closs hat geschrieben:Münek hat geschrieben:Die Analogie passt nicht; Musik ist nichts Übernatürliches.
Das ist nicht der entscheidende Unterschied. - Der Unterschied besteht darin, ob man Musik wissenschaftlich von außen beschreibt oder sie aus eigenem Erleben von innen heraus beschreibt. - Dito HKM-Beschreibung und geistige Beschreibung.
Es gibt keinen
grundsätzlichen Widerspruch zwischen einer wissenschaftlichen Erforschung der christlichen Religion durch die historisch-kritische Methodik und der "Musik" bzw. besser: der "Kunst" des Glaubens.
So wenig, wie es einen Widerspruch zwischen der musikwissenschaftlichen Analyse der Werke Bachs, Mozarts oder Schönbergs gibt und dem musikalischen Genuss, den man erleben kann, wenn man die Musik dieser Komponisten hört.
Ein gutes Gedicht verliert nichts von seinem Zauber, wenn man es literaturwissenschaftlich analysiert, und es kann einen auch nach der Analyse genau so beeindrucken und tiefe Gefühle in einem auslösen, wie vorher.
Nicht der Glaube an sich wird durch die wissenschaftliche Analyse der biblischen Schriften angegriffen, sondern allenfalls das
Fürwahrhalten ganz bestimmter Glaubensinhalte, ohne die manche Theologen, die meisten (vor allem katholischen) Kirchenvertreter und die fundamentalistischen Gläubigen nicht glauben zu können
meinen.
Die allermeisten christlichen "Normal-Gläubigen" in unseren Tagen sind diesen christlichen Ideologen weit voraus, insofern die nämlich in ihrer Mehrheit längst nicht mehr an die meisten der dogmatischen Glaubensvorgaben ihrer Kirchenvertreter glauben!
Wer von den Normalgläubigen glaubt denn bitteschön noch daran, dass Maria eine Jungfrau war, als sie Jesus gebar? Wer von ihnen glaubt denn noch daran, dass Jesus über das Wasser eines Sees gegangen ist, Wasser in Wein verwandelte, Dämonen hat in Schweine fahren lassen oder Lazarus von den Toten hat auferstehen lassen? Wer von denen glaubt denn noch daran, dass Gott sich in Gottvater, Sohn und heiliger Geist aufteilt, dass Jesus selbst
leiblich von den Toten auferstand, dann noch auf der Erde herumspazierte und schließlich
leiblich in den Himmel auffuhr, wo er zur rechten Gottes
sitzt? Und wie viele katholische Gläubige glauben denn allen Ernstes heute noch an die Dogmenvorgaben der katholischen Kirche? Das dürften - statistisch gesehen - die allerwenigsten sein. Vermutlich glauben sogar die wenigsten, die sich selbst durchaus als Gläubige bezeichnen würden daran, dass Jesus Gottes
Sohn ist.
Nein, Probleme mit den Ergebnissen der HKM haben vor allem die kirchlichen Institutionen und ihre offiziellen Vertreter, die eine wahre Lehre bewahren möchten und natürlich die fundamentalistischen Gläubigen, die ebenfalls an eine wahre Lehre glauben möchten, weil das ihnen den Glauben leichter macht. Denn wenn behauptet wird, es gäbe eine wahre christliche Lehre, von der kein Jota weggenommen werden darf, dann gibt es keine Freiheit des Glaubens mehr, die einen irritieren könnte.
closs hat geschrieben:Münek hat geschrieben:Das machen Theologen, die die historisch-kritische Auslegungsmethode anwenden, EBEN NICHT.
Doch. - Allein die Aussage, es habe Tatsachenrang, dass Jesus selbst eine "äußere Naherwartung" gehabt habe, ist dafür ein gutes Beispiel (richtig wäre: Jesus wurde teilweise so rezipiert).
Die Naherwartung Jesu
hat Tatsachenrang, wenn man unter einer Tatsache das versteht, was als historisches Faktum nach allen Regeln der wissenschaftlichen Kunst als die wahrscheinlichste Glaubensauffassung von Jesus selbst rekonstruiert werden kann. Etwas anderes kann nämlich nicht als wahrscheinlich rekonstruiert werden. Wenn du trotzdem daran glauben willst, dass Jesus keine Naherwartung des Gottesreiches hatte, dann darfst du das, aber es ist höchstwahrscheinlich schlicht und einfach falsch.
Wenn du mit der Naherwartung Jesu nicht leben kannst, dann willst du offenbar an das Falsche glauben, - und zwar aus dogmatischen Gründen und weil du Angst hast, dein Glaube löse sich auf, wenn Jesus nur ein kanaanäischer jüdischer Wanderprediger war, der daran glaubte, dass das Kommen des Gottesreiches nahe bevorsteht.
Es ist dir wirklich hoch anzurechnen, closs, dass du dich bemühst, die Wissenschaftlichkeit aus deinem Glauben nicht als Teufelswerk zu verbannen, wie das andere Gläubige tun und vor allem auch bestimmte fundamentalistische Vertreter in der Theologie selbst. Es tut mir aber Leid und in der Seele weh, dir dabei zuzusehen, wie du dich als ein intelligenter Mann wie Don Quixote in einen aussichtslosen Kampf gegen Windmühlenflügel stürzt.