Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

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Queequeg
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#1691 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Queequeg » Mo 26. Okt 2015, 08:29

closs hat geschrieben:
Und so kann es dazu kommen, dass Du im Namen des Christentums sowohl Unterstützer als auch Märtyer derselben Sache findest. - Historisch gesehen wird es serlös nicht möglich sein, die mitteleuropäischen Kriege der letzten 3 Jahrhunderte substantiell übers Christentum zu begründen - da muss man sehr ideologisch betoniert sein, um auf diesen SChluss zu kommen.

Warum lässt du die Kirche nicht im Dorf?
Ich denke, kein Mensch hat hier den Christen die Kriege der letzten drei Jahrhunderte unter die gläubigen Kutten gejubelt, das ist einmal wieder eine willentliche Verumfeiung im dunklen Sinne clossischer Hin und Ablenkung.

Aber immerhin, die zwei größten und opferreichsten Kriege der Menschheit wurden zwischen fast ausschließlich Christen ausgekämpft, wurden von christlichen Staaten vom Zaune gebrochen und der Faschismus/Antisemitismus ist eine schwarze Blüte christlicher Auswüchse, deren Wurzeln eindeutig eben auch in diesem Christentum zu finden sind.
Ich erinnere an die "Kennzeichung" der Juden oder das Ghetto, an immer wiederkehrende Pogrome und Judenschlachtungen, dieses ist aus dem Judenhass früherer Jahrhunderte erwachsen und war Regel, keine Ausnahme, die Faschisten waren nur die Vollender christlichen Vordenkens und christlicher "Tatbereitschaft" und also damit nicht allzu ferne Brüder im grausamen Geiste und in der bösen Tat.

Nebenbei empfehle ich ein vertiefendes Studium des dreißigjährigen Krieges, ein Krieg zwischen Christen, der an Grausamkeit, an menschlicher Vertiertheit und in seiner religiös fanatischen Unbedingtheit eigentlich seinesgleichen suchen dürfte.
Und das zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte einer blutbesudelten Religion, die sich als Religion der Nächstenliebe versteht, größere Widersprüche, an und in sich, kann es da eigentlich nicht mehr geben.

Das sind keine anderen als para-religiöse Strukturdominanten des Materialismus oder Kommunismus oderoder. - Das sind psychologische Dominanten.

Das sind keine psychologischen Dominanten sondern eher nebulös taktiererische Varianten des closs'schen Scholastikertums, aber das anszusprechen hieße auch wieder nur Eulen nach Athen zu tragen.

closs
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#1692 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Mo 26. Okt 2015, 08:47

Queequeg hat geschrieben:Ich denke, kein Mensch hat hier den Christen die Kriege der letzten drei Jahrhunderte unter die gläubigen Kutten gejubelt
Das ist immerhin eine Klarstellung.

Queequeg hat geschrieben:Aber immerhin, die zwei größten und opferreichsten Kriege der Menschheit wurden zwischen fast ausschließlich Christen ausgekämpft
Das ist richtig - weil Europa aus seiner Geschichte "dran" war - momentan ist es der nahe Osten - demnächst könnte es China versus Japan sein. - Dass die jeweiligen Leute auch Religionen haben, ist dabei ein unvermeidliches Beiwerk.

Auch der IS-Krieg ist nicht primär ein religiöser Krieg - nur hat sich die Religion hier als (wie so oft) beste Identifikations-Größe herausgestellt, um die eigene Kultur zu sammeln. - Der eigentliche Grund ist die Protektoratszeit unter den Briten vor ca. 100 Jahren sowie der Bush-Krieg im Iran.

Queequeg hat geschrieben:Nebenbei empfehle ich ein vertiefendes Studium des dreißigjährigen Krieges
Lies mal Golo Manns "Wallenstein" - Du wirst dort das Wort "Religion" kaum finden. - Auch der 30jährige Krieg war primär kein Religions-Krieg, wiewohl seine Plattform die Religionskriege des 16. Jh. waren.

