Auf 1 Jahr Abtreibung durch Priester vergebbar

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Naqual
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#1 Auf 1 Jahr Abtreibung durch Priester vergebbar

Beitrag von Naqual » Mi 2. Sep 2015, 05:41

Die Medien melden: der aktuelle Papst gestattet es Priestern, die schwere Sünde der Abtreibung, die eigentlich zur Exkommunikation führen würde, zu vergeben. Erst einmal auf 1 Jahr.
Das hört sich für mich mehr als seltsam an.

Warum "nur" auf ein Jahr?

Warum fuscht die kath. Kirche Gott ins Handwerk? Vergeben tut letztlich Gott. Ohne so seltsame Gebilde wie Übergangsfristen von 1 Jahr.

Warum kommt der Vatikan jetzt darauf es sooo zu praktizieren? Als Vertreter Gottes auf Erden hätten sie's ja schon vorher auch wissen müssen.

Warum wird das Ganze nur auf die Abtreibung bezogen? Es gibt ja auch andere schwerwiegende Sünden. Sind da die Priester dann nicht ermächtigt?

Warum dieser etwas unbiblische (im Sinne von dort nicht einmal annäherungsweise vorkommend) Vorgang, dass bisher "normale" Priester" diese Sünden nicht vergeben konnten, jedoch der Bischof?

Warum die Konzentration auf eine schwere Sünde(n-Art)? Die Kirche ist ja nicht einfach Gemeinschaft der Gottverbundenen, sondern derer, die notorisch sündigen -und das nicht nur mal versehentlich, sondern meist weiß man es auch. Jede Sünde trennt von Gott. Nicht nur bestimmte. Warum hier ein Ende der Solidarität mit dem Sünder (nicht Solidarität mit der Sünde)?

2Lena
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#2 Re: Auf 1 Jahr Abtreibung durch Priester vergebbar

Beitrag von 2Lena » Mi 2. Sep 2015, 07:08

Hallo Naqual,

deine Fragen habe ich mir in gleicher Weise auch gestellt. Deine moralische Entrüstung also in Ehren!
Dann kam in den Nachrichten ein kleiner Hinweis dazu - auf die ohnehin in Deutschland schon geltende Lösung. Da habe ich mich an die Debatten der Fristenlösungen erinnert, das Geschrei von damals, und es fielen mir so ein paar Namen zu Beratungsstellen ein, sowie deren passenden juristischen Verbindungen. Sagt dir das etwas?

Generell ist es so, dass den Müttern geholfen gehört. In einer Gesellschaft jedoch, die jede Stunde Arbeit abrechnet, die den Jungen vormacht, dass wegen ein paar versäumten Arbeitsstunden durch die Geburt die Welt unterginge, sieht es für junge Wesen wirklich schlecht aus. Die kommenden Eltern sehen durch das vorgemachte Lebensmuster, dass alle mit Mann und Maus verhungern müssen. Die sind oft alleingelassen und bei dieser Situation, einen Nachwuchses zu erziehen, kaum gewachsen. Wenn es dann entsprechende "Beratungsstellen" gibt, wird dann vielen Mutlosen ein Weg in die Sünde geebnet, den sie allein nie hätten gehen können. Wer weiß das schon, ob die vielleicht schon dort ihren Weg beginnen, wo der 2. Weltkrieg aufgehört hat mit den Selektionen.

closs
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#3 Re: Auf 1 Jahr Abtreibung durch Priester vergebbar

Beitrag von closs » Mi 2. Sep 2015, 09:28

Naqual hat geschrieben:Der aktuelle Papst gestattet es Priestern, die schwere Sünde der Abtreibung, die eigentlich zur Exkommunikation führen würde, zu vergeben.
Dass eine Sünde NICHT vergeben werden kann, ist mir neu. - Vermutlich will der Papst etwas lockern, was zur Zeit die Regel ist.

