Von einer Jungfrau geboren?

closs
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#271 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von closs » Sa 16. Jan 2016, 10:01

Münek hat geschrieben: "Weil der Mensch aus christlicher Sicht aus Gott kommt." Das ist natürlich keine Antwort auf meine Frage.
Doch - es ist eine Antwort, die Du nicht zu verstehen scheinst. - WENN der Mensch ein Geschöpf Gottes ist, ist damit begründet, dass Gott dies will, weil damit der Mensch ein Teil Gottes (in anderer Dimension) ist.

sven23 hat geschrieben: Nur die Begründung dafür ist eine spätere christliche Erfindung.
Das ist die Meinung säkularen Denkens und als solche akzeptiert - aber was tut das zur Sache?

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sven23
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#272 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von sven23 » Sa 16. Jan 2016, 10:05

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Nur die Begründung dafür ist eine spätere christliche Erfindung.
Das ist die Meinung säkularen Denkens und als solche akzeptiert - aber was tut das zur Sache?
Menschliche Erfindungen, die als solche identifiziert wurden, tragen immer zur Klärung bei. (wenn man daran wirklich Interesse hat)
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#273 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von closs » Sa 16. Jan 2016, 10:07

sven23 hat geschrieben:Menschliche Erfindungen, die als solche identifiziert wurden
"Identifiziert" klingt wieder so wie "Tatsache" - das ist falsch. - Richtig ist, dass man bei rein säkularem Zugang auf dieser Ebene Lösungen finden MUSS, weil einem die Haupt-Ebene nicht zugänglich ist.

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sven23
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#274 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von sven23 » Sa 16. Jan 2016, 10:18

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Menschliche Erfindungen, die als solche identifiziert wurden
"Identifiziert" klingt wieder so wie "Tatsache" - das ist falsch. - Richtig ist, dass man bei rein säkularem Zugang auf dieser Ebene Lösungen finden MUSS, weil einem die Haupt-Ebene nicht zugänglich ist.
Du vergißt, daß auch Theologen in der NT-Forschung arbeiten.
Manche beklagen ja, daß es keine unabhängige Forschung gibt. Wie sähe das Ergebnis wohl dann aus? ;)
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#275 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von closs » Sa 16. Jan 2016, 10:35

sven23 hat geschrieben:Du vergißt, daß auch Theologen in der NT-Forschung arbeiten.
Es verdichtet sich der Eindruck, dass viele Theologen genauso wenig Christen sind wie Sinologen deshalb Chinesen wären. - Theologie scheint heute vorwiegend eine Wissenschaft zu sein, die aus methodischen Gründen nolens volens auf substantiellen Zugang in die Bibel verzichtet, um auf diese Weise neutral zu sein. - Das ist so, als würde man einen Tauben Musikstücke erklären lassen, weil nur so gesichert sei, dass er ohne subjektive Elemente forschen kann ...

sven23 hat geschrieben:Manche beklagen ja, daß es keine unabhängige Forschung gibt. Wie sähe das Ergebnis wohl dann aus?
"Unabhängig" können nur rein sachliche, "technische" Fragen gelöst werden ("Wann entstand dieser Text?"/"Was bedeutete 'logos' zur Zeit der Texterstellung?"/etc.). - Substantielle Fragen können gar nicht "unabhängig" gelöst werden - da muss geistiger Zugang des Forschers vorausgesetzt werden, weil es sonste schnell gaga ist.

Das ist doch der Grund, warum die HKM von kirchlicher Seite her als einerseits unverzichtbar, anererseits aber auch als sehr begrenzt in ihrem Radius verstanden wird.

