Thaddäus hat geschrieben:Bewusstsein kann nicht "berechnet" werden
Das wäre aber „maximal ungünstig“, denn das Gehirn kann nichts anderes, als berechnen.
Thaddäus hat geschrieben:Bewusstsein bedeutet, den eigenen Empfindungsstrom selbst beobachten zu können. Du kannst es dir vorstellen, wie eine Leinwand, auf der ein Film abgespielt wird. Nur ist diese Leinwand in der Lage, sich auch noch selbst zu beobachten. Genau das bedeutet Selbst-Bewusst-Sein. Das Subjekt ist die Instanz, die den eigenen Bewusstseinstrom beobachtet. Das Subjekt ist die sich selbst bewusste Beobachtung des eingehenden Empfindungsstroms.
Bewusstsein mit dem Begriff „Beobachten“ in Verbindung zu bringen, halte ich für extrem problematisch, weil es einen „Beobachter“ suggeriert. Von diesem „Beobachter“ fehlt aber jede Spur.
Der einzige vorhandene Umstand ist das aktive Gehirn, also eine aktive Schaltauswertung. Wenn es keine explizite Schnittstelle gibt, dann besteht das Bewusstsein aus bestimmten Bedeutungszusammenhängen innerhalb des Ablaufes – ich nenne diese: Verstehzusammenhänge.
Dein Beispiel mit der „Leinwand“ suggeriert das Vorhandensein der Bewusstseinsinhalte und das Vorhandensein eines Beobachters. Beides ist mit einer sensorischen Wahrnehmungstechnik nicht machbar.
Das „Subjekt“ als Instanz zu bezeichnen, ist im Grunde schon wieder eine Form von Dualismus, zu der sofort die Was-Soll-Das-Sein-Frage und die Frage nach der Wechselwirkung gestellt werden muss.
Thaddäus hat geschrieben:Kant nennt es das transzendentale Bewustsein:…
Begriffe, wie „transzendental“ halte ich nicht für hilfreich, weil ich nicht sagen kann, was hiermit genau angesprochen wird und weil sie somit zu sehr von der vorhandenen Wahrnehmungstechnik ablenken.
Thaddäus hat geschrieben:SilverBullet hat geschrieben:Das Gehirn kann die Daten je nach Situation auch anders (unbewusst) verarbeiten – z.B. bei grosser Gefahr, wird kein Wert auf „viel Empfinden“ gelegt, da werden andere Inhalte bevorzugt.
Ganz im Gegenteil: bei Gefahr kommt es gerade auf die Empfindung an.
Nein, bei Gefahr läuft das Gehirn sehr zielstrebig ab. Das geht soweit, dass sogar Schmerz und die gesamte Tragweite von Situationen ausgeblendet werden.
Die spätere Verarbeitung kann sich dann zu einer „posttraumatischen Belastungsstörung“ entwickeln.
(Es gibt sogar den Fall des „Erstarrens“ vor der Gefahr – „Deadlock“)
Thaddäus hat geschrieben:Ihre Übersetzung in Erkennen und Empfindung erst macht diese Impulse zu etwas
Ich würde es so formulieren:
Innerhalb der Bedeutungszusammenhänge spielt ein „Etwas“ eine Rolle.
Es handelt sich aber nicht um eine Existenz im Sinne von „körperlicher Wirklichkeit“.
Thaddäus hat geschrieben:Selbst-Bewusstsein kann sich nicht selbst dabei beobachten, wie es entsteht.
Aus meiner Sicht ist „Selbst-Bewusstsein“ kein „Beobachten“.
Wir kennen keine Wahrnehmungstechnik, die sich selbst „beobachten“ kann.
Wenn dies möglich wäre, müsste das Bewusstsein die elektrischen Impulse, die genau dort vorhanden sind, wo sich das Bewusstsein „ansässig fühlt“, auf irgendeine Art erkennen können – Fehlanzeige.
