Wird die Philosophie unterschätzt?

Philosophisches zum Nachdenken
closs
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#121 Re: Wird die Philosophie unterschätzt?

Beitrag von closs » Mi 30. Dez 2015, 08:28

Thaddäus hat geschrieben:Es ist moralisch ganz und gar unerheblich, ob Gott als allwissendes Wesen Völker mordet, weil er die zukünftige Geschichte überblickt und mit seinem Völkermord vermeintlich "Schlimmeres" verhindern will.
Hier prallen ganz unterschiedliche Weltbilder zusammen.

Moralisch hast Du recht - ich würde genauso argumentieren. - Aus materialistischer Sicht bleibt auch keine andere Wahl, weil die menschliche Existenz perdu ist, sobald der Mensch stirbt.

Christlich gesehen ist Deine Argumentation EBENFALLS richtig, wenn man das menschliche Handeln beurteilt. - Denn das "Liebe Deinen Nächsten" (und zwar JEDEN) bedingt, dass man mit ihm "moralisch" umgeht. - Aus Gottes Sicht ist es anders, weil aus seiner Sicht die eigentliche Existenz des Menschen im Geistigen liegt, der körperliche Tod somit keine Vernichtung, sondern Heimkehr in die eigentliche Existenz ist (das gilt auch für die Amalekiter).

Gefährlich wird es und wurde es auch immer wieder, wenn sich der Mensch überhebt, im Namen Gottes zu handeln. - Dann passiert, dass man Menschen umbringt, um sie "heim ins göttliche Reich" :devil: zu bringen - aus meiner Sicht eine satanische Auslegung der Bibel. - Aber leider nicht unüblich. - Und somit kann es in der Tat geschehen, dass im christlichen Namen dasselbe gemacht wird, was heute die ISIS macht, wenn sie 72 Jungfrauen als Lohn für einen Selbstmordanschlag verspricht.

Der entscheidende Punkt: Man darf nicht das Wesen des Christentums nicht mit dessen Missbrauch verwechseln.

Konkret heisst dies: Wenn Gott Schöpfung wieder zu sich nimmt, geht uns das nichts an. - Wenn Menschen vorgeben, beim Töten göttliche Rechtfertigung zu haben, ist es aus meiner Sicht schwere Sünde und aus säkularer Sicht klar zu verurteilen.

Das AT als Muster zu nehmen, halte ich übrigens für einen Fehler. - Das AT ist im wesentlichen Dunkelheit, aus der immer wieder mal Licht blitzt - wie ein Vulkanboden, auf dem nach und nach erste Pflanzen kommen. Dass man das AT als Glaubens-Grundlage in Bezug auf eigene Verhaltensweisen nehmen kann, halte ich für einen Fehlgriff einiger Denominationen.

Hemul
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#122 Re: Wird die Philosophie unterschätzt?

Beitrag von Hemul » Mi 30. Dez 2015, 09:30

closs hat geschrieben:Konkret heisst dies: Wenn Gott Schöpfung wieder zu sich nimmt, geht uns das nichts an.
Der beste Satz den ich bisher von Dir gelesen habe. :thumbup: :clap:
Trotzdem wagen es irdische Winzlinge die sich mehrmals am Tage auf der Toilette entleeren müssen-Gottes Handlungsweise in Frage zu stellen. Wie klein und kurzsichtig doch der kleine Mensch ist-geht aus folgendem Beispiel aus 2.Könige 6:11-17 hervor - als die Syrier wieder einmal versuchten Israel zu vernichten:

11 Den König von Syrien beunruhigte die Sache sehr. Er ließ seine Truppenführer kommen und sagte: "Könnt ihr mir nicht sagen, wer von den Unsern zum König von Israel hält?" 12 "Nein, mein Herr und König", sagte einer von ihnen, "es ist der Prophet Elischa. Der meldet seinem König sogar das, was du in deinem Schlafzimmer sagst." 13 Da befahl der König: "Findet heraus, wo er ist! Dann werde ich ihn mir schon holen." Man meldete ihm: "Er ist in Dotan1." 14 Da schickte er ein ganzes Heer dorthin mit Pferden und Streitwagen, eine starke Truppe. Sie rückten bei Nacht an und umzingelten die Stadt. 15 Als der Diener des Gottesmannes früh am Morgen aufstand, sah er die Stadt plötzlich von einem Heer, von Pferden und Streitwagen umringt. "Ach, mein Herr, was sollen wir jetzt machen?", rief er. 16 Doch dieser sagte: "Hab keine Angst, denn auf unserer Seite stehen viel mehr als bei ihnen." 17 Dann betete Elischa: "Jahwe, öffne ihm doch die Augen!" Da öffnete Jahwe die Augen des Dieners, und er sah auf einmal, dass der ganze Berg rings um Elischa von Pferden und Streitwagen aus Feuer wimmelte.