Trotzdem sollte man zwei Dinge unterscheiden:
1) Nicht-Vergeben
2) Exkommunikation

Beides ist aus meiner Sicht inakzeptabel, da es Gott vorgreift. - Nur Gott vergibt - der Priester ist dazu nur Mittelsmann, aber nicht Entscheider. - Exkommunizieren kann man aus der Kirche, aber nicht aus Gott.

Naqual hat geschrieben:Warum die Konzentration auf eine schwere Sünde(n-Art)?
Geistig nicht begründbar, höchstens historisch.

Naqual hat geschrieben: Jede Sünde trennt von Gott. Nicht nur bestimmte.
So ist es.


Zu bedenken ist allerdings, dass dieser "Paragraph" in der Praxis nach katholischem Recht meistens ausgehebelt ist - denn:

"Ein wichtiger Strafausschlußgrund ist die schwere Furcht beim Täter. Wenn die Mutter z.B. aus schwerer seelischer Not oder drohendem Nachteil gehandelt hat, ist sie nicht exkommuniziert. ... Wenn feststeht, daß die Frau oder der/die Mittäter unter Furcht gehandelt hat bzw. haben, dann kann keine Exkommunikation ausgesprochen werden.

Ebensowenig trifft eine Exkommunikation bei einer Minderjährigen ein, die eine Abtreibung hat vornehmen lassen, sofern sie das 16. Lebenjahr noch nicht vollendet hat. Dasselbe gilt für eine Person, die mit physischer Gewalt zu einer Abtreibung gezwungen worden ist, unabhängig von ihrem Alter. Ferner wird trotz durchgeführter Abtreibung nicht exkommuniziert, wer “aus dem Sturm einer Leidenschaft” ( ex gravi passionis aestu : vgl. can. 1324 §1, Nr. 3) gehandelt hat, oder wer die Abtreibung “ohne volle Vorwerfbarkeit” ( sine plena imputabilitate ) hat durchführen lassen (can. 1324 §1, Nr. 10)".
(Aus "Liborius-Wagner-Kreis" - "Lebensschutz").

Ich habe mir jetzt mal die Meldungen dazu angeguckt: Es scheint tatsächlich so zu sein, dass hier kirchenrechtlich eine Anpassung an das stattfinden soll, was in der Pastorale längst die Regel ist. - Dass Abtreibung aus fundamental-theologischen Gründen "Sünde" ist (was auch immer "Sünde" ist), ist aus meiner Sicht nachvollziehbar - dass ein Priester bisher die Absolution trotz Reue des Beichtenden versagen konnte (gar musste), war mir neu und schockt mich. - Da muss ich wieder mal mein katholischen Pfarrer-Bekannten anspitzen, wie das in der Praxis läuft.

Pluto
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#4 Re: Auf 1 Jahr Abtreibung durch Priester vergebbar

Beitrag von Pluto » Mi 2. Sep 2015, 12:55

closs hat geschrieben:Dass Abtreibung aus fundamental-theologischen Gründen "Sünde" ist (was auch immer "Sünde" ist), ist aus meiner Sicht nachvollziehbar
Abtreibung innert der ersten 12 Wochen ist erst seit dem zweitem vatikanischen Konzil eine Todsünde.

closs hat geschrieben:dass ein Priester bisher die Absolution trotz Reue des Beichtenden versagen konnte (gar musste), war mir neu und schockt mich. - Da muss ich wieder mal mein katholischen Pfarrer-Bekannten anspitzen, wie das in der Praxis läuft.
Es ist aber tatsächlich so, dass Priester keine Absolution für Todsünden (dazu gehört Abtreibung) erteilen dürfen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Rembremerding
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#5 Re: Auf 1 Jahr Abtreibung durch Priester vergebbar

Beitrag von Rembremerding » Mi 2. Sep 2015, 14:11

closs hat geschrieben:Dass eine Sünde NICHT vergeben werden kann, ist mir neu. - Vermutlich will der Papst etwas lockern, was zur Zeit die Regel ist.

Jede Sünde kann vergeben werden - in der Gnade Gottes.

