Warum fordern Atheisten Beweise?

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Andreas
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#101 Re: Warum fordern Atheisten Beweise?

Beitrag von Andreas » Do 3. Sep 2015, 22:44

closs hat geschrieben:Meine Frage an Merz/Theißen wäre: "Wie grenzt Ihr Exegese und Hermeneutik ab?"
closs, hier sind die Links zu den Online-Versionen.
Savonlinna hat geschrieben:Hier die Links zu den beiden google-book-Versionen:

https://books.google.de/books?id=2q7QAc ... &q&f=false

https://books.google.de/books?id=N2mkcw ... &q&f=false
Sieh dir dort das Vorwort an. Einen Teil daraus habe ich hier schon zitiert. Hier für dich nochmals:
Auch hinter diesem Buch stehen "Vorverständnisse" und "Interessen". So sind wir überzeugt, daß man über den historischen Jesus einen von Sympathie bestimmten Zugang zum Judentum finden kann, daß die Auseinandersetzung mit seiner Botschaft das soziale Gewissen schärft und die Begegnung mit ihm die Frage nach Gott verändert.
Zum anderen sollte eigentlich auch klar sein, dass ein Buch, dass Jesus zum Thema hat nicht die Exegese EINES Textes ist, sondern KANONISCH = aus ALLEN relevanten Texten des NT EIN BILD Jesu formt.

Genau das macht Ratzinger in seinem Jesus-Buch auch.

Normalerweise befasst sich eine Exegese mit EINEM Text EINES Autors um herauszubringen, was DIESER Autor mit DIESEM Text aussagen will.

closs
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#102 Re: Warum fordern Atheisten Beweise?

Beitrag von closs » Do 3. Sep 2015, 23:03

Andreas hat geschrieben:closs, hier sind die Links zu den Online-Versionen.
Alles vernünftig und verstanden - nur nicht die Antwort auf meine Frage nach der konkreten und als solchen ersichtlichen Abgrenzung zwischen Exegese und Hermeneutik.

Das passt übrigens in das hiesige Thread-Thema, weil dafür die Abgrenzung zwischen Beobachtung und Interpretation hilfreich ist.

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Andreas
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#103 Re: Warum fordern Atheisten Beweise?

Beitrag von Andreas » Do 3. Sep 2015, 23:05

Münek hat geschrieben:1. Die angeblichen Erscheinungen Jesu nach seiner "Auferstehung" haben nichts mit dem "Kommen des richtenden Menschensohnes vom Him-
mel in den Wolken mit seinen Engeln
" zu tun. Sein Aufstieg in den Himmel und seine Inthronisierung standen Jesus noch bevor.
Sorry. Hier bei Mt 10,23 steht kein Wort vom Kommen des richtenden Menschensohnes vom Himmel in den Wolken mit seinen Engeln. Das kannst du nicht von irgendwoher hier reinwursteln.

Münek hat geschrieben:2. Die von Jesus zu Missionszwecken ausgesandten 72 Jünger scheinen sehr wohl mit den Städten Israels zum Ende gekommen zu sein; denn in Lukas 10,17 heißt es: "Die Zweiundsiebzig kehrten zurück und berichteten voll Freude..." Nichts spricht dafür, dass sie ihren Missionsauftrag nicht in Gänze durchgeführt haben.
Da steht weder, dass sie ihren Missionsauftrag in Gänze durchgeführt haben, noch dass sie es nicht getan haben. Da liest du etwas in den Text, was nicht da steht hinein. Es ist offen. So geht es gar nicht: weder wissenschaftlich noch dogmatisch. Außerdem solltest du bei Matthäus bleiben und nicht Lukas ins Spiel bringen, weil Lukas nicht weiß, was Matthäus sagen will. Matthäus hat seine Version. Lukas die seine. Die Frage ist hier zunächst, was Matthäus mit seinem Text aussagt.

Bei Mattäus 28,16-20 steht nun folgendes:
Die elf Jünger gingen nach Galiläa auf den Berg, den Jesus ihnen genannt hatte. Und als sie Jesus sahen, fielen sie vor ihm nieder. Einige aber hatten Zweifel. Da trat Jesus auf sie zu und sagte zu ihnen: Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde. Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.

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Andreas
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#104 Re: Warum fordern Atheisten Beweise?