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#276 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von sven23 » Sa 16. Jan 2016, 11:10

closs hat geschrieben: Substantielle Fragen können gar nicht "unabhängig" gelöst werden - da muss geistiger Zugang des Forschers vorausgesetzt werden, weil es sonste schnell gaga ist.
Da hast du ein völlig falsches Bild davon, wie Forschung und damit Wissenschaft funktioniert. Ein "geistiger Zugang" ist für Forschung überhaupt nicht notwendig oder im Gegenteil störend.
Du verwechselst das mit Theologie als Glaubenskonstrukt.

closs hat geschrieben: Das ist doch der Grund, warum die HKM von kirchlicher Seite her als einerseits unverzichtbar, anererseits aber auch als sehr begrenzt in ihrem Radius verstanden wird.
Inwiefern soll sie unverzichtbar für die Kirche sein?
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#277 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von closs » Sa 16. Jan 2016, 11:24

sven23 hat geschrieben:Da hast du ein völlig falsches Bild davon, wie Forschung und damit Wissenschaft funktioniert.
Ich habe sehr wohl ein richtiges Bild davon, weshalb ich ja gerade deren Felder dementsprechend diszipliniert definiert haben möchte.

Natürlich kann rein formal auch ein tauber Musikhasser Musikwissenschaft studieren - er wird in der Tat viel Wertvolles herausfinden können (Strukturelles, Biografistisches, etc.) - er wird aber nicht das Wesen der Musik verständlich machen können. - Per analogiam passiert genau dasselbe bie der Theologie.

sven23 hat geschrieben:Inwiefern soll sie unverzichtbar für die Kirche sein?
Die Erkenntnisse zu Quellen-Datierungen, historischem Umfeld zur Zeit Jesu, linguistische Erkenntnisse, etc. sind überaus wertvoll für die kirchliche Theologie.

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#278 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von sven23 » Sa 16. Jan 2016, 11:27

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Da hast du ein völlig falsches Bild davon, wie Forschung und damit Wissenschaft funktioniert.
Ich habe sehr wohl ein richtiges Bild davon, weshalb ich ja gerade deren Felder dementsprechend diszipliniert definiert haben möchte.
Scheinbar aber nicht, wenn der Forscher "geistig" gepolt sein muß. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Inwiefern soll sie unverzichtbar für die Kirche sein?
Die Erkenntnisse zu Quellen-Datierungen, historischem Umfeld zur Zeit Jesu, linguistische Erkenntnisse, etc. sind überaus wertvoll für die kirchliche Theologie.
Aber bitte schön nur, wenn sie das Glaubenskonstrukt nicht gefährden. :lol:
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#279 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von sven23 » Sa 16. Jan 2016, 12:05

closs hat geschrieben: Es gibt universal denkende Philosophen, zu denen mir Hegel und auch Heidegger zu gehören scheinen. - Mit "universal" meine ich, dass sie Grundstrukturen zur Erklärung der Welt finden, die von ihnen in IHREM Kontext entwickelt und ausgeführt werden, jedoch auch außerhalb ihres Systems Verwendung finden können.
Hegels Religionskritik schließt ja wohl das Christentum mit ein.

"Hegel wirft der Religion vor, dass aus ihrer Sicht die vergängliche Welt an Wert verliert. Für die Religion sei der Staat lediglich „vanitas vanitatum”, ein „mechanisches Skelett”, eine „Institution notwendigen Übels”, die nichtgeistliche Ziele verfolgt. Eine so verstandene Religion kann es erschweren oder unmöglich machen, den Angelegenheiten des Staates die ihnen gebührende Würde zu verleihen. Wenn aus Sicht der Religion die Welt nichts wert ist bzw. sie vollends verschwindet, wird zugleich die Existenz jener Wahrheit, die im Staat zum Ausdruck kommt, in Frage gestellt. So projiziert der religiöse Mensch seine subjektive Überzeugung, wie die Welt sei und wie sie sein solle, auf die Wirklichkeit, anstatt diese kennenzulernen. In der Religion macht sich daher immer ein Moment der Bequemlichkeit, Faulheit und Selbstzufriedenheit bemerkbar. Es ist nämlich ein Leichtes, Selbstzufriedenheit aus einer „Wahrheit” zu beziehen, die mit objektiver Erkenntnis nichts zu tun hat und stattdessen in subjektiven Gefühlen, Vorstellungen und Träumereien versinkt.
...
Hegel nimmt auch eine kritische Stellung gegenüber der Monopolisierung der Ethik durch die Kirche ein. Hier wolle die Religion, und nicht die soziale Welt, letztgültig darüber entscheiden, was gut, wahr und gerecht ist. Zwar trifft die Religion in diesem Bereich überaus gern Entscheidungen, doch muss dies keineswegs heißen, dass sie Recht hat! Manche Formen von Religionen mag man, wie Hegel schreibt, getrost als „die härteste Knechtschaft unter den Fesseln des Aberglaubens und die Degradation des Menschen“[2] bezeichnen.
...
Ein weiteres Problem ergibt sich dadurch, dass die Kirche Freiheit und Respekt für die von ihr verkündete Wahrheit verlangt. Dies birgt Gefahren für eine sich weltlich verstehende Wissenschaft. Die Religion ist, wie wir wissen, in der Lage, die Wahrheit zu verraten und die Wissenschaft mitsamt ihren Errungenschaften zu vernichten. Als Beispiele führt Hegel die von der Kirche initiierte Verbrennung Giordano Brunos und den Casus Galilei an.
...
Zudem steckt der Same des Fanatismus in der Religion. Fanantismus erwächst aus einem subjektiven Willen, der von seiner Absolutheit überzeugt ist."

