Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

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Savonlinna
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#111 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Savonlinna » Sa 26. Sep 2015, 21:57

- Fortsetzung von meinem post am Sa 26. Sep 2015, 17:21 -


closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Wir untersuchen doch gerade, wie Wahrnehmung passiert.
Wir untersuchen in erster Linie, wie und ob "Wahrnehmung" und "Sein" korrelieren:
Wenn wir uns nicht mal darin einigen können, was wir gerade untersuchen, dann wird es aber drollig.
Ich schrieb: "Wir untersuchen doch gerade" und Du konterst: "Wir untersuchen in erster Linie"
Ich kenne das Threadthema ja.
Aber wir haben über gekrümmte Stöcke gesprochen und über essbare Pilze und wie dabei Wahrnehmung passiert.
Was ist daran denn nun plötzlich falsch für Dich?

closs hat geschrieben:* Ist ALLES Wahrnehmung ("Ist die Wahrnehmung weg, ist alles andere auch weg") ??
* Ist ALLES wahrnehmbar, was ist?
* Ist das, was ist, unabhängig davon, ob es wahrgenommen wird/wahrnehmbar ist oder nicht?

Wieviel sagt die Untersuchung der Wahrnehmung nach Deiner Auffassung über diese Fragestellungen aus?
Du bist offensichtlich nicht zufrieden mit dem Weg, den ich gehe, und willst mich dazu kriegen, dass ich springe.
Du willst, dass ich schon Z formuliere, bevor ich C durchhabe.

Was ich schon geschlussfolgert habe, habe ich sofort immer aufgeschrieben.
Wenn Du mit der Peitsche hinter mir her bist, ich solle schneller denken oder schneller zu Ergebnissen kommen, dann bist Du mit mir falsch.
Ich bin gründlich und dadurch langsam.
Was machen Dir denn ein oder zwei Wochen mehr aus, wenn es dann mehr durchdacht ist?

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Welchem Objekt will ich denn gerecht werden?
Dem Objekt, das Du untersuchen willst.
Das Thema hatten wir meiner Meinung nach schon zu beider Zufriedenheit gelöst:

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Insofern vorläufige Definition von "Objekt": Das, was ein Subjekt im Blick hat.
Super Definition. :thumbup:

Das Objekt wäre also zum Beispiel der essbare Pilz: das also, was das Subjekt - das im "Menschen X" Pilze suchende Subjekt - am Pilz im Blick hat.
Das Pilze suchende Subjekt will nicht dem Pilz gerecht werden, sondern macht das am Pilz zum Objekt, das ihn als essbaren qualifiziert.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Wenn Du essbare Pilze suchst, dann hast Du einen Objekt-Filter vor Dich gespannt.
Das ist Wahrnehmung. - Ob diese Wahrnehmung authentisch ist, zeigt sich dann.
Ich versuche einfach nur diszipliniert Dinge zu entwickeln.
Wenn Du also alle essbaren Pilze identifizieren willst, dann hast Du diesen Objekt-Filter vor Dir, wenn Du nur darauf konzentriert bist.
Was ich damit beschreiben wollte, ist, wie Wahrnehmung wahrscheinlich funktioniert.
Sie macht etwas zum Objekt aus einer Intention heraus, einem Interesse heraus.

Ob es Wahrnehmung gibt, ohne dass eine Intention dahinter steht, ist für mich noch offen.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Darin sieht man doch schon, dass "Sein" im Sprachgebrauch abhängig ist vom jeweiigen Subjekt.
Genau das dürfte meines Erachtens NICHT die Definition von "Sein" sein. Denn dann wäre das Objekt abhängig vom Subjekt - die Welt als Vorstellung. - Meinst Du das so?
Ich will hier nicht einer Definition von Sein genügen - irgendwie glaubst Du mir das nicht.
Ich untersuche, wie die Vorstellung von "Sein" oder "Seiendes" bei Menschen entsteht.
Und ich habe da einen Fund gemacht, und den habe ich einfach notiert.

Du blockst ihn ab, weil er nicht zu Deiner Definition passt.
Aber würdest Du wirklich forschen wollen, dann würdest Du mir zeigen, wo ich mich geirrt habe.

