Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Säkularismus
Geistliches und Weltliches verbinden
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NIS
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#2001 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von NIS » Sa 7. Nov 2015, 14:10

Savonlinna hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
closs hat geschrieben: Und kommt zum Ergebnis: Selbst wenn alles Täuschung wäre, wäre das Ich unabhängig davon. - Denn man könne zwar anderen mein Ich als Täuschung vorgaukeln, aber nicht dem Ich selbst - .
Wie bitte gaukelt man anderen sein "Ich" als Täuschung vor?
Descartes spricht von keinem "Ich".
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Savonlinna
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#2002 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Savonlinna » Sa 7. Nov 2015, 14:35

Savonlinna hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Wie bitte gaukelt man anderen sein "Ich" als Täuschung vor?
Descartes spricht von keinem "Ich".

sven23 hat geschrieben:Wieso nicht?
Keine Ahnung, warum er das nicht tut.
Ich bin bisher auf keine Ich-Philosophie bei ihm gestoßen. Diese beginnt meines Wissens erst im Idealismus, vor allem bei Fichte.
Wollte Descartes auf das Ich hinaus, hätte er nicht "cogito ergo sum" geschrieben, sondern cogito, ergo ego sum.

Descartes wollte die Wissenschaft begründen, nicht das Ich.
Sollte ich zu gegenteiliger Ansicht kommen, werde ich das hier schreiben.

Aber sicher hat Descartes die Wissenschaft aus dem mittelalterlichen Denken gelöst - allerdings nicht sonderlich konsequent, wie es aussieht -, und vielleicht meinen manche, dass er da den Weg freigebuddelt hat für die Ich-Philosophie.

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sven23
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#2003 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von sven23 » Sa 7. Nov 2015, 15:11

Hier ein interessanter Artikel aus "Spektrum der Wissenschaft".

Zitat daraus zu seinem problematischen Dualismus-Ansatz:
"Descartes bleibt uns also den Beweis für seine Behauptung schuldig, dass Geist und Welt voneinander getrennt seien. Er setzt diesen Dualismus vielmehr schlicht voraus. Im Übrigen wirft die Annahme, Geist und Materie hätten nichts miteinander zu tun, viele Probleme auf. Und es gibt eine Reihe von Gegenargumenten. Nur zwei seien an dieser Stelle genannt:.."

http://www.spektrum.de/news/wer-bin-ich/1063967
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SilverBullet
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#2004 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von SilverBullet » Sa 7. Nov 2015, 15:38

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Wenn jemand von „Gott“, „Geist“ und den „transzendenten Erfahrungen“ erzählt bekommt, handelt es sich somit 100prozentig um eine Suggestion.
Das kann nur eine System-Aussage sein. - Schließt Du komplett aus, dass der Mensch damit etwas findet, was ist. - Du klingst sehr ideologisch mit Deinen 100%.
Es ist eine Aussage über das Gehirn.
Wenn man für den Bruchteil einer Sekunde mit etwas konfrontiert wird, erinnert man sich daran – das ist die Alltagssituation für jeden Menschen.
Diese Funktion muss irgendwie zustande kommen. Beim Gehirn nennt man die Funktionseigenschaft der Anpassung: „Plastizität“. Ich denke, man kann den Umbau, die Anpassungen direkt über Experimente feststellen.
Wenn ich dann von 100% spreche, ist dies exakt die Wahrscheinlichkeit, die ich auch der Vermutung beimesse, dass meine Umwelt „wirklich“ ist.

Wer auf einen Menschen, als Helfer oder als Autoritätsperson, einwirkt und ihm als „wichtigen Zusammenhang“ von „Gott und dem Zubehör“ erzählt, der führt zu 100% eine Suggestion durch, weil er das Gehirn des „Neulings“ für seine Zwecke „voreinstellt“.
Dieses Vorgehen wäre zur Erfassung von statistischen Zusammenhängen vollständig ungeeignet, weil eine direkte Beeinflussung vorliegt.

Ich bleibe dabei: deine „Unterlage“ ist die Suggestion.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Diese „Homogenität“ ist somit nichts weiter als eine „gezinkte Karte“.
Das hieße, dass alle großen Kulturen in allen Zeiten nichts anderes gewusst haben, als sich selbst zu verarschen. --- O.o.
Geh zu den Steinwerfern (eine andere Kultur), präsentiere deine „Homogenität“ und überzeuge sie, dass es nicht notwendig ist, eine junge Frau zu massakrieren.

