Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Säkularismus
Geistliches und Weltliches verbinden
closs
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#471 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Di 6. Okt 2015, 15:11

Savonlinna hat geschrieben:Eine geistige Objektivität aber gibt es nicht.
Da würde ich meinen, dass es eine geistige Objektivität aus Wahrnehmungs-Sicht NICHT gibt, aber als Objekt selbst schon.

Zur Klärung: Angenommen, es gäbe Gott: Was wäre "er", wenn "an sich" NICHT wäre?

Savonlinna hat geschrieben:Und: "Ableitung" ist ein Begriff der Differentialrechnung.
De facto auch der Dialektik. - These und Antithese sind Ableitung der dazugehörigen Synthesew.

Savonlinna hat geschrieben:Ich kann beides sehr wohl unterscheiden.
Auch zur Klärung: Was wäre NICHT "wabernd", wenn es nicht objektiv "ist"?

closs
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#472 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Di 6. Okt 2015, 15:28

Pluto hat geschrieben:Guckst du mal hier
Pluto hat geschrieben:Warum bestehst du auf die Bezeichnung "naturalistische" Welt, wo du genau weißt das dieser Begriff ideologisch versaut ist?
Es ist ebenfalls ideologisch versaut, wenn man "die Welt" als ausschließlich naturalistisch versteht. - Deshalb versuche ich mit dem Wort "naturalistisch" sprachliche Klarheit zu schaffen.

Wenn mit "Welt" da gemeint ist, was biblisch als das bezeichnet wird, in der die "Weltzeit" stattfindet, stimme ich Deiner Version zu. - Aber die Gefahr, dass dann diese "Welt" als Sammelbegriff JEGLICHER Existenz verstanden wird, ist zu groß - denn das wäre wieder ideologisch.

Pluto hat geschrieben:Deine Argumentation hört sich dogmatisch an, denn auch ein Schöpfer muss einen Anfang gehabt haben.
Nicht wenn man den Schöpfer über der Zeit versteht - hatten wir auch schon. - Wir beide werden diese Möglichkeit nicht falsifizieren können.

Pluto hat geschrieben:Weil er sich sein ganzes Leben lang damit befasst hat. Es war seine qualifizierte Meinung.
Auch Ratzinger hat eine qualifizierte Meinung und kommt zu ganz anderen Schlüssen. - Es ist viel einfacher: Die Qualifikation der beiden Genannten findet jeweils unter anderen Prämissen statt, die jeweils nicht falsifizierbar sind - und dann kommt halt Unterschiedliches raus.

Pluto hat geschrieben:Es gibt in der Erkenntnis so etwas wie Fortschritt und Paradigmenwechsel.
Das ist nichts viel anderes, als was ich gesagt habe. - Natürlich versteht sich jede Gegenwart als fortschrittlichste Epoche - das kann in 100 Jahren auch mal zu Lasten der materialistischen Sichtweise sein.

Pluto hat geschrieben:DER normale Vorgang, wie Wissenschaft betrieben wird.
Ja - inner-wissenschaftlich ist das ja ok. - Die Frage ist, ob es tatsächlich so ist.

Pluto hat geschrieben:. Wie so oft, sollte man vor solchen Fragen innehalten, und uns kein Urteil erlauben
Deswegen sagt man ja "Glaube" - alles andere wäre Ideologie. - Wenn Levi-Strauss sagt: "Unter meinen Prämissen kann man es so erklären", ist das sehr gut. - Wenn er sagen würde "Unter allen möglichen Prämissen ist es die einzige Lösung", wäre es Ideologie.

Levi-Strauss ist nicht "weiter" als Ratzinger, wenn er etwas naturwissenschaftlich erklärt, was Ratzinger spirituell erklärt.

Pluto hat geschrieben:Dan reduziere es eben nicht auf die Substanz
Substanz ist meines Erachtens wichtiger. - Ohne Substanz braucht man keine Chiffren, weil es dann nichts gibt, was es wert wäre, kommuniziert zu werden.

Pluto hat geschrieben:Guckst du mal hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Opferkult_der_Azteken
Beeindruckend - jeder macht's anders, von der Sache her bleibt es dasselbe: Der Mensch will Menschenopfer sehen.

Pluto hat geschrieben:Warum ist das AT ist voll von Menschopfern und anderen Gräueltaten?
Rituelle Menschenopfer müsstest Du mir welche nennen - mir sind keine bei den Israeliten bekannt. - Gräueltaten (Krieg - halt wie heute auch) gibt es genug.

