Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Säkularismus
Geistliches und Weltliches verbinden
Lena
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#1701 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Lena » Mo 26. Okt 2015, 10:50

Novalis hat geschrieben: Wenn wir der Vergangenheit ihr Vergangensein nicht vergeben

Was für ein Wort :D.

Vergebung schafft Neubeginn und das ist das Leben.

:Herz:
Kannst du mir helfen, dich richtig zu verstehen?
Erbreich 

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Münek
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#1702 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Münek » Mo 26. Okt 2015, 10:52

Samantha hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Wenn allein der Mensch entscheidet, ob er böse oder gut handelt, dann sind Satan & Co. arbeitslos. Wenn man ihnen die Rolle des Versuchers zuschreibt, dann verdrängt man, dass es Gott ist, den man bitten muss, "uns nicht in Versuchung zu führen".
Nicht Gott führt in Versuchung, sondern Wesen, die er schuf. Jeder, der sich von Gott lossagt, macht sich unvollständig und schwach. Gott lässt zu, dass wir in Versuchung geführt werden.

So steht es aber nicht im "Vater-unser-Text".

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Münek
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#1703 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Münek » Mo 26. Okt 2015, 11:22

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Über welche Sache? Meinst Du den Teufel und seine Dämonen?
Egal, wie man es chiffriert - es geht um die "Sache" des Bösen. - Das kann man haptisch als "Teufel" darstellen oder als innere Macht - meinetwegen psychologisch, wenn man will - Hauptsache, der Kern der "Sache" geht nicht verloren.

Wenn Du inhaltlich nicht mehr weiter weißt, zündest Du gern Nebelkerzen wie z.B. "Chiffren".

Ich spreche hier von den mythologischen Gestalten des Teufels und der Dämonen, die als bösartige Geistpersonen angesehen wurden und werden. Glaubst Du, die von der RKK eingesetzten Exorzisten treiben "Chiffren" aus, weil sie glauben, die Opfer
seien von "Chiffren" besessen? :lol:

Auch Jesus ging wie selbstverständlich von der personenhaften Existenz des Satan und der Dämonen aus und betätigte sich sehr oft exorzistisch. Diese Fähigkeit der Dämonenaustreibung übertrug er auch seinen von ihm ausgesandten 70 Jüngern, die sie erfolgreich anwendeten.

JackSparrow
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#1704 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von JackSparrow » Mo 26. Okt 2015, 12:06

closs hat geschrieben:Oder meinst Du´, Buhddisten könnten nicht sagen "Ich-bin"?
Buddhisten sind der Meinung, das Selbst sei veränderlich und vergänglich. Buddhisten sind ebenfalls der Meinung, dass alles, was veränderlich und vergänglich ist, eine Illusion sei und keine unabhängige Existenz habe.

Verständlicherweise wollen sie sich von dieser Illusion befreien. Was sie natürlich nicht schaffen können, weil sie ja nur eine Illusion sind und sich eine Illusion schwerlich von einer Illusion befreien kann. Aber das haben die Buddhisten eben noch nicht so genau durchdacht.

Was Du einge-linkt hast, ist nichts anderes, aber halt anders Chiffriertes, als das "Dein Wille geschehe" im Christentum: Die Selbstaufgabe des Ego und die dadurch mögliche Aufhebung ins "Alles in Einem" (= Gott).
Christen wollen ewig leben. Das ist das genaue Gegenteil von Selbstaufgabe.

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Savonlinna
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#1705 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Savonlinna » Mo 26. Okt 2015, 12:58

Samantha hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Wenn allein der Mensch entscheidet, ob er böse oder gut handelt, dann sind Satan & Co. arbeitslos. Wenn man ihnen die Rolle des Versuchers zuschreibt, dann verdrängt man, dass es Gott ist, den man bitten muss, "uns nicht in Versuchung zu führen".
Nicht Gott führt in Versuchung, sondern Wesen, die er schuf.

Ich weiß nicht genau, wie Du das meinst, Samantha.
Aber so, wie Du es schreibst, klingt es nach Reinwaschen-Wollen derjenigen, die etwas Schädliches getan haben.

