Die RKK und die Evolutionstheorie

Säkularismus
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Pluto
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#201 Re: Die RKK und die Evolutionstheorie

Beitrag von Pluto » Mi 9. Sep 2015, 09:57

closs hat geschrieben:Einen Grund für das Missverständnis haben wir ja bereits identifiziert: Die amerikanische Konnotation von "Neodarwinism" ist offenbar ein wissenschaftlicher und kein weltanschaulicher Begriff, wie es bei uns in der Allgemeinsprache der Fall ist ("Ismus").
Dann ist wohl der Autismus auch eine Ideologie? Oder der Expressionismus?

Gut möglich dass hier ein Missverständnis der englischen Sprache vorliegt. Wenn das so ist, dann sollte sich eine Person die im öffentlichen Rampenlicht steht, vorher aufklären lassen, bevor er einen Kommentar in der NYT schreibt. Erst unter dem massiven Druck der wissenschaftlichen "Community" hat er sich dazu überreden lassen, Fehler in seinem Text einzugestehen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#202 Re: Die RKK und die Evolutionstheorie

Beitrag von Pluto » Mi 9. Sep 2015, 10:06

closs hat geschrieben:
Andreas hat geschrieben:Ja Himmelherrgott! Wenn sie keine Dogmatiker sind, dann meint er sie doch auch gar nicht.
Lieber Pluto, da hat Andreas recht. - Schönborn legt sich doch nicht mit Wissenschaftlern an, sondern mit Ausbeutern der Wissenschaft zu ideologischen Zwecken.
Hier gehen die Meinungen auseinander.

Was du da sagst ist eine unangebrachte Beschönigung seiner Worte. Müssen wir meine Begründung noch einmal durchgehen...?
Christoph Schönborn hat geschrieben:Die Evolution im Sinn einer gemeinsamen Abstammung (aller Lebewesen) kann wahr sein, aber die Evolution im neodarwinistischen Sinn - ein zielloser, ungeplanter Vorgang zufälliger Veränderung und natürlicher Selektion - ist es nicht. Jedes Denksystem, das die überwältigende Evidenz für einen Plan in der Biologie leugnet oder weg zu erklären versucht, ist Ideologie, nicht Wissenschaft.
Hier sagt uns der Kardinal wie die Evolution nicht funktioniert, und nennt das Denksystem der Evolutionsbiologie ideologisch.
Dazu besitzt er die Arroganz zu behaupten es gäbe "überwältigende Evidenz für einen Plan".
Welchen Plan denn, und wo ist die Evidenz?
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#203 Re: Die RKK und die Evolutionstheorie

Beitrag von closs » Mi 9. Sep 2015, 10:12

Pluto hat geschrieben:Erst unter dem massiven Druck der wissenschaftlichen "Community" hat er sich dazu überreden lassen, Fehler in seinem Text einzugestehen.
Dann ist das Problem ja gelöst - er hat ja dann differenziert, was er gemeint hat.

Unabhängig davon: Auch in Deutschland wird auf der Ebene "Talkshows" und somit auf öffentlicher Kommunikations-Ebene "Neo-Darwinismus" als ideologisches Gegenstück zu "Kreationismus" dargestellt. - Wissenschaftliche und öffentliche Sprache sind zwei Ebenen. - Schönborn scheint das Wort im Sinne des allgemeinen medialen Verständisses benutzt zu haben.

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#204 Re: Die RKK und die Evolutionstheorie

Beitrag von Pluto » Mi 9. Sep 2015, 10:21

closs hat geschrieben:Dann ist das Problem ja gelöst - er hat ja dann differenziert, was er gemeint hat.
Erst nach massivem Druck.

closs hat geschrieben:Unabhängig davon: Auch in Deutschland wird auf der Ebene "Talkshows" und somit auf öffentlicher Kommunikations-Ebene "Neo-Darwinismus" als ideologisches Gegenstück zu "Kreationismus" dargestellt. - Wissenschaftliche und öffentliche Sprache sind zwei Ebenen. - Schönborn scheint das Wort im Sinne des allgemeinen medialen Verständnisses benutzt zu haben.
Was in deutschen Talkshows abgeht interessiert den New York Times Leser nicht.