Pluto hat geschrieben:Wikipedia: Die Hermeneutik ... ist eine Theorie über die Interpretation von Texten...
Das ist EINE Definition - ich habe Dich auf die von Hegel/Schelling/Ast hingewiesen. - Die wiki-Definition interpretiert anders.

Pluto
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#473 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Pluto » Di 6. Okt 2015, 15:55

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Guckst du mal hier
Pluto hat geschrieben:Warum bestehst du auf die Bezeichnung "naturalistische" Welt, wo du genau weißt das dieser Begriff ideologisch versaut ist?
Es ist ebenfalls ideologisch versaut, wenn man "die Welt" als ausschließlich naturalistisch versteht. - Deshalb versuche ich mit dem Wort "naturalistisch" sprachliche Klarheit zu schaffen.
Ich verstehe nicht warum du die natürliche Welt unbedingt in "naturalistisch" uns "spirituell" unterteilen willst. Diese Unterteilung ist völlig grundlos und künstlich.
Oder kannst du mir in der Natur die Grenzen zeigen?

closs hat geschrieben:Aber die Gefahr, dass dann diese "Welt" als Sammelbegriff JEGLICHER Existenz verstanden wird, ist zu groß - denn das wäre wieder ideologisch.
Aber gerade deine Unterteilung erschient mir gekünstelt und in höchstem Maß ideologisch unterwandert zu sein.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Deine Argumentation hört sich dogmatisch an, denn auch ein Schöpfer muss einen Anfang gehabt haben.
Nicht wenn man den Schöpfer über der Zeit versteht
Du bist nicht in der Lage zu erklären was "über der Zeit" überhaupt bedeutet. Das reicht schon, um den Begriff der "Überzeitlichkeit" als Scharlatanerie zu entlarven.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Weil er sich sein ganzes Leben lang damit befasst hat. Es war seine qualifizierte Meinung.
Auch Ratzinger hat eine qualifizierte Meinung und kommt zu ganz anderen Schlüssen.
Du bringst da etwas durcheinander. Der einzige Ratzinger den ich kenne ist Theologe und NICHT Ethnologe.

closs hat geschrieben:Natürlich versteht sich jede Gegenwart als fortschrittlichste Epoche - das kann in 100 Jahren auch mal zu Lasten der materialistischen Sichtweise sein.
Kann... ja. Aber es ist höchst unwahrscheinlich.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:DER normale Vorgang, wie Wissenschaft betrieben wird.
Ja - inner-wissenschaftlich ist das ja ok. - Die Frage ist, ob es tatsächlich so ist.
Ja, denn es geht um Erkenntnis.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:. Wie so oft, sollte man vor solchen Fragen innehalten, und uns kein Urteil erlauben
Deswegen sagt man ja "Glaube" - alles andere wäre Ideologie.
Auch Glaube im Sinne von "Für-wahr-halten" ist Ausdruck von Ideologie.

closs hat geschrieben:Wenn Levi-Strauss sagt: "Unter meinen Prämissen kann man es so erklären", ist das sehr gut. - Wenn er sagen würde "Unter allen möglichen Prämissen ist es die einzige Lösung", wäre es Ideologie.
Er sagt weder das Eine noch das andere. Er sagte "in der Welt"...

closs hat geschrieben:Levi-Strauss ist nicht "weiter" als Ratzinger, wenn er etwas naturwissenschaftlich erklärt, was Ratzinger spirituell erklärt.
Kannst du mir ein Dokument zeigen, wo Ratzinger den Aussagen von Lévi-Strauss widerspricht?

closs hat geschrieben:jeder macht's anders, von der Sache her bleibt es dasselbe: Der Mensch will Menschenopfer sehen.
Nein. Der Mensch GLAUBT die Götter wollen es so.

closs hat geschrieben:Rituelle Menschenopfer müsstest Du mir welche nennen - mir sind keine bei den Israeliten bekannt.
Wirklich nicht?
Wie steht es mit der Sintflut, oder der Geschichte von Abraham un Isaak, die Tötung der ägyptischen Erstgeborenen, usw...
Nicht zu vergessen, das ultimative Opfer des Kreuzestodes so wie es von Christen interpretiert wird.