Selbst diese hätten nicht stattgefunden, wenn es nicht Fürsten gegeben hätten, die das "Cuius regio, eius religio" nicht als Distanzierungs-Instrument von Wien/Habsburg gewollt/gesucht hätten. - Suchen KONNTEN sie diese Distanz, weil es "Deutschland" nicht geschafft hat, sich in den Jahrhunderten vorher in eine Erbmonarchie umzuwandeln (Karl IV<?> war mal nah dran), weshalb die Regional-Fürsten so stark werden konnten, dass sie quasi souverän waren.

Wien war das Rom eines deutschen Reichs, das geografisch mehr oder weniger woanders lag als dessen Hauptstadt - die Wiege unseres Föderalismus. - DA sind die Wurzeln des 30jährigen Krieges - zugegebenerweise unterfüttert durch die Religions-Kriege zuvor. - Mit anderen Worten: Platte Interpretationen gehen nicht in den historischen Wissenschaften.

Queequeg hat geschrieben:Das sind keine psychologischen Dominanten
Nenne es gruppen-dynamisch, kultur-geschichtlich, geschichtlich, dann sehr wohl auch religiös - aber gehe den anspruchsvollen Interpretations-Weg.

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#1693 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Novas » Mo 26. Okt 2015, 09:16

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Über welche Sache? Meinst Du den Teufel und seine Dämonen?
Egal, wie man es chiffriert - es geht um die "Sache" des Bösen. - Das kann man haptisch als "Teufel" darstellen oder als innere Macht - meinetwegen psychologisch, wenn man will - Hauptsache, der Kern der "Sache" geht nicht verloren.

Das sehe ich auch so.

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Queequeg
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#1694 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Queequeg » Mo 26. Okt 2015, 09:19

closs hat geschrieben:
Selbst diese hätten nicht stattgefunden, wenn es nicht Fürsten gegeben hätten, die das "Cuius regio, eius religio" nicht als Distanzierungs-Instrument von Wien/Habsburg gewollt/gesucht hätten. - Suchen KONNTEN sie diese Distanz, weil es "Deutschland" nicht geschafft hat, sich in den Jahrhunderten vorher in eine Erbmonarchie umzuwandeln (Karl IV<?> war mal nah dran), weshalb die Regional-Fürsten so stark werden konnten, dass sie quasi souverän waren.

Wien war das Rom eines deutschen Reichs, das geografisch mehr oder weniger woanders lag als dessen Hauptstadt - die Wiege unseres Föderalismus. - DA sind die Wurzeln des 30jährigen Krieges - zugegebenerweise unterfüttert durch die Religions-Kriege zuvor. - Mit anderen Worten: Platte Interpretationen gehen nicht in den historischen Wissenschaften.

Das ist ja alles ganz nett und fein gemeint so wie geschrieben, letztendlich kämpften dort aber nicht Krethi und Plethi sondern die Christenmenschen allerlei christlicher Konfessionen gegeneinander und der generalstäbliche Klerus "christlich tätiger Liebe" spielte dabei die entscheidende Rolle religiöser Einpeitscherei.

Wenn du hier künden willst, das Religion, das Theologie, das religiöse Befindlichkeiten aller konfessionellen Couleur in diesem Kriege nur eine untergeordnete Rolle spielten, dann bist du entweder ein demogogischer Spitzbube der fanatischen Sorte, oder ein verantwortungsloser Taschenspieler, der hier wissentlich eines der traurigsten Kapitel deutsche Geschichte verfälscht.

Das ist richtig - weil Europa aus seiner Geschichte "dran" war - momentan ist es der nahe Osten - demnächst könnte es China versus Japan sein. - Dass die jeweiligen Leute auch Religionen haben, ist dabei ein unvermeidliches Beiwerk.

Auch der IS-Krieg ist nicht primär ein religiöser Krieg - nur hat sich die Religion hier als (wie so oft) beste Identifikations-Größe herausgestellt, um die eigene Kultur zu sammeln. - Der eigentliche Grund ist die Protektoratszeit unter den Briten vor ca. 100 Jahren sowie der Bush-Krieg im Iran.