Thaddäus hat geschrieben:Auf neuronaler Grundlage entsteht ein emergentes Phänomen. Es ist bislang nicht möglich dieses emergente Phänomen in allen Einzelheiten eindeutig und klar zu erklären. Aber das es entsteht, steht außer Frage. Und es steht außer Frage, dass man ein Gehirn dafür benötigt. Ohne Gehirn ist da gar nichts.
Aha, du bist also Anhänger des „Emergenz“-Begriffes.
„Emergenz“ ist aus meiner Sicht, in Bezug auf das Bewusstsein, der bescheidene Notfallplan, für Menschen, die das Fehlen einer „magischen Substanz“, innerhalb des „gewohnten Existenzverständnisses“, durch „Etwas“ ersetzen möchten.
Letztlich ist es immer noch eine Form von „Existenzdualismus“:
„es ist nicht das, was das Gehirn macht, sondern irgendetwas Anderes, das durch das Gehirn entsteht“
Der „Emergenz“-Begriff deutet auf eine Art „Eigenschafts-Sprung“ hin:
„das Ganze soll mehr sein, als die Summe der Einzelteile“.
Das Problem hierbei ist:
„Emergenz“ ergibt sich
aus der Sicht von Wahrnehmung, aber hier geht es gerade nicht um die Sicht sondern, um die Herstellung von Wahrnehmung.
Man kann keinen Bedeutungsbegriff aus dem „Inneren“ von Wahrnehmung verwenden, um den Aufbau von Wahrnehmung zu erklären.
„Emergenz“ ist letztlich ein Synonym für „es ergibt sich irgendwie für mich“.
Somit stellt sich keinerlei Mehrgewinn durch diesen Begriff ein.
Thaddäus hat geschrieben:Aber das Gehirn produziert offenbar Geist und Selbstbewusstsein.
Mit diesem ungerechtfertigten Produktionsanspruch, also dem Herstellen von „Etwas“, legst du dich bereits aufs Kreuz: -> „Existenzdualismus“.
Aus meiner Sicht:
Das Gehirn kann nichts herstellen.
Es ist eine raffinierte Ablauftechnik, aber es ist kein „Replikator“, der Dinge entstehen lasssen kann.
Man darf dem „Trick“ nicht auf den Leim gehen, dass im Bewusstsein ein einheitliches Existenzverständnis verwendet wird („
eine Emotion ist genauso aktuell und existent, wie ein Tisch - nur irgendwie nicht von aussen greifbar“).
Sämtliche Bewusstseinsinhalte spielen aber nur „innerhalb des Bewusstseins“ eine Rolle.
D.h. das „Produktionsurteil“, also das „Festellen des Vorhandenseins von Bewusstsein“ kommt nicht von ausserhalb, sondern ist ein Bedeutungszusammenhang
im Bewusstsein.
All diese Inhalte sagen nichts darüber aus, was Bewusstsein ist und wie Bewusstsein zustande kommt.
Es gilt:
Wahrnehmung kann sich nicht auf Grund der eigenen Inhalte analysieren.
Thaddäus hat geschrieben:Auf einer erkenntistheoretisch viel tieferen Ebene ist aber klar, dass Subjekt und Geist entstehen müssen, die wiederum die eigene Gehirnreifung als einen physischen Prozess begreifen können. Am Ende steht immer der GEIST, unabhängig von allen physischen Belangen, denn der Geist muss ja erst erkennen können, was physisch ist. Am Ende steht immer das Subjekt, welches alles Physische erkennt, auch, dass es selbst etwas Physisches überhaupt ist und sogar wie es selbst als physischer Körper funktioniert, ohne selbst mit diesem Physischen vollständig identisch zu sein.
Ich sehe darin einen „philosophischen Wunschzettel“, den man ja mal an den Nordpol schicken könnte.
Ich befürchte allerdings, dass die bunte Socke über dem Kamin leer bleiben wird.