"Essbar" ist nach meiner momentanen Erkenntnis das, was ein danach suchendes Subjekt den Pilz zu seinem Objekt gemacht hat.
Die Essbarkeit gehört zum Sein des Pilzes, jedenfalls in den Augen des Pilze Suchenden.
Darum schrieb ich: "Darin sieht man doch schon, dass "Sein" im Sprachgebrauch abhängig ist vom jeweiigen Subjekt".

Zeige mir auf, wo ich falsch geschlussfolgert habe.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:"Wahrnehmung" ist das Produkt einer Subjekt-Objekt-Beziehung
Yep.
Das ist doch die gleiche Schlussfolgerung, gegen die Du Dich empört hast.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Haben die Pilze etwas Expressionistisches von Haus aus an sich? Haben sie von Haus aus Essbares an sich?
Eben genau nicht - alles Wahrnehmung.
Du bist zu schnell.

Menschen schreiben den Pilzen Essbarkeit zu, weil sie sie essen können, ohne krank zu werden oder zu sterben.
Der landläufige Begriff Wahrnehmung passt hier aber nicht. Denn die Menschen nehmen das nicht nur so wahr, sondern sie sterben tatsächlich nicht an essbaren Pilzen. Die Essbarkeit ist für sie ein Teil des Seins des Pilzes.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Vielleicht heißt das: die Dinge selber entziehen sich dem Dualismus. Wir tragen diesen Dualismus durch Wahrnehmung in sie hinein.
:thumbup: :thumbup: - Genau so sehe ich es auch.
Ich fürchte, ich habe mich mit dem Wort "Wahrnehmung" verschrieben.
So macht meine Aussage gar keinen Sinn.
Ich wollte wohl schreiben: "Wir tragen diesen Dualismus durch unsere Grammatik oder unsere binäre Logik in sie hinein."
Wir teilen etwas ein in "rot und nicht-rot" und stellen damit einen Fixpunkt in den Raum: "rot". Alles wird danach bewertet, ob es rot oder nicht rot ist.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Pilze sind - von ihrer Warte aus betrachtet - weder essbar noch nicht-essbar. Das sind sie nur für die Fressenwollenden.
Bingo.
Okay. Dann ist da trotz meines obigen Verschreibers Einigkeit.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Folgerung daraus: Wozu Dinge benutzt werden, liegt nicht in den Dingen selbst. Ihr "Sein" wird ihnen von den Nutzsuchenden zugesprochen.
Somit ist es strenggenommen kein "Sein", das man ihnen zuspricht, sondern eine Wahrnehmung, die im besten Falle authentische Perspektive auf das Sein ist ("authentisch" im Sinne von: Wahrnehmung trifft ihr Ziel und schießt nicht daneben).
"streng genommen" ist ein Ding nicht das, wozu es benutzt wird, ja. Aber man spricht es ihnen zu.

Savonlinna hat geschrieben:Wenn ich Glück habe, closs, habe ich vielleicht gerade herausgefunden, wonach Du immer fragst, oder sagen willst
Ja - ich glaube auch, dass wir EINEN Aspekt schön getroffen haben.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Was immer ich von etwas oder jemandem "will": es hat nichts mit dem zu tun, was der Mensch oder das Tier oder das Ding "ist".
Meintest Du immer das?
Das ist ein wesentlicher Teil dessen, was ich sagen will - ja.
Hoffentlich liegt da aber nicht dann doch ein Missverständnis vor, wie so oft.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Ich habe das Wort "ist" eben auch benutzen müssen, weil wir im Deutschen kein anderes haben.
Heidegger hat für das Vollverb "sein" "wesen" gesagt. - "Die Frau ist schön - die Frau west (im Sinne von "ist" - nicht zu verwechseln mit "ver-wesen" :geek: :lol: ).
Ich hatte hin und her überlegt, ob ich diese Heideggersche Eigentümlichkeit hier nennen soll.
Fand es dann aber falsch, weil ich das bei Heidegger selber noch nicht im Kontext studiert habe.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Antwort wie aus der Pistole geschossen: "Der Besen best".
Genau das kommt oft in der Buber-Übersetzung des Alten Testaments vor - Buber übersetzt sehr genau und dadurch archaisch).
Kannst Du Dich bei Buber an ein Beispiel erinnern?