Wenn du in Rom bist, verhalte dich wie die Römer.

Und selbst wenn es im deutschen Sprachraum üblich wäre (was ich nicht glaube), ist der Kreationismus tatsächlich eine Ideologie welche auf pseudowissenschaftlichen Grundlagen gründet, und überhaupt nicht mit dem Neodarwinismus welcher sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse stützt, zu vergleichen.
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#205 Re: Die RKK und die Evolutionstheorie

Beitrag von closs » Mi 9. Sep 2015, 10:23

Pluto hat geschrieben:Was du da sagst ist eine unangebrachte Beschönigung seiner Worte.
Er hat es doch so differenziert, dass es klar wurde.

Pluto hat geschrieben:Welchen Plan denn, und wo ist die Evidenz?
Das sind aus seinem Mund keine wissenschaftlichen, sondern theologische Worte.

Für ihn ist das, woraus Materie/Biologie kommt, ein übergeordnetes Feld, aus dem es biologische Gesetze gibt. - Im Grund sagt er: "Hier gibt es ein biologisches Terrain, auf dem die Biologen mit ihrer ET recht haben. - Das Terrain selbst aber ist Teil einer übergeordneten Planung und Evidenz".

Stell Dir ein Brettspiel vor, auf dem die Regeln von Schach oder "Mensch, ärgere Dich nicht" gelten - diese Brett-Regeln werden von Schönborn nicht in Frage gestellt. - Dieses Brett ist das "Dasein", das für Schönborn nicht der übergeordnete Maßstab ist, sondern selbst in eine göttliche Planung eingebaut ist.

Für Materialisten/Naturalisten ist dieser Gedanke ungewöhnlich, weil sie weltanschaulich der Meinung sind, dass die materielle Welt selbst der Maßstab ist. - Dieser Meinung, die zwar aus der Wissenschaft kommt, selbst aber nicht wissenschaftlich ist, tritt Schönborn entgegen. - Wie gesagt: Mir waren seine Aussagen spontan klar, weil ich gewohnt bin, sowohl geistig als auch materiell zu denken und somit beide Perspektiven sehen kann.

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#206 Re: Die RKK und die Evolutionstheorie

Beitrag von closs » Mi 9. Sep 2015, 10:32

Pluto hat geschrieben:Und selbst wenn es im deutschen Sprachraum üblich wäre (was ich nicht glaube)
, [/quote]Unter Biologen wird wohl auch im deutschen Sprachraum das Wort "Neodarwinismus" so verwendet, wie Du sagst - aber halt nicht medial. - Allein die Tatsache, dass das Wort "Neodarwinismus" hier auf dem Forum diskutiert wird, bedeutet doch, dass es in den allgemeinen Sprachgebrauch geraten ist.

Pluto hat geschrieben: ist der Kreationismus tatsächlich eine Ideologie welche auf pseudowissenschaftlichen Grundlagen gründet, und überhaupt nicht mit dem Neodarwinismus welcher sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse stützt, zu vergleichen.
Denkfehler. - Weltanschaulicher Neodarwinismus ("die Menschheit hat sich ohne Gott aus sich selber heraus entwickelt") ist genauso ideologisch wie ein weltanschaulicher Kreationismus.

Natürlich ist der Neodarwinismus mit Blick auf die Wissenschaft bestens begründbar. Aber gleichzeitig kann die Wissenschaft nicht Maßstab sein für eine Aussage, die über das wissenschaftliche Mandat hinausgeht. - In anderen Worten: Ob die genuine Quelle von Energie und danach Materie aus einem Quanten-Vakuum oder von Gott kommt, ist wissenschaftlich nicht klärbar und somit auch nicht beantwortbar.

Warum kann man sich nicht auf folgende Aussage einigen: Im biologischen Sinne gilt die ET - ob die ET geistig in eine übergeordnete Planung eingebunden ist oder nicht, ist wissenschaftlich nicht klärbar.

