closs hat geschrieben:Innerhalb des Mandats dessen, was die HKM sagen kann, ist dies ja auch korrekt.
Es gibt kein
innerhalb des Mandats der HKM, wie es kein
gleichberechtigtes außerhalb der HKM in dieser Sache gibt. Was es gibt, ist ein fundmantales wissenschaftstheoretisches Missverstänndnis deinerseits.
Deine Formulierung, die HKM habe ja recht,
aber nur innerhalb ihres Mandats, ist exakt so widersinning, wie davon zu sprechen, die Physik habe mit ihren Ergebnissen ja recht, aber nur innerhalb ihres Mandats. Ansonsten gäbe es aber noch andere "Mandate", mit der Physik ganz anders betrieben werden könne und deren Ergebnisse seien völlig gleichberechtigt.
Es macht hier übrigens überhaupt keinen Unterschied, dass Physik eine Natur-, die HKM aber eine Methode der Geisteswissenschaft ist, weil es um das grundsätzliche (Miss-)Verständnis von
Wissenschaft geht, nicht aber um die Unterschiede von Natur und Geist!
Wenn es dir gefällt, dann kannst du morgens jederzeit aufstehen und erklären, du habest Nachts im Traum die Wahrheit geträumt und weißt jetzt sicher, dass Jesus sich selbst als trinitarischen Gott verstanden hat. Das ist dann in der Tat eine "Einsicht" und Erleuchtung außerhalb der HKM, - aber dein Traumgesicht hat
wissenschaftlich eben keinerlei Bedeutung. Du kannst dann gerne auf die Sicherheit deiner Erleuchtung pochen, aber deine Einsicht ist den wissenschaftlichen Ergebnissen der HKM eben gerade NICHT gleichberechtigt.
Die HKM - und nur die HKM - vermag
nachvollziehbar begründend (eben wissenschaftlich) zu erklären, warum sich Jesus mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht als trinitarischen Gottessohn verstanden haben
kann. Zu seiner Zeit existierte das philosophisch hochdetaillierte, ontologisch-begriffliche Konzept der späteren Trinitätslehre mit seiner komplizierten Unterscheidung zwischen Wesensgleicheit bei gleichzeitiger Unterschiedlichkeit (Hypostase) von Gott Vater - Gott Sohn und hl. Geist nämlich noch gar nicht. Das ist eine philosophische ERFINDUNG erst des Konzils von Nicäa und es basiert auf der Begrifflichkeit
griechisch-ontologischer Philosophie. Das ist der überzeugendste Grund, warum der Jude Jesus, der höchstwahrscheinlich kein Griechisch beherrschte, sich nicht als trinitarischen Gott im Geiste griechischer Philosophie verstanden haben kann, und es gibt noch tausend andere Gründe, die sich aus den Überlieferungsschichten des NT ergeben.
closs hat geschrieben:
Es geht hier nicht um eine Kritik der HKM, sondern deren Zuständigkeitsbereich.
Der Zuständigkeitsbereich der HKM ist die
wissenschaftliche Erforschung der biblischen Schriften mit gesicherten Methoden. Wenn man sich auf irgendeine andere Art den biblischen Texten nähert, ob über Traumgesichte, ein behauptetes Wirken des hl. Geistes in der Tradition der katholischen Kirche, welches die Wahrheit dieser Tradition garantiert; über persönliche Erfahrungen mit Gott, die man gemacht hat; über Zungenreden oder auch über wahrheitgarantierende kanonische Exegese, dann kann man das gerne tun, aber das hat dann mit
Wissenschaft nichts zu tun, und sämtliche Einsichten und Erleuchtungen, die man so angeblich oder wirklich erhält, sind eben NICHT gleichberechtigt mit den allen Menschen nachvollziehbar begründendeten, wissenschaftlichen Einsichten der HKM.
Du verkennst völlig das Grundanliegen und die Grundaufgabe von Wissenschaft und wissenschaftlichen Arbeitens, welche in den Natur- und Geisteswissenschaften diesselben ist.
closs hat geschrieben:
- Wie Du sicher an den Beiträgen von Rati, Savi und ThomasM beobachtet hast, gibt es ganz unterschiedliche Einordnungen dessen, was HKM mandats-bedingt kann und was nicht.