Ja, jetzt fehlen hier noch die Aborigines und die Unterdrückungsmechanismen australischer Staatlichkeiten, vielleicht noch das Dilemma der unzuverlässigen Kondome und das der ausgebeuteten Huren Osteuropas, die die Puffpreise in den Keller reißen.

Clossen, OT sind wir alle mal, aber es sollte nun nicht Mittel zu clossistischen Zwecken sein und werden.

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#1695 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Mo 26. Okt 2015, 09:28

Queequeg hat geschrieben:Wenn du hier künden willst, das Religion, das Theologie, das religiöse Befindlichkeiten aller konfessionellen Couleur in diesem Kriege nur eine untergeordnete Rolle spielten, dann bist du entweder ein demogogischer Spitzbube der fanatischen Sorte, oder ein verantwortungsloser Taschenspieler
Nein - Historiker (zwinge mich nicht zu bekennen, dass ich einen universitären Abschluss in Geschichts-Wissenschaften habe).

Davon abgesehen ist die Sache natürlich wirklich vielschichtig - das heisst: Die Religion spielt AUCH eine Rolle, weil sie sich eben gut als Folie nutzen lässt. - Aber meinst Du wirklich, dass die Generale der Schweden und Habsburger oder gar Gustav Adolf oder ein Wiener Kaiser selbst gemeint haben, sie würden auf einem Kreuzzug fürs Christentum sein? - Die Wiener Kaiser könnten das sogar gesagt haben - es gab schon damals PR. - Aber glaubst Du, man hat das geglaubt? - Merke: Schon damals war politische Geschichte durch Real-Politik beherrscht.

SChon damals heisst auch, dass dies allemal so im 18. - 20. Jh war.

Queequeg hat geschrieben: jetzt fehlen hier noch die Aborigines und die Unterdrückungsmechanismen australischer Staatlichkeiten
Du gehst ja sogar bis ins NT zurück. :lol: - Davon abgesehen: "Geschichte" ist nun mal so, dass Ursachen in die Vergangenheit reichen.

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#1696 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Novas » Mo 26. Okt 2015, 10:01

closs hat geschrieben:Davon abgesehen: "Geschichte" ist nun mal so, dass Ursachen in die Vergangenheit reichen.

Umso wichtiger ist die Vergebung, welche die Fixierung auf Negativität aufbricht. Wenn wir der Vergangenheit ihr Vergangensein nicht vergeben, dann überschattet sie die Gegenwart, bleibt unerlöst und die unerlösten Denkmuster werden sich fortpflanzen und wiederholen.
Ich will nicht von der Vergangenheit in die Gegenwart leben, sondern von der Gegenwart in die Zukunft.
Zuletzt geändert von Novas am Mo 26. Okt 2015, 10:08, insgesamt 2-mal geändert.

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#1697 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Queequeg » Mo 26. Okt 2015, 10:05

closs hat geschrieben:
Queequeg hat geschrieben:Wenn du hier künden willst, das Religion, das Theologie, das religiöse Befindlichkeiten aller konfessionellen Couleur in diesem Kriege nur eine untergeordnete Rolle spielten, dann bist du entweder ein demogogischer Spitzbube der fanatischen Sorte, oder ein verantwortungsloser Taschenspieler
Nein - Historiker (zwinge mich nicht zu bekennen, dass ich einen universitären Abschluss in Geschichts-Wissenschaften habe).

Davon abgesehen ist die Sache natürlich wirklich vielschichtig - das heisst: Die Religion spielt AUCH eine Rolle, weil sie sich eben gut als Folie nutzen lässt. - Aber meinst Du wirklich, dass die Generale der Schweden und Habsburger oder gar Gustav Adolf oder ein Wiener Kaiser selbst gemeint haben, sie würden auf einem Kreuzzug fürs Christentum sein?