closs hat geschrieben: ich habe Dich auf die von Hegel/Schelling/Ast hingewiesen. - Die wiki-Definition interpretiert anders.
Als Nicht-Philologe kann ich mit Hegel Schelling und Alt wenig anfangen. Also halten wir uns doch an die gegenwärtigen gängigen Definitionen. Wenn du andere Definitionen verwenden willst, dann kündige das bitte vorher an.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#474 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Di 6. Okt 2015, 17:41

Pluto hat geschrieben:Ich verstehe nicht warum du die natürliche Welt unbedingt in "naturalistisch" uns "spirituell" unterteilen willst.
Das wollte ich noch nie: Die natürliche Welt entspricht dem, was der Naturalist unter "Welt" versteht - dazu gehören auch neuronale Geschehnisse, mit denen Spirituelles transportiert wird.

Pluto hat geschrieben:Aber gerade deine Unterteilung erschient mir gekünstelt und in höchstem Maß ideologisch unterwandert zu sein.
Meine Unterteilung findet nicht INNERHALB der Welt in naturalistischer Anschauung statt. - Es geht um die Unterteilung
a) naturalistische Welt
b) das, was jenseits davon ist oder sein könnte.

Pluto hat geschrieben:Du bist nicht in der Lage zu erklären was "über der Zeit" überhaupt bedeutet.
Theoretisch schon: "Über-Zeitlichkeit" ist das, das nicht selbst "Zeit" ist, in dem aber "Zeit" aufgehoben ist - ganz normale Dialektik.

Was das dann wahrnehmungs-mäßig ist, weiss ich nicht, weil man das nicht wissen kann - allein die Funktion (das nicht selbst "Zeit" ist, in dem aber "Zeit" aufgehoben ist) is ausreichend, um daraus Schlussfolgerungen zu ziehen. - Ein Mathematiker, der mit n hoch 10 arbeitet, kann sich das auch nicht vorstellen - und trotzdem arbeitet er damit.

Pluto hat geschrieben: Der einzige Ratzinger den ich kenne ist Theologe und NICHT Ethnologe.
Deshalb ist doch die Perspektive anders - aber das Sujet ("Objekt") ist dasselbe. - Der eine hat eine materialistische Perspektive, der andere eine spirituelle Perspektive.

Pluto hat geschrieben:Aber es ist höchst unwahrscheinlich.
Was wahrscheinlich oder unwahrscheinlich ist, wissen wir nicht - es hängt davon ab, was bis dahin passiert. - Wenn man den heutigen Status Quo im Westen als stabil setzt, ist es in der Tat unwahrscheinlich.

Pluto hat geschrieben:Auch Glaube im Sinne von "Für-wahr-halten" ist Ausdruck von Ideologie.
Auch wissenschaftliche Aussagen (und das sind immer Modell-Aussagen) sind in Bezug, was unabhängig vom Model "ist", ein Für-wahr-halten.

Pluto hat geschrieben: Der Mensch GLAUBT die Götter wollen es so.
Heute glaubt man, das nationale Eigen-Verständnis will es so - nur der Name des Gottes ändert sich.

Pluto hat geschrieben:Wie steht es mit der Sintflut, oder der Geschichte von Abraham un Isaak, die Tötung der ägyptischen Erstgeborenen, usw...
Das sind keine rituellen Menschenopfer. - Dass die Leute trotzdem tot sind, ist klar - aber mit "Menschenopfer" ist gemeint, dass gezielt ein Mensch rituell geopfert wird - die Israeliten wechseln diesbezüglich sehr früh zu Tieropfern.

Wenn man, wie ich, jegliches absichtliche Töten im Namen eines Souveräns, also einer Gesellschaft als "Menschen-Opfer" bezeichnet, hast Du recht - das gilt dann aber sowohl für Gott als Souverän als auch für Demokratien/Volk als Souverän.

Pluto hat geschrieben:Also halten wir uns doch an die gegenwärtigen gängigen Definitionen.
Der offensichtlich heute mehrheitliche Gebrauch ist ungeeignet. - Allerdings steht sogar da: "Nicht nur in Texte, sondern in alle menschlichen Schöpfungen ist Sinn eingegangen, den herauszulesen eine hermeneutische Aufgabe ist" - das wäre eine Brücke zu Hegel/SChelling/Ast.

