Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

closs
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#761 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von closs » So 2. Aug 2015, 20:54

Pluto hat geschrieben:Wieso meinst du, sei nur Hermeneutik in der Lage, die Wahrheit ans Licht zu bringen?
H. ist ein Versuch, sich der Wahrheit zu nähern - mehr nicht (siehe "hermeneutischer Zirkel").

Davon abgesehen: Weil Beobachtung nicht ohne Deutung in eine Interpretation überführt werden kann - und zur Deutung braucht man ein hermeneutisches Modell, welches auf jeweiligen Prämissen eine Theorie erstellt. - Und da ist ein postivistisches Modell anders als ein kanonisches oder jüdisches Modell.

Würde man sich nicht der Hermeneutik bedienen, würden Beobachtungen ungedeutet rumliegen.

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Halman
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#762 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Halman » So 2. Aug 2015, 21:37

closs hat geschrieben:Ich war und bin irritiert, weil Sven die Hermeneutik als Teil der HKM bezeichnet hat, als sei es eine wissenschaftliche, also weltanschauungs-freie Größe. - Auch wenn es eine reine Definitions.Frage ist: Würdest Du die Hermeneutik einer Methodik als Teil der Wissenschaft, also Teil des Weltanschauungs-Freien verstehen? - Wäre doch irgendwie inkonsequent - oder?
Nun, ich werde da der Fachwelt nicht wiedersprechen. In der Google-Suche solltest Du im dritten Suchvorschlage eine kurze PDF-Datei finden können. Dort wird klargestellt:
Methodik, Quellen- und Textkritik, Hermeneutik und Heuristik bilden die Grundlage der geschichtswissenschaftlichen Foruschung und werden unter dem Begriff Historik zusammengefasst.
Das Problem eines klaren Begriffsverständnisses besteht für mich darin, dass die Erklärungen zur "Hermeneutik" so umfangreich in "sperrigen" Texten erfolgt, die verschiedene Erklärungen bieten. Ich denke, wir sollten uns hier auf die Bibelhermeneuetik beschränken, wobei ich schon annehme, dass jüdische Religionswissenschafter hier anders an den Tanach herangehen, als katholische Alttestamentler (dies ist aber nur eine Vermutung).

Die Bibelhermeneutik als Schriftauslegung lässt sich offenbar in drei Perspektiven unterscheiden:
Idealtypisch lassen sich drei Perspektiven unterscheiden, die mit je eigenen Methoden umgesetzt werden: 1. hermeneutica auctoris: Biblische Texte sind historische Quellen, die eine geschichtliche Kommunikationssituation zwischen Autor und historischen Adressaten eingefangen haben. Mit diachronen, historischen Methoden kann man versuchen, diesen ursprünglichen Sinn zu rekonstruieren. 2. hermeneutica operis: Erst durch den linguistic turn und postmoderne Geschichtstheorien hat man erkannt, dass die Texte auch als autonome Kunstwerke ihre Berechtigung haben. Sinn wird als kohärenter Textsinn mit literaturwissenschaftlichen Methoden (z.B. narratologische Figurenanalyse) erkannt. 3. hermeneutica lectoris: Schließlich bedarf es immer eines Rezipienten, der mit seinem Verstehenswillen Sinn entdeckt und auf seine spezifische Lebenswelt hin zur Entfaltung bringt (vgl. Körtner, 1994). Auch diese Perspektive ist keineswegs ‚un-wissenschaftlich', sondern folgt z.B. als rezeptionsästhetische Methode einem intersubjektiven Regelwerk mit übergeordneten Rahmentheorien.

closs hat geschrieben:
Halman hat geschrieben: Ein jüdischer Rabbiner wird Jesaja natürlich anders exegesieren als ein Christ, weil seine jüdische Hermeneutik eine christologische Exegese auschließt.
So - und welche Hermeneutik hat positivistische Theologe?
Ich denke eine vom Rationalismus und Positivismus geprägte Hermeneutik. Ein Gott, der in die Welt eingreift, wäre dann ausgeschlossen, woraus logisch folgt, dass Jesu Worte nicht als Worte des "Sohnes Gottes" zu verstehen sind, sondern als Worte eines jüdischen Reformators und somit eine religiös-politische Dimension entfalten. Daraus folgt dann die Naherwartung der Parusie als kognitiven Irrtum zu interpretieren.
In Grunde ein Zirkelschluss, denn wenn Gott nicht in die Welt eingreifen kann, kann Jesus auch nicht durch Heiligen Geist gezeugt wurden sein und somit nicht Gottes einziggezeugter Sohn im christlichem Sinne sein. Aus dieser Anschauung folgt natürlich, dass die christologische Hermeneutik rational abzuweisen ist. Dies ist aber nur meine bescheidene Meinung.
Vielleicht wird es Dich freuen zu sehen, dass in Theoliteratur erkennbar ist, dass es auch einen alternativen Ansatz zur historisch-kritischen Methode gibt, die biblisch-historische Auslegung.

