Verhängnisvoller Missionsbefehl

closs
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#351 Re: Verhängnisvoller Missionsbefehl

Beitrag von closs » Sa 28. Nov 2015, 16:44

Savonlinna hat geschrieben:Sie können nichts erläutern, können nichts transparent machen
Das macht mich sehr ratlos. - Wozu gibt es denn übergeordnete Begriffe, wenn nicht, um zu vermeiden, dass man jedes Mal das Rad neu erfinden muss.

closs
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#352 Re: Verhängnisvoller Missionsbefehl

Beitrag von closs » Sa 28. Nov 2015, 16:54

sven23 hat geschrieben:Inhalte von Glaubensdogmen wie Jungfrauengeburt Auferstehung sind nachweisbar?
Aus Sicht der systematischen Theologie sicherlich NICHT. - Oder meinst Du, die wären so bescheuert, dass geistige Fragestellungen mit naturwissenschaftlichen Fragestellungen verwechseln?

sven23 hat geschrieben:Wenn sich die Intersubjektivität auf reine Esoteriker beschränkt, wirds schwierig mit dem wissenschaftlichen Anspruch.
Ein atheistischer Wissenschaftler, der eine vorliegende wissenschaftliche Arbeit zu einer geistigen Fragestellungen wissenschaftlich nachvollziehen kann, ist kein Esoteriker.

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Savonlinna
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#353 Re: Verhängnisvoller Missionsbefehl

Beitrag von Savonlinna » Sa 28. Nov 2015, 17:01

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Sie können nichts erläutern, können nichts transparent machen
Das macht mich sehr ratlos. - Wozu gibt es denn übergeordnete Begriffe, wenn nicht, um zu vermeiden, dass man jedes Mal das Rad neu erfinden muss.
Jeder Wissenschaftler wird in seinen Erläuterungen konkret. Und zwar u.a. darum, weil er nachweisen muss, dass er keine Nebelkerzen in die Luft pulvert.

Übergeordnete Begriffe sind nicht dazu da, Konkretes zu ersetzen.
Sie folgen aus Konkretem.
Und das Konkrete muss allen Diskutanten bekannt sein, damit übergeordnete Begriffe im Kopf der Mitdiskutatanten sofort das Konkrete assoziieren können.

Wo das aber nicht gegeben ist, muss eine Behauptung konkret nachvollziehbar gemacht werden, will man verstanden werden.
Und gleichzeitig muss einem Menschen wie mir gezeigt werden, dass es keine Nebelkerze ist, sondern aus Konkretem abstrahiert ist.

Man muss also nicht "das Rad neu erfinden", sondern nachweisen, dass man überhaupt von einem Rad spricht und es nicht nur vorgaukelt.

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sven23
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#354 Re: Verhängnisvoller Missionsbefehl

Beitrag von sven23 » Sa 28. Nov 2015, 17:06

closs hat geschrieben:Ein atheistischer Wissenschaftler, der eine vorliegende wissenschaftliche Arbeit zu einer geistigen Fragestellungen wissenschaftlich nachvollziehen kann, ist kein Esoteriker.
Du beschränkst dich immer auf Formalismen, mir gehts um Inhalte. Das ist des Pudels Kern.

Manche Theologen haben ja gute Ansätze, um sie im gleichen Augenblick wieder zunichte zu machen. Da fehlt es einfach an Stringenz.
Kubitza hat da ein schönes Beispiel des Theologen Joest:
"Zum Ideal der Vorurteilslosigkeit und einer religiös ausgenüchterten Forschung bekennen sich vorderhand zwar auch unsere Theologen. So schreibt Joest sehr deutlich und richtig:
„Das Alte Testament ist zu lesen als Dokument der Religionsgeschichte seiner Zeit, nicht als verschlüsselte Vorausdarstellung einer künftigen Zeit.“
Und einige Seiten weiter:
„Dass Jesus das Wort Gottes, die Selbstzusage des Gottes Israels in Person ist, ist aus dem alttestamentlichen Zeugnis nicht ableitbar.“
Für solche Sätze wäre er im Mittelalter möglicherweise noch verbrannt worden. Heute formulieren solche Sätze Ergebnisse der wissenschaftlichen Auseinandersetzung, zu der sich auch Theologen bekennen können. Eigentlich: Denn gleichzeitig scheint Joest von solchen eben erst formulierten Erkenntnissen nichts mehr wissen zu wollen.
„Das Neue Testament ist im Lichte des Alten auszulegen, weil und insofern eben im Alten Testament das Wort des ewigen Gottes, das in Ewigkeit bleibende Wort (Jes 40,8; vgl. 1. Petr 1,25), zu vernehmen ist.“
Fast übergangslos fällt Joest wieder in eine typische Theologensprache, wird vom Forscher zum Dogmatiker und bringt Bibelzitate, die offenbar Begründungscharakter haben sollen.