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#207 Re: Die RKK und die Evolutionstheorie

Beitrag von Andreas » Mi 9. Sep 2015, 10:50

Pluto hat geschrieben:Hier sagt uns der Kardinal wie die Evolution nicht funktioniert, und nennt das Denksystem der Evolutionsbiologie ideologisch.
Nein. Er bezieht sich, wie im ersten Absatz deutlich gemacht, auf die Denksysteme der Leute, die dem Papst gegenüber eine angebliche Akzeptanz oder Zustimmung der römisch-katholischen Kirche ins Treffen geführt haben, wenn sie ihre Theorie (ihrer dogmatisch-ideologischen Weltanschauung) als mit dem christlichen Glauben in gewisser Weise vereinbar darstellen. Gemeint sind die "Verteidiger" aus dem ersten Absatz.
Zuletzt geändert von Andreas am Mi 9. Sep 2015, 11:19, insgesamt 1-mal geändert.

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#208 Re: Die RKK und die Evolutionstheorie

Beitrag von Andreas » Mi 9. Sep 2015, 11:05

closs hat geschrieben:Warum kann man sich nicht auf folgende Aussage einigen: Im biologischen Sinne gilt die ET - ob die ET geistig in eine übergeordnete Planung eingebunden ist oder nicht, ist wissenschaftlich nicht klärbar.
Weil es darum in dem Kommentar von Schönborn nicht geht. Er wehrt sich zu recht gegen das, was manche Ideologen dem Papst unterstellen. Es geht allein um diese Unterstellung, die nicht mit dem katholischen Glauben vereinbar ist. Diese Unterstellung ist nicht naturwissenschaftlicher sondern ideologischer Natur, betrifft also weder die Naturwissenschaftler noch ihre Forschungsergebnisse (diese werden lediglich für die Zwecke von diesen Ideologen="Verteidigern" missbraucht).

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#209 Re: Die RKK und die Evolutionstheorie

Beitrag von Andreas » Mi 9. Sep 2015, 11:34

Ich lasse mich überzeugen, dass meine Art diesen Text zu lesen falsch ist, aber nicht dadurch, dass man wesentliche Teile des Textes NICHT in seine Argumentation einbindet, und sie stillschweigend unter den Tisch fallen lässt.

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#210 Re: Die RKK und die Evolutionstheorie

Beitrag von Pluto » Mi 9. Sep 2015, 12:53

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: ist der Kreationismus tatsächlich eine Ideologie welche auf pseudowissenschaftlichen Grundlagen gründet, und überhaupt nicht mit dem Neodarwinismus welcher sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse stützt, zu vergleichen.
Denkfehler. - Weltanschaulicher Neodarwinismus ("die Menschheit hat sich ohne Gott aus sich selber heraus entwickelt") ist genauso ideologisch wie ein weltanschaulicher Kreationismus.
Der Denkfehler liegt höchstens bei dir, weil du meinst, mit einem Adjektiv den Neodarwinismus doch zur ideologie umfunktionieren zu können? Dabei hatten wir bereits ausdiskutiert, dass Neodarwinismus keine Weltanschauung ist, sondern der Titel einer wissenschaftlichen Theorie.

closs hat geschrieben:Natürlich ist der Neodarwinismus mit Blick auf die Wissenschaft bestens begründbar.
Mehr noch... Es ist eine wissenschaftliche Theorie, genauso wie Autismus eine Krankheit und Existentialismus eine Kunstrichtung ist.

closs hat geschrieben:Aber gleichzeitig kann die Wissenschaft nicht Maßstab sein für eine Aussage, die über das wissenschaftliche Mandat hinausgeht.
Wenn man es ideologisch verzerrt interpretieren möchte, dann tut man das.

closs hat geschrieben:Warum kann man sich nicht auf folgende Aussage einigen: Im biologischen Sinne gilt die ET - ob die ET geistig in eine übergeordnete Planung eingebunden ist oder nicht, ist wissenschaftlich nicht klärbar.
Das ist ein unbegründeter Zusatz der nicht notwendig ist, weil eine übergeordnete Planung nicht beobachtet wurde.

Die Vorgänge in der Evolution sind sehr gründlich untersucht worden und führen zu einer der Kernaussagen des Neodarwinismus, dass die beobachtete Variabilität der Organismen durch zufällige Kopierfehler (Gen-Duplikation oder Überspringen) oder durch kosmische Strahlung entsteht. Man müsste also nachweisen, dass diese Naturprozesse irgendwie gesteuert werden könnten.
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