closs hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Als Beispiel verweise ich auf die kanonische Auslegung, deren "Prämisse" verschieden von der historisch-kritischen ist.
So - und da komme ich auf die Frage zurück:

a) Ist Hermeneutik Teil der HKM, oder
b) Ist HKM Teil der Hermeneutik, oder
c) Weder noch.
Ich denke, a) trifft zu. Unter Allgemeines zur Historisch-kritischem Methode wird erklärt:
... Seit der Aufklärung hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass der Sinn eines Textes herausgearbeitet werden müsse, den der Verfasser in seinem historischen Umfeld zum Ausdruck bringen wollte, bevor eine weitergehende Interpretation erfolgen könne. Diese Herangehensweise ist der Kern der historisch-kritischen Methode.

Die Bezeichnung Historisch-kritisch verweist auf eine Kombination zweier Grundannahmen dieser hermeneutischen Methoden:
Demzufolge liegen hermeneutische Methoden der Historisch-kritischem Methode zugrunde. Wäre es zu gewagt, wenn ich behaupte. Die historisch-kritische Hermeneutik ist die Grundlage für die historisch-kritische Exegese?

Übrigens, dass Wissenschaft im allgemeinen Sinne nur dann als solche gilt, wenn eine bestimmte Methode (wie ein "Kochzezept") angewandt wird, ist wissenschafltich-historisch nicht haltbar (diesbezüglich verweise ich auf Kuhn und Feyerabend ). Es mag aber sein, dass es auch Wissenschaften gibt, die sich über Methoden definieren. Dies mag in der Theologie der Fall sein.

closs hat geschrieben:Wir haben c) gelernt - denn es gibt auch Hermeneutik zu einem Gedicht wie bspw. "Über allen Gipfeln ist Ruh". - Unter HKM verstehe ich demnach nüchterne, weltanschauungs-freie, saubere wissenschaftliche Arbeit:
1) Wann ist ein ein Text entstanden?
2) Wo?
3) Durch wen?
4) Original/Abschrift?
5) Zeit zwischen Original und Abschrift?
6) Rezeption?
7) Historisches zur Zeit der Original-Entstehung?
8) Dito Abschrift-Entstehung?
9) Sprache/Übersetzung?
10) etc.
Keinerlei Interpretation. - NACH dieser Kärrner-Arbeit kommt die Hermeneutik: "Was hat das zu bedeuten?"

Hat sich Deines Wissens diese Definition von HKM inzwischen verändert?
Die Hermeneutik kommt soweit ich das verstanden habe nicht nur am Ende, sondern ist auch Grundlage und Methode. So wird in der historisch-kritischen Exegese festgestellt, dass es historisch den Exodus nie gab und somit kollegtive Erfahrungen rückblickend religiös ausgedeutet und in mythischer Form aufgeschrieben wurden. Dies hat viel mit Rückbindung und Identität zu tun.
Ich empfehle Dir "Theologie-Examen" von Prof. Erich Zenger, einem sehr bedeutenden katholischen Exegeten. Exegese geht meines Wissens schon über die von Dir angeführten Aspekte hinaus. So wird verneint, dass Jesus eine christliche Gemeinde/Kirche wollte, weil er ja nur das Judentum refomieren wollte usw.
Exegese heißt Auslegeung, und was ist das anderes Interpretation auf Basis einer wissenschaftlichen Methodik?

Zum Abschluss möchte ich nicht verschweigen, dass ich hierhin keinerlei Ausbildung habe. In meinem Deutsch-Unterricht kamen solche Begriffe noch nicht einmal vor. Du hast studiert :thumbup: , ich habe Mittlere Reife.

Könnte man sagen, Hermeneutik ist eine perspektive Methodik, um Texte zu entschlüsseln und somit für die Auslegung (Exegese) so bedeutsam?
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#763 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Halman » So 2. Aug 2015, 21:38

Pluto hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Als Beispiel verweise ich auf die kanonische Auslegung, deren "Prämisse" verschieden von der historisch-kritischen ist.
So - und da komme ich auf die Frage zurück:

a) Ist Hermeneutik Teil der HKM, oder
b) Ist HKM Teil der Hermeneutik, oder
c) Weder noch.

Wir haben c) gelernt
Für mich fehlt da die entscheidende Frage: Mit welcher Methode gelangt man näher an die Wahrheit?
Mit der HKM oder der Hermeneutik?
Soweit ich mich bisher in die komplexe "Materie" eingelesen habe, ist Hermeneutik eine notwendige Methodik in der Exegese.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#764 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von closs » So 2. Aug 2015, 22:02

Halman hat geschrieben:Die Hermeneutik kommt soweit ich das verstanden habe nicht nur am Ende, sondern ist auch Grundlage und Methode.
NAtürlich. - Mit "Danach" habe ich gemeint "Nach Abschluss des falsifizierbaren objektiven Wissenschafts-Teils".

