Pluto hat geschrieben:Versuche dich mal in einen Juden zu versetzen, der das NT vollkommen ablehnt, und nur das Pentateuch und die Thora als Referenzen hat.
Es ist mir leider nicht möglich, den Tanach aus jüdischer Perpektive zu betrachten, weil mir hierzu die erforderlichen Talmud-Kenntnisse fehlen.
Pentateuch ist doch die griechische Bezeichung der
Thora (die 5 Bücher Mose), also das Selbe, lieber Pluto.

Hinzu kommen die weiteren Schriften des AT. Im zweiten Jahrhundert wurde die Mischna schriftlich fixiert und danach schrieben die Rabbiner Jahrhunderte am Talmud. Da ich darüber kaum etwas weiß, erkundigte ich mich bei einem User im SciFi-Forum er war so freundlich, mir Folgendes zu erklären:
Zitat von
C.Baer:
Der Talmud ist eine Erläuterung der Tora und kein Teil des Tanach.
Im 1-2. Jahrhundert nach der Zeitenwende wurde die mündliche Tora, d.h. genauer gesagt der pharisäische Konsens der Auslegung der Tora in der Mischna (= Wiederholung) schriftlich niederlegt.
Interessanterweise wird die pharisäische "Überlieferung" in
Mat 15:1-2 erwähnt, welcha zur Jesu Zeit m. W. nur mündlicher Natur war. Diese mündlichen Überlieferungen der pharisäischen Rabbiner bildeten die Grundlage der rabbinischen Mischna (hebr. â€×žÖ´×©Ö°×× Ö¸×”â€Ž, „Wiederholung“) welche im 2. Jhd. von Rabbi Jehuda ha-Nasi (hebr. יהודה ×”× ×©×™×) zusammengestellt wurde.
Zitat von
C.Baer:
Auf Basis von Tora + Mischna entstanden bis zum 5. bzw. 7. Jahrhundert der (später wenig einflussreiche) Jerusalemer Talmud und der (heute als
der Talmud bekannte) Babylonische Talmud.
Diese Werke fügen der Mischna die Gemara hinzu: dokumentierte Diskussionen der Rabbinen zu den einzelnen Fragen des Gesetzes - Diskussionen die ein weites Feld abdecken bis hin zu kleinen religiösen Legenden und Gleichnissen, verschiedene Meinungen anbieten und am Ende manchmal mehr als eine Position gleichberechtigt gelten lassen.
Der Talmud ist also die Tora mit 2 Kommentarebenen: Mischna und Gemara, wobei der Textanteil der Tora selbst nur noch sehr gering ist und die Gemara sehr ausführlich ist.
Der Talmud ist durch Ordnungen und Traktate nach Themen gegliedert, sodass man zügig themengebunden Auslegungen und Lehrmeinungen nachschlagen kann.
Beim Talmud handelt es sich also um Schriften, welche in der Diaspora nach der Vollendung der Bibel niedergeschrieben und so dem Judentum hinzugefügt wurden (wobei die Mischna ihren Ursprung schon in der mündlichen Überlieferung der Pharisäer hatte).
In der Antike drohte der hellenistische Einfluss aus Sicht frommer Juden das Judentum zu verunreinigen. Während sich die Sadduzäer m. W. mit dem Hellenismus arrangierten, bildeten sich fromme Juden als Gegenbewegung heraus, aus denen die Pharisäer hervorgingen. Später entwickelte sich daraus das moderne rabbinische Judentum, welches natürlich die pharisäischen Standpunkte als ihre Wurzeln bejaht.
Die Mischna (hebr. â€×žÖ´×©Ö°×× Ö¸×”â€Ž, „Wiederholung“) geht auf die mündlichen Überlieferungen der pharisäischen Rabbiner zurück und wurde neben den Tanach (AT) wichtiger Bestandteil des Talmud.
Die mosaische Weisung ("Gesetz" - Torah) steht im Judentum also nicht isoliert und unkommentiert, sondern es wird durch die Mischna ergänzt und durch den gesamten
Talmud (â€×ªÖ·Ö¼×œÖ°×ž×•ּד‎) interpretiert.
Der Talmud ist ein sehr umfangreiches relgiöses Schriftwert, welches etwa
10.000 Seiten umfassenst.
1. Tanach:
hebräische Bibel (AT)
2. Mischna: die niedergeschriebenen mündlichen Überlieferungen der Auslegungen zur Torah, die von den Rabbinern, den Nachfolgern der Pharisäer, schriftlich fixiert wurden.
3. Gemara (s. die Ausführungen von C.Baer)
Um also die den Tanach aus jüdischer Sicht zu beleuchten, müssten wir wissen, wie dieses durch das talmudische Prisma gelesen und interpretiert wird. Bei einem so unfangreichen Werk (schätzungsweise acht mal umfangreicher als der Tanach und über sechs mal mehr Text als die ganze Bibel), über das wir so wenig wissen, dürfte es uns kaum möglich sein, die hebräische Bibel aus moderner jüdischer Sicht zu lesen.
Darüber hinaus entwickelte sich das Judentum im Laufe der letzten zwei Tausend Jahre und mit der soziokulturellen Evolution des jüdischen Kulturkreises damit wahrscheinlich auch die Rezeption der Torah und der anderen Schriften des AT.
Was wir allerdings feststellen können: Einem Juden steht nicht nur der Pentateuch als Referenz zur Verfügung.
C.Baer erklärte mir:
Zitat von
C.Baer:
Natürlich sind auch diese Texte wie die Bibel Produkte ihrer Zeit.
Orthodoxe und Ultraorthodoxe Juden sehen die Positionen des Talmud und von ihnen abgeleitete Werke wie den Schulchan Aruch (eine Art spätermittelalterlichen jüdischen Katechismus) auch heute noch als 100% verbindliche Definition der Halacha (des jüdischen Religionsgesetzes) an, während progressive Juden auch dem Talmud historisch-kritisch begegnen und große Teile der Halacha und der Erfüllung von Mitzwot (Geboten) im Alltag als veränderlich begreifen.
Das ist eben das selbe Spannungsfeld wie im Christentum zwischen Piusbruderschaft und EKD, nur noch ein bisschen extremer.
Das Judentum ist an beiden äußeren Flügeln ((Ultra-)Orthodoxie und Reform) sehr stark und prosperierend aufgestellt, während die konservative Mitte (Masorti) "dünner" ist als im Christentum.
Was meinst Du dazu?
Pluto hat geschrieben:Nicht die Israeliten wurden angegriffen, sonder sie führten die Eroberungskriege.
Hast Du dafür eine historische Quelle?