Bizarre Slogans (siehe Threadthema) machen wieder die Runde für all jene, die gerne mitreden, ohne sich informieren zu wollen. Für Menschen außerhalb der RKK ist dies sowieso irrelevant.
Innerhalb der deutschen Bischofskonferenz ändert sich durch diese Regelung nichts, denn jeder Priester hatte hierzulande sowieso die Dispens eine Todsünde vergeben zu können. Es ist nur eine Verfahrensregelung.
Manche sakramentale Akte, wie Firmung, Vergebung von Todsünden, sind nur dem Bischof vorbehalten. Er kann jedoch auch seine Priester eine Erlaubnis erteilen, diese durchzuführen.
In manchen Ländern muss der Priester, falls er von einer Todsünde in der Beichte erfährt, den Bischof um Erlaubnis einer Sündenvergebung bitten, natürlich ohne die Preisgabe von Namen.
2016 wurde von Papst Franziskus zum Jahr der Barmherzigkeit des Herrn ausgerufen. In diesem erteilt nun der Papst generell an alle Priester beim Sakrament der Versöhnung die Erlaubnis um Vergebung einer Todsünde, die Gottes Gnade bewirkt.

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closs
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#6 Re: Auf 1 Jahr Abtreibung durch Priester vergebbar

Beitrag von closs » Mi 2. Sep 2015, 14:33

Pluto hat geschrieben:Abtreibung innert der ersten 12 Wochen ist erst seit dem zweitem vatikanischen Konzil eine Todsünde.
Überrascht mich. - War der Status vorher milder?

Pluto hat geschrieben:Es ist aber tatsächlich so, dass Priester keine Absolution für Todsünden (dazu gehört Abtreibung) erteilen dürfen.
Überrascht mich noch mehr.

Rembremerding hat geschrieben: denn jeder Priester hatte hierzulande sowieso die Dispens eine Todsünde vergeben zu können.
Erste Überraschung aufgelöst - nicht anders kenne ich es.

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Magdalena61
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#7 Re: Auf 1 Jahr Abtreibung durch Priester vergebbar

Beitrag von Magdalena61 » Mi 2. Sep 2015, 16:02

Rembremerding hat geschrieben:Bizarre Slogans (siehe Threadthema) machen wieder die Runde für all jene, die gerne mitreden, ohne sich informieren zu wollen. Für Menschen außerhalb der RKK ist dies sowieso irrelevant.
Eines muß man dem Papst Franziskus lassen: Er hat's echt drauf von wegen PR und sorgt dafür, dass "die Kirche" inklusive deren Prinzipien.... nachhaltig und anhaltend sozusagen.... in aller Munde sind.
Diesem quirligen Bruder fällt doch immer wieder etwas Neues ein, um Diskussionen auszulösen. :)

Da die Medien nur allzu bereitwillig den Boten und Ausrufer abgeben, wird es dem breiten Publikum nicht einfach gemacht, "die Kirche" - und damit die Fragen nach Gott, Moral und persönlicher Verantwortung.... zu ignorieren.

Natürlich ist es exotisch, eine bestimmte Verfehlung nur ein Jahr lang zu vergeben, und davor und danach nicht (?) Nein, das muß anders gemeint sein; SO kenne ich die RKK nicht.
In manchen Ländern muss der Priester, falls er von einer Todsünde in der Beichte erfährt, den Bischof um Erlaubnis einer Sündenvergebung bitten, natürlich ohne die Preisgabe von Namen.
Diese Regelung entlastet den örtlichen Priester, weil er nicht alleine entscheiden muß, z.B. in Fällen, in denen ihm der Delinquent und dessen Umfeld persönlich bekannt sind.

Die Anweisung, einen weiteren Verantwortlichen mit einzubeziehen, ist nicht unbiblisch! Jak. 5,14 spricht von mehreren Ältesten, nicht nur von einem. - Da geht es um Kranke.

