme reflektiert, ist sie ein
kompliziertes Geschäft. Wir sehen darin eine Herausforderung für die Wissenschaftsdidaktik.
Unser Buch möchte differenziertes Problemwissen so klar wie möglich
vermitteln und auch etwas von der Freude, die es macht, innerhalb des Wissenschaftsprozesses
an der Suche nach Wahrheit und der Korrektur unserer Irrtümer
teilzunehmen."


Du siehst also, dein Vorwurf, die historisch-kritische Forschung gebe vor, im Besitz der absoluten Wahrheit zu sein, stimmt so nicht.
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#439 Re: Theologie als Wissenschaft I

Beitrag von Münek » So 14. Feb 2016, 08:18

Halman hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Ratzinger und closs wollen Wissenschaft letztlich ihrem Glauben unterordnen. Und das geht nicht, auch wenn sie sich auf "höhere" Einsichten oder "alternative Wahrnehmungssysteme" berufen (die es nicht gibt).
Da war der Exeget Prof. Erich Zenger offenkundig anderer Ansicht. Er urteilte, dass Ratzingers Jesus-Buch die Bibel auf hohem bibelwissenschaftlichen Niveau erklärt.

Das ändert ja nichts an dem Faktum, dass Ratzinger die Wissenschaft seinem Glauben unterordnen will.

Der Theologe Hans Küng, kein Unbekannter, stellt zu Recht kritisch fest, dass Ratzinger in seinem Jesusbuch "die historisch-kritische Methode zwar als unverzichtbar bezeichnet, sie aber überall dort außer Kraft setzt, wo traditionelle Auffassungen
oder Dogmen berührt werden".

Und weiter mit der Kritik ...

"Gegen den breiten Konsens in der Exegese geht er nicht von Markus als dem ältesten Evangelium aus, sondern macht das um das Jahr 90 geschriebene Johannesevangelium ... als Ganzes zur historischen Quelle eines Augenzeugen , statt es wie der von ihm sonst beifällig zitierte konservative Tübinger Exeget Martin Hengel als eine "weitgehende, aber keine völlig freie Jesus-Dichtung" zu verstehen."

"Unhistorisch ist die Methode, weil der Dogmatiker Joseph Ratzinger sein exegetisches Pferd vom Schwanz aufzäumt: Die synoptischen Evangelien liest er vom Johannesevangelium her, die johanneische Christologie aber versteht er ganz im Sinne der Dogmen der Konzilien von Nikaia (4. Jh.) und Chalkedon (5. Jh.), so dass ihm zufolge sich schon der Jesus der Geschichte als "eines Wesens" ("homoousios") mit dem Vater bekennt.

Im Grunde hat Ratzinger kein historisches Buch geschrieben, sondern eine - alle historischen Probleme überspringende - gelehrte geistige Schriftauslegung, die schon in der Reich-Gottes-Vorstellung, aber auch in der Bergpredigt und im Vater Unser eine verborgene Christologie findet, deren sich Jesus nach anderen, synoptischen Zeugnissen offenkundig nicht bewusst war."

[Quelle: Hans Küng "Umstrittene Wahrheit", S. 438]

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#440 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Münek » So 14. Feb 2016, 08:52

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ich denke z.B. an das Dogma der leiblichen Himmelfahrt Mariens.
Nicht falsifizierbar. - Fundamental-theologisch intersubjektiv verargumentierbar. - Alles andere ist Glaube - so rum wie anders rum.

"Verargumentierbar" (tolles Wort!) ist nahezu jeder behauptete Blödsinn.

Ich glaube im Übrigen nicht, dass die Masse der gläubigen Katholiken die Fantasiegeschichte von der
leiblichen Aufnahme Marias in den Himmel (als Dogma eine unhinterfragbare Glaubenswahrheit !)
für bare Münze nimmt.

Soooo leichtgläubig/bescheuert sind die "Schäfchen" auch wieder nicht. :)

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