Katarzyna GuczalskaHegel als christlicher Philosoph. Die Rolle der Religion im Staat

Kritik am Katholizismus:

"Der Katholizismus trennt religiöse und gesellschaftliche Interessen voneinander. Die Katholiken verbinden Heiligkeit, Gewissen und geistliche Entwicklung eher mit dem religiösen als mit dem gesellschaftlichen Leben. Sie sind überzeugt, dass Religion und Staat verschiedene Inhalte verfolgen und aus verschiedenen Quellen stammen, gerade so, als gäbe es zwei Wahrheiten, eine religiöse und eine soziale. Ausdruck dessen ist die Einteilung der Menschen in Geistliche und Laien. Erstere halten sich aus dem weltlichen Leben heraus, haben keine Ehefrauen und Kinder sowie - zumindest angeblich - kein Eigentum. Letztere verzichten nicht auf das weltliche Leben, sind jedoch dadurch in ihrem Gottesstreben geschwächt und bedürfen der Vermittlung des Klerus. Durch diese Teilung trägt der Katholizismus nicht zur Stärkung des ethischen Engagements für die Angelegenheiten des Staats bei, behindert die Entwicklung prosozialer Einstellungen und bringt mitunter sogar das geistliche Engagement in eine Frontstellung gegen den Staat. Der Katholizismus ordnet das Individuum einer starken Organisation unter und untergräbt somit jene Wahrheit, dass der Mensch in Christus zu einem absoluten Wert geworden ist, dass er allein seiner Vernünftigkeit und seinem Gewissen verpflichtet ist, nicht aber einer institutionellen Kirche.
...
Hegel vertritt die Ansicht, dass ein starker Staat durchaus in der Lage ist, sich vor unvernünftigen, sektiererisch-orthodoxen Formen der Religion zu schützen."

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#280 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von Savonlinna » Sa 16. Jan 2016, 12:38

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Wenn man sich selber in den Hintergrund stellt, dann ist das ein ANTHROPOZENTRISCHES Sich-in-den-Hintergrund-Stellen - oder aber es ist eben NICHT alles anthropozentrisch. Tertium non datur.
Absolut richtig. - Es führt aber beim Menschen zur Erkenntnis, dass er und seine Wahrnehmungs-Methodik nicht notwendig das Maß der Dinge sind - mehr De-Anthropozentrierung ist nicht nötig.
Wenn Du dieses "tertium non datur" bestätigst, dann ist keine Einschränkung möglich.

