Parusieverzögerung III

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sven23
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#791 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von sven23 » So 2. Aug 2015, 00:11

closs hat geschrieben: Jetzt muss ich aber wirklich mal fragen (bin inzwischen selbst unsicher): Versteht man unter "Exegese" auch, dass man den substantiellen Inhalt einer Bibel-Stelle interpretiert?
Deshalb habe ich im anderen Thread noch mal den Unterschied deutlich gemacht:

"Hermeneutik und Exegese sind voneinander zu unterscheiden. Biblische Exegese bezeichnet die konkrete Auslegung eines bestimmten biblischen Textes, Hermeneutik dagegen beleuchtet die Voraussetzungen und Ziele der Auslegung. Die beiden verhalten sich ähnlich wie Sprache und Grammatik."
Quelle: Wikipedia
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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sven23
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#792 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von sven23 » So 2. Aug 2015, 00:12

Münek hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ich spreche hier vom Gottesglauben. Dieser hat in der wissenschaftlichen Forschung nichts verloren.
Was ist der Unterschied zwischen Gottes- und System-Glauben? - Was ist der Unterschied zwischen Jahwe und Goldenes Kalb?

Willst Du es nicht verstehen oder kannst Du es nicht verstehen?

Ich versuche es mal mit einem einfachen Beispiel:

Stelle Dir mal vor, Dogmatiker würden ihren HKM-Kollegen widersprechen - mit der Begründung, Jesus könne sich
niemals geirrt haben, weil ein Sohn Gottes sich nicht irren kann
. Eine solche Begründung hätte mit Wissenschaft
nichts mehr zu tun.

Comprendre, mon ami?! :chapeau:

Ja, gutes Beispiel. Genau so macht es z. B. Ratzinger.
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closs
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#793 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von closs » So 2. Aug 2015, 00:23

Münek hat geschrieben:Stelle Dir mal vor, Dogmatiker würden ihren HKM-Kollegen widersprechen - mit der Begründung, Jesus könne sich niemals geirrt haben, weil ein Sohn Gottes sich nicht irren kann. Eine solche Begründung hätte mit Wissenschaft nichts mehr zu tun.
Stimmt. - Aber der Dogmatiker könnte erst gar nicht dem HKM-Kollegen widersprechen, wenn dieser in seinem Terrain geblieben wäre. - Mit anderen Worten: Beide führen ein Gespräch außerhalb der Wissenschaft.

sven23 hat geschrieben:Deshalb habe ich im anderen Thread noch mal den Unterschied deutlich gemacht
Erklär mal - den Satz "Die beiden verhalten sich ähnlich wie Sprache und Grammatik" halte ich nicht für verständlich.

Ist der Satz "Jesus hatte eine "äußere" Naherwartung" ein exegetischer oder hermeneutischer Satz? (Ich weiss es wirklich nicht, weil "Exegese" und "Hermeneutik" oft - und auch von mir - als Doppelpack gesehen werden, dessen Grenzen zueinander nicht eindeutig sind. - Also sprich.

sven23 hat geschrieben:Ja, gutes Beispiel. Genau so macht es z. B. Ratzinger.
Nein - siehe oben. - Das ist viel zu flach gedacht.

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Münek
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#794 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Münek » So 2. Aug 2015, 00:42

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ist doch klar. Wenn bekannt wäre, auf welch wackeligen Fundament das Christentum gebaut ist, sähe es vielleicht noch schlimmer aus. Darum scheut die Kirche die Aufklärung wie der Teufel das Weihwasser.
Du verkennst, dass diese Art von "Aufklärung" in der PRaxis vollkommen belanglos wäre. - Die Wackligkeit aus Sicht der positivistischen Theologie ist ein Selbstläufer innerhalb von Wissenschafts-Auseinandersetzungen.

Christen würden dies bei Kenntnis maximal interessiert zur Kenntnis nehmen - mehr nicht. Dies deshalb, weil die Frage, ob man Christ ist oder nicht, vollkommen unabhängig davon ist. - Hier scheinen einige ihren Einfluss extrem zu überschätzen.

Das Problem ist nicht ein Mangel an Aufklärung, sondern ein Mangel an relevanter Substanz.

Warum dann diese Sätze in Klaus Bergers Buch "Die Bibelfälscher"?

"Diese Exegese hat die Kirchen entleert und die Gemeinden halbiert."

"200 Jahre intelligent und fleißig betriebene Bibelwissenschaft hat eine volkskirchliche Wüste hinterlassen".

closs
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#795 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von closs » So 2. Aug 2015, 00:52

Münek hat geschrieben:"Diese Exegese hat die Kirchen entleert und die Gemeinden halbiert."
Da würde ich Berger widersprechen, weil es so klingt, als würden die Gläubigen Notiz von universitären Auseinandersetzungen nehmen.

Im größeren Kontext könnte Berger dann doch wieder über die Bande recht haben: Wenn positivistisch geprägte Pfarrer (eigentlich ein Oxymoron) vor den Gläubigen stehen, werden diese Pfarrer selbst zu Figuren geistiger Degeneration - das schwächt natürlich die Gemeinden. - Wie ohnehin der Eindruck entsteht, dass ein erheblicher Teil deren, die in Funktion eines Geistlichen sind, überhaupt keine Christen mehr sind - so macht Bergers Satz Sinn. - Aber nicht, weil die Erkenntnisse der positivistischen Theologie für Christen bedrohlich wären.