Das scheint mir der Grund zu sein, weshalb manche Satan oder von mir aus eine selbständige "böse Macht" - oder (scheinbar) noch verharmlosender eine "schlechte Macht" - als Ursache für kriminelle Taten festklopfen wollen.

Da sie es nicht belegen können, bleibt mir nur übrig, nach den Gründen zu suchen, warum sie sich ein dualistisches Weltbild aufbauen und warum sie - als Folge - das Böse und das Gute als zwei unterschädliche Mächte ansehen.

Nehmen wir an, ein Fünfjähriger hat Drops (Bonbons) gemopst, aus der Vorratskammer der Eltern.
Der dualistische Christ nimmt als Einfluss die böse Macht an, die den Kleenen verführt hat.
Die streng christlichen Eltern klären den Kleinen darüber auf, dass er jetzt schon dem Satan den kleinen Finger gereicht hat, indem er der Versuchung nachgab.

Damit wird die Möglichkeit per dualistischem Weltbild ausgeschlossen, dass der Kleine sich von seinen Eltern nicht gut behandelt fühlt und die Dropsklauerei als eine Art Aufmüpfigkeit durchgezogen hat - natürlich, ohne dass er selber die Gründe kennt.
Aber er will seiner Ohnmacht den Eltern gegenüber entgegenwirken, unbewusst.
Er will ohne Worte den Eltern zeigen: nehmt mich mehr Ernst!

Wo ist nun "die böse Macht" abgeblieben, die einer bestimmten Art von Christen so zentral ist?
Der Junge wollte kommunizieren auf diese Weise, wollte seiner Ohnmacht gegenüber dominanten Eltern abhelfen.

Ich fragte vor kurzem hier im Thread "cui bono" - wem nützt dieses Bestehen auf der Existenz einer bösen Macht?
Es nützt in dem Fall den Eltern - sie können dadurch ihre Dominanzhaltung rechtfertigen.

Ich stelle vorläufig nur als These auf, dass der Grund, warum einige eine "Macht des Bösen" und "eine Macht des Guten" behaupten, Machtbedürfnis ist.
Dadurch nämlich hat man es in der Hand, andere zu verurteilen, statt sich selber zu hinterfragen, ob man die Gegenreaktion nicht selber verursacht hat.


Samantha hat geschrieben:Jeder, der sich von Gott lossagt, macht sich unvollständig und schwach. Gott lässt zu, dass wir in Versuchung geführt werden.
Kein Mensch dieser Erde kann sich von "Gott" lossagen.
Entweder man begreift, dass man in ihm "lebt und webt", oder man hat den Glauben daran, das Wissen davon verloren.

Samantha

#1706 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Samantha » Mo 26. Okt 2015, 13:43

Münek hat geschrieben:So steht es aber nicht im "Vater-unser-Text".
Nimmst Du alles wörtlich? Wenn ich sagen würde, Du kannst mich mal gern haben, meine ich es ja auch nicht unbedingt so. ;)


Münek hat geschrieben:Auch Jesus ging wie selbstverständlich von der personenhaften Existenz des Satan und der Dämonen aus und betätigte sich sehr oft exorzistisch. Diese Fähigkeit der Dämonenaustreibung übertrug er auch seinen von ihm ausgesandten 70 Jüngern, die sie erfolgreich anwendeten.
Meine Annahme:
Die Dämonen sind eine geistige Macht, die so einiges bewirken können, wohl aber nur im Geist, wenn man es zulässt - möglicherweise können sie auch Materie beeinflussen. Vielleicht sind wir alle mehr oder weniger besessen oder leben in einer Gegenwart mit Dämonen, die nur darauf warten, uns zu manipulieren. Dies geht umso leichter, wenn man nicht an sie glaubt und alle "Eingebungen, Visionen" für die eigenen hält. Diese Fähigkeit der Dämonenaustreibung mag nur auf die Jünger beschränkt gewesen sein. Daher nehme ich an, dass die Kirchen sich zu viel angemaßt haben.