Du hast recht: Das ist doch das hier unüberwindbar erscheinende Hindernis, dass man aus wissenschaftlichen Beobachtungen meint, die verwendete Hermeneutik selber als Wissenschaft und nicht als Weltanschauung verstehen zu können. - Natürlich ist auch Hermeneutik ebenfalls insofern wissenschaftlich, dass ihre Methode definiert ist und ihre Prämissen formuliert sind - aber das ist etwas ganz anderes als eine induktive, universal ergebnisoffene Wissenschaft. - Deshalb nochmals: Es gibt einen Unterschied zwischen induktiver und deduktiver Wissenschaft.

Halman hat geschrieben:Ich denke eine vom Rationalismus und Positivismus geprägte Hermeneutik. Ein Gott, der in die Welt eingreift, wäre dann ausgeschlossen, woraus logisch folgt, dass Jesu Worte nicht als Worte des "Sohnes Gottes" zu verstehen sind, sondern als Worte eines jüdischen Reformators und somit eine religiös-politische Dimension entfalten. Daraus folgt dann, die Naherwartung der Parusie als kognitiven Irrtum zu interpretieren.
"Innerbetrieblich" folgerichtig, aber nicht universal ergebnis-offen. - Genau so läuft es - aber mit dem Anspruch universaler Ergebnis-Offenheit - es ist zum Mäusemelken.

Halman hat geschrieben:Zum Abschluss möchte ich nicht verschweigen, dass ich hierhin keinerlei Ausbildung habe.
Du gehörst hier im Forum zu einem der klarsten Köpfe. :thumbup:

Halman hat geschrieben:Könnte man sagen, Hermeneutik ist eine perspektive Methodik, um Texte zu entschlüsseln und somit für die Auslegung (Exegese) so bedeutsam?
Ja. - Verschiedene Perspektiven auf identische wissenschaftliche Beobachtungen führen zu unterschiedlichen Auslegungen.

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#765 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Münek » So 2. Aug 2015, 23:30

Halman hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Salome23 hat geschrieben:=Inneres Gottesreich
Lukas 17
20 Da er aber gefragt ward von den Pharisäern: Wann kommt das Reich Gottes? antwortete er ihnen und sprach: Das Reich Gottes kommt nicht mit äußerlichen Gebärden;
21 man wird auch nicht sagen: Siehe hier! oder: da ist es! Denn sehet, das Reich Gottes ist inwendig in euch.
Inwendig in den Pharisäern? Kann Jesus das so gemeint haben? - Dies hatte ich schon mit Savonlinna im "Parusdie-Thread" diskutiert und sind wir meines Wissens zur Erkentnis gelangt, dass es eine Frage der Übersetzung und sicher auch Interpretation ist. Deine Position zu vertreten schient mir daher semantisch möglich zu sein, doch im Zusammenhang vermag ich nicht zu glauben, dass Jesus dies so gegenüber seinen Gegnern gemeint hat. Ich denke, Jesus spielte damit auf seine Königswürde an - er war ja mitten unter ihnen und sie erkannten ihn nicht. Dies macht meiner bescheidenen Meinung nach kontextuell viel mehr Sinn.
Das Reich Gottes verstehe ich nicht als inwendiges Gefühl, sondern als machtvolles Reich im Himmel, verbunden mit der Hoffnung, dass das Reich Gottes auch irgendwann auf Erden ausgedehnt wird.

Vollste Zustimmung. Dein Wort in Kurts Ohr.. :thumbup:

Ich wollte Kurt nur einen Gefallen tun, denn er scheint die Übersetzung "Das Reich ist inwendig in euch" ganz bewusst zu bevorzugen, weil da von "Innerem, Inwendigen" die Rede ist - so dass er einen vermeintlichen Bezug zu dem von ihm erfundenen "Inneren Gottesreich" herstellen kann. Dass er auch mit dieser Übersetzung in arge Argumentationsnöte gerät, nur das habe ich versucht aufzuzeigen.... :thumbup:


In den meisten Übersetzungen steht etwas anderes, nämlich: "Das Reich Gottes ist mitten unter euch."

Dazu merkt die "Einheitsübersetzung" (herausgegeben vom "Katholischen Bibelwerk") in einer Fußnote an:

"Andere Übersetzungsmöglichkeiten: Das Reich Gottes ist (eines Tages plötzlich) unter euch da. Oder: Das Reich Gottes ist in euch. - Gegen
die zweite Möglichkeit spricht, daß die Evangelien das Wirken Gottes im Innern des Menschen NICHT als das "Reich Gottes" bezeichnen."