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Halman
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#796 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Halman » So 2. Aug 2015, 01:36

Zurzeit habe ich das Buch "Die Bibelfälscher" nicht zur Hand, da ich im Urlaub unterwegst bin (ich lese Einstein). Daher habe ich als "Futter" für die Diskussion mal ein kurzes Video von Klaus Berger rausgesucht.

Darin erklärt Berger, dass die Bibel seiner Meinung nach von den liberalen Exegeten "verfälscht" wurde. Damit spielt er nicht auf eine Verfälschung des abgedruckten Bibeltextes an, sondern auf eine "verfälschte" Auslegeng (Exegese). Als Beispiel verweis er auf die Beziehung von Jesus und Johannes dem Täufer.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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Scrypt0n
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#797 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Scrypt0n » So 2. Aug 2015, 03:26

sven23 hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:dass der Sinn eines Textes herausgearbeitet werden müsse, den der Verfasser in seinem historischen Umfeld zum Ausdruck bringen wollte
Richtig - dieser Sinn wäre: "Der Textverfasser scheint an eine ("äußere") Naherwartung Jesu zu glauben".

sven23 hat geschrieben:bevor eine weitergehende Interpretation erfolgen könne
Die weitergehende Interpretation ist nun weltanschaulich abhängig:
A sagt: Jesus hatte eine Naherwartung im Sinne des AT.
B sagt: Jesus hat etwas ganz anderes gemeint im Sinne eines Paradigmenwechsels.

Nochmal: Wir müssen wissenschaftliche historisch-kritische Analyse trennen von weltanschaulichen Schlussfolgerungen daraus.

Wer ohne Glaubensdogmen auskommt, steht um Längen weniger im Verdacht, ideologisch beeinflußt zu sein, zumal er sich an die strengen Kritikerien der HKM hält.
Es hat ja seine berechtigten Gründe, wenn die mehrheitliche NT-Forschung von einer Naherwartung Jesu ausgeht.
Wenn die Gegner dieser Sichtweise dies auf Augenhöhe (also ohne Glaubensdogmen) widerlegen können, dann wäre es eben so. Aber da kam ja bisher nichts.
Exakt.
Warum meinst du denn, verirrt sich closs hier seit Monaten und Jahren in Zirkelschlüsse seiner eigenen Dogmen?

Er erkennt nicht, dass die HKM frei von Dogmen ist, da die Textanalyse damit eben nicht auf die subjektiven Glaubensinhalte aufbauen.
Der entstehende Irrtum, wenn das Ergebnis nicht alleine auf der Befundlage aufgebaut wird, sondern die Befundlage an den Glauben angepasst wird um auf ein vorausgegangen gerichtetes Ergebnis zu kommen ist ihm völlig fremd.

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sven23
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#798 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von sven23 » So 2. Aug 2015, 07:05

closs hat geschrieben: Ist der Satz "Jesus hatte eine "äußere" Naherwartung" ein exegetischer oder hermeneutischer Satz?
Weder noch, weil dieser Satz so nicht in der Bibel steht. Er ist die Conclusio aus den Ergebnissen der gesamten NT-Forschung.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ja, gutes Beispiel. Genau so macht es z. B. Ratzinger.
Nein - siehe oben. - Das ist viel zu flach gedacht.
Ja gut, dann denkt Ratzinger eben in manchen Bereichen sehr flach, ich kanns nicht ändern.
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sven23
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#799 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von sven23 » So 2. Aug 2015, 07:09

Scrypt0n hat geschrieben: Der entstehende Irrtum, wenn das Ergebnis nicht alleine auf der Befundlage aufgebaut wird, sondern die Befundlage an den Glauben angepasst wird um auf ein vorausgegangen gerichtetes Ergebnis zu kommen ist ihm völlig fremd.
Ja, da muß ich dir zustimmen. Da hat unser Kurt noch große Defizite. Das war aber übrigens bei der Homöopathie-Diskussion das gleiche.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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Münek
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#800 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Münek » So 2. Aug 2015, 08:57

sven23 hat geschrieben:
Scrypt0n hat geschrieben: Der entstehende Irrtum, wenn das Ergebnis nicht alleine auf der Befundlage aufgebaut wird, sondern die Befundlage an den Glauben angepasst wird um auf ein vorausgegangen gerichtetes Ergebnis zu kommen ist ihm völlig fremd.
Ja, da muß ich dir zustimmen. Da hat unser Kurt noch große Defizite. Das war aber übrigens bei der Homöopathie-Diskussion das gleiche.

Na, solange unser selbsternannter "Schutzpatron der HKM" noch immer tagtäg-
lich seine "GLAUBENS-GLOBULI" :Smiley popcorn: futtert :Smiley popcorn: , wird sich da nix ändern.



Die regelmäßige Einnahme dieser "Streukügelchen" kann zur Lernresistenz führen (Nebenwirkung). Jemand ist lernre-
sistent, wenn er trotz mehrmaliger Erklärungen,Schulungen o.ä. eine Sache nicht versteht oder schnell wieder vergisst. :thumbup:
Zuletzt geändert von Münek am So 2. Aug 2015, 09:13, insgesamt 1-mal geändert.

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