Beitrag von Andreas » Do 3. Sep 2015, 23:26

Nachtrag zu:
Münek hat geschrieben:2. Die von Jesus zu Missionszwecken ausgesandten 72 Jünger scheinen sehr wohl mit den Städten Israels zum Ende gekommen zu sein; denn in Lukas 10,17 heißt es: "Die Zweiundsiebzig kehrten zurück und berichteten voll Freude..." Nichts spricht dafür, dass sie ihren Missionsauftrag nicht in Gänze durchgeführt haben.

Im gleichen Kapitel MT 10,5-6 steht allerdings etwas bemerkenswertes:
Diese Zwölf sandte Jesus aus und gebot ihnen: Geht nicht zu den Heiden und betretet keine Stadt der Samariter, sondern geht zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel.
Nun gehörte Samarien ursprünglich zum Hause Israel, wurde auch Israel (Nordreich) genannt im Gegensatz zu Judäa (Südreich), aber da sollen die Jünger jetzt nicht hingehen, sondern zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel. Das wären eigentlich zur Zeit Jesu die Juden. Als Jesus seine Jünger ausschickt und das zu seinen Jüngern sagt (MT 10,23), befinden sie sich allerdings in Galiläa (das gehörte zum Nordreich Israel). Nun liegt Samaria zwischen Galiläa und Judäa. Da hätten die Jünger einen rießen Umweg machen müssen - über den Jordan durch das Gebiet der 10 Städte und Idumäa, wenn ich die Karte richtig im Kopf habe (bin grad zu faul nachzusehen).

Es ist also völlig ausgeschlossen, dass seine Jünger als sie zurückkamen mit allen Städten Israels zu Ende gekommen waren. Sie waren vermutlich nur ein Stück weit in Galiläa unterwegs, denn dort treffen sie Jesus bald darauf auch wieder. Der nahe Kontext ist entscheidend, Münek.

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#105 Re: Warum fordern Atheisten Beweise?

Beitrag von Savonlinna » Do 3. Sep 2015, 23:53

closs hat geschrieben:
Andreas hat geschrieben:closs, hier sind die Links zu den Online-Versionen.
Alles vernünftig und verstanden - nur nicht die Antwort auf meine Frage nach der konkreten und als solchen ersichtlichen Abgrenzung zwischen Exegese und Hermeneutik.
Ich hab vor ein paar Tagen noch eine Menge darüber in dem Buch gelesen, aber es sieht so aus, als ob man das inzwischen aus dem Netz genommen hat.
Andreas findet manche Sachen auch nicht mehr wieder.
Sowas kann vorkommen, wenn etwas oft angeklickt wird. Dann zieht man das manchmal zurück.

Bieten kann ich im Moment nur ein anderes Zitat aus dem Vorwort, das vielleicht etwas aufschlussreicher ist bezüglich Deiner Fragestellung, auch wenn es nicht so ganz direkt gesagt ist. Ich werde es aber anfärben.

Das, was ich jetzt nicht mehr wiederfinde, waren Erläuterungen bezüglich der angewandten Hermeneutik - fast jedes Kapitel hat am Schluss so eine Zusammenfassung, wie man dem Inhaltsverzeichnis entnehmen kann.

Jetzt aus dem Vorwort:

Wissenschaft sagt nicht: „So war es", sondern: „So könnte es aufgrund der Quellen
gewesen sein."
[...]
Wissenschaft sagt nie: „So ist es", sondern nur: „So stellt es sich uns auf dem Stand
der Forschung dar." Und das heißt im Klartext: „auf dem Stand unseres derzeitigen
Wissens und Irrens." Wir geben deshalb zu jedem wichtigen Thema einen kurzen
Forschungsüberblick. Die klassischen Positionen, die in Variationen immer wiederkehren,
werden knapp referiert. Das soll auch dazu helfen, die in diesem Buch vertretenen
Entscheidungen einordnen, bewerten und relativieren zu können.

Wissenschaft sagt nicht: „Das ist unser Ergebnis", sondern: „Das ist unser Ergebnis
aufgrund bestimmter Methoden" Der Weg, auf dem sie zu ihrem Ziel gelangt, ist
ihr genauso wichtig wie das Ziel - oft sogar noch wichtiger. Denn der Weg kann
richtig sein, auch wenn sich das Ziel als Zwischenstation erweist, die man wieder
verlassen muß. Es finden sich daher in diesem Buch oft methodische und hermeneutische
Überlegungen. Angesichts der Skepsis, ob man überhaupt etwas vom historischen
Jesus weiß, ist das angebracht. Ein ganzer Paragraph (§ 4) beschäftigt sich mit
dieser Frage.
http://www.v-r.de/pdf/titel_inhalt_und_ ... 2198-4.pdf, S.5.