Meine 5-jährige Tochter hat übrigens auch mal einen philosophischen Hammer losgelassen, der hier reinpasst: Ich hatte sie mit irgendwas veräppelt, was sie durchschaut hat - darauf sagte sie: "Das 'ist' (west) nicht so, das heißt nur so". - Ein ultra-geiler Satz, von dem sich die Philosophie des 20./21. Jh. eine Scheibe abschneiden sollte.
Hat sie "ist" oder "west" gesagt?
Und ist das, was Deine Tochter gut empfunden hat, nicht gerade das Thema der Philosophie des 20./21. Jahrhunderts?

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Wenn ich mit dem, was ich oben in meinem Text blau gefärbt habe, den Nagel auf den Kopf getroffen habe, dann wäre ich mit Dir schon seit vierzig Jahren einig.
Gut möglich. - Dann wäre die nächste Frage: Bist Du damit einverstanden, dass das "Wesen" des Objekts (das, was es 'west') unabhängig ist von Wahrnehmung des Objekts?
Ich kann leider nur meinen langsamen und gründlichen Weg gehen.
Ich habe erklärt, wie ich Subjekt und Objekt verstehe, Du hast zugestimmt, und als nächstes werde ich mit Sicherheit nicht von „Wesen“ sprechen können.
Das wäre ein Sprung, den ich nicht schaffe.

Wenn Du nicht einverstanden bist mit meinem gründlichen Weg, dann bin ich bereit, das Feld hier zu räumen.

Salome23
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#112 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Salome23 » Sa 26. Sep 2015, 22:14

Warum einfach, wenns kompliziert auch geht.... :)
Werdet (Mehrzahl) im Denken so simpel wie ein Kind und schon habt ihrs. Aber nein, so um hundert Ecken denken nur Erwachsene-Philosophie halt... :Smiley popcorn:

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#113 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Pluto » Sa 26. Sep 2015, 22:38

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Was soll „Geist“ sein?
Aus heutig vorherrschender Perspektive ein Ergebnis von Schaltabläufen. - Aus anderer Perspektive die Grundlage der materiellen Welt - also ganz diametral.
Ich könnte noch mit anderen Definitionen auffahren.
Z. Bsp. dass das Sein von Krankheiten durch dreckige alte Lumpen geschaffen wird.
Dies ist empirisch verifizierbar, stimmt aber trotzdem nicht.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Was ist dein Modell?
Soweit sind wir noch nicht (wird sonst OT).
Das ist kein Argument. Wenn es arg OT wird, kann man es ja als neuen Thread abtrennen.
Mich würde ehrlich gesagt, an dieser Stelle dein Modell auch interessieren.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Das, was in unserer Weltauflösung unabhängig von der Wahrnehmung vorhanden sein könnte, würde ich als das „potentiell Wahrnehmbare bzw. die potentielle Realität“ bezeichnen, wenn es über unsere Sinne erfassbar ist (oder natürlich Messgeräte, die eine Art Umwandlung für die Sinne durchführen).
Und wenn NICHT?
Wenn nicht, ist die Wahrscheinlichkeit extremr hoch, dass solche Dinge nicht existieren.

closs hat geschrieben:Das Problem ist ..."Wie kann man per Wahrnehmung ("Subjekt") feststellen, ob Wahrgenommenes ("Objekt") ) Projektion des eigenen Bewusstseins oder unabhängig vom eigenen Bewusstsein Seiendes ist?".
Mit Verlaub, das scheint mir die 1 Million Euro Frage zu sein, die DU beantworten solltest.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#114 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Sa 26. Sep 2015, 22:40

SilverBullet hat geschrieben:Nein, Wahrnehmung kann die Realität nicht aus sich heraus nachweisen.
Gut zu hören. :thumbup:

SilverBullet hat geschrieben:Wahrnehmung wird durch Realität „angestossen“
Das glaube ich ebenso - wobei wir unterschiedliche Grenzen zu haben scheinen, was "Wahrnehmung" ist. - Für betrifft dies nicht nur sinnliche Wahrnehmung, sondern jegliche Perzeption durch das Gehirn.

SilverBullet hat geschrieben:Das Wahrnehmungssystem kann sozusagen die Aktivität der Sinneszellen nicht überprüfen.
Nachvollziehbar.