Der Bedienstete hatte wie man im Volksmund so sagt: "Ein Brett vor dem Kopf". Die Realität Gottes sah völlig anders aus als seine eigentlich von seiner Sicht logischen Schlussfolgerung. Ich Vergleiche das immer mit dem Beispiel mit dem Jungen der in einem Abstand von ca. 5 m vor der Wand eines offensichtlich roten Würfel mit einer Kantenlänge von 1000 m steht. Würde man diesen Jungen fragen was er sieht-würde wie aus der Pistole geschossen die Antwort kommen--eine rote Wand. Diese Antwort ist von seiner subjektiven Sicht auch 100% völlig richtig. Setzt sich der Junge aber in ein Flugzeug und betrachtet den Würfel aus einem erhöhten Blickwinkel sieht die Sache aber ganz anders aus. Er mag z.B. feststellen, dass es nicht nur eine rote Wand gibt-sondern einen Würfel der verschiedenartige Farben aufweist. Aber nicht nur das. Oberhalb des Würfels sieht er lachende Menschen die sich dort in einem Freizeitpark vergnügen. Erstaunt und ganz baff sagt er zu seinem Sitznachbarn im Flugzeug: " Wie leicht man sich doch täuschen kann". Der Junge war ehrlich genug sich seine Täuschung einzugestehen. Leider, leider laufen viele Menschen lieber weiterhin "mit einem Brett vor dem Kopf" durch die Welt.

Jesaja 55:8-11,
8 "Meine Gedanken sind nicht wie eure Gedanken, / und eure Wege nicht wie meine Wege!", spricht Jahwe. 9 "Denn so hoch der Himmel über der Erde ist, / so weit reichen meine Gedanken über alles hinaus, was ihr euch denkt, / und meine Möglichkeiten über alles, was für euch machbar ist. 10 Und wie Regen oder Schnee vom Himmel fällt / und nicht dorthin zurückkehrt, ohne dass er die Erde tränkt, / sie fruchtbar macht, dass alles sprießt, / dass Brot zum Essen da ist und Saatgut für die nächste Saat, 11 so ist es auch mit meinem Wort: / Es kehrt nicht leer zu mir zurück, sondern bewirkt, was ich will,
Und das ist auch gut so. :clap:
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#123 Re: Wird die Philosophie unterschätzt?

Beitrag von Hemul » Mi 30. Dez 2015, 09:57

Solivagus hat geschrieben:Hallo Thaddäus und sven23,
beide schrammt ihr mit voller Fahrt...:
Thaddäus hat geschrieben:[...] Schon der hier implizit vorausgesetzte Gedanke, die Kinder von Verbrechern müssten zwangsläufig ebenfalls wieder Verbrecher werden, ist von einer so unreflektierten unglaublichen Naivität, dass man ihn getrost zu den Akten legen kann. [...]
sven23 hat geschrieben:Oh, je was für eine Moral und Ethik offenbart sich da.
Kleine Kinder dürfen getötet werden, weil aus ihnen mal Soldaten werden könnten. [...]
... an Hemuls Argument vorbei:
Hemul hat geschrieben:[...] Gott sah das voraus u. verhinderte es. Zum Glück für Noah seine Familie aber auch für uns heute.
Danke für Dein Verständnis. :blumenstrauss:
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#124 Re: Wird die Philosophie unterschätzt?

Beitrag von sven23 » Mi 30. Dez 2015, 10:03

closs hat geschrieben: Der entscheidende Punkt: Man darf nicht das Wesen des Christentums nicht mit dessen Missbrauch verwechseln.
Dann sollte man vielleicht mal ganz neu anfangen, den Stall ausmisten und den alten Müll über Bord werfen.


closs hat geschrieben: Konkret heisst dies: Wenn Gott Schöpfung wieder zu sich nimmt, geht uns das nichts an.

