ThomasM hat geschrieben:
Die Aussage ist "auf den Glauben kommt es an, nicht darauf, ob es wahr ist".
Aber die, die so etwas sagen, wissen nicht was Glauben ist. Glauben ohne Realitätsbasis, ist tot.
Die Scholastik befasste sich gleich eingehend mit dieser Glaubensvertiefung. Hervorzuheben ist hier Anselm von Canterbury. Er befasste sich besonders mit dem Verhältnis von Vernunft und Glaube. Dabei formulierte er den berühmten Lehrsatz:
Credo ut intelligam, lateinisch für: Ich glaube, damit ich erkennen kann.
Demnach fordert Anselm, dass man Glaube als Quelle der Wahrheit ernst nehmen soll. Er wirkt dort weiter, wo die Vernunft nicht erkennen kann. So etwa die Berufung in die ewige Gemeinschaft mit Gott, den Gott der Liebe oder Gott in Jesus Christus als Erlöser, Retter und Tröster. Nur wer glaubt, kann das tiefere Verständnis vom Menschen und von Gott erhalten.
Diese Glaubenswahrheiten sollen aber mithilfe der Vernunft erklärt werden. Dazu dienen der gottgegebene Verstand und die Weisheit, die Sophia. Die Vernunft ergründet Antworten etwa auf die Fragen: Welche Voraussetzungen hat die Berufung in die ewige Gemeinschaft mit Gott? Wie kann man in das Reich Gottes gelangen? Was bedeutet ein Gott der Liebe, Jesus Christus als Tröster, Retter und Erlöser?
Der Glaube muss demütig angenommen werden, damit man mit der Vernunft tiefer in diesen Glauben eindringen kann. Es ist die Philosophie, die der Theologie dient. Anselm postuliert: „Philosophia ancilla theologiae“, lateinisch für: „Philosophie ist die Magd der Theologie“. Anselm setzte keineswegs den Glauben gegen die Vernunft, vielmehr fordert er den Glauben, um mehr zu verstehen, denn die menschliche Vernunft und Erkenntnismöglichkeit ist begrenzt. Das im Glauben erkannte ist mit der Vernunft zu durchdringen.
Papst em. Benedikt XVI. betont dieses Zusammenspiel von Glaube und Vernunft ebenso. Als Joseph Ratzinger sagt er zum Lehramt seines Vorgängers, des Hl. Johannes Paul II in einer Ansprache:
“Der Glaube braucht den Mut der Vernunft zu sich selbst. Er steht nicht gegen sie, sondern fordert sie heraus, sich das Große zuzutrauen, zu dem sie geschaffen ist. Sapere aude – mit diesem Imperativ hatte Kant das Wesen von Aufklärung umschrieben. Man könnte sagen, daß der Papst auf eine neue Weise einer metaphysisch mutlos gewordenen Vernunft zuruft: Sapere aude! Trau dir das Große zu! Dafür bist du bestimmt. Der Glaube, so zeigt uns der Papst, will die Vernunft nicht zum Schweigen bringen, sondern sie von dem Schleier des Stars befreien, der angesichts der großen Fragen der Menschheit weithin auf ihr liegt."
Servus, wieder aus dem OT