@Hemul
Mich würde Deine Antwort interessieren.
Kannst Du mir beantworten, ob Jesus damals wirklich Dämonen austreiben konnte? Konnte man überhaupt besessen sein? Und wie sieht es heute damit aus? Ich kann da nur raten.

Samantha

#1707 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Samantha » Mo 26. Okt 2015, 13:52

Savonlinna hat geschrieben:Ich weiß nicht genau, wie Du das meinst, Samantha.
Aber so, wie Du es schreibst, klingt es nach Reinwaschen-Wollen derjenigen, die etwas Schädliches getan haben.
Das war aber nicht meine Absicht. Eltern können Kinder schlecht erziehen, so dass sie angreifbar werden für kriminelle Handlungen, aber Täter bleibt das Kind. Verantwortlich sind aber auch die Eltern. Somit ist Satan zwar auch mit verantwortlich, aber keineswegs tatumsetzend - er verführt "nur".


Savonlinna hat geschrieben:Ich stelle vorläufig nur als These auf, dass der Grund, warum einige eine "Macht des Bösen" und "eine Macht des Guten" behaupten, Machtbedürfnis ist.
Dadurch nämlich hat man es in der Hand, andere zu verurteilen, statt sich selber zu hinterfragen, ob man die Gegenreaktion nicht selber verursacht hat.
Solange man sich hinterfragt, ist die Gefahr einer möglichen Manipulation geringer, egal wodurch, ob durch Satan oder Medien.


Savonlinna hat geschrieben:Kein Mensch dieser Erde kann sich von "Gott" lossagen.
Entweder man begreift, dass man in ihm "lebt und webt", oder man hat den Glauben daran, das Wissen davon verloren.
So kann man es auch sagen.

closs
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#1708 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Mo 26. Okt 2015, 14:07

Queequeg hat geschrieben:Ich denke, das gerade du als geschichtliche bewanderter Mensch die tiefe Gläubigkeit der Menschen dieser früheren Zeitläufte hier bewusst außen vor lässt und alles auf vorwiegend politische Ranküne herabzerrst.
Natürlich waren die Leute keine Agnostiker - das war damals wenigen freien Geistern vorbehalten, die über den Tellerrand der Epoche hinaus geschaut haben - also das selbe wie heute, nur mit anderen Vorzeichen.

Insofern war es üblich, sein Handeln in den Dienst eines höheren Zwecks zu stellen, den man "Gott" nannte. - Ob dieser "Gott" christlich oder moslemisch oder nationalistisch oder rassisch oder demokratisch war/ist, ist relativ wurscht - es geht hier um das Festhalten an einem "höheren Sinn" - damit es nicht so aussieht, als wäre man nicht selber das Ziel der Begierde. - Der Wiener Kaiser hat sein Handeln damit begründet, dass er als Schutzherr Roms seine Macht mehren müsse - Gustav Adolf hat plädiert, dass er den wahren Glauben gegen das verhurte Rom vertrete. - Nochmals: Das gehört eigentlich in das Department "Psychologie".

Queequeg hat geschrieben:Nebenbei, Golo Manns - Wallenstein habe ich in der 87er Ausgabe der Fischer-Verlages hier in meinen Bücherregalen stehen. Du als Geschichtswissenschaftler weißt, das dieses Buch unter eben Geschichtswissenschaftlern nicht gerade unumstritten (Rezensionen) ist.
Es ist selten anders. - Unabhängig davon habe ich nie den 30jährigen Krieg unter dem Aspekt PRIMÄR-religiöser Momente behandelt gesehen - weil es einfach an der Sache vorbeigeht. - Religion ist der Teppich, auf dem man sich die schmutzige Schuhe abstreift.

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#1709 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Mo 26. Okt 2015, 14:11

Münek hat geschrieben:Glaubst Du, die von der RKK eingesetzten Exorzisten treiben "Chiffren" aus, weil sie glauben, die Opfer seien von "Chiffren" besessen?
Nein - die RKK geht von einer realen geistigen Welt aus, was ich für möglich halte. - Wenn man diese Version ablehnt, kann man sie auch als Chiffre verstehen - es kommt dasselbe raus, ob man "das Böse" "real" abgebildet versteht oder als Chiffre versteht.