Pluto hat geschrieben:Wenn du andere Definitionen verwenden willst, dann kündige das bitte vorher an.
Mache ich regelmäßig, indem ich schreibe "Hermeneutik nach Ast". - Das macht man oft in der Philologie, weil dort dasselbe Wort epochen-spezifisch unterschiedliche Bedeutungen haben kann.

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#475 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von SilverBullet » Di 6. Okt 2015, 18:05

closs hat geschrieben:Man braucht in erster Linie garnichts. - Denn es macht objektiv unerheblich, ob man etwas erkennt, was ist, oder nicht. - Subjektiv kann es sehr wohl erheblich sein.
Irgendwie verstehe ich deine Aussage hier nicht.

Es ging darum, dass man irgendwie entscheiden muss, ob das, was man sich ausdenkt, aber nicht wahrgenommen werden kann, existieren könnte.

Hier sagst du, „man braucht gar nichts“.

Zuvor sagst du:
Aber das heisst doch nicht, das alles, was man nicht wahrnehmen kann, sich aber vorstellt, "Sein" ist

Wie soll es also gehen?

closs hat geschrieben:jedenfalls gibt es im Geistigen subjektiv keine endgültige Lösung im Dasein - es ist ein Erkenntnis-Korridor, dessen Ende nicht im Dasein/der naturalistischen Welt liegt. Also ist es dort auch nicht erreichbar.
Oder:
es gibt von alledem, rein gar nichts…

Auf Grund der schlechten Qualität des „Hineinfühlens“ besteht eine sehr gute Chance, dass sich die Anhänger dieser Denkrichtung total, also vollkommen und komplett, täuschen.

closs hat geschrieben:Von dort her könntest Du vermutlich eher eine Vorstellung aufbauen
Wie soll das gehen?
Indem ich als lebender Mensch ein „postmortales Etwas“ spiele, für das ich zuvor gefragt habe, was es sein soll?

Du scheinst ein tiefgreifendes Problem im Umgang mit Vorstellungen zu haben.
Wenn man eine Vorstellung nimmt und einfach festlegt, dass es genau darum nicht gehen soll, entsteht noch lange keine neue Vorstellung.

Dieses Nicht-XXXX-Prinzip scheint aber in deinem Konstrukt sogar das Fundament darzustellen.
Leider fehlen dir dadurch sämtliche zentral wichtigen Vorstellungen.

Natürlich ist dies ein gewichtiges Manko, denn ohne „Vorstellung von Etwas“ gibt es keinen „Glauben an Etwas“.

Verwunderlich wird es, wenn jemand ohne „Vorstellung von Etwas“ seinen nicht vorhandenen „Glauben an Etwas“ als Absicherung für seine „Zukunft in der geglaubten Ewigkeit“ ansieht…
(ich weiss, davon gibt es Milliarden)

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#476 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Di 6. Okt 2015, 18:40

SilverBullet hat geschrieben:Wie soll es also gehen?
Objektiv geht es nicht - die nachweisbaren Symptome sind dieselben.

SilverBullet hat geschrieben:Es ging darum, dass man irgendwie entscheiden muss, ob das, was man sich ausdenkt, aber nicht wahrgenommen werden kann, existieren könnte.
Darum geht es nicht: Es geht NICHT darum, ob etwas existiert, was man sich "ausdenkt". - Es geht darum, ob etwas "ist", was man empfindet/merkt/geistig wahrnimmt/etc.

SilverBullet hat geschrieben:Oder: es gibt von alledem, rein gar nichts…
Nicht falsifizierbar. - Die Wahrscheinlichkeit ist zwar aus spiritueller Sicht annähernd Null, kann aber so sein, wie Du sagst.

SilverBullet hat geschrieben:Wie soll das gehen? Indem ich als lebender Mensch ein „postmortales Etwas“ spiele, für das ich zuvor gefragt habe, was es sein soll?
Indem Du ohne jegliche Verpflichtung ein Gedanken-Experiments unter dem Titel "Was wäre, wenn" mitmachst. - Dann kommst Du nämlich von der anderen Seite rein und würdest die Verständnis-Problematik spiritueller Menschen verstehen fernab von inner-methodischen Scharmützeln verstehen.

Es ist Deine Entscheidung, ob Du dies zulassen willst - Du kannst übrigens nur gewinnen.