SilverBullet hat geschrieben:Eine Annäherung an die tatsächliche Funktionsweise des Körpers, in diesem Falle des Gehirns, ändert das Selbstverständnis – warum sollte das kein Fortschritt sein?
Es ist einerseits natürlich ein Fortschritt - man denke nur an die vielen medizinischen Möglichkeiten, die sich daraus ergeben. - Andererseits verschwindet beim Monopol dessen, was Du als "Realität" bezeichnest, das, was früher ebenfalls als "Realität" bezeichnet wurde - die Mystik etwa hat einen ganz anderen Realitäts-Begriff.

Das macht erst mal nichts - dann findet man halt ein neues Wort, wenn "Realität" jetzt anders besetzt ist. - Das Problem jedoch: Wenn KEIN neues Wort dafür gefunden wird, sind die dafür vorgesehenen Inhalte nicht mehr thematisierbar und gehen spätestens nach einigen Generationen verloren. - Dies meine ich beobachten zu können.

SilverBullet hat geschrieben:Bei Schaltabläufen und den dortigen Zusammenhängen steht das Gehirn im Mittelpunkt (hierfür ist der Begriff „Geist“ nicht notwendig).
So ist es. Deshalb war ich überrascht zu hören, dass der Begriff "Geist" nichtsdestoweniger naturwissenschaftlich vereinnahmt (und dadurch substantiell verändert) wurde.

SilverBullet hat geschrieben:Für den „alten“ Begriff „Geist“ wird damit sogar aufgezeigt, dass er inhaltsleer sein könnte – deshalb frage ich, was „es“ sein soll.
Das ist genau das Problem. - Denn die Frage, ob das Gehirn Folge des Geistes oder Erzeuger des Geistes ist, lässt sich neurowissenschaftlich nicht lösen - die Beobachtungen wären in beiden Fällen exakt die gleichen.

Setzt man aber aus materialistischer Weltanschauung, dass "Geist" durch Materie erzeugt wird, ist der "alte" Begriff "Geist" ausgehebelt, bevor er überhaupt untersucht werden kann - und schon ist er nicht mehr thematisierbar und somit für das kulturelle Bewusstsein verloren. - Das ist der Rückschritt in unseren Zeiten.

SilverBullet hat geschrieben:Die Leute, die „Gott“ erklären können, haben sich bisher vor mir versteckt – ich bin aber weiterhin gespannt.
Ganz nüchtern könnte ich Dir was zum Fraße vorwerfen: "Gott" ist die Aufhebung der Dialektik und somit über Zeit und Materie. - Aber dieser Satz presst arg viel zusammen und bedürfte eines eigenen Threads.

Jedenfalls ist er ein gutes Beispiel im Sinne dieses Threads - nämlich, dass "Wahrnehmung" im Sinne der Naturwissenschaft dazu nicht das Mittel der Wahl sein kann.

SilverBullet hat geschrieben:Du sprichst von „Modell“, aber ich weiss nicht, wie dieser Begriff einzuordnen ist. Dafür brauche ich Alternativbeispiele.
Da hatten wir hunderte Seiten lang ein Beispiel hier im Thread (guck mal unter "Parusie"). - Da kamen aufgrund unterschiedlicher Wahrnehmungs-Modelle zum Teil diametrale Ergebnisse raus - jeweils im Sinne des eigenen Modells nachhaltig begründ- und belegbar. - Oft macht der Standpunkt das Ergebnis.

SilverBullet hat geschrieben:Das Aufbauen von Vorstellungen, also die Datenverarbeitung im Gehirn hat sicherlich keine Auswirkungen auf den anfänglichen äusseren Sachverhalt.
Also wäre der "Sachverhalt" (auch ein Wort für das, was ich mit "Sein" meine) unabhängig davon, ob und wie er wahrgenommen wird - richtig? (Lassen wir erst mal QM-Sachen weg - Photonen-Paar gleicher Quelle/Instantanität, etc).