Münek hat geschrieben:Auch Jesus ging wie selbstverständlich von der personenhaften Existenz des Satan und der Dämonen aus und betätigte sich sehr oft exorzistisch.
Richtig - diese Auffassung ist bis heute nicht falsifiziert.

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Halman
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#1710 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Halman » Mo 26. Okt 2015, 15:41

Münek hat geschrieben:
Samantha hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Wenn allein der Mensch entscheidet, ob er böse oder gut handelt, dann sind Satan & Co. arbeitslos. Wenn man ihnen die Rolle des Versuchers zuschreibt, dann verdrängt man, dass es Gott ist, den man bitten muss, "uns nicht in Versuchung zu führen".
Nicht Gott führt in Versuchung, sondern Wesen, die er schuf. Jeder, der sich von Gott lossagt, macht sich unvollständig und schwach. Gott lässt zu, dass wir in Versuchung geführt werden.

So steht es aber nicht im "Vater-unser-Text".
Dann stellt sich natürlich die Frage, wie denn die Verse 1. Kor. 10:13 und Jak. 1:13 zu verstehen sind.

Prof. Ruth Lapide ist der Auffassung, dass einige Formulierungen im biblischen Text der Bergpredigt (wobei sie häuptsächlich die Luther-Übersetzung kritisiert) nicht ganz korrekt sind.
In Bibel-Wissen wird dies kurz erörtert. Darin wird zunächst die bekannte Fassung zitiert:
13 Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Demnach lehrte Jesus seine Zuhörer, darum zu bitten, vom Bösen erlöst zu werden. Dabei mag er an den Versucher gedacht haben (vgl. bitte 1. Petr. 5:8).
Die "korrigierte" Widergabe lautet:
13 Und führe uns in der Versuchung und erlöse uns von dem Bösen.
Ob diese Korrektur korrekt ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Sicher ist, dass Jesus seine Bergpredigt nicht in Koine (altgrieschische Gemeinsprache der Spätantike) hielt, sondern in eine semitischen Sprache (Hebräisch oder Aramäisch, vielleicht auch in einen galiläischen Dialekt). Daher mag unser modernes Sprachverständnis uns in die Irre führen. Beim Lesen sollten wir nie vergessen, dass wir die altgriechische matthäische Wiedergabe einer semitischen Predigt lesen, die dem spätantiken, jüdischen Kulturkreis entstammt. Diesbezüglich scheint mir die folgende Erklärung in der QUELLE - luett aufschlussreich zu sein:
Im Anhang der Übersetzung Rotherhams wird gesagt, daß im Hebräischen die Möglichkeit oder Zulassung eines Geschehens oft als dessen Ursache dargestellt wird und daß „sogar ausdrückliche Befehle mitunter lediglich als Zulassung aufzufassen sind“. Daher heißt es in 2. Mose 1:17 gemäß dem hebräischen Text z. B. wörtlich, die Hebammen „veranlaßten die männlichen Kinder zu leben“, während sie in Wirklichkeit jedoch zuließen, daß die Kinder am Leben blieben, indem sie es unterließen, sie zu töten. Zur Bestätigung führt Rotherham dann die Hebraisten M. M. Kalisch, H. F. W. Gesenius und B. Davies an und erklärt im weiteren die Bedeutung der sich auf Pharao beziehenden hebräischen Texte folgendermaßen: „Gott ließ zu, daß Pharao sein Herz verhärtete — er verschonte ihn —, er gab ihm die Gelegenheit oder die Möglichkeit, die ihm innewohnende Bosheit zu offenbaren. Das ist alles“ (The Emphasised Bible, Anhang, S. 919).
So macht es auch Sinn, dass die Befreiung von der Versuchung dadurch erfolgt, dass Gott gebeten wird, die Beter vom Bösen zu erlösen (der offenkundig nicht der Hörer des Gebetes ist).
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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