SilverBullet hat geschrieben:Verwunderlich wird es, wenn jemand ohne „Vorstellung von Etwas“ seinen nicht vorhandenen „Glauben an Etwas“ als Absicherung für seine „Zukunft in der geglaubten Ewigkeit“ ansieht…
Wieso "NICHT vorhandenen Glauben"?

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#477 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Pluto » Di 6. Okt 2015, 18:55

closs hat geschrieben:Das wollte ich noch nie: Die natürliche Welt entspricht dem, was der Naturalist unter "Welt" versteht - dazu gehören auch neuronale Geschehnisse, mit denen Spirituelles transportiert wird.
Doch du tust es immer wieder. Warum schaffst du es nicht die Welt einfach Welt sein zu lassen.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Aber gerade deine Unterteilung erschient mir gekünstelt und in höchstem Maß ideologisch unterwandert zu sein.
Meine Unterteilung findet nicht INNERHALB der Welt in naturalistischer Anschauung statt. - Es geht um die Unterteilung
a) naturalistische Welt
b) das, was jenseits davon ist oder sein könnte.
Warum sollte es jenseits mehr geben können?

closs hat geschrieben:"Über-Zeitlichkeit" ist das, das nicht selbst "Zeit" ist, in dem aber "Zeit" aufgehoben ist - ganz normale Dialektik.
Das ist keine Erklärung sondern ein Statement (Behauptung).
Was also ist Überzeit? Eine etwas nebulöse Vorstellung von Ewigkeit vielleicht?

closs hat geschrieben:Was das dann wahrnehmungs-mäßig ist, weiss ich nicht, weil man das nicht wissen kann
E-ben... Wir können es nicht wissen. Es ist weder beschreibbar noch erklärbar.

closs hat geschrieben:allein die Funktion (das nicht selbst "Zeit" ist, in dem aber "Zeit" aufgehoben ist) is ausreichend, um daraus Schlussfolgerungen zu ziehen.
Was bedeutet überhaupt "die Zeit ist aufgehoben"?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Der einzige Ratzinger den ich kenne ist Theologe und NICHT Ethnologe.
Deshalb ist doch die Perspektive anders - aber das Sujet ("Objekt") ist dasselbe. - Der eine hat eine materialistische Perspektive, der andere eine spirituelle Perspektive.
Natürlich hat Ratzinger keine ethnologische Perspektive; seine Kompetenz liegt ganz wo anders, aber ganz sicher nicht in der Ethnologie.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Auch Glaube im Sinne von "Für-wahr-halten" ist Ausdruck von Ideologie.
Auch wissenschaftliche Aussagen (und das sind immer Modell-Aussagen) sind in Bezug, was unabhängig vom Model "ist", ein Für-wahr-halten.
Entschuldige, dass ich hier widerspreche. Es gibt einen himmelweiten Unterschied.

Machen wir ein Gedankenexperiment.
Wir denken Beide an Etwas was wir für Wahr halten. Nun trifft es sich so, dass ich mit meinem "Für-Wahr-Halten" überprüfbare Vorhersagen machen kann was die Welt betrifft. Mit deinem "Für-Wahr-Halten" schafft man das nicht. Welches "Etwas" ist glaubwürdiger?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Der Mensch GLAUBT die Götter wollen es so.
Heute glaubt man, das nationale Eigen-Verständnis will es so - nur der Name des Gottes ändert sich.
Nein. Das ist Teil der Religion. Man glaubte, die Götter seien rachsüchtig und habgierig und würden von den Menschen stets Blutopfer fordern um sie zu besänftigen. Das ist das Gottesbild was auch große Teile des AT beherrscht.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wie steht es mit der Sintflut, oder der Geschichte von Abraham un Isaak, die Tötung der ägyptischen Erstgeborenen, usw...
Das sind keine rituellen Menschenopfer. - Dass die Leute trotzdem tot sind, ist klar - aber mit "Menschenopfer" ist gemeint, dass gezielt ein Mensch rituell geopfert wird - die Israeliten wechseln diesbezüglich sehr früh zu Tieropfern.
Also... So wie ich die Geschite Abrahams kenne, war Abraham bereit seinen Sohn Isaak zu opfern, hätte nicht Gott in allerletzter Sekunde interveniert.

Der Tot Jesu wird am Karfreitag von den Christen gefeiert.
Und wie verhält es sich bei der Eucharistie? Wird da nicht nach katholischem Glaube der Wein zum Blut Christi?
Ja ich weiß es ist eine "Chiffre"; aber diese "Chiffre" ist die Erinnerung an das Blutopfer.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#478 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von NIS » Di 6. Okt 2015, 19:41

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NICHTS UND NIEMAND IST WIE GOTT.