Oh, das geht uns schon was an. Warum hängen eigentlich immer noch so viele an einem grausamen, despotischen Gottesbild?
Das wäre aus psychologischer Sicht mal interessant. Der despotische Übervater, der starke Mann übt scheinbar immer noch auf viele eine Faszination aus. Aus meiner Erfahrung sind das überwiegend Menschen, die auch Probleme mit Demokratie, Meinungsvielfalt, Pluralismus, Föderalismus oder mit der Moderne generell haben.
Gottesbilder sagen ja immer mehr aus über die Menschen, als über Gott selber.
Deshalb würde ich sagen, wenn man sich schon einen Gott erfindet, dann sollte er doch wenigsten ethischen und moralischen Grundstandards entsprechen. Da ist ja selbst die säkulare Welt heute viel weiter entwickelt als dieser veraltete Kriegsgott aus der Wüste.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#125 Re: Wird die Philosophie unterschätzt?

Beitrag von Hemul » Mi 30. Dez 2015, 10:10

sven23 hat geschrieben: Oh, das geht uns schon was an. Warum hängen eigentlich immer noch so viele an einem grausamen, despotischen Gottesbild?

Weil diese "VIELEN" nicht gewillt sind den Gott der Bibel richtig kennen zu lernen-und weil sich hier "VIELE" nebenbei auch noch von Kubitza&Co negativ beeinflussen lassen-und deshalb lieber weiterhin mit einem Brett vor dem Kopf durch die Gegend taumeln-gelle? ;)
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#126 Re: Wird die Philosophie unterschätzt?

Beitrag von closs » Mi 30. Dez 2015, 12:00

sven23 hat geschrieben:Dann sollte man vielleicht mal ganz neu anfangen
Das tun ja viele. - Nur will die Gegen-Religion Materialismus nur das Schlechte sehen. - Im übrigen ist, um es mit dem katholischen Fundamental-Theologen Biser einmal zu sagen, die Kirche noch nicht bei sich angekommen. - Das sind lange heilsgeschichtliche Prozesse, die nie ganz gelingen können.

sven23 hat geschrieben: das geht uns schon was an.
Dann hast Du was ganz Wesentliches nicht verstanden. - Unsere Zeit ist auf dem geistigen Status vor Hiob - und das ist mindestens 2.500 Jahre her.

sven23 hat geschrieben:Deshalb würde ich sagen, wenn man sich schon einen Gott erfindet, dann sollte er doch wenigsten ethischen und moralischen Grundstandards entsprechen.
Wenn ich einen erfinden könnte, würde ich keine erfinden - so einfach ist das. ;) - Solange man "Gott" als Erfindung des Menschen versteht, ist man auf einem vollkommen falschen Weg.

sven23 hat geschrieben: Der despotische Übervater, der starke Mann übt scheinbar immer noch auf viele eine Faszination aus.
Das ist eine Chiffre, die man heute ganz anders wählen könnte - ein Physiker könnte Gott als Singularität mit Identität bezeichnen - aber wer versteht sowas schon? - Also greift man auf etwas für jeden Verständliches zurück.

sven23 hat geschrieben: Probleme mit Demokratie, Meinungsvielfalt, Pluralismus, Föderalismus oder mit der Moderne generell haben.
Wenn man Gestaltungsgrößen wie diese mit ontologischen Größen verwechselt, kann das vorkommen.

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#127 Re: Wird die Philosophie unterschätzt?

Beitrag von sven23 » Mi 30. Dez 2015, 12:12

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: das geht uns schon was an.
Dann hast Du was ganz Wesentliches nicht verstanden. - Unsere Zeit ist auf dem geistigen Status vor Hiob - und das ist mindestens 2.500 Jahre her.
Also Hiob wäre ein dramatischer Rückfall in voraufklärerische Zeiten. Blinder Kadavergehorsam gegenüber einer despotischen Obrigkeit sollte auch in der jüngeren deutschen Geschichte nicht ganz unbekannt sein. Das kann nicht das Ziel sein. Übrigens wird Hiob für seinen blinden Gehorsam und Glauben auch noch im Diesseits belohnt. Belohnung und Bestrafung sind Grundmotive, die sich durch die komplette Bibel ziehen.

closs hat geschrieben: Wenn ich einen erfinden könnte, würde ich keine erfinden - so einfach ist das. ;) -
Das ist eine Tautologie.

closs hat geschrieben: Solange man "Gott" als Erfindung des Menschen versteht, ist man auf einem vollkommen falschen Weg.
Aber so ist es doch. Alle Götter sind menschliche Projektionen, der Christengott ist da keine Ausnahme.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Der despotische Übervater, der starke Mann übt scheinbar immer noch auf viele eine Faszination aus.
Das ist eine Chiffre, die man heute ganz anders wählen könnte - ein Physiker könnte Gott als Singularität mit Identität bezeichnen - aber wer versteht sowas schon? - Also greift man auf etwas für jeden Verständliches zurück.
Wieso ist ein grausamer Despot verständlicher als ein ethischer Gott?
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#128 Re: Wird die Philosophie unterschätzt?

