closs hat geschrieben:Man spürt ein Problem ("irgendwas läuft nicht"), kennt es nicht, geht es aber an.
Aha, „man spürt den Anlass, man spürt das Problem, man spürt, die Gewissheit“.
1.
Spüren ist auf jeden Fall ein Universalwerkzeug, wenn es darum geht, eine
vorherige Suggestion zu erfüllen.
2.
Spüren funktioniert rudimentär, wenn wir uns im täglichen Leben in einen anderen Menschen hineinversetzen, dessen Mimik und Verhalten wir interpretieren wollen.
3.
Spüren kann sich entwickeln, wenn es um ein Thema geht, das lange Zeit trainiert werden kann, wenn sich also ein „Instinkt“ über eine ständige Korrektur entwickelt.
4.
Spüren schiesst bei der Mustererkennung weit über das Ziel hinaus.
5.
Spüren ist in einem behaupteten Bereich, der wahrnehmungstechnisch nicht zugänglich sein soll, eigentlich nicht möglich.
Damit das Glaubenskonstrukt den Schein von Sinn nicht verliert, muss man sich selbst zu „etwas“ erklären, das den behaupteten unsichtbaren, unerreichbaren Bereich spüren können soll.
Damit wird der Entwurf aber zu einem Zirkelschluss:
=> Der Inhalt des Entwurfs wird mit dem Spüren begründen.
=> Das Spüren wird mit dem Entwurf begründet.
Ohne die behauptete Korrektheit des Spürens, fällt der Glaubensentwurf in sich zusammen und die Illusion löst sich auf: man hat lediglich den Anfangsverdacht.
Spüren ist im täglichen Leben kein verlässlicher Vorgang. Die „Erfolgsrate“ kommt eher dadurch zustande, dass die Treffer stärker betont/erinnert werden, als die Fehler.
Spüren ist extrem täuschungsanfällig.
Ein Experiment hat bei Wünschelrutengängern, also den Spürexperten, ergeben, dass sie zwar vollständig daran glauben, Wasser spüren zu können, aber nicht mehr, als die zufällige Trefferwahrscheinlichkeit erreichen
closs hat geschrieben:Der "Jemand" fehlt insofern ist, als dass er "incognito" als das vermutet ist, aus dem der Mensch ist (wobei dieser "Jemand" keine Person im herkömmlichen Sinne ist - wie Zeus etwa, der tatsächlich mit 2 Beinen und 2 Armen auf dem Olymp hockend geglaubt wird). - Dieser christliche "Jemand" namens Gott ist weder in Gestalt noch in Größe (Geist hat keine Gestalt in unseren Sinnlichkeits-Vorstellungen) vorstellbar, sondern nur spürbar und annehmbar - natürlich ohne Gewähr.
Und wieder steht das Spüren im Mittelpunkt, wobei hier explizit gesagt wird, dass der „
christliche Jemand“ gespürt wird, also dass eine Suggestion erfüllt wird.
Interessant ist, dass der Preis für die Spüren-Können-Behauptung das „Verschleiern des eigenen Seins“ ist:
Gläubige wissen damit letztlich nicht mehr, was sie selbst sein sollen.
Der lustige Begriff „Geist“ (also keine Körperlichkeit) soll es richten.
Nicht wissen zu können, was man selbst sein soll, ist die markanteste Schwachstelle, die der ganzen Erkennungs-Entwicklungs-Behauptung den eigentlichen Sinn entziehen sollte – „aber man spürt ja einfach darüber hinweg“.
closs hat geschrieben:Dein Problem ist, dass Du Deine Qualitäts-Kriterien an methodischer Fassbarkeit misst und nicht am Objekt. - Als sei die Qualität des Objekts abhängig von der Qualität der Wahrnehmungs-Möglichkeiten.
Was ist „Qualität des Objektes“?
Du tust so, als ob „Qualität“ etwas wäre, das unabhängig von Wahrnehmung vorhanden ist.
Genau das ist aber falsch.
„Qualität“ ist ein Bedeutungszusammenhang, der nur innerhalb von Wahrnehmung eine Rolle spielt. „Qualitäten“ werden von der Wahrnehmung vergeben.
Ein Problem ergibt sich, wenn man Wahrnehmungselemente von der Wahrnehmung trennen will und als eigene Existenz von einem gedachten wahrnehmungsunabhängigen Standpunkt aus betrachten/verstehen möchte -> der höchste Grad der Selbsttäuschung.
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Savonlinna hat geschrieben:Und dann taucht das Problem auf: Wie kann ein solcher von Gott wissen, wenn er als Mensch das gar nicht wissen kann?
Das Modell, dass das über Offenbarung läuft, löst letztlich das Formulierungsproblem nicht
…
Ein anderes Modell also wäre:
Der Mensch muss göttliche "Organe" haben, sonst könnte er von Gott rein gar nichs wissen.
Darum wäre es ein anderes Modell - und in meinen Augen ein tauglicheres:
die göttliche Wahrnehmung als latent im Menschen enthalten zu verstehen.
Wenn ich es richtig sehe, dann behauptest du, dass der Mensch „etwas von/über Gott“ wissen bzw. wahrnehmen können soll und dass diese Situation erklärt werden sollte.
Dazu musst du nachvollziehbar aufzeigen, was denn dieses Wissen (diese Wahrnehmung) sein soll und wie es sich in Bezug auf die Suggestionen verhält, die bereits auf kleine Kinder einwirken.
Welches Wissen über „Gott“(?) soll in einem Menschen vorhanden sein, der nie Kontakt mit irgendwelchen religiösen Aussagen hatte?
Savonlinna hat geschrieben:Obwohl mir klar ist, dass Closs lediglich die Naturalisten - falls sie sich verabsolutieren - in ihre Schranken weisen will - zu Recht -, steckt er leider dadurch die ganze Menschheit hinter diese Schranken.
„zu Recht“?
Wie begründet sich das „Recht“, Schranken aufzubauen, um die Möglichkeit zum Behaupten von Lebens-/Existenz-/Sinnzusammenhänge von Naturalisten abzuziehen?
(unter „Naturalisten“ verstehe ich in diesem Zusammenhang, Menschen, die nur mit Sachverhalten umgehen wollen, denen eine 100prozent Existenz-/Wahrnehmungsunabhängigkeits-Wahrscheinlichkeit zugeordnet werden kann)