Oder der Theologe Trillhaas: Auch er sieht durchaus klar die Gefahren einer Überinterpretation:
„Die christliche Theologie lebt bei der Auslegung des Alten Testamentes leicht über ihre Verhältnisse und sagt dem hohen Rang der Hl. Schrift zuliebe mehr als glaubhaft ist.“
Wahre Worte. Doch wie um auch selbst einen Beweis für das gerade Gesagte zu liefern, liest man noch auf derselben Seite:
„Weil das Evangelium die Wahrheit ist, darum empfängt das Alte Testament von ihm her den Beweis seiner (korrelaten) Wahrheiten.“
Geht man zu weit, wenn man hier von einer gewissen Bewusstseinsspaltung spricht?“
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#355 Re: Verhängnisvoller Missionsbefehl

Beitrag von closs » Sa 28. Nov 2015, 17:22

sven23 hat geschrieben:Du beschränkst dich immer auf Formalismen
Savonlinna hat geschrieben:Jeder Wissenschaftler wird in seinen Erläuterungen konkret.
Ich spreche hier nicht als Wissenschaftler (davon gibt es genug gute), sondern "vorher".

Das Problem dieser (wie vieler anderer) Diskussion(en) ist doch NICHT, dass man etwas Konkretes vorlegen könnte und alles würde sich vor Einvernehmen in die Arme fallen, sondern dass es vollkommen unterschiedliche Auffassungen davon gibt, was Wissenschaft ist.

sven23 hat geschrieben:„Das Alte Testament ist zu lesen als Dokument der Religionsgeschichte seiner Zeit, nicht als verschlüsselte Vorausdarstellung einer künftigen Zeit.“
Woher will Joest das wissen? - Beides widerspricht sich übrigens nicht - und (kleines Geheimnis): Man sollte das AT das erste Mal so lesen, wie es Joest sagt.

sven23 hat geschrieben:„Dass Jesus das Wort Gottes, die Selbstzusage des Gottes Israels in Person ist, ist aus dem alttestamentlichen Zeugnis nicht ableitbar.“
Woher will Joest das wissen? - Es ist eine vernünftige Hypothese - das Gegenteil lässt sich genauso gut behaupten.

sven23 hat geschrieben:„Das Neue Testament ist im Lichte des Alten auszulegen, weil und insofern eben im Alten Testament das Wort des ewigen Gottes, das in Ewigkeit bleibende Wort (Jes 40,8; vgl. 1. Petr 1,25), zu vernehmen ist.“
Da müssstest Du mal Joest fragen, was er sich dabei gedacht hat. - Es kann gut sein, dass er beide Aussagen für richtig hält und Du nur falsch verstanden hast.

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sven23
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#356 Re: Verhängnisvoller Missionsbefehl

Beitrag von sven23 » Sa 28. Nov 2015, 17:35

closs hat geschrieben: Da müssstest Du mal Joest fragen, was er sich dabei gedacht hat. - Es kann gut sein, dass er beide Aussagen für richtig hält und Du nur falsch verstanden hast.
Nee, es ist ja kein Einzelfall, bei Trillhaas ist es ähnlich, siehe oben.
Dieses Hin und Her ist symptomatisch für manche Theologen.