Wer ein Kind abtreibt, ist seelisch krank, spätestens hinterher.
LG
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#8 Re: Auf 1 Jahr Abtreibung durch Priester vergebbar

Beitrag von Pluto » Mi 2. Sep 2015, 16:18

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Abtreibung innert der ersten 12 Wochen ist erst seit dem zweitem vatikanischen Konzil eine Todsünde.
Überrascht mich. - War der Status vorher milder?
Ja.
Vorher galt in der rkK die Fristenregelung, vermutlich um den Bischöfen und Priestern die Peinlichkeit eines unehelichen Kindes zu erspraren.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Es ist aber tatsächlich so, dass Priester keine Absolution für Todsünden (dazu gehört Abtreibung) erteilen dürfen.
Überrascht mich noch mehr.
Das scheint in einigen europäischen Ländern wie D. unwirksam zu sein.
Hierzulande darf der Bischof entscheiden (ist aber keine weltweit einheitliche Regelung).

Nun hat Franziskus die Absolution der Abreibung für 1 Jahr erlaubt. Die Frage ist, was geschieht 2017?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#9 Re: Auf 1 Jahr Abtreibung durch Priester vergebbar

Beitrag von closs » Mi 2. Sep 2015, 17:05

Pluto hat geschrieben:Vorher galt in der rkK die Fristenregelung
Vor dem 2. Vatikanum 1963? - In den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts gab es kirchenrechtlich eine Fristenlösung, die vergleichbar wäre mit dern heutigen säkularen Fristenreglung? - Das kommt mir sehr überprüfenswert vor.

Pluto hat geschrieben: vermutlich um den Bischöfen und Priestern die Peinlichkeit eines unehelichen Kindes zu erspraren.
Eine sehr exotische Begründung. :lol:

Pluto hat geschrieben:Das scheint in einigen europäischen Ländern wie D. unwirksam zu sein.
Da müsste man einen Profi in Sachen Kirchenrecht fragen. - Aus meiner Sicht ist das priesterliche "Ego absolvo te" universal gemeint.

Pluto hat geschrieben:Die Frage ist, was geschieht 2017?
Das scheint in rein kirchenrechtliche Frage zu sein - fundamental ändert sich eh aus meiner Sicht eh nichts. - Was sich geändert zu haben scheint, ist, dass der Prieser keinen Bischof mehr einschalten muss. - Das eine Jahr scheint mir unter dem Gesichtspunkt der "Barmherzigkeit" eine innerkirchliche Regeländerung zu sein - am Grundsatz der Vergebungs-Möglichkeit ALLER Sünden (siehe Rem) ändert das nichts.

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#10 Re: Auf 1 Jahr Abtreibung durch Priester vergebbar

Beitrag von Rembremerding » Mi 2. Sep 2015, 17:09

closs hat geschrieben: Ich habe mir jetzt mal die Meldungen dazu angeguckt: Es scheint tatsächlich so zu sein, dass hier kirchenrechtlich eine Anpassung an das stattfinden soll, was in der Pastorale längst die Regel ist. - Dass Abtreibung aus fundamental-theologischen Gründen "Sünde" ist (was auch immer "Sünde" ist), ist aus meiner Sicht nachvollziehbar -
Die Regelung für 2016 ist weder eine moraltheologische noch eine kirchenrechtliche Änderung/Neuerung.
Abtreibung war schon immer eine Todsünde, es gab nie "Fristenlösungen" durch die Kirche, auch wenn dies immer wieder behauptet wird. Natürlich galt in früherer Zeit eine Abtreibung nur als solche, wenn man zuvor erst einmal erkannt hat, dass eine Frau überhaupt schwanger ist. Dies verlangt die Gerechtigkeit und das Pastoral. Man bemerkt dies wohl spätestens nach drei Monaten.
Als aber Mitte des 19. Jahrhunderts die Forschung erstmals unter dem Mikroskop die Verbindung von Samenzelle und Ei beobachten konnte, wurde diese Verbindung als Beginn menschlichen Lebens erkannt, ab dem eine Abtreibung eine Todsünde ist.

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