Beitrag von closs » Mi 30. Dez 2015, 12:23

sven23 hat geschrieben:Also Hiob wäre ein dramatischer Rückfall in voraufklärerische Zeiten. B
Nein - es wäre die erste (mir bekannte) intellektuelle und letztlich aufgeklärte Auseinandersetzung mit der Frage nach dem Verhältnis zwischen Mensch und dem, aus dem er kommt und wohin er geht.

sven23 hat geschrieben:Belohnung und Bestrafung sind Grundmotive, die sich durch die komplette Bibel ziehen.
Um zu zeigen: "Das ist gut/das ist böse". - Vergiss aber nicht die Hauptsache: Hiob hat nicht im geringsten eine Ahnung davon, dass er belohnt werden könnte. Sein Anliegen ist ein GANZ anderes.

sven23 hat geschrieben: Blinder Kadavergehorsam gegenüber einer despotischen Obrigkeit sollte auch in der jüngeren deutschen Geschichte nicht ganz unbekannt sein.
Du verstehst offensichtlich Gott wesensartig als (Über-) Menschen. - Von da an muss alles weitere scheitern.

sven23 hat geschrieben:Das ist eine Tautologie.
Nein. - Dieses Wort kommt mir hier zu oft vor und scheint sich als Abwiegler bewährt zu haben, wenn man nicht nachdenken will. - Lies den Satz nochmal durch.

sven23 hat geschrieben:Alle Götter sind menschliche Projektionen, der Christengott ist da keine Ausnahme.
Komplett falsch. - Du verwechselst wieder mal "Sein und Wahrnehmung". - Das Sein Gottes ist KEINE Erfindung (wenn es ihn gibt) - die Chiffre, mit der man ihn benennt, ist Menschenwerk - geht ja nicht anders.

Du klingst so ähnlich wie einer sagt, es gibt keine Sonne, weil das Wort "Sonne" nicht die Sonne ist. - Das Wort ist von uns - von wem sonst?

sven23 hat geschrieben:Wieso ist ein grausamer Despot verständlicher als ein ethischer Gott?
Wer sagt das? - Diesen Komparativ habe ich noch nie gehört.

Es geht hier nicht darum, dass man sich etwas malt, sondern dass man Realist ist. - Warum ist ein Tsunami verständlicher als ein sanft wiegendes Meer? - So klingt Deine Frage. - Außerdem solltest Du Deine Beispiele aus dem NT holen - sie sind für uns aktuell.

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#129 Re: Wird die Philosophie unterschätzt?

Beitrag von sven23 » Mi 30. Dez 2015, 13:14

closs hat geschrieben:Nein - es wäre die erste (mir bekannte) intellektuelle und letztlich aufgeklärte Auseinandersetzung mit der Frage nach dem Verhältnis zwischen Mensch und dem, aus dem er kommt und wohin er geht.
Ich denke eher, daß die Schreiber das Theodizee-Problem thematisiert haben. Was aber gründlich in die Hose ging. Gott sieht dabei ziemlich alt aus.

closs hat geschrieben: Um zu zeigen: "Das ist gut/das ist böse". - Vergiss aber nicht die Hauptsache: Hiob hat nicht im geringsten eine Ahnung davon, dass er belohnt werden könnte. Sein Anliegen ist ein GANZ anderes.
Der Text wurde ja nicht für den literarischen Hiob geschrieben, sondern als Vorbildfunktion für Gläubig und solche, die es werden wollen. Die Botschaft ist: Glaube bedingungslos und du wirst belohnt werden. Kollateralschäden sind dabei nebensächlich.
Blinder Kadavergehorsam gegenüber einer despotischen Obrigkeit sollte auch in der jüngeren deutschen Geschichte nicht ganz unbekannt sein.