AMEN

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#479 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Di 6. Okt 2015, 20:08

Pluto hat geschrieben:Doch du tust es immer wieder.
Aus meiner Sicht NICHT - aus DEINER Sicht erscheint es so, weil Du die "natürliche" Welt als "alles" siehst und somit eine Aufteilung nur innerhalb dieser stattfinden kann. - Wir haben unterschiedliche Prämissen.

Pluto hat geschrieben:Warum sollte es jenseits mehr geben können?
Warim NICHT? - Es gibt Anzeichen dafür, die man nicht intersubjektiv darstellen kann, weil diese Anzeichen logischerweise nicht naturalistischer Gestalt sein können.

Pluto hat geschrieben:Das ist keine Erklärung sondern ein Statement (Behauptung).
Es ist eine Erklärung im Rahmen dialektischen Denkens. - Behauptung ist es dann, wenn man dieser Erklärung als Realität vermutet (nicht alles, was dialektisch denkbar ist, "ist" deshalb).

Pluto hat geschrieben:Was also ist Überzeit? Eine etwas nebulöse Vorstellung von Ewigkeit vielleicht?
Nach meinem Verständnis JA - siehe "Visio Beatifica" bei den Katholiken.

Pluto hat geschrieben:E-ben
Das ist MEIN "E-ben". :lol:

Pluto hat geschrieben:Was bedeutet überhaupt "die Zeit ist aufgehoben"?
Im Hegelschen Sinne ist das gemeint (siehe wik):

Hegel sah in dem deutschen Wort Aufhebung den spekulativen Geist der Sprache, der in der Lage ist, gegensätzliche Bedeutungen in einem Wort zu vereinen. Er stellte die drei Momente der dialektischen Aufhebung folgendermaßen dar:

die Beendigung, Überwindung einer Entwicklungsstufe (Negation, tollere), z.B. Aufhebung eines Gesetzes, Erlasses.
das Erhalten ihrer zukunftsträchtigen Seiten (Aufbewahrung, conservare),
die Integration dieser Seiten in die höhere Stufe der Entwicklung, wodurch sie eine neue Funktion erlangen (Erhöhung, elevare)


Um ein einfaches Beispiel zu machen: Die Kreisfläche ist aufhebbar in die Kugel (weil der Kreis wesensmäßig eine Ableitung der Kugel ist - nur dass die Kugel 3-D ist und die Kreisfläche 2-D und die Kreislinie 1-D.

Ist die Kreisfläche in der Kugel aufgehoben, ist nicht mehr Kreis ("Negation"), sondern Teil der Kugel, in der die Fläche sozusagen wesensmäßig veredelt ist ("elevare"). - Ihr alten 2-D-Eigenschaften bleiben aber ("conservare") - man müsste nur von der Kugel aus den Schatten werfen, der als Kreisfläche in der Kugel integriert ist.

Auf die Zeit bezogen exakt dasselbe:
Unser Zeit-Verständnis ist in der "Über-Zeit" genauso negiert, konserviert und hochgehoben ("elevare") wie die Zeit in der Über-Zeit ("Über-Zeit" so zu verstehen, wie eine Kugel ein "Über-Kreis" ist - es gibt halt kein Wort in unserer Sprache, was über bei Zeit, was das benennt, was für die Kreisfläche die Kugel ist).

Wenn man das erst mal raus hat, kann man qualifiziert über Dinge sprechen, die man nicht kennen muss, deren Eigenschaften aber man kennt, falls es sie gibt.

Pluto hat geschrieben:Natürlich hat Ratzinger keine ethnologische Perspektive
Nein - aber eine theologische Perspektive zur vergleichenden Religions-Geschichte - das wird in theologischen Fakultäten gelehrt. - Ethnologie und Theologie behandeln also dasselbe Thema unter verschiedenen Perspektiven bzw. in verschiedenen Fakultäten.

