Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

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Scrypt0n
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#611 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Scrypt0n » Do 30. Jul 2015, 17:31

Anton B. hat geschrieben:Ein literarisches Kleinod:
closs hat geschrieben:Welchen Sinn macht es zu ermitteln, WIE jemand zu einem Ergebnis kommt, wenn dieses Ergebnis durch geistige Präjudizierung zustandekommt?

Hier zeigt sich das Dilemma des closs: Er präjudiziert ein Ergebnis als Folge einer "geistigen Präjudizierung". Wie das Ergebnis aber begründet wird, muss er nun nicht weiter betrachten, weil ja eine "geistige Präjudizierung" gegeben ist.

Ganz und gar unvorstellbar bleibt dagegen eine Präjudizierung des closs, eine Steuerung des closs durch persönliche Ansichten.

Mit Recht allerdings kritisiert er die mangelnde Ergebnisoffenheit von Methoden. Zum Beispiel die mangelnde Ergebnisoffenheit des Zollstocks: Legt man ihn an ein und dieselbe Strecke an, wird immer wieder ein ungefähr identisches Ergebnis abgelesen. Dogmatismus?
Die Hoffnungslosigkeit seinerseits wurde damit exakt auf den Punkt gebracht.
Zuletzt geändert von Scrypt0n am Do 30. Jul 2015, 17:46, insgesamt 1-mal geändert.

closs
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#612 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von closs » Do 30. Jul 2015, 17:32

Scrypt0n hat geschrieben:Die historisch kritische Methode ist jedoch keine geistige Methode.
Als wissenschaftliches Handwerk ist es in der Tat keine geistige Methode - aber die HKM kann für verschiedene geistige Ansätze verwendet werden. - Als Handwerkszeug ist es für einen Atheisten genauso gut verwendbar wie für einen Christen - mit dementsprechend unterschiedlichen Ergebnissen.

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Scrypt0n
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#613 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Scrypt0n » Do 30. Jul 2015, 17:33

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Wie das Ergebnis aber begründet wird, muss er nun nicht weiter betrachten, weil ja eine "geistige Präjudizierung" gegeben ist.
Doch - die Ergebnisse müssen natürlich im Sinne der HKM belegbar sein.
Das trifft auf deine "geistigen Ergebnisse" jedoch nicht zu; darum sind diese auch nicht relevant.
Du verstehen?

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Ganz und gar unvorstellbar bleibt dagegen eine Präjudizierung des closs, eine Steuerung des closs durch persönliche Ansichten.
Doch - sehr vorstellbar sogar. - Nur: Ich WEISS es und Ihr scheint es NICHT zu wissen.
*grins*
Schon klar, nach dem Motto: Alle sind dumm, nur ich (und wenige andere) nicht... :D

Mach dir doch nichts vor, Kurtchen: Du glaubst des glaubenswillen und hältst an den Dogmen darin beständig fest, so falsch und unbegründet sie auch sind.


Catholic
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#615 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Catholic » Do 30. Jul 2015, 17:43

Scrypt0n hat geschrieben:Die Hoffnungslosigkeit seinerseits wurde damit exakt auf den Punkt gebracht.

:?
Was meinst Du damit?

Anton B.
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#616 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Anton B. » Do 30. Jul 2015, 17:46

closs hat geschrieben:Doch - sehr vorstellbar sogar. - Nur: Ich WEISS es und Ihr scheint es NICHT zu wissen.
Smiley vergessen?
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

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Scrypt0n
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#617 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Scrypt0n » Do 30. Jul 2015, 17:47

Catholic hat geschrieben:
Scrypt0n hat geschrieben:Die Hoffnungslosigkeit seinerseits wurde damit exakt auf den Punkt gebracht.
:?
Was meinst Du damit?
Sorry, habe mich "verzitiert". :D
War auf einen anderen Beitrag von ihm bezogen; habe das Zitat nun korrigiert.

Anton B.
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#618 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Anton B. » Do 30. Jul 2015, 17:53

Scrypt0n hat geschrieben:War auf einen anderen Beitrag von ihm bezogen; habe das Zitat nun korrigiert.
Danke, Scyrpt0n! Das hatte mich auch etwas irritiert.
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

Anton B.
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#619 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Anton B. » Do 30. Jul 2015, 18:08

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Inwiefern waren sie präjudiziert (= hatten sie eine vorgefasste Meinung)? :o
Sie hatten KEINE vorgefasste Meinung - auch Katholiken und Atheisten haben keine vorgefassten Meinungen. - Aber: Der Ansatz, mit dem man geistig an was ran geht, gibt normalerweise einen Korridor vor, innerhalb dessen man ergebnisoffen arbeitet - es gibt hier keine absolute Ergebnisoffenheit.
Natürlich nicht! Denn Beliebigkeit ist nun auch nicht das, was in der Wissenschaft gewünscht ist. Deshalb ja auch das Beispiel mit dem Zollstock. Und deshalb hatte ich an Catholic geschrieben:

Anton B. hat geschrieben:Wenn es wissenschaftliche Aussagen sind, dann wird diese Aussage im wissenschaftlichen Kontext immer zusammen mit dem benutzten Methodenapparat dargestellt.
Weil einmal natürlich die Aussage als valides Ergebnis der Anwendung einer Methode bekrittelt werden kann, andererseits aber natürlich auch die Methode selber auf dem Prüfstand steht.

Meines Erachtens ist es viel wichtiger, sich mit der Methodik als mit dem Ergebnis auseinander zu setzen. Deshalb mache ich mich mit den Methoden bekannt. Mich bestürzt daher Deine Verweigerungshaltung bezüglich der Methodenkenntnisse auch so.

Und dafür ist es doch irrelevant, ob wir hier von einer Methode im natur- oder geisteswissenschaftlichen Kontext sprechen.
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

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Halman
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#620 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Halman » Do 30. Jul 2015, 18:47

Pluto hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Das ist doch gerade das Problem: Sauberes wissenschaftliches Arbeiten in geistigen Bereichen führt nicht zu absolut ergebnisoffenen Ergebnissen, weil das Ergebnis durch die Denke/Weltanschauung des Forschers mehr oder weniger (oft mehr) präjudiziert ist. - Da hilft alle methodische Sauberkeit nichts.
Das ist doch genau was ich meine.
Wenn wirklich methodisch sauber gearbeitet wurde, dann darf keine Weltanschauung einfließen, sonst wäre es nicht wissenschaftlich.
Die ergebnisoffene Wissenschaft ist ein Ideal. Glaubst Du wirklich, dass dieses im Bereich der Geisteswissenschaften, insebesondere in der Theologie, erreicht wird?
Ideale kann man anstreben und theoretisch perfekt defninieren, aber real Leben kann man sie nicht. Wir können nur danach streben.

Bevor man einfach unkritisch glaubt, dass die Exegese völlig ergebnisoffen sei, sollte man vielleicht die Thematik kritischer beleuchten. Beim genaueren Hinsehen meine ich eine bunte Sammlung von Hypothesen und Theorien zu erkennen, die von den verschiedenen Religionswissenschaftlern, Theologen und Exegeten vertreten werden. Sind all diese Modelle Erkenntnisse einer völlig ergebnisoffenen Forschung? Dies wage ich zu bezweifeln.

Es liegt mir ja in den Fingern, dies auf Basis von K. Berges Buch in einem Thread zu thematisieren. Obgleich ich mich damit hier vermutlich sehr unbeliebt machen würde.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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