SilverBullet hat geschrieben:Vorsicht: durch fehlende Verbindung zur Realität leidet die Qualität des „Modells“.
Jetzt hängen wir wieder an der Definition des Wortes "Realität" - ich meine damit: Alles, was "ist", ob wir es wissen oder nicht - sogar, ob wir es untersuchen können oder nicht. - Ganz incognito. - Eine theoretische Definition, um zu unterstreichen, dass wir und unsere Wahrnehmung aus meiner Sicht nicht Maßstab dafür ist, was "ist" und was "nicht-ist".

SilverBullet hat geschrieben:Ich kenne spirituelle Fragestellungen eigentlich nur ohne Verbindung zur Realität.
Nach Deiner Definition von Realität kann es gar nicht anders sein.

SilverBullet hat geschrieben:Erst danach kann man entscheiden, ob eine qualitativ gleichwertige Alternative vorliegt.
Wenn der Maßstab dafür, was "qualitativ" ist, die naturwissenschaftliche Methodik ist, kann es NICHT gleichwertig sein. - Vergiss nicht: Spirituelle Fragestellungen gäbe es nicht, hätte der Materialismus recht.

SilverBullet hat geschrieben:Das Denken über dieses „Nicht-Wahrnehmbare“ (was auch immer das sein soll) ist mir ohne Vorstellung nicht möglich
Stimmt. - Kannst Du Dir vorstellen, dass es menschliche Vorstellungen gibt, die insofern real sind, dass sie damit auf einen "Sachverhalt" treffen, der naturwissenschaftlich nicht untersuchbar ist?

SilverBullet hat geschrieben:Erfüllt dies dein „Modell“?
ad 1:
Verschiedene Blickwinkel - ja. - Allerdings nicht intersubjektiv nachweisbar.

ad 2:
Stimmige Sinneserfahrungen - eindeutig ja - WENN man geistige Erfahrung als Sinneserfahrung versteht.

ad 3:
Eindeutige Feststellung - nein. - Was "Illusion" ist, wäre eh eine eigene Fragestellung.

ad 4:
Gleichzeitige Erfahrungen desselben Sachverhaltes durch mehrere Wahrnehmungssysteme - nein.

ad 5:
Ein "Erleben" ohne vorherige Informationen (also ohne Suggestion) - ja.

ad 6:
Ein genaues Feststellen der Eingabedaten und deren Ursprung - nein, unmöglich, da individuell.

closs
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#115 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Sa 26. Sep 2015, 22:44

Salome23 hat geschrieben:Warum einfach, wenns kompliziert auch geht.... :)
Werdet (Mehrzahl) im Denken so simpel wie ein Kind und schon habt ihrs. Aber nein, so um hundert Ecken denken nur Erwachsene-Philosophie halt...
Auch wenn Dich das wundert - ich gebe Dir vollkommen recht.

Es heisst nicht umsonst "Werdet wie die Kinder". - So aber hat die Menschheit beschlossen, mit der Philosophie anzufangen und dann hört's nicht auf. - Und somit kommt ständig irriges Halbzeug auf den Markt, der die Menschen verführt - also muss man dagegenhalten. - Oder man lässt es irgendwann, wenn man GANZ weise ist, und vertraut darauf, dass es schon "ge-richtet" wird (man beachte den Doppelsinn des Wortes "richten").

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#116 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Hemul » Sa 26. Sep 2015, 22:45

Salome23 hat geschrieben:Warum einfach, wenns kompliziert auch geht.... :)
Werdet (Mehrzahl) im Denken so simpel wie ein Kind und schon habt ihrs. Aber nein, so um hundert Ecken denken nur Erwachsene-Philosophie halt... :Smiley popcorn:
Weißt Du was das das Hornberger Schießen ist? 8-)
https://de.wikipedia.org/wiki/Hornberger_Schie%C3%9Fen
Das Hornberger Schießen ist das Ereignis, das die Redewendung „das geht aus wie das Hornberger Schießen“ hervorgebracht hat. Die Wendung wird gebraucht, wenn eine Angelegenheit mit großem Getöse angekündigt wird, aber dann nichts dabei herauskommt und sie ohne Ergebnis endet.
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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#117 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Sa 26. Sep 2015, 22:51

Pluto hat geschrieben:Mich würde ehrlich gesagt, an dieser Stelle dein Modell auch interessieren.
Dann kämen wir wieder in die Diskussion zur "Hermeneutik" - es wäre ein hermeneutisches Modell.