"Klar scheint nur zu sein, warum sie so intellektuell zweigleisig fahren. Denn zwei Seelen schlagen in ihrer Brust. Eine ist ein kritisches Bewusstsein, das sie als Hochschullehrer haben und haben wollen, und das sie auch in ihren (sicher in erster Linie) von Theologiestudenten gelesenen Dogmatiken zeigen möchten. Das andere ist die leidige Rücksicht auf die theologische
Tradition, die sie, eben weil sie Theologen sind, immer wieder nehmen müssen und aber auch nehmen wollen. Es ist geradezu ein Charakteristikum moderner Theologie, dass sie weder auf das eine noch das andere verzichten will. Also muss auch beides in die Dogmatiken rein, und deshalb springt das Wirklichkeitsverständnis wie ein Pingpong-Ball hin und her.
...
Dogmatikern kann man dabei einiges durchgehen lassen. Sie operieren in eingebildeten Wirklichkeiten mit nicht existenten Gegenständen, verknüpfen diese in scheinrationalen Schlüssen, um Probleme zu lösen, die es ohne sie gar nicht gäbe. Unter Theologen kursiert der Witz, dass Karl Barth nur deshalb so alt geworden sei, weil Gott noch mehr über sich erfahren wollte."

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#357 Re: Verhängnisvoller Missionsbefehl

Beitrag von closs » Sa 28. Nov 2015, 17:47

sven23 hat geschrieben:Nee, es ist ja kein Einzelfall, bei Trillhaas ist es ähnlich
Bei mir erhärtet sich immer mehr der Eindruck, dass man theologische Zusammenhänge so weit runter-banalisiert, bis man seine Urban Legends unters Volk bringen kann. Das gehört vermutlich zu den Kollateral-Schäden der Meinungs-Gesellschaft. - Das klingt alles stark nach BILDung.

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Savonlinna
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#358 Re: Verhängnisvoller Missionsbefehl

Beitrag von Savonlinna » Sa 28. Nov 2015, 17:51

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Du beschränkst dich immer auf Formalismen
Savonlinna hat geschrieben:Jeder Wissenschaftler wird in seinen Erläuterungen konkret.
Ich spreche hier nicht als Wissenschaftler (davon gibt es genug gute), sondern "vorher".
Nein. Du hast ganz konkret den Wiki-Begriff "begründen" aufgegriffen, der erläutern soll, was Dogmatik auf wissenschaftlicher Ebene sein soll.
Dieser Begriff "begründen" ist nicht vorwissenschaftlich.

closs hat geschrieben:Das Problem dieser (wie vieler anderer) Diskussion(en) ist doch NICHT, dass man etwas Konkretes vorlegen könnte und alles würde sich vor Einvernehmen in die Arme fallen, sondern dass es vollkommen unterschiedliche Auffassungen davon gibt, was Wissenschaft ist.
Es ging konkret um diese erwähnte Zeile von Dir.
Wir versuchen herauszufinden, was "begründen" in der Dogmatik heißt.
Was Du da jetzt textest, hat damit gar nichts zu tun.

Schade. Eine Sekunde habe ich gedacht, Du bist mal kurz erreichbar.
Jetzt bist Du wieder in Deinem Panzer und nebelst rum.

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sven23
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#359 Re: Verhängnisvoller Missionsbefehl

Beitrag von sven23 » Sa 28. Nov 2015, 18:02

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nee, es ist ja kein Einzelfall, bei Trillhaas ist es ähnlich
Bei mir erhärtet sich immer mehr der Eindruck, dass man theologische Zusammenhänge so weit runter-banalisiert, bis man seine Urban Legends unters Volk bringen kann. Das gehört vermutlich zu den Kollateral-Schäden der Meinungs-Gesellschaft. - Das klingt alles stark nach BILDung.
Nee, in der Bildzeitung wirst du solche Themen nicht finden. Die "urban legends" - wenn es denn welche sind, produzieren manche Theologen doch selber. Siehe obige Beispiele.
Tja, wo sind die guten alten Zeiten geblieben, als die Kirche noch ex cathedra ihre Wahrheiten verkündete und niemand daran zweifeln durfte?
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#360 Re: Verhängnisvoller Missionsbefehl

Beitrag von Pluto » Sa 28. Nov 2015, 18:03

Savonlinna hat geschrieben:"Begründen" heißt einfach: Analysieren.
Und... was ist das Ergebnis?
In der Wissenschaft bemüht man sich um das "wie". Das Problem: die Dogmatik scheitert hier.

Savonlinna hat geschrieben:Und die Dogmen kann man wissenschaftlich analysieren.
Unmöglich, denn dazu müsste man sie durchleuchten. Doch damit wäre die Leere ihrer Inhalte entlarvt.
Der Dogmatismus lebt von nebulösen Aussagen.
Wissenschaft erklärt; Dogmatismus legt fest, denn er kann nicht erklären. — Merkst du den Unterschied?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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