Nein, es gibt keine MIssvertändnisse darüber, was die HKM
mandatsbedingt kann oder nicht. Ein solches Mandat ist freie Erfindung. Es gibt lediglich unterschiedliche Ansichten darüber, was die
Wissenschaftlichkeit der HKM eigentlich bedeutet. Und in dieser Frage, gibt es vor allem MIssverständnisse, so wie deines, Wissenschaftlichkeit sei lediglich ein Mandat, so wie Zungenreden oder kanonische Exegese Mandate sein können und die je herauskommenden Ergebnisse seien alle
gleichberechtigt. Aber nein, das sind sie eben nicht und Wissenschaft ist auch kein Mandat.
closs hat geschrieben:
Die Aussage von Thaddäus, die HKM sei das Mittel der Wahl, um das Denken (sic!) Jesu zu ermitteln, ist nicht nur aus meiner Sicht ein grobes Missverständnis dessen, was HKM kann und was sie nicht kann.
Insofern man überhaupt etwas darüber herausfinden kann, wie Jesus selbst über ganz bestimmte theologische Aspekte gedacht hat und wie er sich vermutlich selbst gesehen hat, - DANN geht das nur über die HKM.
Was hat Jesus am Kreuz gesagt (was hat er also unter anderem gedacht) und wie hat er sich in diesem Moment selbst gesehen?
Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht das, was bei Johannes steht:
"Es ist vollbracht!" - Und dabei denkend, der göttliche Heilsplan erfülle sich nun endlich mit seinem Tod. Das hat Johannes gedacht, aber nicht Jesus am Kreuz!
Jesus sagte und dachte am Kreuz - u.a.(!) - und sein Kreuzestod ist höchstwahrscheinlich historisch:
"Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen!" Woher die HKM das so genau wissen kann?
Weil Jesus, der ein gläubiger Jude war, hier ein Psalmwort zitiert, welches er als gläubiger Jude auf jeden Fall kannte. Weil der Evangelist Markus es nicht etwa in griechischer Sprache Jesus in den Mund legt, sondern in aramäischer Transkription:
"Eloi, Eloi, lama sabachthani!"
Das bedeutet, Markus liegt dieses Wort Jesu am Kreuz in Aramäisch vor, was wiederum bedeutet, dass es in Aramäisch, der Sprache, die Jesus gesprochen hat, überliefert worden ist bis zu Markus. Dies bedeutet weiter, dass es mit hoher Sicherheit ein authentisches Jesuswort ist und kein später erfundenes, wie z.B. Johannes'
"Es ist vollbracht!" Markus legt offensichtlich Wert darauf, Jesu Wort in dessen aramäischer Sprache weiterzugeben, obwohl seine Leser Griechisch sprechen oder zumindest das Griechische beherrschen. Zudem ist dieses Wort Jesu am Kreuz die
schwierigere Lesart (lectio difficilior), denn es ist in seiner Verzweiflung das genaue Gegenteil von Johannes
"Es ist vollbracht!". Dieses Wort Jesu am Kreuz hat nicht gut geklungen in den Ohren derer, die ihn später als Gott verehren wollen, denn es zeugt davon, dass sich Jesus von Gott verlassen fühlte wie der Psalmist und er sich in diesem Moment gerade nicht als der göttliche Vollender einer Heilsgeschichte fühlt und versteht. Usw.usw.
Die Ergebnisse der HKM erreichen in ihrer Sicherheit die Wahrscheinlichkeit, die eben, den untersuchten Punkt betreffend, erreichbar ist. Nicht mehr und nicht weniger. Zudem können die Ergebnisse noch unterschiedlich interpretiert werden und nicht immer ist wissenschaftlich entscheidbar, welche Interpretation der Faktenlage die zutreffende ist. Dann gibt es eben mehrere gleichberechtigte Interpretationen. Damit die Interpretationen aber überhaupt ernst genommen werden können, müssen die ihnen zugrunde liegenden Fakten mit der HKM ermittel werden.
Eine andere Methode und Möglichkeit gibt es nicht!