Man setzt etwas aus dem Status Quo des eigenen Wissens und überprüft, was man damit mehr erfährt. - Folge kann sein, dass man dadurch erkennt, dass die Setzung modifiziert werden muss und fängt nochmal an. - Dadurch kommt man zu neuen Erkenntnissen, die wieder dazu führen können, dass die Setzung modifiziert wird. - Mit der Zeit wird (wenn man's richtig macht) der Blick immer klarer und die Widersprüche immer weniger - trotzdem ist es ein unendlicher Prozess (hermeneutischer Zirkel).

Pluto hat geschrieben:Wenn nicht, ist die Wahrscheinlichkeit extremr hoch, dass solche Dinge nicht existieren.
Das ist ein Münchhausen-Argument, weil "Wahrscheinlichkeit" gemessen wird am eigenen Maßstab - mit anderen Worten: Man kann den eigenen Maßstab gar nicht in Frage stellen.

Pluto hat geschrieben:Mit Verlaub, das scheint mir die 1 Million Euro Frage zu sein, die DU beantworten solltest.
Entscheidend ist, dass einem diese Frage als BASIS jeglichen Modelles DANACH überhaupt bewusst ist.

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#118 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Sa 26. Sep 2015, 23:20

Savonlinna hat geschrieben:Was ist daran denn nun plötzlich falsch für Dich?
"Falsch" ist da nichts - ich stelle nur fest, dass dies eine innerbetriebliche Fragestellung der Wahrnehmung ist, die vollkommen unabhängig vom Objekt ist - oder nicht?

Savonlinna hat geschrieben:Was machen Dir denn ein oder zwei Wochen mehr aus, wenn es dann mehr durchdacht ist?
Ja - vielleicht tut es mir gut, wenn jemand nicht so ungeduldig ist wie ich. :Herz:

Savonlinna hat geschrieben:Das Pilze suchende Subjekt will nicht dem Pilz gerecht werden, sondern macht das am Pilz zum Objekt, das ihn als essbaren qualifiziert.
Ja - und wir sind uns einig, dass diese Besetzung des Objekts durch Wahrnehmung nicht notwendigerweise etwas mit dem Wesen des Objekts haben muss?

Savonlinna hat geschrieben:Ob es Wahrnehmung gibt, ohne dass eine Intention dahinter steht, ist für mich noch offen.
Ich glaube schon - denn man nimmt auch wahr, was unerwartet, also unvorbereitet, kommt.

Savonlinna hat geschrieben:Aber würdest Du wirklich forschen wollen, dann würdest Du mir zeigen, wo ich mich geirrt habe.
Geirrt hast Du Dich da nicht.

Savonlinna hat geschrieben:Darum schrieb ich: "Darin sieht man doch schon, dass "Sein" im Sprachgebrauch abhängig ist vom jeweiigen Subjekt".
Das Blaue ist der Knackpunkt, weil es die Usurpierung des Seins durch Wahrnehmung zeigt. - Man normiert Sprache so, als sei Sein abhängig vom Subjekt. - Und die Eiche steht im Wald und weiss nichts davon.

Savonlinna hat geschrieben:Der landläufige Begriff Wahrnehmung passt hier aber nicht. Denn die Menschen nehmen das nicht nur so wahr, sondern sie sterben tatsächlich nicht an essbaren Pilzen.
Genau so würde ich aber Wahrnehmung definieren: Das Objekt lässt einen etwas erkennen - hier, dass man nicht vergiftet wird. ("Dieser Pilz ist nicht giftig und schmeckt gut" ist aus meiner Sicht eine Wahrnehmung)

Savonlinna hat geschrieben:Ich fürchte, ich habe mich mit dem Wort "Wahrnehmung" verschrieben.
Dann war es ein genialer Verschreiber - denn Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen.

Savonlinna hat geschrieben:"streng genommen" ist ein Ding nicht das, wozu es benutzt wird, ja. Aber man spricht es ihnen zu.
Genau.

Savonlinna hat geschrieben:Ich hatte hin und her überlegt, ob ich diese Heideggersche Eigentümlichkeit hier nennen soll.
Wir wollen nicht Heidegger gerecht werden, sondern der Fragestellung. - Insofern scheue ich mich nicht, Gesagtes zu übernehmen, selbst wenn es vom Sagenden nicht so bedacht wurde, wie ich es meine.