Ich bin der festesten Meinung das nicht wenige "Generale", hier allen voran olle Gustav II. Adolf, tiefgläubige Christen waren, die ihre Waffen und Ehre für ihren Gott einlegten und sich im wahren Kampf um den wahren und rechten Glauben sahen. Das ehrlich von gläubigen Herzen kommende Gebet, zum Beispiel vor den Schlachten zu ihrem Gott, auch das Handeln aus ihrem authentischen Glauben und ihrer ungekünstelten Frömmigkeit heraus, das solltest du den Menschen damaliger Zeit wohl besser nicht absprechen, denn diese Christen lebten wohl noch ein völliges anderes Christentum und damit einen tiefer empfundenen Glauben, als wir es uns heutigen Tages denken mögen.

Ich denke, das gerade du als geschichtliche bewanderter Mensch die tiefe Gläubigkeit der Menschen dieser früheren Zeitläufte hier bewusst außen vor lässt und alles auf vorwiegend politische Ranküne herabzerrst.

Nebenbei, Golo Manns - Wallenstein habe ich in der 87er Ausgabe der Fischer-Verlages hier in meinen Bücherregalen stehen. Du als Geschichtswissenschaftler weißt, das dieses Buch unter eben Geschichtswissenschaftlern nicht gerade unumstritten (Rezensionen) ist und mir selbst ist dieses Werkchen ein wortbreiig schwafelnder Schwulst langweiliger Bleiwüsten, hier wäre ein weniger unbedingt ein mehr gewesen.
Immerhin, es ist eine Fleißarbeit gewesen, wobei es der Sohn dann doch tunlichst unterlassen sollte, in der Wortkünstelei stellenweise seinem Übervater nachzueifern.
Zuletzt geändert von Queequeg am Mo 26. Okt 2015, 10:13, insgesamt 1-mal geändert.

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#1698 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Novas » Mo 26. Okt 2015, 10:10

Queequeg hat geschrieben:Das ehrlich von gläubigen Herzen kommende Gebet, zum Beispiel vor den Schlachten zu ihrem Gott, auch das Handeln aus ihrem authentischen Glauben und ihrer ungekünstelten Frömmigkeit heraus, das solltest du den Menschen damaliger Zeit wohl besser nicht absprechen

Ich vergebe ihnen ihre Vergangenheit.
Zuletzt geändert von Novas am Mo 26. Okt 2015, 10:17, insgesamt 1-mal geändert.

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#1699 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Queequeg » Mo 26. Okt 2015, 10:16

Novalis hat geschrieben:
Queequeg hat geschrieben:Das ehrlich von gläubigen Herzen kommende Gebet, zum Beispiel vor den Schlachten zu ihrem Gott, auch das Handeln aus ihrem authentischen Glauben und ihrer ungekünstelten Frömmigkeit heraus, das solltest du den Menschen damaliger Zeit wohl besser nicht absprechen

Ich vergebe ihnen.

Ist das nun Hochmut, oder religiöse Dummheit?

Interessanter wäre es gewesen, du hättest die an dich gestellten Fragen Savonlinnas ehrlich beantwortet, aber in diesen Punkten kernchristlicher "Wahrheitsfindung" scheint dich dein "Geist" dann immer sehr schnell zu verlassen....

Novas
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#1700 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Novas » Mo 26. Okt 2015, 10:37

Das ist Weisheit, denn es gibt keinen Weg vorbei an der Vergebung. Jeder Weg daran vorbei, ist nur alter Wein in neuen Schleuchen: eine Wiederholung unerlöster (leidbringender) Denkmuster.
Ein Buddhist würde diesbezüglich von Karma sprechen: was heute geschieht hat seine Ursachen in der gemeinsamen (kollektiven) Vergangenheit.
Vergebung ist keine idiotische Nettigkeit, es ist ein mutiger Schritt der Befreiung von den Ketten der Vergangenheit, sodass unsre Gegenwart frei gesprochen und offen ist für den Sonnenaufgang der Zukunft.
Ich lebe in der Gegenwart und für die Zukunft.

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