Wenn dir dabei nur eine Bibelstelle einfällt und dein „Hineinfühlen“ nichts beitragen kann, dann ist dein Ansatz vollkommen substanzlos – genau das hast du mir bestätigt.
Die Täuschungsversuche à la „ganz viele Anhänger können nicht falsch liegen“ bringen rein gar nichts, wenn es auf eine konkrete Leistung ankommt.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Was soll dieses „Ich“ sein, das sich selbst wahrnimmt?
Es geht darum, dass es als "Ich" identifiziert wird - und somit als Subjekt identifiziert wird, von dem aus alle Objekte wahrgenommen werden. - Mehr ist hier nicht nötig - es geht nur um diesen Gegensatz.
Wie kann man beweisen, dass tatsächlich eine Identifikation von „etwas“ durch „etwas“ stattfindet und diese beiden „etwas“ deckungsgleich sind?

Falls man es nicht kann, handelt es sich bei dieser „philosophischen Grundlage“ nur um ein weiteres schwebendes Kartenhaus.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Tatsache ist, dass es im Bewusstsein keine Vorstellung gibt, wie das Bewusstsein zustande kommt und was es ist.
Stimmt - darüber kann man zwar Modelle entwickeln (geistiger oder naturwissenschaflicher Art) - aber wissen kann man es nicht. - Einzig wichtig ist, dass das Ich erkennt, dass es Ich ist - DAS ist Bewusstsein (egal, wie es zustande kommt).
Ich staune:
Im ersten Teil kann man „ganz klar nichts wissen“.
Im zweiten Teil ist absolut festgelegt, dass „ein Ich sich erkennt“

Du redest zwar über den ersten Teil, aber die Konsequenzen verwendest du nicht.
Die „Wirklichkeit“ von „ein Ich erkennt sich selbst“ steht und fällt mit den Hintergründen rund um das Zustandekommen von Bewusstsein. Da das aktive Gehirn die Grundlage ist, handelt es sich bei „ein Ich erkennt sich selbst“ mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht im eine „Wirklichkeit“ sondern um virtuelle Zusammenhänge.

Der Effekt des Bewusstseins ist höchst erstaunlich, aber es „gibt ihn nur innerhalb" der Bedeutungszusammenhänge, in denen ein „sich für etwas halten“-Zusammenhang eine Rolle spielt.
Die "Echtheit" dieses Effektes hängt von der Frage ab, was da vor sich geht und wie es zustande kommt.
Es hängt aber nicht davon ab, was "das Denken über sich selbst urteilt".

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Philosophen vergessen das nur leider all zu oft
Sie wissen es mehr, als es heute aus dem Mund der naturlalistischen Seite zu hören ist - auch Du "weisst" ja Sachen zu "100%". - Würde einem Philosophen (normalerweise) gerade NICHT passieren.
Du zeigst exakt dieses Vergesslichkeits-Schauspiel:
Zuerst legst du fest, dass man nichts wissen kann und im Anschluss weisst du ganz eindeutig, dass ein „Ich sich selbst erkennt“.
Dadurch stellst du genau das Denken ins „Zentrum der Beweiskraft“, von dem du gerade noch überzeugt gesagt hast, dass es kein Wissen geben kann.

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Savonlinna
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#2005 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Savonlinna » Sa 7. Nov 2015, 17:04

SilverBullet hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Wenn jemand von „Gott“, „Geist“ und den „transzendenten Erfahrungen“ erzählt bekommt, handelt es sich somit 100prozentig um eine Suggestion.
Das kann nur eine System-Aussage sein. - Schließt Du komplett aus, dass der Mensch damit etwas findet, was ist. - Du klingst sehr ideologisch mit Deinen 100%.
Es ist eine Aussage über das Gehirn.
Könntest Du mal Deine Quellen nennen, SilverBullet?
Man kann bei Dir nicht unterscheiden, was Gehirnforscher sagen und was Deine persönliche Deutung ist.

Du nennst nie die Quellen Deiner Ansichten. Ich vermute, dass Du Dir so zusammengebastelt hast, was Du schreibst.
Was Du oben schreibst, ist Wunschkonzert.
Du kannst offenbar nicht einmal unterscheiden, was "Suggestion" ist und was einfach ein Begriff ist, der Dinge beschreibt, die real vorhanden sind.

Du schwärmst vom Gehirn ohne Ende, und doch ist nicht im Ansatz nachgewiesen, ob sich etwas im Gehirn nur abbildet oder vom Gehirn erzeugt wird. Da gibt es verschiedene Positionen - und diese Positionen sind grundsätzlich weltanschaulicher Natur.

Meine Bitte also:
nenne die Forscher, auf die Du Dich berufst, gib Quellen an, sodass ich nachlesen kann.

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#2006 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Sa 7. Nov 2015, 17:48

sven23 hat geschrieben:Wie bitte gaukelt man anderen sein "Ich" als Täuschung vor?
WIE man das macht, weiss ich auch nicht. - Die Aussage ist so gemeint: Für jeden ist das Ich eines anderen ein Objekt und nicht Subjekt - insofern kann es Täuschung sein.