Du schränkst es mit der folgenden Formulierung aber dennoch ein: der Mensch sei mit seiner Wahrnehmungsmethodik "nicht notwendig" das Maß der Dinge.
Daraus schließe ich: Deiner Meinung nach sei der Mensch mit seiner Wahrnehmungsmethodik dennoch grundsätzlich fähig, das Maß aller Dinge zu sein, muss es aber nicht notwendigerweise sein.
Hier bitte ich um die Formulierung des Kriteriums, nach dem Du beurteilst, wann die Wahrnehmungsmethodik eines Menschen das Maß der Dinge sein könnte, wann nicht.

Weiterhin schreibst Du:
closs hat geschrieben:mehr De-Anthropozentrierung ist nicht nötig
In wessen Namen entscheidest Du, dass mehr "De-Anthropozentrierung nicht nötig sei?"
Meinst Du damit, dass Dir selber es genügt, wenn ein Mensch erkennt, dass seine Wahrnehmungsmethodik begrenzt sei?
Allerdings hast Du ja eben formuliert, dass diese Wahrnehmungsmethodik nicht immer begrenzt sei, wie schon erwähnt. Wie kann also ein einzelner Mensch selber erkennen, ob seine Wahrnehmungsmethodik das Anthropologische überschreitet oder in ihm befangen bleibt?


closs hat geschrieben:Nachdem Du ein so sensibler Sprach-Mensch bist, könnte man auch sagen:
"Der Anthropozentrismus (also der Ismus dabei) ist überwunden, wenn man sagt: Die eigene Wahrnehmung sei nicht maßstäblich". - Ja - das gefällt mir - Dir auch?
Könntest Du bitte einmal ganz präzise beschreiben, was Du mit "Wahrnehmung" meinst?

closs hat geschrieben: - Aber ich versuche, es sprachlich nach Deinen Ansprüchen zu lösen:

Savonlinna hat geschrieben:wenn ich sage: Ich erkenne anthropozentrisch, und ich wisse das: Habe ich damit die Anthropozentrik meiner Erkenntnis überwunden?
Das würde ich jetzt umformulieren in:

Wenn ich meine bisherige Wahrnehmung als anthropozentristisch erkenne, kann ich die damit bisher automatisch verbundene Maßstäblichkeit menschlichen Maßes überwinden.
"Überwinden" heißt für Dich also lediglich: Es werde von Mensch X zugegeben, dass der Mensch - als Mensch - in seiner Wahrnehmung begrenzt sei.
Die Wahrnehmung bleibt also, wie ich schon im vorigen post sagte, genauso wie vorher: nur dass man jetzt dazusagt, dass sie nicht Maßstab sei.


closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Jeder hat seine Lieblingsunterscheidungen, und diese sind dem Bedürfnis der entsprechenden Person geschuldet.
Im besseren Fall sind dies individuelle Erkenntnis-Felder in Bezug auf geistige Entitäten. - Und in der Summe all dieser Details wird es zwar kein Ganzes geben (dann dürfte ja nichts fehlen), aber es würde ein lückenhaftes Gesamtbild ergeben. - Verstehe ich Dich richtig?
Ich meine etwas ganz Einfaches und habe es nur aus Deinem Satz: "Alles ist anthropozentrisch" gefolgert.
Ich möchte diese Deine Aussage in aller Sorgfalt ausloten.

Darum habe ich in meinem vorigen post rückgefragt:
Savonlinna hat geschrieben:Woher weiß jemand, dass alles anthropozentrisch ist? Er kann es ja nicht wissen, da ja auch diese Behauptung anthropozentrisch ist.
Nach Deinen eigenen Worten hat derjenige sich "de-anthropozentriert", der erkennt, dass seine Wahrnehmungstechnik nicht-maßstäblich sei.
Also ist auch diese Deine Aussage nicht maßstäblich, sondern nur eine menschliche Sicht.
Der entscheidende Punkt dabei sei aber nur, wie Du oben erläutert hast, ob Du es dazusagst oder nicht.

Und das ist ja auch logisch, denn aus Gottes Sicht kann es ja ganz anders aussehen. Aus Gottes Sicht könnte alles und jedes göttlich sein und die anthropologische Sicht gar nicht vorhanden sein.

Das alles ist nur aus Deinen Aussagen gefolgert.

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