Sicher können Historiker und Exegeten nur Rekonstruktionen der Geschichte erstellen. Um für Thaddäus, Dich und alle User deutlicher zu machen, wovon ich spreche, möchte ich alle tatsächlich passierten historischen Erreignisse, unabhängig davon, ob wir Kenntnis davon haben, unabhängig davon, ob wir sie überhaupt oder korrekt in unseren historischen Rekonstruktionen berücksichtigt haben, aus physikalischer" Sicht als Ereignisse der Raumzeit ansehen. Da die Raumzeit nicht nur alle räumlichen Koordinaten, sondern auch alle zeitlichen Koordinaten umfasst, repräsentiert sie die Gesamtheit aller Ereignisse und kann vielleicht am Besten als seiend beschrieben werden.closs hat geschrieben:Da muss sie es als Teil ihrer Professionalität verstehen, geistige Zugänge zur selben Fragestellung zuzulassen (NT-Paradigmen-Wechsel, Motiv des "Und sie verstanden ihn nicht" (übrigens Motive, die sehr wohl gesamt-biblisch leichtest nachweisbar sind, wenn man will). - Die HKM muss also im Rahmen IHRER Professionalität sagen können: "Wir wissen, dass unser Quellen-Zugang diese Frage nicht beantworten kann, weshalb wir bei unseren Leisten bleiben". - Hier sehe ich große Defizite, legt man das zugrunde, was hier gelegentlich als HKM-Ergebnisse apodiktisch vorgesetzt wird.
Das Problem dabei ist nur, dass uns nichts anderes als die Rekonstruktion der Wirklichkeit, gewissermaßen die Aktenlage, zur Verfügung steht.
Deine kritische Argumentation wäre nämlich rethorisch leicht verwendbar, um Glaubensaussagen zu kritisieren, im Sinne von: 'Nur in Deinem Glaubensmodell existiert Gott. Du darf aber nicht davon sprechen, dass er wirklich existiert, weil Du ihn nur religiös hergeleistet hast.'
Als gläubiger Mensche nehme ich mir aber die Freiheit, zu sagen: "Gott existiert wirklich!" Solange ich von niemanden verlange, diesen Glauben zu teilen, sehe ich da kein Problem.
Wenn ich aber eine Überzeugung allein aufgrund der Glaubhaftigkeit als wahr vertrete, dann muss ich auch allen anderen, auch Atheisten, zugestehen, Überzeugungenn aufgrund der Glaubhaftigkeit als wahr zu vertreten.
Vermutlich ist Thaddäus aufgrund ihres Studiums der Überzeugung, ihr Wissen auf bestmögliche Weise erlangt zu haben. Meinungen, die auf bestmögliche Weise erzielt werden, dürfen wir als Wissen bezeichnen, ohne damit einen Absolutheitsanspruch zu erheben. Es muss noch nicht einmal den Grad einer auf idealen Bedingungen erzielten Feststellung erreichen (ein Bespiel wäre die Feststellung, dass 5+7=12 korrekt ist).
Daher darf Thaddäus grundsätzlich davon sprechen, zu wissen, dass Jesus eine Naherwartung verkündete, wenn die Rekonstrution auf solider Basis steht. (Auch wenn ich eine andere Sichtweise als sie vertrete.)
Ich bin z.B. der Auffassung, dass wir wissen, dass Jesus unter Pontius Pilatus gekreuzigt wurde. Darf ich dies so denn nicht sagen?
Meiner Meinung nach liegt hier eine weltanschauliche Diskussion zugrunde. Mein Tipp wäre, sich bewusst zu machen, dass zwischen philosophischen Naturalismus und wissenschaftlichen Naturalismus ein fundamentaler Unterschied besteht. Damit steht und fällt auch die Frage, ob eine Jungfrauengeburt Jesu überhaupt möglich ist. Schließt man einen Gott aus, der nach Karl Barth jenseits aller bedingt-bedingenden Kräfte wirkt, so entfällt damit natürlich auch die Möglichkeit eines Wunders. Es hängt also davon ab, welche Weltanschauung man als Prämisse setzt.
Die Exegese ist gewissermaßen eine Konklusion auf Basis der Prämissen, welcher die Bibelhermeneutik beeinflussen. Ihr seit euch, so mein Eindruck, über die Prämissen unseins. Daher müssen eure Konklusionen verschieden sein.
Was ist ein Wunder? In Verbindung mit dieser Frage könnte man, wenn man am Naturalismus festhalten will, über das 3. Clarke'sche Gesetz nachdenken.
"Mir ist bewusst, dass die physikalische Sicht von historischen Ereignissen als Ereignisse der Raumzeit bei übernatürlichen Ereignissen, die als historisch betrachtet werden, problematisch ist. Es geht mir nur darum verständlich zu machen, dass ein Ereignis analog zu einer raumzeitlichen Koordinaten auch dann vorliegt, wenn wir keine Kenntnis von ihr haben.