closs hat geschrieben: Du klingst so ähnlich wie einer sagt, es gibt keine Sonne, weil das Wort "Sonne" nicht die Sonne ist. - Das Wort ist von uns - von wem sonst?
Es geht ja nicht um das Wort "Gott", sondern darum, was Menschen damit verbinden, welche Mythologien sie drum herum basteln usw.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wieso ist ein grausamer Despot verständlicher als ein ethischer Gott?
Wer sagt das? - Diesen Komparativ habe ich noch nie gehört.
Closs schrieb:
"Das ist eine Chiffre, die man heute ganz anders wählen könnte - ein Physiker könnte Gott als Singularität mit Identität bezeichnen - aber wer versteht sowas schon? - Also greift man auf etwas für jeden Verständliches zurück."
Und dieses "verständliche" soll wohl der grausame Despot sein, denn ich schrieb:
"Der despotische Übervater, der starke Mann übt scheinbar immer noch auf viele eine Faszination aus."

closs hat geschrieben: Außerdem solltest Du Deine Beispiele aus dem NT holen - sie sind für uns aktuell.
Das wäre noch zu untersuchen.
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Thaddäus
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#130 Re: Wird die Philosophie unterschätzt?

Beitrag von Thaddäus » Mi 30. Dez 2015, 13:53

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Es ist moralisch ganz und gar unerheblich, ob Gott als allwissendes Wesen Völker mordet, weil er die zukünftige Geschichte überblickt und mit seinem Völkermord vermeintlich "Schlimmeres" verhindern will.
Hier prallen ganz unterschiedliche Weltbilder zusammen.
Da prallen keine "Weltbilder" aufeinander, sondern da scheidet sich menschliche Moralität ganz einfach von menschlicher A-Moralität. Hemul und du, ihr versucht allen Ernstes Völkermord und Genozid damit zu rechtfertigen, dass ihr völlig ahistorisch einen kanaanitischen Kriegsgott zum moralischen Maßstab im 21. Jahrh. erheben wollt. Schon allein dieser Versuch zeugt entweder von einer ungeheuerlichen moralischen Verkommenheit oder von einer so ungeheurlichen historischen und moralischen Ignoranz, dass jeder Mensch, der halbwegs bei Verstand ist, darüber nur mit dem Kopf schütteln kann.

closs hat geschrieben: Moralisch hast Du recht -
Natürlich habe ich moralisch recht. Und einen anderen Maßsstab, als den des Moralischen, gibt es bei eurerem Rechtfertigungsversuch von Genozid und Völkermord als gottgewollt auch nicht.

closs hat geschrieben: ich würde genauso argumentieren. -
Tust du aber nicht, sondern du versuchst Menschheitsverbrechen im Jahre 2015/2016 mit der angeblichen Relevanz eines kanaanitischen Kriegsgottes zu rechtfertigen.

closs hat geschrieben: Aus materialistischer Sicht bleibt auch keine andere Wahl, weil die menschliche Existenz perdu ist, sobald der Mensch stirbt.
Hier liegt keinerlei materialistische Sicht vor.
Im Gegenteil gehe ich explizit von Hemuls und deinem Gottesverständnis aus und zeige die moralische Inkompetenz eures Rache- und Blutgottes auf.

Meine Kritik trifft deshalb wesentlich tiefer und ins Mark eures verqueren Gottesverständnisses, denn ich behaupte keineswegs, dass euer Dämonengott nicht existiert.
Meine moralische Bewertung auf der Grundlage der kantischen Selbstzweckformel bedeutet vielmehr: Wenn es diesen euren Rache- und Blutgott tatsächlich geben sollte, dann ist es die moralische Verpflichtung eines jeden aufrechten und moralischen Menschen, die Herrschaft dieses Gottes niemals zu akzeptieren, sich gegen ihn mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln aufzulehnen und sich ihm zu widersetzen, - wo immer und wann immer es geht!
Gäbe es euren Blutgott wirklich, dann ist es jedem Menschen moralisch geboten, ihn zu verachten und die Stirn zu bieten, wie Camus' Sisyphos den Göttern die Stirn bietet und sich genau dadurch über sie erhebt! Das ist dann der moralische Stolz und die Ehre des Menschen.

In der Hölle eines solchen Rache- und Blutgottes gequält zu werden, ist dann die Adelung des sich ihm widersetzenden Menschen, als einem moralisch höher stehenden Wesens und der Beweis, dass es sich um keinen GOTT, sondern lediglich um einen furchtbaren Dämon handelt.
Zuletzt geändert von Thaddäus am Mi 30. Dez 2015, 16:13, insgesamt 1-mal geändert.

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