Savonlinna hat geschrieben:Rembremerding hat geschrieben:
Das Entscheidende hier ist: Was war zuerst da, die Be-geist-erung, die ein Gefühl hervorruft oder das Gefühl, die zur Begeisterung führt?
Das ist nicht ein Nacheinander, sondern ein Gleichzeitig. Beide Begriffe haben semantische Teilmengen gemeinsam, und die sind nie getrennt. Zucker ist immer süß, auch wenn Zucker durch „süß“ nicht erschöpfend beschrieben ist und "süß" auch in anderen Zusammenhängen vorkommt als in Zucker.
Begeisterung ist immer ein Gefühl, auch wenn Begeisterung durch "Gefühl" nicht erschöpfend beschrieben ist und "Gefühl" auch in anderen Zusammenhängen vorkommt als in Begeisterung.
Wenn wir es als "gleichzeitig" titulieren, dann muss dennoch dem Gefühl zugestimmt werden. Wenn man den Reiz von "süß" unentwegt nachgibt, dann kann daraus Diabetes werden. Es geht also auch darum 1. die Geister zu unterscheiden und 2. durch den Geist (versuchen) die Gefühle zu kontrollieren.
Eros ist für mich nicht identisch mit „Begehren“.
Somit war da nie ein Graben zwischen uns.
Allerdings:
„Platonische Liebe“ zum Beispiel, die Eros einbezieht, beinhaltet kein Begehren.
Mag da auch kein Begehren sein, aber ist sie auch selbstlos? Hier begehrt man ein "Wiederlieben".
Wenn ich aufjauchze, wenn ich das Meer sehe, dann ist da mein Gefühl dran beteiligt, aber es ist kein Begehren. Eine Liebe ist es dennoch, weil es eine Beziehung ist. Es ist zugleich fremd und vertraut, und das macht vielleicht die Liebe aus.
Wenn man das Fremde auch an sich ziehen will, dann entsteht Besitzwunsch.
Kann man das Fremde innerhalb des Vertrauten aber als quasi „heilig“, als unberührbar und unverletzbar wahrnehmen, dann entsteht genau das, was ich die ganze Zeit versuche zu erklären:
Ich bin davon angezogen, ich muss es lieben, aber es ist eine Liebe, die auch zu einem Berg, zu einer Stadt entstehen kann. Ein Berg kann mich nicht wiederlieben, das Meer auch nicht.
Also ist es von vornherein etwas anderes. Wenn es in manchen – seltenen – Momenten in einem aufjubelt, dass es diesen Bus da gibt, oder dass es diese Straße hier gibt:
dann kenne ich das von der Verliebtheit in einen Menschen: alles jubelt in mir auf, weil es diesen Menschen in dieser Art GIBT.
Du beschreibst hier treffend einen Weg der Gotteserfahrung. Man darf sich dann noch weitere Fragen stellen (ich bin ein Fragensteller wie der jüdische Jesus): Kommt das alles allein aus mir, wenn ich mit Freuden das Meer sehe? Wie kann man überhaupt "das Meer" lieben? Und ist dies nicht fast dieselbe Frage: Wie kann man "Gott" lieben?
Und: Was macht "das Fremde" in mir fremd? Und warum wird gerade dieses Fremde mir heilig? (heilig = abgesondert von, abgesondert für)
Das, was man gegenüber dem Meer empfinden kann, liegt für mich deutlich auch schon in der Liebe zu einem Partner; es ist auch da schon vorhanden.
Auch wenn es den entscheidenden Unterschied gibt: man will wiedergeliebt werden.
Aber das erste ist eben auch in der geschlechtlichen Liebe vorhanden: man liebt ebenfalls etwas, was gar nicht auf Wiederliebe aus ist.
Der Mensch ist ein Beziehungswesen, weil Beziehung auch das Wesen Gottes ist. Die Liebe zieht. Gerade in der Ehe ist das Wiederlieben "unausweichlich". Jedoch ist man als Christ in der Ehe stets zu dritt: Gott, der Ehepartner, ich. So muss ich nichts tun, dass ich geliebt werde, sondern will voll Liebe tun, weil ich geliebt werde.
Du schreibst das so, weil Du mich missverstanden hast. Das Meer, das ich liebe, lasse ich in mir ein, und ich gebe mich ihm hin. Ich erweitere meine Person um das Meer, ich bin dann endgültig nicht mehr nur meine Person.
Hier wieder.

Ich übersetze in christliche Mystik: Gott, den ich liebe, lasse ich in mir ein, und gebe mich ihm hin. Ich erweitere meine Person um die Person Gottes, ich bin dann endgültig nicht mehr nur meine Person.
Ein Unterschied zu deinen schönen Worten: das Meer bleibt unpersönlich, ich muss es selbst in meine Person integrieren. Bei Gott ist dies nicht möglich/nötig.
Liebe ich die Kultur Skandinaviens, aus irgendeinem Grund, den ich nicht genau kenne, dann erweitere ich mein Bewusstsein um diese Kultur, und auch mein Inneres. Aus diesem erweiterten Pool heraus handle ich dann, schaffe ich.
Ich begehre das dann nicht mehr, wenn es in mir ist.
Ich übersetze erneut in christliche Mystik: Liebe ich Gott, aus irgendeinem Grund, den ich nicht genau kenne, dann erweitere ich mein Bewusstsein um etwas unfassbar großes und damit mein Herz. Aus diesem der Liebe geöffneten Herz heraus handle ich dann, schaffe ich.
Ein Unterschied zu deinen schöne Worten: Eine Kultur ist unpersönlich, liebt nicht. Die Liebe, Gott, begehre ich aber immer, weil sie, weil er in mir ist. Die Liebe will sich verschenken und vermehrt sich dadurch.
Savonlinna hat geschrieben:Tolkien nennt das "Verzauberung", und das ist wohl das, was ich meine. Nur "Verzauberte" können das "Anderland" betreten, nach Tolkiens mythischer Sprache.
Er hat sie umschrieben, hat ausgeschlossen, dass da Macht oder Gewalt eine Rolle spielt, aber ich selber kann das Wort „verzaubern“ als sinnvoll in dieser Sache ansehen.
Das ist natürlich schon eine Art des Verbindens:
Mit Wasser und Mücken habe ich mich dann schon verbunden, aber ich bin nicht zwangsgebunden.
Sich zu binden ist zunächst neutral. Ich kann mich binden lassen oder ich verbinde mich. Sich zu binden muss freiwillig geschehen und eine Bindung auch erkannt werden. Das Wort "Zauber" beinhaltet ja auch noch beides. Allerdings hat eine "Verzauberung" eher eine negative Konnotation.
Savonlinna hat geschrieben:Rembremerding hat geschrieben:Savonlinna hat geschrieben:Das ist aber nicht der Kern. Der Kern ist für mich: jeder Mensch strebt, bewusst oder unbewusst, danach, von allem verzaubert zu sein, alles lieben zu können, ohne es zu begehren, ohne es begehren zu müssen.
Das ist ein Blick auf die Welt, der, würde er ausnahmslos gelingen, vermutlich Satori, Erleuchtung, zur Folge hätte.
In christlicher Sprache vermutlich: das Betreten des Reiches Gottes.
Und gelingt dies nicht erst dann, wenn man loslässt zu begehren, wie du schreibst?
Ja, natürlich! Das versuchte ich die ganze Zeit zu sagen.
Ja dann ...