Zum letzten Satz wird unser Kurt natürlich sagen: "Daaa bin ich ganz anderer Meinung - und außerdem bin ich nicht katholisch". :lol: :lol: :lol:

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#766 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von closs » So 2. Aug 2015, 23:50

Münek hat geschrieben: "Gegen die zweite Möglichkeit spricht, daß die Evangelien das Wirken Gottes im Innern des Menschen NICHT als das "Reich Gottes" bezeichnen."
Das ist in der Tat überraschend. - Da ist mir Luther 1899 diesmal näher.

Es ändert nichts: Es gibt beide Deutungen. - Aus meiner Sicht kann man daraus ableiten, dass die Schreiber Jesu Aussagen als "Basilea" verstanden haben - das wäre ein Punkt für Dich. - Andererseits ist es auch interpretierbar im Sinne von "Sie hören und verstehen nichts" (meine ich nach wie vor - warum soll es jemals anders gewesen sein?). - Letztlich nicht klärbar.

Dass die Katholiken sowas schreiben, beschäftigt mich schon, zumal es gerade katholische Theologen sind, die mir gegenüber das "innere Reich" interpretieren. - Ich versuche mal nachzufragen, was heute der State of Art ist.

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#767 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Pluto » So 2. Aug 2015, 23:53

Halman hat geschrieben:Soweit ich mich bisher in die komplexe "Materie" eingelesen habe, ist Hermeneutik eine notwendige Methodik in der Exegese.
Selbstverständlich sind Theologen auch dieser Meinung.

Aber was bringt uns näher an die Wahrheit? Exegese oder die die HKM?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#768 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Münek » Mo 3. Aug 2015, 01:20

closs hat geschrieben:Es ändert nichts: Es gibt beide Deutungen. - Aus meiner Sicht kann man daraus ableiten, dass die Schreiber Jesu Aussagen als "Basilea" verstanden haben - das wäre ein Punkt für Dich. - Andererseits ist es auch interpretierbar im Sinne von "Sie hören und verstehen nichts" (meine ich nach wie vor - warum soll es jemals anders gewesen sein?). - Letztlich nicht klärbar.

Mensch Kurt, ist das alles denn wirklich so schwer zu verstehen?

Die Vorstellungen irgendwelcher Rezipienten der Botschaft Jesu sind absolut bedeutungslos, wenn es um
die für die neutestamentliche Forschung allein relevante Frage geht, ob bestimmte, in den Evangelien do-
kumentierte "WORTE JESU" echt, d.h. authentisch sind oder nicht. Nur darum geht es.

Ob die Jünger Jesu selbst seine Worte richtig, halbrichtig oder falsch verstanden haben, ist in diesem Zusam-
menhang völlig uninteressant.

Comprendre, mon ami?! :chapeau:

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#769 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von closs » Mo 3. Aug 2015, 01:27

Münek hat geschrieben:Ob die Jünger Jesu selbst seine Worte richtig, halbrichtig oder falsch verstanden haben, ist in diesem Zusammenhang völlig uninteressant.
Du Witzbold - das Verständnis ist doch Grundlage der Rezeption, also dessen, was wir an Texten vorliegen haben.

Habe übrigens gegoogelt - Lukas 17,20 wird in Predigten und Aufsätzen tatsächlich "inwendig" verstanden. - Auch die King-James-Übersetzung tut es:
Neither shall they say, Lo here! or, lo there! for, behold, the kingdom of God is within you.

Ich behaupte doch nicht, dass Deine Lesart nicht möglich ist (das wäre wirklich Hybris). - Es geht nach wie vor darum, dass bei unterschiedlichen Perspektiven auf diesselbe Sachlage Unterschiedliches rauskommt.

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#770 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Münek » Mo 3. Aug 2015, 01:52

closs hat geschrieben:Dass die Katholiken sowas schreiben, beschäftigt mich schon, zumal es gerade katholische Theologen sind, die mir gegenüber das "innere Reich" interpretieren. - Ich versuche mal nachzufragen, was heute der State of Art ist.

Wenn Du den "State of Art" aus kirchlich-dogmatischer Perspektive erfahren möchtest, dann lasse mal Deinen Dorfpfarrer
links liegen und riskiere einen Blick in den "Katholischen Weltkatechismus". Ich bin allerdings davon überzeugt, dass Du dort
keine Aussagen über ein "Inneres Gottesreich", wie es Deiner Auffassung nach Jesus vor 2000 Jahren verkündet haben soll,
finden wirst...

Hat aber letztlich keine Relevanz. Wir bewegen uns hier auf wissenschaftlichem Terrain. Und da haben sog. "Glaubenswahr-
heiten" (unhinterfragbare Dogmen) nichts verloren.

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