Das, was ich geblaut habe, ist im Kern eine Formulierung, in der zwischen Exegese und Deutung - "Hermeneutik" wende ich dazu nicht an, der ungeklärte Begriff verwirrt im Moment die ganze Diskussion, da steige dann auch ich regelmäßig aus und lese nicht mehr weiter - unterschieden wird.

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#106 Re: Warum fordern Atheisten Beweise?

Beitrag von closs » Fr 4. Sep 2015, 00:32

Savonlinna hat geschrieben:Das, was ich geblaut habe, ist im Kern eine Formulierung, in der zwischen Exegese und Deutung ... unterschieden wird.
Ja - aber merkst Du: "Entscheidung" ist auch schon eine Deutung.

Ich will jetzt gar nichts madig machen - in der Praxis klappt es ja ganz gut, weil sich da Wissenschaftler hinsetzen und ganz einfach forschen, ohne sich vorher wissenschafts-theoretisch zu besaufen.

Aber im wissenschafts-theoretischen Aspekt ist es dann doch wieder interessant - denn es wird einem unglaublich leicht gemacht, Weltanschauung als Wissenschaft auszugegen, und ungeheuer schwer gemacht, beides zu unterscheiden. - In diesem Sinne verstehe ich, wenn Du sagst:
Savonlinna hat geschrieben: "Hermeneutik" wende ich dazu nicht an, der ungeklärte Begriff verwirrt

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#107 Re: Warum fordern Atheisten Beweise?

Beitrag von Savonlinna » Fr 4. Sep 2015, 00:49

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Das, was ich geblaut habe, ist im Kern eine Formulierung, in der zwischen Exegese und Deutung ... unterschieden wird.
Ja - aber merkst Du: "Entscheidung" ist auch schon eine Deutung.
Klar. Darum habe ich es ja auch blau gefärbt.

Ich weiß jetzt gar nicht genau, was Du sagen willst.
Aber das hier ->
closs hat geschrieben:In diesem Sinne verstehe ich, wenn Du sagst:
Savonlinna hat geschrieben: "Hermeneutik" wende ich dazu nicht an, der ungeklärte Begriff verwirrt
werde ich schon noch auf die Reihe kriegen. Mich vewirrt nur die Verwaschenheit seines Gebrauchs hier im Forum.

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#108 Re: Warum fordern Atheisten Beweise?

Beitrag von Andreas » Fr 4. Sep 2015, 00:59

Savonlinna hat geschrieben:Mich vewirrt nur die Verwaschenheit seines Gebrauchs hier im Forum.
Das ist jetzt ausnahmsweise mal keine spezifische Krankheit des Forums. Hermeneutik ist einer von diesen philosophischen Begriffen, von denen es mehrere unterschiedliche "Definitionen" ??? gibt. Da verstehen unterschiedliche Leute Unterschiedliches. Man müsste eigentlich immer dazuschreiben "Hermeneutik nach sowieso". Völlig unbrauchbar in der Umgangssprache. Ich vermeide den Begriff mittlerweile, wo es irgend geht. Schade eigentlich, weil der Brei um den dieser Ausdruck so herum schleicht wichtig sein könnte.

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#109 Re: Warum fordern Atheisten Beweise?

Beitrag von closs » Fr 4. Sep 2015, 01:11

Andreas hat geschrieben: Man müsste eigentlich immer dazuschreiben "Hermeneutik nach sowieso".
So ist es - habe ich tatsächlich oft gemacht ("Hermeneutik nach F.Ast"), nützt aber nix.

Andreas hat geschrieben: Ich vermeide den Begriff mittlerweile, wo es irgend geht.
Man könnte auch problemlos darauf verzichten, wenn es nicht Mode geworden wäre, eigene Weltanschauungen (gar Ideologien) als "wissenschaftlich" zu verkaufen.

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#110 Re: Warum fordern Atheisten Beweise?

Beitrag von Savonlinna » Fr 4. Sep 2015, 01:26

Andreas hat geschrieben:Man müsste eigentlich immer dazuschreiben "Hermeneutik nach sowieso".
Das wäre tatsächlich schon ein Gewinn für die Diskussion hier.
Bislang aber hatte ich den Eindruck, dass keiner richtig weiß, wovon er redet, aber trotzdem andauernd davon redet.
Und das überspringe ich dann regelmäßig. :|

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