Naqual hat geschrieben:
"Blut" wird von uns heute anders empfunden als damals in der Antike. Blut hat etwas Unheimliches, so wundert es nicht, dass es in Horrorfilmen reichlich Verwendung findet. Blut ist etwas, das wir kulturell eher ausblenden. Ich esse Fleisch, aber es schüttelt mich bei der Vorstellung wie das Tier vorher dafür bluten musste. Und beim Essen weiß ich mit Gewissheit woran ich nicht denke.
In früheren Zeitaltern war Blut anders in den Alltag integriert. "Wenn Papa ein Huhn geschlachtet hat, waren seine Kinder oft dabei". Die haben das ganz anders gesehen. So auch das Schächten. Es entstand aus der Vorstellung heraus, dass etwas vom Geist des Tieres den Menschen verunreinigen würde, also "ließ man den Geist vorab" abfließen.
Beim Blut Jesu geht es in eine andere Richtung. Nicht ein "niederes Tier", sondern der Geist der ultimativen Liebe (für die Jesus steht) soll verinnerlicht werden (Wein beim Abendmahl). Zentral: "Herr, lass mich so sein wie Dein Sohn, lasse seinen Geist in mir sein".
Wenn man das verschüttet Blut als materielles Opfer sieht, wird es allerdings okkult. Geistig kann man selbst gar nichts mehr tun. Es wird einem getan. Magisch. - Da wäre ich vorsichtig.
Im m.E. guten Interpretationsfall, Blut für den Geist Jesu (seine Liebe und Einsatzbereitschaft) kommt hinzu der Leib (Brot im Abendmahl).
Hier steht nicht die Liebe im Vordergrund, sondern die Notwendigkeit, das Liebe für den nächsten einfach viel kostet, der eigene Leib, das Ego, wird "lahmgelegt", gekreuzigt.
Sicherlich, Blut ist ein ganz besonderer Saft (Faust I, Studierzimmer), allerdings liest sich dieser frömmlerische entäußerte Blutkult, einiger User hier, wie der der blutdürstigen mittel und südamerikanischen Religionen, oder einiger animimistischer Kulte.
Ich zitiere hier einmal Clausadi:
Also das Blut ist das Leben allen Fleisches; sein Blut steht für sein Leben! Und die Lohnzahlungen der Verfehlung sind der Tod. D. h. der Verfehler (Sünder) muss mit seinem Leben bezahlen (sühnen), also mit seinem Blut, das vergossen wird.
einem einigermaßen normalen Menschen kannst du diese postmoderne Blutbeschwörung wohl weniger zumuten. Im übrigen halte ich den qualvollen Foltertod eines Jesus, gerade als "Sühne" und ähnlichen Hokuspokus, für mehr als abseitig.
Blut, Qual, Verdammnis, Sühneopfer, Schuldbeladenheit, das als Wille Gottes im Heilsweg mit den Menschen, und wieder Blut, Sünde, gar Erbsünde, Verderbnis, Ketzertum im Autodafe gesühnt, das alles ist eines der finstersten Dramen der Weltreligionen überhaupt.
Übrigens, ich kenne keine Weltreligion, die so Blutversessen ist, wie das Christentum, hier aus dem Mythos heraus, in der Überzeugungstäterei und dem "missionarischen" Vollbringen sowieso.
(Das ist keine Kritik an dich und dein Textgut hier, Naqual, nur einige Überlegungen zu diesem abartig christlichen Blutkult-Gefrömmel.)