Pluto hat geschrieben:Machen wir ein Gedankenexperiment.
Pragmatisch ist das richtig, wenn man sich zunächst auf einfache Dinge beschränkt: Die Aussage "Da steht ein Baum" ist natürlich eine andere als "Es gibt Gott". - PRagmatisch. - Denn es nur PRAGMATISCH so, weil wir PRINZIPIELL nicht wissen (ein Thema, das wir schon oft haben), ob unsere Wahrnehmung und somit auch unsere Messungen und somit auch unsere Kenntnisnahme der Messungen von Forscherkollegen nur Wahrnehmung oder real ist ("res cogitans" und "res extensa"). - Natürlich GLAUBE (!!!) ich, dass es real ist - aber ich WEISS es nicht - es ist nicht falsifizierbar. Denn man kann seine Wahrnehmung/Messung nicht durch sich selbst prüfen (Münchhausen).

Lässt man diese prinzipielle Argumentation weg, hast Du jedoch recht. - Aber auch pragmatisch wird es schwierig, wenn ein Modell nicht dem Objekt gerecht wird oder nur teilweise gerecht wird - siehe Historisch-Kritische Methode, die sich ja als "Wissenschaft" versteht. - Dort handelt es sich in Bezug auf das Objekt um ein Für-Wahr-Halten, weil nicht falsifizierbar ist, ob das gewählte Modell ausreichend zur Erfassung des Objekts.

Somit WEISS man, was innerhalb des Modells zutreffend ist, man weiss aber nicht, ob man damit dem "Objekt" (wir hatten das Thema: Parusie) ausreichend gerecht wird - also ist es ein Für-Wahr-Halten, wenn man die Modell-Ergebnisse aufs Objekt als "wahr" überträgt. - Hier gibt es dann keine Unterschiede mehr zu einer hermeneutisch oder dialektisch begründeten Behauptung.

Pluto hat geschrieben:Das ist Teil der Religion.
Das war so - richtig (und ist wieder so bei der IS). - Heute ist "Religion" ersetzt durch "Staat" - mit unter dem Strich demselben Ergebnis. - Ich vermag keine qualitativen Unterschiede zu erkennen - in beiden Fällen opfert man aus einem Glauben raus: Der eine glaubt, man müsse töten, damit die Sonne aufgeht - der andere glaubt, er müsse töten, weil die Ostukraine zum eigenen Staat gehört oder der Irak Fernstreckenraketen hat. - Beides sind Opfergaben an die theokratischen oder säkular-staatliche Glaubens-Erfordernisse.

Pluto hat geschrieben:Ja ich weiß es ist eine "Chiffre"; aber diese "Chiffre" ist die Erinnerung an das Blutopfer.
Das ist möglicherweise eine Umwandlung davon. - Da müsste man jetzt sehr tief einsteigen, um zu klären, welche Rolle "Blut" im theologischen Sinne hat.

Davon abgesehen: Spätestens mit dem Tod Jesu soll das alles ja abgestellt sein - seit 2000 Jahren gilt fundamental, dass dieses NICHT mehr gilt. - Das würde uns in theologische Begriffe hineinführen wie "Beschneidung der Vorhaut des Herzens", was im Grunde eine Umschreibung dafür ist, dass es keine äußeren Zeichen mehr geben soll, weil das Christentum eine verinnerlichte Religion ist.

Würde die Welt seit Jesu Tod nach dessen Vorstellungen funzen, hätte es seitdem nicht EINEN Krieg oder Mord gegeben. - Dass dieser Anspruch de facto unerfüllbar ist im "Fürstentum der Welt", ist auch klar - aber das ist die Messlatte.

SilverBullet
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#480 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von SilverBullet » Di 6. Okt 2015, 20:31

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Wie soll es also gehen?
Objektiv geht es nicht
Aha, „objektiv“ also nicht.
Wenn wir jetzt noch jemanden finden, der es weiss, dann fragen wir einfach ihn – cool.

closs hat geschrieben:Es geht NICHT darum, ob etwas existiert, was man sich "ausdenkt". - Es geht darum, ob etwas "ist", was man empfindet/merkt/geistig wahrnimmt/etc.
Autosuggestion

closs hat geschrieben:Indem Du ohne jegliche Verpflichtung ein Gedanken-Experiments unter dem Titel "Was wäre, wenn" mitmachst
OK, was wäre wenn „was genau“?

closs hat geschrieben:Wieso "NICHT vorhandenen Glauben"?
Es ist bestimmt schwer zu verstehen, aber „keine Vorstellung“ ist nicht automatisch „etwas“
(das Nicht-XXXX-Konzept greift hier nicht)

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