Das aktive Gehirn ist ein aktives Gehirn und bleibt ein aktives Gehirn.
Die Wahrscheinlichkeit für ein Zauberkunststück ist gleich Null.
Um dem Bewusstsein auf die Spur zu kommen, müssen wir unser eigenes „Existenzverständnis“ genauso in Frage stellen, wie wir optische Täuschungen als nicht vorhandene Zusammenhänge identifizieren.
Das ist natürlich eine Stufe schwerer, denn es geht dabei um das „Identifizieren“, das „Verstehen“ selbst, also am Ende, um uns selbst.
Der „Zugang“ zu diesem Sich-In-Frage-Stellen liegt in der Tatsache, dass „Ich nur für mich, etwas bin“ oder um es philosophisch auszudrücken „Ich denke, also bin ich für mich etwas“ – wie aber „ich denke“ und „für mich“ zustande kommt, ist unklar.
Thaddäus hat geschrieben:Die Sache ist einfach. Da ein Subtsanzdualismus nicht funktioniert, muss der Geist irgendwie anders entstehen. Der Geist kann nicht von außen als immaterielle Instanz kommen: weil diese Ansicht unlösbare Probleme mit sich bringt. Also muss er eine Erscheinungsform des Gehirns selbst sein.
Wenn von „Entstehen“ und „Erscheinungsform“ gesprochen wird, dann handelt es sich um „Existenzdualismus“.
Dafür gibt es keinen Hinweis.
„Das Bewusstsein“ kann seine eigene Existenz nicht feststellen.
Es kann nur festgestellt werden, dass eine Art Vorgang notwenig stattfinden müsste.
Thaddäus hat geschrieben:Wie kann das sein? Es kann sein, wenn die Komplexität des physisch-neuronalen Gehirns etwas hervorbringt, das über die physischen Grundlagen des Gehirns hinausgeht als emergentes Phänomen.
Ich empfehle nicht in der reinen Komplexität nach Funktion zu suchen.
Künstliche neuronale Netze haben gezeigt, dass man nicht einfach eine wilde Verbindungsstruktur nehmen kann und daraus eine Funktion erhält.
Genau das Gegenteil ist der Fall:
es muss exakt geeignet sein (auch das Training muss exakt wirksam sein).
Natürlich ist es mit „Komplexität“, wie auch mit dem „Emergenz“-Begriff, einfach, eine scheinbare Ahnung zu vermitteln – Motto:
„
es sind so gigantisch komplexe Abläufe, dass da einfach etwas entstehen muss“
Ich sage:
Nein, die „Funktion des Verstehens“ besteht in der Aktivität des raffiniert verschalteten Gehirns. „Verstehen“ ist aber keine Funktion, die sich aus Komplexität ergibt.
Abstrakt gesehen:
Weil der Gehirnablauf an der einen Stelle ein Ergebnis liefert, reagiert ein anderer Ablauf im Gehirn auf eine geeignete Weise. So entsteht ein Wechselspiel aus Bedeutungskonstellationen. Ein Wechselspiel über das eine Fähigkeit stattfindet:
das Verstehen.
„Reaktion“ ist die einzige Form, um Bedeutungszusammenhänge zu erfassen.
Neuronen können nichts anderes als „unter einer Bedingung zu reagieren“.
Thaddäus hat geschrieben:Wenn ich weiß, wie mein Gehirn funktioniert, wer weiß dann, wie mein Gehirn funktioniert? Die feuernden Neuronen?
Ja, das könnte man sagen, wobei es nicht die Neuronen sind, sondern die aktive Schaltung, einschliesslich der Gewichtung in den Neuronen.
Letztlich steckt die Fähigkeit es zu Wissen, in der Verschaltung von bestimmten Abschnitten im neuronalen Netz.
Wann immer dieses Wissen aktuell (im Bewusstsein) eine Rolle spielt, sind diese Abschnitte aktiv und tragen zum obigen Wechselspiel bei.