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#2007 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Sa 7. Nov 2015, 17:51

Savonlinna hat geschrieben:Ich zitiere dies, damit deutlich wird, dass Descartes an der Existenz der Außenwelt nie gezweifelt hat und beruft sich da auf "den gesunden Geist", in der Übersetzung auf den "gesunden Menschenverstand".
Korrekt - Descartes hat nie an der Existenz der Außenwelt gezweifelt. - Aber ihm war bewusst, dass dies eine Glaubenssache ist, während das "Cogito" eine Wissenssache ist - um diesen entscheidenden Unterschied geht es ihm.

Pluto
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#2008 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Pluto » Sa 7. Nov 2015, 17:54

Savonlinna hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:
closs hat geschrieben: Das kann nur eine System-Aussage sein. - Schließt Du komplett aus, dass der Mensch damit etwas findet, was ist. - Du klingst sehr ideologisch mit Deinen 100%.
Es ist eine Aussage über das Gehirn.
Könntest Du mal Deine Quellen nennen, SilverBullet?
Man kann bei Dir nicht unterscheiden, was Gehirnforscher sagen und was Deine persönliche Deutung ist.
Muss das sein?
Ist es in diesem Zusammenhang nötig, Quellen zu nennen, wenn die Sachlage so offensichtlich ist?

Bei der Transzendenz handelt es sich immer um subjektive Erfahrungen, denn sie beruhen entweder auf Aussagen über Erfahrungen anderer, oder sie sind das Produkt eigener Vorstellungen (Autosuggestion). Ergo ==> 100% suggestiv.
Wo ist das Problem?

Savonlinna hat geschrieben:Du schwärmst vom Gehirn ohne Ende, und doch ist nicht im Ansatz nachgewiesen, ob sich etwas im Gehirn nur abbildet oder vom Gehirn erzeugt wird. Da gibt es verschiedene Positionen - und diese Positionen sind grundsätzlich weltanschaulicher Natur.
Ich befasse mich seit Jahren intensiv mit der Hirnforschung (die Liste der Autoren ist schier endlos). Das menschliche Gehirn mit seinen rund 10 Billionen Neuronen, gehört zu den komplexesten Gebilden im Universum — ein durchaus interessantes Forschungsobjekt. Dass wir noch sehr wenig, viel zu wenig, darüber wissen, liegt einerseits an dieser Komplexität, und andererseits auf die lang andauernde Tabuisierung Themas "Bewusstsein und Geist".

Zur Info:
Einen guten (verständliche) Überblick über die Erkenntnisse der Hirnforschung bietet die TV-Sendung Geist & Gehirn des Senders Bayern-Alpha. Sprecher ist der Hirnforscher Prof. Dr. Manfred Spitzer. Viele Sendungen sind auf YouTube gespeichert.
Versuchs einfach mal. :D
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#2009 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Sa 7. Nov 2015, 17:59

Pluto hat geschrieben: was ist religiöser Glaube anderes als ein "Für-Wahr-Halten" des unsichtbaren?
Genau das ist es. - Es gibt keine Erkenntnis des Menschen außer dem "Cogito", das mehr als das ist. - Der Mensch hofft, dass sein Wahrnehmungs-System das richtige ist.

Pluto hat geschrieben:Auch Descartes kommt am gesunden Menschenverstand nicht vorbei, Er gibt es sogar zu, wenn er sagt: "dieser gesamte Körper ist der Meine".
Ja - er hat soviel Vertrauen in seinen Menschenverstand, dass er zur Überzeugung gelangt, dass es die "äußere Welt" gibt. - Das ändert nichts daran, dass er weiss, dass er es wissen kann - er GLAUBT es deshalb.

Pluto hat geschrieben:Ich meine, du solltest unbedingt deine Aussage überdenken, denn da stimmt was nicht in deiner Interpretation.
Salopp gesagt: Du steigst bei Popper im Obergeschoss ein und ich bei Descartes im Untergeschoss - das ist der Grund für unsere unterschiedlichen Sichtweisen. - Würde ich bei Popper einsteigen, käme ich zu denselben Ergebnissen wie Du.

Die Frage ist, ob man die Sache grundlegend (Descartes) oder methodisch (Popper) angeht. - Wenn die Popper-Jünger einsehen würden, was Descartes erkannt hat, würde sich am Kritischen Rationalismus nichts ändern - ABER: Es gäbe dann auch keine Weltanschauungen mehr, die in Anspruch nähmen, setzungsfrei zu sein - und genau das hört man gelegentlich von naturalistischer Seite. - Deshalb diese Diskussion, um diese Behauptung (Naturalismus = setzungsfrei) zu falsifizieren.

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#2010 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von NIS » Sa 7. Nov 2015, 18:00

Der Mikrokosmos ist der Mensch.
Der Makrokosmos ist das Universum.
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