Das ist übrigens der Grund, warum Komponisten nicht selber ihre Werke dirigieren sollten.

Savonlinna hat geschrieben:Kannst Du Dich bei Buber an ein Beispiel erinnern?
Oje - da muss ich nachdenken - es gibt viele Beispiele dafür, aber nicht mehr im Kopf. - Ich bemühe mich.

Savonlinna hat geschrieben:Hat sie "ist" oder "west" gesagt?
"Ist" hat sie gesagt - das "west" habe ich in Klammern eingefügt, weil wir kurz davor drüber gesprochen haben. - Hätte sie "west" gesagt, wäre es nicht original, sondern abgehört gewesen.

Savonlinna hat geschrieben:Und ist das, was Deine Tochter gut empfunden hat, nicht gerade das Thema der Philosophie des 20./21. Jahrhunderts?
Mmh - irgendwie schon. - Aber es fehlt etwas. - Ich habe den Eindruck, dass dieses Thema komparativ verarbeitet wird ("Wer kommuniziert besser"/"Wer hat das bessere Modell"), nicht aber ontologisch ("Was ist Sprache im Verhältnis zu dem, was 'west' ").

Ich bin nicht fit in der neueren Philosophie: Aber das, was ich in der ZEIT regelmäßig an Philosophie-Trends lese, ist reine Gesellschafts-Verwaltungs-Philosophie. - Der einzige, von dem ich gehört habe (!), der darüber hinausgeht, ist Houllebecq - der hat's echt gerafft, ist aber eigentlich kein Philosoph im klassischen Sinne.

Savonlinna hat geschrieben:Ich kann leider nur meinen langsamen und gründlichen Weg gehen.
Vielleicht sind wir ja ein gutes Team. - Ich bin halt von Natur aus ungeduldig.

ich habe echt jahrzehnte-lang übe dieses Thema nachgedacht, bis ich zu einem Ergebnis gekommen bin, das (aus meiner Sicht) keine Fragen mehr offen lässt. - Bei dieser Gelegenheit habe ich tatsächlich erst begriffen, wer "Jesus" EIGENTLICH ist. - "Eigentlich" im Sinne von: Was bleibt eigentlich übrig, wenn man das ganze Rezeptions- und Glaubens-Gedöns weglässt? - Was geht hier eigentlich ontologisch ab. - Im Grunde ist die Antwort einen Satz lang (habe es gerade an SilverBull geschrieben): "Gott" ist die Aufhebung der Dialektik.

Aber wer soll sowas verstehen - ich würde selber monatelang rumhaspeln, um es (wieder) halbwegs herzuleiten. - Also kann man den Satz einfach nur stehen lassen. - Komischerweise wird er von gläubigen Menschen, die intellektuell etwas interessiert sind, sehr schnell verstanden - weil sie es nach-EMPFINDEN können. - Jetzt sind wir aber schon wieder OT. :oops:

Salome23
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#119 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Salome23 » So 27. Sep 2015, 00:42

@closs
Kurze Bemerkung zu deinem obigen post: zwei Zitate (9+10tes) von Sa-linna wurden mit meinem Namen besetzt , ich hab das nicht geschrieben...


Inzwischen korrigiert - Halman

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#120 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Savonlinna » So 27. Sep 2015, 01:03

Salome23 hat geschrieben:@closs
Kurze Bemerkung zu deinem obigen post: zwei Zitate (9+10tes) von Sa-linna wurden mit meinem Namen besetzt , ich hab das nicht geschrieben...
Das ist richtig, das habe ich geschrieben.
Aber wenn closs das nicht sofort korrigiert, müsste ein lieber Mod oder Admin das machen.

Im Übrigen: danke, Salome, dass Du popcornessend unser Gespräch verfolgst.
Das ist viel Wert, und auch viel Wert, dass Du uns das mitteilst.
Dann sind wir doch zumindest für Dich nicht todlangweilig, schreiben nicht ins Leere.

Vielleicht kannst Du ja bei Gelegenheit auch mitteilen, warum wir Deiner Meinung nach zu viel Worte für ganz Enfaches verschwenden?

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